Kampf der Giganten: Bach vs. Händel

  • Zitat von sagitt

    Vor Jahr und Tag habe ich einmal, zusammen mit dem Osterchorsteinway in Bremen, so ein Treffen arrangiert. Reizvoll, jeweils die Stärken aufeinanerprallen zu lassen - das Weltläufige Händels gegen die Tiefe Bachs. Da gab es verschiedene Gelegenheiten, ein wenig Reibung zu erzeugen. Familienvater gegen Hagestolz. Und Ironie, bei aller Unterschiedlichkeit, hatte sie den gleichen Kurpfuscher, der ihre Augen endgültig ruinierte. Das kleine Stückchen wurde in Bremen einige Male mit nettem Erfolg aufgeführt und hat Spielern und Publikum ziemlichen Spass gemacht.


    Schön,


    das Sagitt einst ein Treffen zwischen Bach und Händel arrangierte... jetzt interessiert mich aber wirklich, ob Händel im Vergleich der Weltläufige ist und Bach der Tiefengänger?


    Ich mag sie beide, aber nicht wirklich "gleichwertig" - wohl auf anderen Ebenen. Bachs Vokalwerke können mir derzeit gestohlen bleiben [es ist nur eine Phase! :yes:;) ]. Hingegen empfinde ich bei Händel derzeit in seinen Opern weitaus mehr Tiefe [den Begriff haben wir woanders zur Diskussion gestellt], als in Bachs Oratorien [die mich derzeit eher langweilen]. Ganz im Gegenteil empfinde ich Händels Orchesterwerke eher oberflächlich, Bachs hingegen als weltläufig. In den Werken für nichtluftbetriebene Tasteninstrumente tut ich mich mit einer Entscheidung eher schwer... vielleicht: Bach gelehrter, Händel fröhlicher...


    Dabei verlasse ich das Haus morgens nicht, ohne Bachs Cis-Dur-Praeludium gespielt und Händels neueste Oper im Koffer zu haben.


    Nun denn...


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • meine Nummer 1 gegen meine Nummer 2 -- aber ich glaube, man kann sie gar nicht so gegeneinanderstellen, obwohl von der Struktur her Barockmusik, haben sie doch sehr unterschiedlich komponiert.


    In Bezug auf Deine Interpretation kann ich Dir sogar zustimmen, Bachs Leistung jenseits von Raum und Zeit liegt eher in den -luftbetrieben or not - solistischen Werken, während Händel die größte Vokalmusik geschrieben hat (Mozarts Requiem und Bachs h-moll-Messe als Ausnahmen mittendrin).


    Bach ist (häufig) tief und komplex, Händel auf eher unkomplizierte Weise fröhlich und schön, die Musik ist zu unterschiedlich, um tatsächlich im selben "Genre" nebeneinander zu konkurrieren.


    Muß sie auch nicht!


    Beide zusammen decken all das ab, was der Mensch so braucht - Vorspeise, Hauptgericht und Dessert. Und Bach ist das Hauptgericht, Händel der Rest.

    Einmal editiert, zuletzt von m-mueller ()

  • Bach hat eine größere Todesnähe. Das macht seine Tiefe aus. Seine Musik ist die einzige Barockmusik, die ich hören mag, wenn ich eigentlich keine Lust habe, Musik zu hören. Aber lieben kann ich nur Händel. Seine Musik verkörpert eine tiefe Liebe zum Leben.

    Dem Amateur ist nichts zu schwör.

  • Oper: Händel :D
    restliche Vokalmusik: gleichwertig
    Orchestermusik: gleichwertig


    Selbst wenn Bach von vielen Hörern wohl mehr bewundert als geliebt wird, leidet Händel noch mehr darunter, bei vielen Hörern nur mit einer handvoll Werken bekannt zu sein, die trotz ihrer unbestrittenen Qualitäten nichtmal besonders repräsentativ für sein Schaffen sind. (Messiah ist ein in vieler Hinsicht ungewöhnliches Oratorium). Die Concerti grossi und einige der Orgelkonzerte höre ich inzwischen persönlich lieber als die meisten Bach-Konzerte.


    Einen Mangel an "Tiefe" kann man bei Händel vielleicht bei der kontrapunktischen Komplexität seiner Musik feststellen (wobei aber auch hier meistens die solide "norddeutsche" Ausbildung nicht zu verleugnen ist verglichen mit französischen oder gar italienischen Zeitgenossen), bezieht man es aber auf die "emotionale Tiefe", dann sehe ich das - und so verstehe ich auch Ulli oben- als drastische Fehleinschätzung. Der Händel-Verehrer Beethoven sagte ungefähr, dass Händel die größte Wirkung mit den einfachsten Mitteln erreiche. Solche Art Ökonomie ist zweifellos eine wichtige Qualität seiner Werke.


    Klavier u. Orgelmusik: Bach
    Kammermusik: Bach,


    wobei ich jedoch auf diesen Gebieten Händel für etwas unterschätzt halte.
    Es gibt zwar nichts dem WTK oder den Solosuiten/sonaten Vergleichbares, aber die besten der großen Klaviersuiten würde ich nicht geringer schätzen als z.B Bachs "Französische". Ebenso enthält die Kammermusik (und hier handelt es sich oft um "Nebenwerke", ganz anders als bei Bach) einige sehr schöne Stücke.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat von m-mueller

    Beide zusammen decken all das ab, was der Mensch so braucht - Vorspeise, Hauptgericht und Dessert. Und Bach ist das Hauptgericht, Händel der Rest.

    Na ja, das ist schon ziemlich abwertend für Händel. Da der Mensch ohne Vorspeise locker und theoretisch auch ohne Nachspeise auskommen kann, aber Vor -und Nachspeise wohl kaum ohne Hauptspeise auskommt, stempelt das Händel zu einem abrundenden Addendum ab. Der Vergleich ist nett, aber hinkt gewaltig.


    Die Zuordnung Bach: tief + komplex ; Händel: leicht + bekömmlich ist ebenso populär wie ich sie für fragwürdig halte. Ständig wird das gleiche Muster gebetsmühlenartig runtergeplappert.


    Ich schließe mich da eher JRs Beitrag an.....


    LG
    Wulf.

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  • Zitat

    Dabei verlasse ich das Haus morgens nicht, ohne Bachs Cis-Dur-Praeludium gespielt und Händels neueste Oper im Koffer zu haben.


    Welches denn?

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Wulf


    Vor- und Nach- kann Haupt- durchaus erstzen, also genau das Gegenteil der von Dir mal so aus der Hüfte vermuteten Abwertung !


    Händel ist ein Genie "in his own right", anders als Bach, vor allem fröhlicher (und ich vermute, da widerspricht niemand), und ich habe nirgends behauptet, daß "Tiefe" der Fröhlichkeit vorzuziehen wäre. Beides hat seine Zeit. Und das ist weder gebetsmühlenartig, noch geplappert.

  • Händel:


    Man sollte gerade die Musik der Zeit Händels und Vivaldis, das späte Barock, als Teil der Unterhaltungskultur im besten Sinn begreifen. Dieses Barock ist weniger Klassik als Pop. Beide Künstler schufen ihre Werke nicht als "absolute" (funktionslose, sich selbst erklärende) Musik mit Anspruch auf die Ewigkeit, sondern als überaus wertvollen Gebrauchsgegenstand.


    Bach:


    Über Johann Sebastian Bach (1685-1750), den dritten und größten Meister jener Epoche, hat sich außer zu seinen Lebzeiten keiner lustig gemacht. Aber er gehörte auch nicht zum Komponistentypus, wie Händel und Vivaldi ihn darstellten. Bach schrieb vorzugsweise zur Ehre Gottes, sah sich als Arbeiter, verzichtete auf äußerliche Effekte und war wild entschlossen, Gültiges zu schaffen. Größer konnte der Unterschied nicht sein. So klischeehaft es klingen mag: Bach war einzigartig, zeitlos, unabhängig von Moden.


    Quelle

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Ich glaube, dass die Meinung über Händel vielfach dadurch beeinflußt wird, dass man zu wenig Werke von ihm kennt.


    Das wurde ja auch schon sehr treffend von Johannes Roehl geschildert.
    Händel war zu einer emotionalen Tiefe fähig, die man bei Bach vergebens suchen wird.
    Aber Händel mit dem Habitus "Fröhlich" zu bedenken finde ich auch etwas fragwürdig.
    Ich würde es eher so formulieren - im Vergleich zu Bach klingt alles fröhlich :stumm:


    Bach hat oft auch Effekte der Oper angewendet, aber so wie mir scheint nicht eher deshalb um die Ratsherren zu Ärgern.
    Wenn sie ihm befeheln ein Weihnachtsoratorium zu komponieren und es weniger opernhaft zu schreiben wie manche Kantaten - was macht dann Bach: Er baut eine vollkommen unangemessene "Echo-Arie" ein.


    Aber wirklich erschütternde Momente wie sie Händel vollbracht hat, sind mir bei Bach bisher nicht begegnet.
    Gibt es auch nur annähernd Arien von Bach die vergleichbar wären mit der Intensität von "Pena tiranna" aus Amadigi oder "Cara sposa" aus Rinaldo ?


    Ich mag den Begriff "Gebrauchsmusik" nicht, weil er gleich etwas abwertendes mit sich bringt - auch wenn es nicht so gemeint ist.
    Aber man darf nicht vergessen, dass die damaligen Menschen diese "Gebrauchsmusik" als "absolute Musik" wahrgenommen hatten.
    Mir ist die Einteilung zutiefst zuwider, denn ich kann ehrlich auch nicht sagen wozu das gut sein soll, ebenso wie die Einteilung in E und U Musik - ich halte das für den größten Schwachsinn den die Musikwissenschaft (falls es da überhaupt her kommt) jemals verzapft hat.


    Und wieso Bachs Musik zeitlos sein sollte und die von Händel nicht, mag mir auch nicht so recht einleuchten.
    Händel verkörpert in seiner Musik die gleichen Gefühle die wir Heute auch noch empfinden - ist das nicht zeitlos?
    Seine Opern stellen wohl unbestritten sein Hauptwerk da - nicht die Oratorien, allein schon wegen der Menge und der Qualität.
    Er hat in den Arien alle Facetten der menschlichen Gefühlswelt festgehalten, auf eine unanchahmliche, geniale Weise.
    Man braucht den Text gar nicht zu verstehen, die Musik spricht für sich selbst - das hat er in einer dermaßen genialen Weise beherrscht - das habe ich bei keinem anderen Komponisten jemals so intensiv erlebt.


    Wenn ich also die Wahl hätte, ich würde sofort Händel wählen.
    Wie schon im Komponisten Ranking gepostet, Händel und Lully sind für mich die wirklich großen Meister, die spielen einfach in einer anderen Liga als Bach.

  • Zitat

    Original von SMOB


    Welches denn?


    Dessen Quersumme ist 20. Die mittlere Zahl der dreistelligen BWV-Nr. wird jeweils von ihrem Doppelten flankiert.


    Hat der Bach das wieder schlau gemacht...


    :hello:


    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Zitat

    Dabei verlasse ich das Haus morgens nicht, ohne Bachs Cis-Dur-Praeludium gespielt und Händels neueste Oper im Koffer zu haben.


    Ach der Händel komponiert noch immer!!!
    :D :D :D :D :hahahaha: :hahahaha: :stumm: :stumm: :stumm:

  • Zitat von Lullist

    Händel war zu einer emotionalen Tiefe fähig, die man bei Bach vergebens suchen wird.
    Aber Händel mit dem Habitus "Fröhlich" zu bedenken finde ich auch etwas fragwürdig.
    Ich würde es eher so formulieren - im Vergleich zu Bach klingt alles fröhlich :stumm:

    Das würde ich nicht so sagen; ich finde Bach häufig "fröhlich" (und Händel melancholisch), von der Vagheit dieses Attributs abgesehen, finde ich aber keinen signifikanten Unterschied in der Fröhlichkeit zwischen beiden.



    Zitat

    Bach hat oft auch Effekte der Oper angewendet, aber so wie mir scheint nicht eher deshalb um die Ratsherren zu Ärgern.
    Wenn sie ihm befeheln ein Weihnachtsoratorium zu komponieren und es weniger opernhaft zu schreiben wie manche Kantaten - was macht dann Bach: Er baut eine vollkommen unangemessene "Echo-Arie" ein.

    Das ist eine Parodie aus einer Herkules-am-Scheideweg-Kantate (wo es wirklich ums Echo geht), wie fast alle Arien des WO Parodien sind.



    Zitat

    Aber wirklich erschütternde Momente wie sie Händel vollbracht hat, sind mir bei Bach bisher nicht begegnet.
    Gibt es auch nur annähernd Arien von Bach die vergleichbar wären mit der Intensität von "Pena tiranna" aus Amadigi oder "Cara sposa" aus Rinaldo ?

    zB Erbarme Dich aus der Matthäuspassion u.v.a?
    Das ist m.E. nicht der Unterschied: Bei Bach treten ja keine Personen auf, wie in den Opern und vielen Oratorien Händels. Es wird nur eine annähernd isolierter Affekt in einem theologischen Zusammenhang dargestellt, keine Person in einer dramatischen Situation. Ein zentraler Unterschied der Komponisten besteht darin, dass Händel zuallerst Dramatik ist, Bach, trotz einer handvoll dramatischer Szenen in den Passionen nicht. Bei Händel geht es um eine zugespitzte Geste oder um den prägnanten Ausdruck einer Emotion, da wäre eine ausgefeilte Komplexität nur abträglich, bei Bach geht es immer auch um eine größeren musikalischen oder religiösen Zusammenhang. Daher steht hier die Reflexion und Kontemplation im Vordergrund.
    Andererseits ist es natürlich Quatsch, dass Bach auf "Effekte" verzichtet hätte, was bitte ist "Tönet ihr Pauken..." Was will man von einem Schmierblatt wie der Welt schon erwarten... Über die Fehldeutung von Barockmusik im Sinne eines modernen Begriffes von "Unterhaltung" könnte man ganze Aufsätze schreiben. Zwar konnte sogar "Messiah" als "entertainment" bezeichnet werden, worauf Händel moralisierend geantwortet haben soll, dass es ihm leid täte, wenn er nur unterhalten habe, er wollte die Zuhörer moralisch bessern oder religiös erbauen. Selbst wenn Bachs Kantaten (allein aufgrund ihrer Funktion) theologisch spezifischer sind, so sollte man die Religiosität der Händelschen Oratorien (und ihres Schöpfers) nicht unterschlagen.



    Zitat

    Und wieso Bachs Musik zeitlos sein sollte und die von Händel nicht, mag mir auch nicht so recht einleuchten.
    Händel verkörpert in seiner Musik die gleichen Gefühle die wir Heute auch noch empfinden - ist das nicht zeitlos?

    Selbstverständlich sind beide nicht zeitlos. Auf die Instrumentalmusik Bachs mag das ansatzweise zutreffen, die Kantaten usw. sind teils bis ins theologische Detail hinein sehr zeitbezogen.



    Zitat

    Seine Opern stellen wohl unbestritten sein Hauptwerk da - nicht die Oratorien, allein schon wegen der Menge und der Qualität.
    Er hat in den Arien alle Facetten der menschlichen Gefühlswelt festgehalten, auf eine unanchahmliche, geniale Weise.
    Man braucht den Text gar nicht zu verstehen, die Musik spricht für sich selbst - das hat er in einer dermaßen genialen Weise beherrscht - das habe ich bei keinem anderen Komponisten jemals so intensiv erlebt.

    Man sollte die Oratorien nicht gegenüber den Opern zurücksetzen. Denn immerhin hat er sich mit dem englischsprachigen Oratorium ein neues, eigenes Genre geschaffen, das seinen Fähigkeiten optimal entgegenkam. Es ist sicher kein Zufall, dass besonders die Chorpartien der Oratorien bei den Wiener Klassikern solche Begeisterung auslösten.
    Die differenzierte psychologische Charakterisierung in den Opern erfordert meiner Ansicht nach eine gewisse Hörerfahrung und ein Einlassen auf die Barockoper, das vielen Hörern (mit durchs 19. Jhd. verdorbenen Ohren) nicht leicht fällt. Schon beim oberflächlichen Hören einer der Meisteropern wie Cäsar, Alcina, Rodelinda, Ariodante usw. sollte jedoch klarwerden, dass das Klischee, bei der Opera seria handele es sich um eine eher beliebige Abfolge von Dacapo-Arien ziemlich daneben liegt.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Hallo!


    Also trotz der genialen Einspielung der h-moll-Messe durch Jos van Veldhoven hat sich mein Geschmack Bach gegenüber nicht großartig geändert: Nachwievor schätze ich seine Klavierwerke über alles - der Rest ist mir beinahe egal. Daran änderte auch die "brilliante" Meisterwerke-Box überhaupt nichts [sie bewirkte eher noch das Gegenteil]. Händel trifft meine Seele weitaus besser, gleich gefolgt von Vivaldi und Domenico Scarlatti. Bei Bachs h-moll-Messe [die hier nicht zur Diskussion steht :D ] hätte Bach wegen mir bei seiner Missa-Brevis-Fassung bleiben können. Bis zum Gloria ist alles ganz wunderbar, aber dann wirds irgendwie bröselig... mit Ausnahme einiger schlagkräftiger Chöre.


    Daß ich nicht unbedingt der Typ für Sakralmusik bin, kann ich dabei nicht behaupten.


    Es müssen irgendwelche Bachblocker in mir wohnen... :wacky:


    Viele Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Händels Musik ist vitaler, strahlender und oft sehr aufbauend (wer einmal die Feuerwerksmusik-Ouvertüre mitgespielt hat, weiß, wovon ich rede). Auch das hören einer schönen Suite erinnert mich manchmal an ein Kind, was von seiner Großmutter ein schönes Märchen erzählt bekommt.
    Bachs Musik hingegen ist harmonisch und kontrapunktisch interessanter, wirkt jedoch auf mich manchmal künstlicher (gestrickter). Dennoch schätze ich beide sehr. Leider kenne ich die Vokalwerke noch viel zu schlecht :(

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Was bin ich froh, dass ich hier endlich DIE Wahrheiten über Bachs und Händels Musik erfahre. :no:


    Mal abgesehen von den Geschmacksbekundungen, über die sich nicht streiten lässt.

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  • Nicht wahr? Warte, ich toppe das noch:


    Händel = weltlich, vital, eher oberflächlich
    Bach = religiös, nachdenklich, mehr in Tiefe gehend


    Händel = Vorspeise und Dessert
    Bach = Hauptspeise


    ...fortzusetzen.....

  • ... Fortsetzung...


    Händels Opern : Kennste eine, kennste alle
    Bachs Kantaten : Kennste eine, kennste alle


    Bachs Streichquartette sind besser als Händels Sinfonien, oder umgekehrt


    Geh, Frollein, bringens mir nach der Vorspeise Händel, dem Hauptgang Bach und dem Dessert Händel unbedingt noch oanen Vivaldi doppio bittschön...


  • ?( ?( ?(


    ...Korrektur:


    Handel : tiefgehende Personendramaturgie
    Bach : Belangloses und gelegentlich nervtötendes Geleyer... :stumm:


    :angel:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)


  • Ja, Ulli, wir wissen's jetzt. Ist ja gut. :angel:

  • Eigentlich fehlt jetzt nur noch Loges kompetenter Beitrag in Sachen Bach und Händel, aber gottseidank darf der bei Tamino nicht mehr posten! (bis zum sicher anstehenden Nickwechsel, gell Sound67 ! :baeh01: )


    Aber ich gebs ja zu:
    auch das "Verbliebene" hier ist noch schlimm genug, etwa so ätzend wie jener gedruckte Nachruf auf Bach der wie folgt lautete:


    Der grosse BACH, der unsre Stadt
    Ja der Europens weite Reiche
    Erhob, und wenig seiner Stärcke hat,
    IST (LEYDER) EINE LEICHE !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Zitat

    Eigentlich fehlt jetzt nur noch Loges kompetenter Beitrag in Sachen Bach und Händel,


    hab ich da was verpasst ? Muss man den gelesen haben ? :baby:

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Das wurde ja auch schon sehr treffend von Johannes Roehl geschildert.
    Händel war zu einer emotionalen Tiefe fähig, die man bei Bach vergebens suchen wird.
    Aber Händel mit dem Habitus "Fröhlich" zu bedenken finde ich auch etwas fragwürdig.


    Das mag sicher sein, dass man bei Händel auf emotionale Tiefe stößt, die man bei Bach vergeblich sucht (wenn man überhaupt danach sucht). Ich finde bei Bach eine (mir fehlt gerade der pathetisch angemessene Begriff) "jenseitige" Tiefe, die ich bislang noch nirgends anders gefunden habe. Manchmal habe ich den Eindruck, dass dies bei Bach mit steigendem Lebensalter immer auffälliger wird. Ich denke nicht, dass man die beiden auf dieser Grundlage messen kann.


    Höre ich die brandenburgischen Konzerte und dann das musikalische Opfer oder die Kunst der Fuge o. ä., stelle ich fest, dass Bach seinen musikalischen Horizont derartig aufgebrochen und erweitert hat, wie ich es bei Händel nicht feststellen kann.


    Zitat

    Original von der Lullist
    Ich würde es eher so formulieren - im Vergleich zu Bach klingt alles fröhlich :stumm:

    Das trifft auf seine früheren Orchester- und kammermusikalischen Werke in meinen Augen nicht unbedingt zu!

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Das trifft auf seine früheren Orchester- und kammermusikalischen Werke in meinen Augen nicht unbedingt zu!


    Welche sollen denn diese frühen Werke sein?


    Bei seinen Cembalostücken findet sich bestimmt einiges , wie z.b. BWV 992 (Capriccio sopra la lontananza de il fratro dilettissimo). In Weimar entstand wohl der größte Teil der Violinkonzerte, die ich aber auch nicht eben als Ausbund an Fröhlichkeit empfinde
    und ein kontinuierliches Schaffen in dieser Hinsicht setzt erst nach 1718 in Köthen ein !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo!


    Ich werd mich dann halt auch mal einklinken.


    Bach: Sehr seltene wunderschöne Momente, der Großteil seines Schaffens uninteressant und mir zu eintönig.


    Händel: Großartiger Opernkomponist, der sich nicht scheute, auch mal eine Prunkorgie loszulassen.


    Zitat

    Nicht wahr? Warte, ich toppe das noch:


    Händel = weltlich, vital,eher oberflächlich
    Bach= religiös, nachdenklich,mehr in Tiefe gehend


    Händel= Vorspeise und Dessert
    Bach=Hauptspeise


    Bei mir würde das so aussehen:
    Händel = weltlich und geistlich, prunkvoll, vital, tiefgründig (vor allem in den Opern)
    Bach= tief religiös, nachdenklich, eintönig, übertrieben religiös


    Händel= könnt ich immer naschen
    Bach=brauch ich einen guten Magen zu, weil schwer verdaulich



    Na jetzt im Ernst. Beide Komponisten haben absolut großartige Werke komponiert. Allerdings ist mir die Musik Händel wesentlich sympathischer, da er 1. Opern komponiert hat, keine tief-religiösen Werke komponiert hat, bei extremer Religiösität, wie ich sie bei Bach finde, wird mir übel. [hat persönliche Gründe, die ich nicht öffentlich erklären werde, bei Interesse bitte per PN] Ebenso scheint bei Händel Prunkwerken auch einmal die heitere Seite des Lebens durch und nicht nur der ewige Melancholiker wie bei Bach (Ausnahme: Brandenburgische Konzerte).


    Händels Musik ist auf keinen Fall oberflächlich und nur eine Vorspeise zu Bach. Wenn schon sind beide Hauptgerichte, allerdings jedes auf einer eigenen Speisekarte!


    LG joschi

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear


    Welche sollen denn diese frühen Werke sein?


    BWV 4 ;)


    Zitat


    Bei seinen Cembalostücken findet sich bestimmt einiges , wie z.b. BWV 992 (Capriccio sopra la lontananza de il fratro dilettissimo). In Weimar entstand wohl der größte Teil der Violinkonzerte, die ich aber auch nicht eben als Ausbund an Fröhlichkeit empfinde


    Du würdest doch aber kaum die These, dass verglichen mit Bach, alles fröhlich klänge, unterstützen, oder?


    Wenn man meine Antwort oben liest, sieht man übrigens, dass ich keineswegs mit dem Lullisten übereinstimme, was kein Wunder ist, da ich mit seiner Domäne, französischer Musik, sehr wenig anfangen kann (er hat mir nur zugestimmt, dass sehr viele Hörer bei Händel noch viel weniger als bei Bach einen halbwegs repräsentativen Ausschnitt des Oeuvres kennen).


    Ich kann weder die Idee, dass Bach "nicht fröhlich" (was wäre z.B. mit dem 2. Brandenburgischen oder dem Italienischen Konzert) , noch die, dass Händel wie ein Märchenonkel klänge nachvollziehen. Die Vergleichbarkeit von emotionaler Tiefe halte ich für schwierig und auch fragwürdig. (Jedenfalls auf diesem Niveau, wenn wir über die jeweilige "Tiefe" von Händel und Dittersdorf oder Sebastian und Johann Christian Bach sprechen, könnte man sich vermutlich eher einigen :D).


    Ich halte es aber für tendenziell richtig, dass Bach häufig ein "kontemplativer", Händel ein dramatisch-theatralischer Komponist ist. Die Idee, Bach habe, wenn er denn gewollt hätte (Hildebrandt wies ja neulich darauf hin, dass er ziemlich offensichtlich nicht gewollt hat, vermutlich aus guten Gründen), ein großer Opernkomponist werden können, scheint mir fragwürdig. Trotz der unbestrittenen Dramatik einiger Stellen in Passionen und Kantaten.


    Das häufig anzutreffende Urteil, Händel sei irgendwie oberflächlich, greift aber auch zu kurz. Es geht ihm nie oder sehr selten um die rein-musikalische Auslotung der Möglichkeiten wie Bach in den großen polyphonen Sammelwerken. Da wir solch "absolute" Musik irgendwie zum Standard gemacht haben, kann man gegenüber Händel, der die Technik in den Dienst des dramatischen Ausdrucks stellt, nur ungerecht urteilen (nähmen wir Brahms und Verdi würde sofort klar, dass ein Vergleich ziemlich absurd wird). (Angemessen urteilt Beethoven in dem oben gegebenen Zitat der erstaunlichen Wirkung oft einfachster Mittel.)


    Außerdem muß man sehen, dass er in Genres, in denen diese traditionell wenig verloren hatten, mitunter auffallend "gelehrte" Stücke einfügt. Der polyphone Streichersatz der Begleitung von "Cara sposa" in Rinaldo galt seinerzeit als sehr ungewöhnlich in einer Oper. Oder der fantastische Chor "Wretched lovers....behold the monster Polyphem" in Acis & Galathea.


    Es ist auch falsch, dass Händel keine tiefreligiöse Musik komponiert hätte. Zwar sind die großen Oratorien keine liturgische Musik, sondern biblische Dramen, aber sie enthalten alle auch explizit religiöse Elemente
    (In Belshazzar z.B. die Gottlosigkeit des Titelhelden gegenüber den "frommen Heiden" Nitocris und Kyros, die Abhängigkeit des (gerechten) Herrschers von göttlicher Macht usw.)


    Loge ist außerdem ganz sicher nicht mit Sound67 identisch. Thomas Muething (Sound67) hätte nimmer Stockhausen als größeren Komponisten als Vaughan Williams propagiert. Außerdem haben wir Loge in FFM leibhaftig gesehen...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Loge ist außerdem ganz sicher nicht mit Sound67 identisch. Thomas Muething (Sound67) hätte nimmer Stockhausen als größeren Komponisten als Vaughan Williams propagiert. Außerdem haben wir Loge in FFM leibhaftig gesehen...


    Ach wirklich ? Gut, aber wenn man sich auf der Zunge zergehen lässt, WIE beide Herren argumentiern, muss man einfach auf zumindest nahe Verwandtschaft schliessen !


    Stockhausen wurde in dem Zusammenhang doch wohl eher aus dem Ärmel gezogen, um Edwin eins vor den Bug zu schiessen !


    Zitat

    Du würdest doch aber kaum die These, dass verglichen mit Bach, alles fröhlich klänge, unterstützen, oder?


    Gewiss nicht, so betrachtet war Schütz noch ein paar Nummern griesgrämiger als Bach, aus dem mit Sicherheit kein großer Opernkomponist geworden wäre, hatte er doch von der ganzen Gattung eher ein abschätziges Bild:


    Zitat

    Friedemann, lass und nach Dreßden fahren und dort die schönen Liedergen der Faustina hören


    Diese "schönen Liedergen" waren nichts geringeres als Hasses "Cleofide", die wohl zu den Spitzenwerken der Opera seria gezählt werden muss.


    Es gibt in den Werken von Bach und Händel einfach keine vergleichbaren Kompositionen, die eine Gegenüberstellung wirklich sinnvoll machen würden und es hilft da auch wenig, zu sagen, daß Bachs Orchestersuiten neben Händels annähernd vergleichbaren Werken den Kürzeren zögen. Der freie, im frühkapitalistischem England erfolgreich agierende Opernmeister und Oratorienkomponist Händel und der unter dem Diktat einer spätfeudalistischen Gesindeordung in Leipzig arbeitende Bach SIND nicht vergleichbar. Daß sie Zeitgenossen waren, ist purer Zufall.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • ich möchte beide unter keinen!! umständen missen, wenn es jedoch nur einer sein sollte: dann ohne zögern: BACH!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!


    seine tiefe ist selten erreicht. vielleicht mag händels tiefe die tiefe des menschen sein. bachs tiefe ist für mich dann aber das tiefe per se, das transzendente, göttliche. :jubel:



    ps: und ob händel 'fröhlich' sei? nun ja, ich weiß ja nicht ...

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Lieber BBB,


    Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Der freie, im frühkapitalistischem England erfolgreich agierende Opernmeister und Oratorienkomponist Händel und der unter dem Diktat einer spätfeudalistischen Gesindeordung in Leipzig arbeitende Bach SIND nicht vergleichbar. Daß sie Zeitgenossen waren, ist purer Zufall.


    Ich hab ja immer schon gesagt, daß Geschichte als solche ein purer Zufall ist! :D Aber so zufällig die Zeitgenossenschaft auch sein mag, ändert dies IMO erstmal nichts an einer Vergleichbarkeit - im Gegenteil! Die Frage ist dabei allerdings, was man vergleicht und welche Aussagekraft der Vergleich am Ende hat. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen (Händel agiert in einem erheblich anders strukturierten sozialen Raum, der fraglos »moderner« ist) ist doch ganz interessant - finde ich jedenfalls.


    In der Perspektive einer Sozial- und Kulturgeschichte der Musik etwa macht der Vergleich zwischen »Händel« und »J. S. Bach« daher durchaus Sinn, das hast Du ja oben auch bereits angedeutet, und wird schließlich zu dem Ergabnis führen, daß die Werke beider dem Anforderungsprofil des jeweiligen Marktes entsprachen für den sie komponiert haben. Natürlich macht es einen Unterschied, ob man einer weitverzweigten (Kirchen-)Musikerfamilie entstammt, in der seit Generationen das Kantoren- oder Organistenamt eine angestrebte Stellung gewesen ist (in Weimar und Köthen soll der gute Bach ja gar nicht sooo glücklich gewesen sein), oder einer Arztfamilie, die erstmal gar nix mit (Kirchen)Musik und Kantorentum am Hut hatte. Natürlich besteht ein Unterschied zwischen Händels Opern (und dies gilt auch, wenn auch unter anderen Vorzeichen, für die Oratorien, so ich mich denn nicht irre), die auf einem reißzähnigen, frühkapitalistischen »Massen«markt zu bestehen, ein bereits weitgehend anonymes Publikum zu finden und zu unterhalten hatten einerseits und den Bachschen Kantaten bzw. Passionen, die der allsonntäglichen bzw. karfreitäglichen Erbauung einer brav in den Gottesdienst pilgernden, (mehr oder minder) frommen, überschaubaren und kalkulierbaren protestantisch-lutherischen Kirchengemeinde dienen sollten andererseits. Da wäre es ja mehr als verwunderlich, wenn Händels Opern/Oratorien vornehmlich »kontemplativ« und Bachs Kantaten/Passionen »dramatisch« wären. :wacky: Naklar haben solche sozialgeschichtlichen Konstellationen auch Auswirkungen auf die weiteren Werke. Aber abgesehen davon, daß die Werke der beiden jeweils auf einen anderen Markt zugeschnitten waren und bestimmte Konsequenzen für den Charakter der Werke hatte, sagt ein solcher Vergleich überhaupt nichts über die Qualität der Musik, ihre »Tiefe« oder »Oberflächlichkeit« oder sowas. :no:


    Ganz herzlich,
    Medard

  • Zitat

    Original von Klawirr


    Ich hab ja immer schon gesagt, ...


    oder sowas.


    Völlich richtich. :D
    Und aus alledem erhellt doch, dass man sie besser unterscheiden als vergleichen kann. Zumal sie sich jeweils mit ihrem Hauptgewicht auf andere musikalische Formen respektive Gattungen geworfen haben.
    Blieben eventuell die Bereiche, in denen beide gearbeitet haben: Orchestermusik, Solokonzerte, Kammermusik und Clavieristisches.
    Da lassen sich verschiedene Techniken und Methoden ohne weiteres feststellen; und sicher kann man da auch zu Wertungen kommen. Nur haben die zum einen meiner Einschätzung nach keinen besonderen sittlichen Nährwert und sind zum anderen sowieso überflüssig. :D

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