Unnützes Duell - Eugen Onegin

  • Hallo Opernfreunde,


    Eugen Onegin löst jedesmal ein Gefühl der Beklemmung in mir aus, insbesondere wegen des völlig überflüssigen Duells, welches Lenskis Leben abrupt ein Ende setzt.
    Abgesehen von der m.E. etwas zu lang geratenen Briefszene Tatjanas birgt diese Oper grossartige Musik in sich und ist für viele Sängerdarsteller eine grosse Herausforderung.


    Wer hat zu dieser Oper eine besondere Beziehung und wie kam diese zustande?

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Abgesehen von der m.E. etwas zu lang geratenen Briefszene Tatjanas


    Ein junges Mädchen ringt damit einem Fremden einen Liebesbrief zu schreiben. Im Verlauf der Szene steigert sich Tatjana in diese Liebe hinein. Sie will der Welt zu Hause entfliehen in der sie sich unverstanden fühlt. Weder hat sie die Lebenslust ihrer Schwester Olga, noch die Resignation der Mutter die runterleiert `der Traum vom großen Glück vergeht, doch dann gewöhnt man sich und lebt` (sinngemäß die Übersetzung des Librettos an der KOB).
    Starb Puschkin nicht auch bei einem Duell?


    Zitat

    Wer hat zu dieser Oper eine besondere Beziehung und wie kam diese zustande?


    Eines der ersten "ernsthaften" Bücher die ich las. Onegin gilt doch als Sinnbild des "überflüssigen Menschen", ähnlich wie Lermontows` `Held unserer Zeit` und "Oblomow" (letztere Lektüre brach ich ab, die Trägheit des Helden war mir damals :D zuwider...). Dann gab es mal ein Ballett von Cranko in der die Briefszene von Onegin und Tatjana vor einem Spiegel getanzt wurde, wie ein in Erfüllung gehender Traum des Mädchens. Wer den "Onegin" gar nicht kennt, dem sei der Film mit Ralph Fiennes empfohlen, der lohnt sich schon anzuschauen für die erste Einstellung.


    Sophia

  • Zitat

    Eugen Onegin löst jedesmal ein Gefühl der Beklemmung in mir aus, insbesondere wegen des völlig überflüssigen Duells, welches Lenskis Leben abrupt ein Ende setzt.


    Die Leute damals hatten eben so ihre eigenen Vorstellungen darüber, was flüssig und was überflüssig war. Puschkin selbst starb durch so ein "überflüssiges" Duell.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Die Leute damals hatten eben so ihre eigenen Vorstellungen darüber, was flüssig und was überflüssig war. Puschkin selbst starb durch so ein "überflüssiges" Duell.


    ... was wiederum zeigt, wie überflüssig diese Duelliererei damals war :rolleyes:
    Allein schon, dass Mathematiker Generationen von Kollegen beschäftigen, nur weil sie wegen solch einem Unsinn ihre Gedanken nicht mehr rechtzeitig zu Papier bringen konnten... :pfeif:

    Viva la libertà!

  • Dass gerade Puschkin so starb! Einerseits hat er zwar wunderbare und romantisch-leidenschaftliche Poesie hinterlassen. Andererseits sind z.B. seine Novellen, wie Pikovaja Dama beinhart und kritisch. Bei Pique Dame ist das Libretto zur Oper total verkitscht im Vergleich zur Novelle, die die Gesellschaft ziemlich kritisiert.
    Ich glaub auch, dass Onegin (ist im Original ein episches Gedicht) in gewisser Weise kritisch ist. Z.B. eben im Hinblick auf das sinnlose Duell.
    Und dennoch ist er selber dieser Gesellschaft zum Opfer gefallen.


    Mich hat immer die Schlusszene am meisten berührt:
    Stschastje bylo tak vosmoschno, tak blysko.
    Das Glück war so möglich - so nahe.


    Klingt auf Russisch noch viel berührender.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Seit ich diese Formulierung vom "unsinnigen Duell" heute früh gelesen habe, beschäftigt sie mich. "Unsinnig" vor dem Hintergrund, dass da einer den anderen aus nichtigem Grund erschiesst, sicher. Aber was passiert da, warum kommt es dazu?


    Ich habe mehrere Inszenierungen gesehen, wo diese Szene als Unfall dargestellt war - das hat mich nie kalt gelassen: Lensky lässt die Pistole sinken, stürzt auf Onegin zu, um ihn zu umarmen, da fällt der Schuss.


    Lässt sich das Stück auch so lesen, dass da zwei etwas verrückte Jungs sind, die vielleicht mehr für einander empfinden, als sie sich zugestehen wollen oder können - und die in Streit geraten aus einer Eifersucht heraus, die andere Gründe hat, als die, die oberflächlich zu vermuten sind? Das kurze Duett vor dem Duell, "Vragi", wo die beiden Männerstimmen sich umeinander winden, bis sie zusammenkommen als Vorbereitung für Lensky, mit diesem Quatsch aufzuhören und sich in den Arm zu nehmen?


    Tschaikovsky selbst hat sich mit Tatiana identifiziert...


    Jedenfalls eine tolle Oper, die ich erst schätzen lernen musste, aber mir dann auch sehr gefallen hat. Die "Briefszene" finde ich übrigens nicht zu lange: sie schildert eine ganze Nacht voller Angst, Sehnsucht, Verzweiflung und Entschlusskraft...

  • Hallo zusammen von einem Eugen Onegin - Begeisterten!


    Habe diese Oper das erste Mal in dem wunderschönen Film mit Magda Vasaryova gesehen. Der eigentliche Durchbruch kam dann bei einem Besuch des Bolshoi. Ein einziger Traum, der seit diesem Jahr leider nicht mehr wieder zu erleben ist. Die Inszenierung wurde nach 60 Jahren verschrottet und durch eine langweilige neue im Einheitsbühnenbild ersetzt. :kotz:


    Die alte Inszenierung war von Anfang bis Ende genauestens durchgestaltet. Herrlich - es gibt übrigens eine DVD-Aufnahme davon. Leider sind die Interpreten auf dieser DVD nicht die, die ich gesehen und gehört habe.


    Vor allem die Briefszene war ein Bravourstück: Tatjana hat es geschafft immer zu dem wiederkehrenden Oboenmotiv die Feder einzutauchen und am Tintenglas abzustreifen. Sogar das Zerknüllen des Papiers war musiksynchron. Ich kann's nur noch mal betonen: Diese Aufführung wird mir für immer als totale Einheit von Musik, Farben, Bewegung und Gesang in Erinnerung bleiben.


    Zu den gräslichen Inszenierungen in Düsseldorf und Köln habe ich bereits im Regietheater-Thread geschriebn. Aber gut, in Düsseldorf, präsentierte uns Regisseur Del Monaco durchgehend einen abgeholzten Wald. Die Bauernchöre kamen knisternd und gekürzt aus einem alten Grammophon, dass Tatjana like a lunatic die ganze Zeit anstarrte. Als sie dann ihren Liebesbrief schrieb, drehte sie erst den Kopf wie ein Tier im Zoo, immer synchron zum Plattenteller - und irgendwie passt's ja auch zu der Musik, die da ja sehr überdreht ist. Schön anzusehen war's nicht.


    Dann krakelte sie den Brief und kletterte wähernddessen immer auf die Bäume - die arme Sängerin - um da die Briefe dranzupappen. Ich hab mich weggeschmissen vor Lachen, doch dann überwog das Mitleid mit der Sängerin.


    Als Onegin dann ihre Hoffnungen zerstört, rieselt's Asche auf ihr Haupt und es erscheinen schwarze Unglücksvögel, die herrlich ins "schlaue Füchslein" gepasst hätten. Aber nein, es waren die Damen und Herren des Chores, die derartig gewandet - ich fühlte mich an Scarlett o' Haras widerwillig ertragene Witwenschaft erinnert - und stocksteif wähernd des Namenstagstanzes zu stehen hatten. In der Ballszene des letzten Aktes durften sie dann wie die Pinguine watscheln, immer von einem Fuß auf den anderen.


    Soweit alles einleuchtend. Ich hab's kapiert: Welt ist kaputt, Folklore ebenfalls, Ausweg: die große Liebe, dann: verlorene Liebe, plakative Asche aufs Haupt, der Verlust der Lebensfreude, Bla Bla Bla - ich fand es SCHEUßLICH!


    Dabei waren die Sänger durch die Bank so was von gut, die haben sich die Seele aus dem Leib gesungen. Ich hatte ständig das Gefühl sie sangen gegen eine Deportation nach Russland an, denn eigentlich waren sie viel zu jung für die Rollen. Traurig!


    Ach und übrigens, in Köln stand beim Onegin ein übersimensionales Marmeladenhaus - klar: Klebrige Nähe. Aber so platt dargeboten. Nee danke!


    Noch mal grundsäzlich zum Duell: Kein Zufall, die Herren waren so aufgepeitscht, das konnte nur so enden. Mag die Interpretaion mit dem sich durch Zufall lösenden Schuss gar nicht.


    Zwei Fragen:


    Welcher Film ist das mit Ralph Fiennnes? Opernverfilmung oder Spielfilm? Hat jemnad das BAllett auf DVD?


    LG,


    Knuspi

  • Zitat

    Original von Alviano


    Ich habe mehrere Inszenierungen gesehen, wo diese Szene als Unfall dargestellt war - das hat mich nie kalt gelassen: Lensky lässt die Pistole sinken, stürzt auf Onegin zu, um ihn zu umarmen, da fällt der Schuss.


    Wenn ich`s richtig in Erinnerung habe begeht Lenski in der Berliner Aufführung Selbstmord.


    Zitat

    Lässt sich das Stück auch so lesen, dass da zwei etwas verrückte Jungs sind, die vielleicht mehr für einander empfinden, als sie sich zugestehen wollen oder können - und die in Streit geraten aus einer Eifersucht heraus, die andere Gründe hat, als die, die oberflächlich zu vermuten sind?


    Verschiedener können die beiden fast nicht sein: Lenski als verträumter Dichter (der scheinbar besser zu Tatjana als zu Olga paßt), Onegin als überdrüssiger Lebemann. Lenski hätte mit Sicherheit gerne was von Onegins` Draufgängertum, Onegin macht sich im Gegenzug über die Gesellschaft, in der Lenski lebt, lustig. Sehnt sich aber offenbar danach, schließlich kommt er Jahre nach dem Tod des Freundes zurück. (Den Text müßte ich mir nochmal genauer anschauen, das liegt schon ca. 2 Jahre zurück...)


    Zitat

    Original von Knusperhexe
    Welcher Film ist das mit Ralph Fiennnes?


    Ein Spielfilm in englischer Sprache ohne Untertitel. Teilweise auch wie ein Stummfilm - die Duellszene, beobachtet von Tatjana die anschl. nach Hause läuft und das versucht mitzuteilen - sowas eindringliches sieht man selten.


    Sophia

  • Wie viele deutsch gesungene Einspielungen gibt es eigentlich? Und welche mögt Ihr?


    Ich habe eine mit Schock als Lenski und Jurinac als Tatjana - sehr schön aber leider akustisch von einem fiesen Pfeifton in den hohen Lagen begleitet.

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Wie viele deutsch gesungene Einspielungen gibt es eigentlich? Und welche mögt Ihr?


    Ich habe eine mit Schock als Lenski und Jurinac als Tatjana - sehr schön aber leider akustisch von einem fiesen Pfeifton in den hohen Lagen begleitet.


    Es gibt von der Münchner Staatsoper einen Mitschnitt aus dem Jahr 1962, worüber ein Rezensent schrieb:


    Auf jeden Fall ist dies jedoch eine hochkarätig besetzte Aufführung, die keinen Wunsch offen läßt. Hermann Prey, Brigitte Fassbaender und Hertha Töpper sprechen für sich, Ingeborg Bremert ist nicht so sehr bekannt, aber ihre Tatjana überzeugt in jeder Hinsicht.
    Fritz Wunderlich ist das Nonplusultra in der Rolle des Lenskij.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Siegfried,


    danke! Die habe ich bei Saturn noch nicht gesehen. Ist sie noch erhältlich? GAb es nicht auch mal einen TV-Mitschnitt mit Wunderlich aus München, noch in s/w.


    LG,


    Knuspi

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Hallo Siegfried,
    danke! Die habe ich bei Saturn noch nicht gesehen. Ist sie noch erhältlich? GAb es nicht auch mal einen TV-Mitschnitt mit Wunderlich aus München, noch in s/w.
    LG,
    Knuspi


    Das war die Fernsehaufzeichnung vom 9.Oktober 1962, die schon mehrfach vom BR gesendet wurde. Leider noch in sw.
    Veröffentlicht bei GALA GL100.520 (2CD)


    Ausserdem gibts noch 2 Querschnitte, auch aus München:
    Von EMI 1962 mit H.Prey in der Titelrolle 574 272-2 ( zus. mit Pique Dame Querschnitt)
    Von DG 1966 mit FiDi in der Titelrolle 447 818-2

    Freundliche Grüße Siegfried


  • Hier noch eine deutsche Aufnahme.


    Sehr gut A.Dermota als Lensky.G.London,mit seinem herrlichen


    Heldenbariton,entspricht in keiner Weise der Figur des Onegin.


    Der Onegin ist ein Lyrischer Bariton .H.Prey war z.B.der ideale


    deutschsprachige Interpret für die Rolle dieses jungen Lebemanns.




    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert, diese Aufnahem kenne ich und stimme mit Dir überein: Fehlbesetzung! Auch das Dirigat von Kraus gefällt mir so gar nicht. Schon die Bauernchöre sind so furchtbar schwerfällig. Nein, ich muss an den Prey ran.
    LG,
    Knuspi

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    G.London,mit seinem herrlichen
    Heldenbariton,entspricht in keiner Weise der Figur des Onegin.
    Der Onegin ist ein Lyrischer Bariton .H.Prey war z.B.der ideale
    deutschsprachige Interpret für die Rolle dieses jungen Lebemanns.


    So ein klein wenig sind wir vom - wie ich finde - interessanten Thema abgeschweift, aber seis drum. Es existiert eine weitere, ebenfalls deutsch gesungene, Aufnahme mit George London aus dem Jahr 1955 -eine Live-Aufnahme aus der Wiener Staatsoper (Dirigent war Klobucar). London ist ein völlig anderer Onegin, als bsplsw. Prey. Und seinem schweren Material fällt die Partie auch nicht immer leicht. Aber mir gefällt die Farbe, dieses männlich-machohafte, etwas grobe, gar nicht schlecht Gerade der Vergleich mit stimmlich weicheren, eleganteren Sängern ist für mich durchaus spannend.

  • Ohweia, habe gerade wieder meine "Eugen Onegin"-Phase. Höre diese Oper in jeder freien Minute. Gerade hat es mir die Stelle angetan, wo Tatjana ihre Amme bittet, den verhängnisvollen Brief an Onegin zu attachieren.


    Hat eigentlich noch jemand hier die alte Moskauer-inszenierung mal gesehen? Gibt's jetzt auch auf DVD.


    LG,


    Knuspi

  • Hallo Knuspi,


    in diesem Frühjahr als preiswerter Querschnitt im Lox-Budget-Segment erschienen:



    :hello::hello:



    Meine persönliche, seit Jahren heiß geliebte Favoriteneinspielung (allerdings auf russisch gesungen) ist die Einspielung unter Levines Dirigat mit Mirella Freni als Tatjana:



    Da brodelt echt die Leidenschaft - das Orchester (die Staatskapelle Dresden) ist fantastisch! Sehr mitreißend!

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Was das Thema, bzw. was die anfangs gestellte Frage betrifft, kann ich nur vor Unverständnis den Kopf schütteln. Was soll denn an dem Duell "unnütz" sein? Was ist damit gemeint? Daß einigen es aus heutiger Perspektive als "dumm" erscheint? Oder daß es dramaturgisch keinen Sinn macht?


    Wer behauptet, daß ein Duell im 19. Jahrhundert unnütz sei, weil es aus heutiger Perspektive dumm erscheint, braucht sich eigentlich zu dem Thema gar nicht zu äußern, da ihm völlig das Verständnis für vergangene Moralvorstellungen abgeht. Auch wenn man es heute in einigen Teilen der Welt nicht mehr machen würde: Für Puschkin war es bestimmt nicht "unnütz".


    Daß das Duell drmaturgisch keinen Sinn macht, kann man auch nicht behaupten. Ohne das Duell wäre die Luft aus dem Drama - wäre das "unnütze" Duell nicht, dann würde, Verzeihung, gleich das gesamte Drama unnütz.


    ?(


    M.

  • Hallo zusammen


    mit meinem Namen muss ich mich ja zu diesem Thema äussern.


    Ich empfand das so, dass eben Freundschaft zum Duell geführt hat,- zu der Zeit, als die Oper geschrieben wurde, ( 1878 ) zählten Moral und Wertvorstellungen wohl noch sehr viel mehr als heute.
    Ich bin jedesmal erneut sehr ergriffen von dieser Oper, natürlich speziell von Lenskis Arie vor dem Duell.
    Auch wenn der Anfang der Oper für mich etwas langatmig ist, und ich mich daran gewöhnen musste, entschädigt mich das danach,-- die Musik ist so gewaltig,-- eben Tschaikowsky.
    Vor ein paar Monaten kam im Fernsehen, ich glaube, es könnte Arte gewesen sein, Eugen Onegin mit Ramon Vargas, ein sehr schöner und stimmgewaltiger Lenski.


    schöne Grüsse aus der Schweiz
    Lenski

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Mengelberg
    Was das Thema, bzw. was die anfangs gestellte Frage betrifft, kann ich nur vor Unverständnis den Kopf schütteln. Was soll denn an dem Duell "unnütz" sein?
    M.


    Du magst vielleicht eine andere Wertvorstellung von Menschenleben haben als ich. Deshalb ist ein Duell für mich unnütz.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Meine Lieblingsaufnahme, inzwischen auch als Billigausgabe für 6-7 € erhältlich:



    Man sollte wirklich nicht den Fehler machen, unsere Maßstäbe bzgl. des Duells anzulegen. Natürlich will ich nicht dem Duell das Wort reden, andererseits bedauere ich, dass in unserer heutigen Zeit vielen Menschen das Gefühl für die eigene Ehre völlig abhanden gekommen ist. Nur so ist es IMO zu erklären, dass sich viele mit Einzelheiten aus ihrem Privatleben usw. in den "Medien" öffentlich zum Deppen machen - von Otto Normalverbraucher über Pseudopromis bis zum Politiker.
    Den Gedanken von Alviano hinsichtlich einer auch unterschwellig homoerotisch motivierten Eifersucht zwischen Lenski und Onegin finde ich sehr interessant.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Zitat von Mengelberg:


    Zitat

    Daß das Duell drmaturgisch keinen Sinn macht, kann man auch nicht behaupten. Ohne das Duell wäre die Luft aus dem Drama - wäre das "unnütze" Duell nicht, dann würde, Verzeihung, gleich das gesamte Drama unnütz.


    Damit hast du natürlich vollkommen Recht, für die Dramaturgie der Oper ist das Duell selbstverständlich wichtig - auch wenn manche (ich eingeschlossen) zum Taschentuch greifen müssen …


    Aber: Das ist auch wohl der einzige Nutzen, den ein Duell haben kann, einen anderen kann ich beim besten Willen nicht ausmachen. :no:



    Zitat von Siegfried:


    Zitat

    Du magst vielleicht eine andere Wertvorstellung von Menschenleben haben als ich. Deshalb ist ein Duell für mich unnütz.


    Lieber Siegfried, auch für mich ist ein Menschenleben heilig und kein noch so ehrenhafter Grund rechtfertigt ein Duell. So etwas ist in meinen Augen sogar mehr als nur unnütz, es ist der blanke Wahnsinn!

    Aber ich weiß, Menschen waren immer schon Meister im Erfinden von Gründen fürs gegenseitige Abschlachten. Das war, ist und bleibt leider traurige Realität. Heute duelliert man sich bei uns zwar nicht mehr, dafür aber wird fleißig aus anderen ehrenhaften Gründen gemordet, wie täglich in den Nachrichten zu sehen. Manche glauben sogar, sich damit den siebenten Himmel verdienen zu können …


    Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass der (noch so gute) Zweck nicht die Mittel heiligt.


    Jedenfalls finde ich, dass diese Oper nicht nur ein musikalisches Kleinod ist, sondern auch – trotz u. wegen des antiquierten Duells – immer noch Aktualität besitzt. Ein wirklich aufwühlendes, zum Nachdenken anregendes Werk!


    Danke Siegfried, für dieses interessante Thema! :yes:


    Liebe Grüße

    :hello: Weiße Rose


    Man h ö r t nur mit dem Herzen gut!

  • Zitat

    Original von Siegfried
    [Du magst vielleicht eine andere Wertvorstellung von Menschenleben haben als ich. Deshalb ist ein Duell für mich unnütz.


    Mein Gott! Lesen-Können und Sachlichkeit wären von Vorteil. Wir reden hier vom zaristischen Rußland im 19. Jahrhundert und nicht vom Heute in Westeuropa. Daß Du Deine Wertvorstellungen von heute an andere Zeiten und andere Kulturen anbringen mußt, ist Dein Fehlschluß von Dich auf andere. Daran, daß Puschkin wahrscheinlich in anderen Kategorien dachte als ein Mensch des Abendlandes im Jahre 2007, ist Dir wohl noch gar nicht in den Sinn gekommen.
    Viele russische, fernöstliche, arabische und indische Probleme erscheinen demjenigen, der aus seiner begrenzten, abendländischen Perspektive urteilt, als sinn- und nutzlos.
    Wer so denkt, der braucht sich m.E. gar nicht zu historischen Themen zu äußern, weil er einfach völlig ahistorisch und egozentrisch denkt. Nein danke.


    Daß ich versuche, Puschkin zu verstehen, heißt nicht, daß ich Duelle nutzvoll finde, und das weißt Du. Gerade deshalb verbitte ich mir Kommentare wie Deinen obigen für zukünftige Diskussionen.

  • Natürlich muss man ein Duell aus dem historischen Zusammenhang heraus begreifen, Kritiker dieser (Un)sitte gab es ja auch schon damals. (Siehe Schnitzler!) Die besondere Tragik im "Onegin" besteht für mich aber darin, dass es für dieses Duell gar keinen richtigen Grund gibt (Verglichen z.B. mit einem gehörnten Ehemann, der den Liebhaber seiner Frau fordert. Nicht, dass ich das jetzt als angemessene Reaktion empfände, aber es liegt wenigstens ein konkreter Anlass für den Zweikampf vor!) Zwischen Onegin und Lenskij hingegen steht eigentlich nichts außer einem unüberlegten Spiel mit dem Feuer, das sich zum Flächenbrand ausdehnt. Onegin hört eine verächtliche Bemerkung über sich, sucht ein Opfer, an dem er seinen verletzten Stolz abreagieren kann und findet es in Lenskij, der ihn zu dem Fest geschleppt hat und daher "Schuld" an dem ganzen ist. Er flirtet mit Olga, um dem Freund eines auszuwischen, und begeht in meinen Augen den folgenschweren Fehler, seine eigene Oberflächlichkeit im Umgang mit Menschen auch in die anderen hineinzuprojezieren. Für ihn ist es nur ein Spiel, für Lenskij aber tödlicher Ernst, und als Onegin erkennt, wie tief er den Freund verletzt hat und die die Notbremse ziehen will, hat die Sache bereits eine Eigendynamik gewonnen, die nicht mehr zu stoppen ist. Ein Wort ergibt das andere, die beiden verstricken sich immer mehr in eine hoffnungsose Situation, aus der es gemäß dem Ehrenkodex ihrer Zeit keinen anderen Ausweg mehr gibt als das Duell. Natürlich könnten sie einander absichtlich verfehlen, und die Beziehung der beiden zueinander lässt eine solche Lösung auch zu (Sie stellen sich ja auch unmittelbar vor dem Duell die Frage, ob sie einander nicht lachend umarmen sollen), aber was wäre das für ein Schluss??? Nein, die Dramaturgie der Oper verlangt nach einem Opfer, ergo findet das Duell statt und der Tenor den Tod.
    lg SEverina :hello:

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Wie romantisch, diese Duelle im Morgengrauen gggggg


    Vielleicht sollte man nicht unterschätzen, daß die schönste Arien, die Sterbender sind, die auf der Bühne, diese Todesarien ja zu Ende singen müssen, auch wenn sie an sich bereits schon längst tot sein müßten ggggggggggg

  • Zitat

    Original von Michael
    Wie romantisch, diese Duelle im Morgengrauen gggggg


    Vielleicht sollte man nicht unterschätzen, daß die schönste Arien, die Sterbender sind, die auf der Bühne, diese Todesarien ja zu Ende singen müssen, auch wenn sie an sich bereits schon längst tot sein müßten ggggggggggg


    Gerade da ist Lenskij aber die rühmliche Ausnahme, der singt nämlich wunderschön, bevor er die tödliche Kugel empfängt ;)
    lg Severina :hello:

  • Für mich eine der schönsten, ergreifendsten Arien der Opernliteratur! :jubel:


    @ Severina:
    Danke für deinen interessanten Beitrag gestern!


    @ mengelberg:
    Ich fühle mich von deiner letzten Stellungnahme auch mitbetroffen, daher möchte ich eine kleine Ergänzung anbringen.


    Es ist keine Frage, dass man den historischen u./o. kulturellen Kontext kennen sollte und auch versuchen wird, ihn zu verstehen. Es ist mir auch klar, dass - nicht nur im zaristischen Rußland! - mancher gar nicht anders handeln konnte, als ein Duell zu fordern.


    Doch wie sinnvoll ein solcher "Ehrenkodex" per se ist, darf ja wohl auch kritisch hinterfragt werden und dabei kann, ja soll man wohl den eigenen Wertvorstellungen gemäß urteilen. Meinst du nicht auch?


    Mit freundlichen Grüßen

    :hello: Weiße Rose


    Man h ö r t nur mit dem Herzen gut!

  • Ja, ich denke gerade wenn ich das hier lese an "Addio del passato" aus der Traviata.
    Es gibt gottseidank Sängerinnen, die es wagen, das dann wirklich mit "un fil di voce", nämlich auch von hörbarer Schwindsucht angefallen, zu singen. Und dann finde ich es erst so richtig ergreifend. Und wer dann noch am Ende die Oktave vom a1 zum a2 im piano hinbekommt......


    Zu den Duellen: wenn man Opernlibretti mit unseren heutigen humanistisch-geprägten(schön wärs...... :rolleyes: ) Augen betrachtet, kann man die Hälfte der Opern in die Mülltonne kippen. Bei Verdi wird Z.B. laufend erwürgt, gefoltert, gemordet, verbrannt usw usw


    Genau wie Severina schreibt: DIESES "sinnlose" Duell zeigt uns gerade den fragwürdigen Charakter von Onegin und erklärt dann vielleciht auch am Ende, dass eine Frau wie Tatjana für einen solchen Mann ,trotz ihrer Liebe zu ihm, nicht (mehr) bereit ist, sich zu verschenken und über gesellschaftliche Normen hinwegzusetzen.
    Er gewinnt zwar scheinbar im Duell um die" Ehre", aber seine eigentliche Ehre hat er lange verloren!


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von Mengelberg
    Mein Gott! Lesen-Können und Sachlichkeit wären von Vorteil.
    Wir reden hier vom zaristischen Rußland im 19. Jahrhundert... Gerade deshalb verbitte ich mir Kommentare wie Deinen obigen für zukünftige Diskussionen.


    Hast du außer Arroganz und Beleidigungen noch etwas anderes anzubieten? Armer Mensch!
    Der Pluralis majestatis wurde übrigens schon lange abgeschafft, seither gibt es die Meinungsfreiheit!
    Hiermit beende ich diese Diskussion. Es gibt sinnvolleres zu tun.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose