Nachtlager von Granada - eine vergebene Chance an der Volksoper

  • Liebe Tamina/os,


    ich möchte eine aktuelle interne Meldung der Volksoper zur Diskussion stellen, derzufolge eine konzertante Aufführung von Conradin Kreutzers "Nachtlager von Granada" wegen zu geringen Interesse des Publikums abgesagt wird.


    die Oper hätte in am 8.März aufgeführt werden sollen, als zusätzliches Handicap kommt hinzu, daß das Orchestermaterial bis jetzt noch nicht eingetroffen ist.


    Natürlich liegt ein Großteil der Schuld bei der schlechten Werbung für dieses Stück.


    Ich möchte euch mit dieser Problematik konfrontieren, daß selbst ein recht gut gehendes Haus (Auslastung bei 80%) es sich nicht leisten kann, Aufführungen wie diese anzusetzen.


    Da hier gerne über Werke diskutiert wird, die eurer Meinung nach aufgeführt werden sollten, möchte ich euch auffordern, auch über Werbestrategien nachzudenken, mit denen eurer Meinung nach ein Haus auch unbekannte Werke herausbringen könnte.


    Wie sollten Werke in der Öffentlichkeit präsentiert werden, deren Komponisten man kaum kennt.


    Traviata und viele anderen sind wie Markennamen, man weiß, was man bekommt.


    Ist der Opernbetrieb wirklich auf McDonalds Niveau, wie man bei der Repertoireauswahl manchmal glauben möchte?
    auch dort werden exotische Dinge ausprobiert, aber höchstens zwei Wochen im Jahr. So was läßt sich im Theater nicht umsetzen.


    die Produktion eines Stückes ist viel zu teuer, als daß man sich Mißerfolge leisten könnte - möchte man meinen - das Regietheater denkt hier anders.


    Allerdings will ich hier keine Pauschalmeinungen über möderne Inszenierungen provozieren, sondern eher die Frage: was spricht für das Risiko, ein unbekanntes Werk in den Spielplan aufzunehmen?


    ein Glücksgriff war ja eindeutig der Evangelimann, der außer in Wien noch in Chemnitz gespielt wird - im Herbst in Graz...


    wann lohnt es sich, wann nicht?


    wobei feststeht: es muß sich lohnen!!

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Ja traurig finde ich eine solche Absage auch, denn die VOP
    bekommt u.a. auch Subventionen dafür soche Stücke
    aus der Versenkung zu holen noch dazu für "nur" eine
    konzertante Aufführung.
    Es sollte nicht nur nach der Kasse geschaut werden bei
    einem subventioniertem Opernhaus.
    Das mit dem Orchestermaterial ist ja wohl die blödeste
    Ausrede die ich jeh gehört hab.
    Eine echt vertane Chance....


    ;(X(;(

    mucaxel

  • Hallo Tastenwolf,


    es ist sehr bedauerlich, dass es nicht zur Aufführung des "Nachtlagers" kommen wird.


    Auch im normalen Opernbetrieb konzentriert sich alles mehr und mehr auf die wirklichen Repertoire-Opern, zu denen das "Nachtlager" nur bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zählte.


    Hier und da greift man vereinzelt mal zu Außenseiter-Opern, aber sie bleiben noch ganz kurz im Repertoire.


    Hier in Berlin gab es vor einigen Jahren eine interessante Inszenierung von Marschners "Hans Heiling" an der Deutschen Oper. Aber schon nach 3 Vorstellungen war der Zuschauerraum fast leer. Das rechnet sich dann nicht, und die Inszenierungen werden dann abgesetzt. Schade!


    Aber auch Repertoire-Opern von Lortzing und Nicolai trifft man zunehmend immer weniger an, was auch sehr bedauerlich ist!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:


  • Hi


    Könnte es sein, dass du dir das etwas zu einfach vorstellst? Subvention ist kein Hahn, der bei Bedarf einfach aufgedreht werden kann. Die wird im Voraus fix zugeteilt und das Haus muss damit in Verbindung mit den Kasseneinnahmen den Betrieb aufrecht erhalten. Wenn Tastenwolfs Angabe stimmt, dann durchlebt die VOP zur Zeit einen leichten Durchhänger, denn in guten Zeiten hat sie deutlich mehr als 80% Auslastung.
    Das heißt im Klartext, dass die finanzielle Situation ziemlich angespannt sein wird (die Einnahmen bleiben hinter den Budget-Prognosen zurück). So kann ein drohendes oder befürchtetes finanzielles Debakel bei einer Inszenierung schon dazu führen, dass die Theaterleitung kalte Füße bekommt. Zum Glück kommt dies eher selten vor.


    Probleme mit dem Orchestermaterial sind bei ausgefallenen Stücken ganz und gar nicht abwegig, und schon gar nicht lächerlich. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Als beispielsweise 1997 in Graz der Belisario zur Aufführung kommen sollte, war auch kein brauchbares, einigermaßen aktuelles und vor allem vollständiges Material aufzutreiben. Ricordi arbeitete zwar schon zwei Jahrzehnte lang an einer Neu-Edition, aber die ist möglicherweise jetzt noch nicht fertig. Einzig das Archiv des Fenice besaß vollständige Partituren, die zur Not hätten verwendet werden können. Und dann brennt es 1996 ab....

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Nein ich stelle mir das überhaupt nicht zu einfach vor,
    nur weiß ich das ein Opernhaus heute sehr langfristig
    planen muß und deshalb ein Spielplan erstellt wird.
    Da wird das Stück ausgewählt vom Intendanten oder
    Direktor "abgewinkt" soll heißen okay wir machen das.
    Dazu bekommt der Mann oder Frau im Musikarchiv
    (auch Bibliothek genannt)
    den Spielplanentwurf der besorgt das Orchestermaterial und
    sollte er es nicht bekommen warnt er den Direktor.
    So einfach sollte das laufen......
    :D
    Das weiß ich aus meiner Tätigkeit an deutschen und auch
    österreichischen Opernhäusern.
    Wegen Besuchermangel ein solches Stück abzusetzen
    ist natürlich die einfachste Lösung. ?(
    Frage wozu gibt es dann Spielplankonferenzen an
    einem Theater???


    ;(;(;(


    P.S. Kenne noch Intendanten die in Schlußproben saßen und mit dem
    was da auf der Bühne passierte nicht einverstanden waren, ja dann
    wurde die Premiere kurzfristig verschoben oder abgesagt.
    Nur heute gibt es solche Intendanten nicht mehr, die den Mut
    haben das zu tun.
    Aber wohl ein anderes Thema. :untertauch:

    mucaxel

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  • Zitat

    Original von tastenwolf
    ich möchte eine aktuelle interne Meldung der Volksoper zur Diskussion stellen, derzufolge eine konzertante Aufführung von Conradin Kreutzers "Nachtlager von Granada" wegen zu geringen Interesse des Publikums abgesagt wird.


    Vielleicht ist in diesem Fall der Grund für das geringe Publikumsinteresse darin zu suchen, dass eine KONZERTANTE Aufführung geplant war. Nach meiner Erfahrung stehen viele Opernfreunde konzertanten Aufführungen eher skeptisch gegenüber, weil sie das theatralische Element einfach nicht missen wollen (egal ob das nun "traditionell" oder "modern" aussieht). Ausnahmen: das Stück ist ein Selbstläufer oder (am häufigsten) es wirken wirklich zugkräftige Sänger/innen mit.


    Ich glaube zwar nicht, dass das "Nachtlager", wenn man es inszeniert auf die Bühne brächte, große Publikumsmassen anziehen würde. Aber mehr als bei einer konzertanten Aufführung wären es sicherlich. Das ökonomische Risiko für das Opernhaus wäre allerdings auch höher.


    Viele Grüße


    Bernd


  • Seufz, die Zeiten sind vorbei! Aber sag, wurde denn keine Werbung für das nachtlager gemacht? Tarurige Sache, diese Absage!!!

  • Traurig - aber logisch.
    Bitte einmal nachdenken: Was hält August Normalzuschauer wohl von einer Oper, die von einem Opernhaus nur konzertant aufgeführt wird?
    Zumal er die Oper wohl kaum kennt?
    Und für welches Publikum wird das gespielt?
    So etwas läuft - leider - nur, wenn man einen Star zur Hand hat, also wenn etwa die Netrebko die Granada spielt.
    Vor etlichen (nämlich mehr als 20) Jahren fand sogar eine konzertante "Feen"-Aufführung in der Staatsoper sozusagen bei freier Platzwahl statt. Und da sang immerhin noch die Gundl Janowitz mit...
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Dazu bekommt der Mann oder Frau im Musikarchiv
    (auch Bibliothek genannt)
    den Spielplanentwurf der besorgt das Orchestermaterial und
    sollte er es nicht bekommen warnt er den Direktor.
    So einfach sollte das laufen......


    OK, und was ist, wenn sich bei der Beschaffung des Orchestermaterials plötzlich unerwartete Schwierigkeiten ergeben? Entweder, weil man nur Vorkriegsmaterial bekommen kann, das man heute keinem Musiker mehr zumuten kann, oder nur (zu) stark gekürztes Material? Dann ist es mit der Einfachheit vorbei. Möglicherweise ist sogar überhaupt kein neues Material aufzutreiben, dann erhebt sich die Frage, wie kooperativ Opernhäuser sind, wenn es darum geht, Orchestermaterial zu verleihen oder zu vermieten.


    Das gilt natürlich in erster Linie für Stücke, die in den letzten 50 Jahren so gut wie nicht gespielt worden sind. Der Belisario ist so ein Fall, und das Nachtlager ist bekanntlich auch kein in der Neuzeit häufig inszeniertes Werk.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    denn die VOP
    bekommt u.a. auch Subventionen dafür soche Stücke
    aus der Versenkung zu holen



    also das kann ich mir nicht vorstellen, daß in diesem Fall Subventionen vorhanden waren.
    Bitte keine Pauschalurteile über "die subventionierten Bundestheater"


    was das Notenmaterial betrifft, muß ich nochmal direkt beim Archiv nachfragen, meine Information kam aus dem 3.Stock (=Chefetage...)


    Daß eine konzertante Aufführung nicht automatisch zum Renner wird ist klar, aber die Kosten für ein Bühnenbild sind so hoch, daß es hier nicht um zu diskutierende Alternativen geht.


    @Edwin
    die Sache mit dem Zugpferd ist sicher richtig, im Fall des (damals) unbekannten "Sound of music" war die Teilnahme von Sandra Pirés ein entscheidender Faktor für den Erfolg.
    Bei Granada waren "nur" Morten Frank Larsen, Michael König und Alexandra Reinprecht als Hauptsolisten vorgesehen - es liegt sicher auch an der mangelnden Publicity vieler "Haussänger" bzw. Ensemblemitglieder, die auch an der Staatsoper oft als zweite Garnitur neben den Gästen gesehen werden.


    die Mitwirkung von AN hätte da vielleicht was gebracht...



    gestern abend kam mir noch die Idee, ob nicht das Tamino Forum hier eine Vorreiterrolle übernehmen könnte, indem ein
    "Frühwarnsystem für seltene Opernaufführungen" eingerichtet wird (ähnlich wie bei Tsunamis), mit dessen Hilfe dann die Publikumsströme gelenkt werden sollen.


    Schließlich können wir Spielpläne für das nächste Jahr bereits jetzt diskutieren.


    Gleich meine erste Werbung: im Herbst wird "Tiefland" an der Volksoper gemacht.- ist ja auch nicht oft zu hören.
    Wolfgang Koch wird singen...mehr weiß ich noch nicht

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

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  • Also ich habe überhaupt nichts gegen die Bundestheater
    und nichts gegen die Subventionen nur da gibt es
    einen Direktor und Musikdramaturgen, die den Spielplan
    erstellen, die sollten wissen das so eine konzertante
    Auführung nicht sehr Publikumswirksam ist und diese
    gar nicht erst auf den Spielplan bringen.
    Mehr hatte und habe ich dazu nicht zu sagen.


    :untertauch:8)8)

    mucaxel

  • Zitat

    die sollten wissen das so eine konzertante
    Auführung nicht sehr Publikumswirksam ist und diese
    gar nicht erstauf den Spielplan bringen.



    also deiner Meinung nach so ein Stück lieber gar nicht erst ansetzen - soll es weiter in der Mottenkiste vor sich hin gammeln??


    letztes Jahr war eine derartige Aufführung von Schmidts Notre Dame recht gut verkauft


    darüber, was ein Direktor und eine Dramaturgin alles wissen sollten, möchte ich lieber nichts schreiben... :untertauch: :stumm:

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Vielleicht ist in diesem Fall der Grund für das geringe Publikumsinteresse darin zu suchen, dass eine KONZERTANTE Aufführung geplant war. Nach meiner Erfahrung stehen viele Opernfreunde konzertanten Aufführungen eher skeptisch gegenüber, weil sie das theatralische Element einfach nicht missen wollen (egal ob das nun "traditionell" oder "modern" aussieht).


    Das kann man so allgemein nicht sagen. Da ich viele Regieeinfälle einfach schlecht finde, suche ich mir explizit konzertante Aufführungen aus, um in meinem Musikgenuss nicht gestört zu werden.
    Wenn ich an den Dörrie-Rigoletto von München denke - nein danke! Auf solche theatralischen Elemente verzichte ich gerne, auch wenn es als "Zugabe" noch einen Theaterskandal gibt.

  • lang nicht hier gewesen... ;)


    wievielen - besser wie wenigen Menschen sind die enormen Ausstattungskosten einer szenischen Aufführung eigentlich bewusst?


    bzw. die Kalkulation einer Produktion, die wenigstens kostendeckend sein soll??


    die Zeiten des reinen Subventionstheaters sind vorbei...


    und darüber sollte man auch(!) froh sein, weil nur die staatliche Subvention solche experimentellen Regieauswüchse erst ermöglicht hat...


    hart: die Situation ist in Österreich wesentlich milder als in Deutschland, die Skandale sind viel seltener...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • 13. Januar 1834:
    Die Erstfassung der romantischen Oper in 2 Akten
    Das Nachtlager in Granada
    von Conradin Kreutzer
    mit gesprochenen Dialogen wird am Theater in der Josefstadt in Wien uraufgeführt.
    Das Libretto stammt von Karl Johann Braun von Braunthal nach dem Schauspiel
    Das Nachtlager von Granada von Johann Friedrich Kind.
    mit Anna Segatta • Josef Emminger • Karl-Josef Pöck • Borschitzky • Rott • Koch • Preisinger,
    Dirig. Conradin Kreutzer.


    Eine zweite Fassung, in der an die Stelle der Dialoge komponierte Rezitative traten, wurde am 9. März 1837 im Kärntnertortheater in Wien uraufgeführt.



    Die Handlung basiert auf einer Sage, nach der der spätere Kaiser Maximilian II. einmal bei einer Jagd in einer Hütte bei Granada übernachtet habe, wo er ermordet werden sollte, jedoch gerettet wurde.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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