Die UNbeliebtesten Objekte der klassischen Musik

  • Hi folks!


    Nachdem ich hier nur noch über gute, sehr gute und beste Stücke lese, starte ich hier mal den Anti-Thread. So etwas Ähnliches war schon mal an anderer Stelle im Internet mit der etwas fragwürdigen Bezeichnung "Hass-Objekte"...


    Also los: Was sind die Objekte, mit denen ihr am wenigsten etwas anfangen könnt: unselige Musikstücke, ungeliebte Interpreten/Dirigenten, missratene Aufnahmen, verunglückte "Arrangements", sonstige Drolligkeiten der Klassik... Um immer wiederkehrende Hassobjekte auszuschliessen, bitte keine Crossover-G'schichten wie Andre Rieu o.ä. zu nennen...


    (Diesmal werde ich in den Thread etwas später einsteigen... mal sehen, was bei Euch so kommt...)


    Gruss,


    Hendrik

  • Hallo,
    also - "Hass"-Objekte ist vielleicht etwas hart, aber ich kann z.B. überhaupt nichts mit Bartok (Klavierkonzerte, Konzert für Orchester, Konzert für Schlagzeug und zwei Klaviere) anfangen, das ist eine Musik, die sich mir überhaupt nicht erschließt.
    Gruß
    Achim

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Hallo Achim !


    Bei Bartok möchte ich mich anschliessen, kann aber gleichzeitig in einem Atemzug noch Schönberg und Werbern nennen.


    Desweiteren habe ich Probleme bei allen Komponisten
    der sogenannten " moderne " ( Holliger, Henze etc. )
    Für mich : GRAUENVOLL !!


    Hier fehlt mir, außer das es sich um Töne handelt, der richtige Bezug um es MUSIK zu nennen.


    Gruss
    Holger

  • "Haß" geht natürlich viel zu weit, aber es gibt schon einige Interpretationen, ide ich sehr mißraten fand: Ich bin zwar ein Fan von Solti, aber seine Aufnahmen des Lohengrins mit Domingo und Jessye Norman und die des Otellos mit Pavarotti und Leo Nucci waren grauenvoll.


    In die gleiche Kategorie gehört auch der Don Carlos mit Riccardo Muti, wieder einmal Pavarotti, Paolo Coni als Rodrigo, Daniela Dessi als Elisabeth usw. Samuel Ramey als Filippo II singt durchschnittlich und ist dabei noch der mit abstand beste Sänger. Das ganze ist eine Liveaufnahme von der Scala aus 1994 und klingt zudem auch noch schauerlich. Eine differenzierte Orchesterleistung ist nicht zu erkennen.


    to be continued... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Tag,


    aber bitte sehr, Bartok als ein Nichts? Immer wieder ertappe ich mich dabei, Motive aus den Klavierkonzerten zu singen, als Ausdruck des Wohlseins im Moment. Es sind so schöne Gestalten von Musik. Auch der Mikrokosmos (für Klavier) oder die Klavierstücke "Für Kinder" sind sangbar. Wer macht es etwa so? Nun, Geza Anda mit Ferenc Fricsay, auch Stephen Bishop (jetzt: Kovacevich) mit Colin Davis. Bishop spielt auch die Stücke "Für Kinder". Nebenbei, Bishop muß damit Gutes getan haben, denn, der hyperkritische Organist aus Ungarn, Sygmunt Zsathmary, fand diese Aufnahmen vor Jahren selbst gut (damals machte er seine erste Gesamtaufnahme der Orgelwerke von Liszt).


    Im Gegenzug gilt meine Abneigung den Sachen von Gustav Mahler. Unrettbar; ich verstehe gut, dass Schönberg sich angesichts von Mahler'schen Kompositionen beschleunigt von der Tonalität abwandte ("exaltiertes Ausdruckswollen", so Hans Heinz Stuckenschmidt, Musik im 20. Jahrhundert, Kindler Verlag, im Eingangskapitel). Auch die Geschichten des Großkomponisten Richard Wagner gehören zum Seinesgleichen geschieht.


    Tja, so ist das ganz verschieden. Distinktion ist alles.


    MfG
    Albus

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  • Mir fallen ein:
    - Wiener Walzer
    - Irgendwas mit Domingo auf Deutsch
    - Andere Sänger, die die Sprache die sie Singen nur rudimentär beherrschen
    - Scherzkekse wie Afanassiev, die totale Unmusikalität unter pseudo-philosophischen Betrachtung verstecken


    Jan

  • Albus schrieb:


    [Zitat] Auch die Geschichten des Großkomponisten Richard Wagner gehören zum Seinesgleichen geschieht.[/Zitat]


    Ich hättte gerne eine Dechiffrierung dieses möglicherweise bemerkenswerten Satzes !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Holger schrieb:


    [Zitat]Bei Bartok möchte ich mich anschliessen, kann aber gleichzeitig in einem Atemzug noch Schönberg und Werbern nennen.


    Desweiteren habe ich Probleme bei allen Komponisten
    der sogenannten " moderne " ( Holliger, Henze etc. )
    Für mich : GRAUENVOLL !!


    Hier fehlt mir, außer das es sich um Töne handelt, der richtige Bezug um es MUSIK zu nennen[/Zitat]



    Mit den "richtigen Bezügen" ist das so eine Sache. Tatsache ist jedoch, daß die musikalische Prägung immer noch vom deutlich angestaubten
    Musikempfinden des mittleren 19. Jahrhunderts geprägt ist. Ich käm z.b. nie auf die "Idee" jemanden wie Schonberg das Etikett "moderner Komponist" umzuhängen, denn das war er selbst vor 50 Jahren schon nicht mehr. Natürlich mag auch ich nicht alles, was ich hören kann, selbst vieles von dem was ich "verstehe" bleibt mir fremd,aber eine pauschale Aburteilung hat lediglich den intellektuellen Höhenflug jener Kritiker, die sagen, so wie Picasso malt, kann das meine 3 jährige Tochter auch. Was mir hier vorzuliegen scheint, ist eher ein allegemeines Bildungs-Defizit, das sich heutzutage nicht nur beim "Nicht-Verstehen" von Musik bemerkbar macht sondern offenbar alle kulturellen Ebenen erreicht hat. Ih mag auch vieles von Beethoven nicht, käme aber aufgrund dessen niemals zu der fatalen Schlussfolgerung, daß er aus diesem Grunde minderwertig sei und seine Musik trash ist.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Tag,


    zu den "Geschichten des Großkomponisten Richard Wagner", die "zum Seinesgleichen" geschah gehören (es geschah in Geschichte verwickelt), also zum "Fall Wagner"(Nietzsche), zum "Wahn des Gesamtkunstwerkes"(Udo Bermbach), zum Text "Das Judentum in der Musik"(Richard Wagner) - kurz, zu: Richard Wagner (Ludwig Marcuse, Diogenes Verlag), schweige ich abweisend.


    MfG
    Albus

  • Hallo Big BerlinBear !


    Zunächst einmal habe ich Schönberg nicht als "modernen " Komponisten bezeichnet.
    Sondern ich habe lediglich darauf hingewiesen, daß ich ein Problem mit der Musik von Bartok und Schönberg habe.


    Die "modernen " Komponisten habe ich dann noch dazugefügt.


    Und dann steht für mich bei der Musik immer noch im Vordergrund, daß sie mir GEFÄLLT !!!
    Sprich: Emotionen hervorbringt etc. !!!
    Jetzt würde mich mal interressieren wo hier nun das Bildungsdefizit liegt?



    Gruss
    Holger

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  • Hallo Holger und Mitdiskutierende



    Holger schrieb:


    [zitat]Jetzt würde mich mal interressieren wo hier nun das Bildungsdefizit liegt?
    [/Zitat]


    Das ist ein Streitpunkt, der so alt ist wie die "moderne Kunst" überhaupt.


    Der Vergleich von BBB mit Picasso ist treffend, aber er sagt über IMO überhaupt nichts über "Bildungsdefizite" aus.
    Ich kann die historischen Hintergründe eines Bildes kennen, kann wissen was der Künstler damit ausddrücken wollte, das historisch-soziale Umfeld kennen, den Stil anhand charakteristischer Merkmale zuordnen, und es dennoch im tiefsten Herzen "verachten".


    Dasselbe ist es bei der Musik.


    Ich habe längst aufgehört die Vertreter der Moderne "anzugreifen", und zwar aus dem Grund, weil ich gesehen habe, daß diese Musik doch einigen Leuten gefällt, und das ist ein Argument dafür.
    Damit begnügen sich aber viele radikale Vertreter zeitgenössischer Musik nicht: Sie wollen die alte Musik langsam aber sicher durch Ihre ersetzen.
    Das wird nie gelingen (ein weiterere Grund die "Moderne" nicht anzugreifen, sie ist "gefesselt in sich selbst") Damit meine ich. daß sie (speziell atonales) mehrheitlich nicht gefallen kann. Damit ist sie automatisch zum Schattendasein verurteilt und somit "ungefährlich"
    Die Frage nach ihrem Anspruch und Ihrer Bedeutung habe ich bereit im Thread über die Aufgaben der Musik im Wandel der Zeiten (oder so ähnlich jedenfalls) zu Diskussion gestellt, aber das Echeo war eher schwach.


    Zum Thema:


    Ich meide vorwiegend Musik Musik der Moderne. Atonales und "Experimente" sind mir zuwider.
    Sie stören mich aber nicht, solange ich nicht gezwungen werde sie zu hören, etwa in der Form, daß
    man Mozart oder Schubert mit modernem koppelt.
    Solche Projekte werden sowieso mehrheitlich boykottiert.
    Mit Strawinsky hingegen kann ich leben, verwendet er doch immer wieder Zitate aus der Vergangenheit und baut sie teiweise sehr interessant verarbeitet in eigene Werke ein. Das gilt übrigens für einige Komponisten seiner Epoche.


    Gruß aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfred schrieb:


    [Zitat]Ich meide vorwiegend Musik Musik der Moderne. Atonales und "Experimente" sind mir zuwider.[/Zitat]



    Hallo Alfred: aber nun stellt sich die Frage: wo fängt "modernes" an, wo hört Musik auf,"alt" zu sein! Die bestürzenden Klänge in Gesualdos 6. Madrigalbuch(um 1600) sind gewiss "moderner" als das Terzengedudel mancher Minimalisten und die "Harmonik" der meisten U-Musik, die cih einfach nur langweilig finde. Wie gehst du mit solchen Komponisten wie Alfred Schnittke um, der gerne Mozart und auch Schubert in seinen Werken zitiert ?
    Ich denke es ist ganz anders: wenn es Musik gelingt, zu bewegen, ist es völlig gleichgültig, WELCHER Mittel sie sich dazu bedient; dann steht mir eben der "atonale" Alban Berg näher als der "tonale"
    Adalbert Gyrowetz, der eben im Vergleich zu seinen
    "großen" Zeitgenossen (Haydn, Mozart,Beethoven) doch nur ein Sternchen 2. Klasse ist. Aber ich würde niemals wagen zu behaupten, das dieses aus dem Grunde keine Existenzberechtigung hat. Endlich einmal sommerliche Grüsse aus Preussens alter Hauptstadt 8)

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Berliner Bär schrieb:


    [Zitat]Was mir hier vorzuliegen scheint, ist eher ein allegemeines Bildungs-Defizit, das sich heutzutage nicht nur beim "Nicht-Verstehen" von Musik bemerkbar macht sondern offenbar alle kulturellen Ebenen erreicht hat.[/Zitat]


    Das trifft es nur zum Teil. Natürlich ist es ein Problem dass häufig nach den ersten drei Takten gesagt wird "mag ich nicht, ist modern". Anspruchsvolle Musik braucht relativ viel Zeit damit man sie versteht, das gilt für Monteverdi genauso wie für Mozart, Meyerbeer oder MacMillan.
    Andererseits gibt es aber v.A. in Deutschland auch das Dogma dass neue Musik nur gut ist, wenn sie möglichst schwer verständlich ist. Komponisten wie Mustonen, die tonal und eher "leicht" schreiben werden also nicht ernst genommen. Dass das Establishment den Künstlern vorschreibt dass nur Aussagen die schwer verständlich sind, wertvoll sind darf eigentlich nicht sein.


    Jan

  • BigBerlinBear schrieb:


    [zitat]Wie gehst du mit solchen Komponisten wie Alfred Schnittke um, der gerne Mozart und auch Schubert in seinen Werken zitiert ?[/zitat]


    Hallo BBB,


    ich denke es liegt eher an der eigenen Wellenlänge, wer mit welcher Musik wie zurechtkommt. Ich empfinde alles von Schnittke als ganz "normale" aussergewöhnlich interessante Musik ohne irgendwelche Zugangschwierigkeiten. Ich weiss, daß ich damit in der üblichen Klassik-Gemeinde recht allein stehe. Und ich bin auch nicht beleidigt, wenn Besuch von mir verlangt endlich mal den "Krach" abzustellen:dizzy:.


    Um ans andere Ende der Zeit zu gehen - ich habe mir mit Freunden


    "The Reingold Curse", eine mittelalterliche Rekonstruktion anhören wollen und nach einigen Minuten und einigem Rumstochern in der gesamten Aufnahme mit dem Ausruf: "Wenn nicht sofort einer das Gejaule abstellt, muss ich leider den Raum verlassen".


    Ausserdem habe ich festgestellt, dass viele Leute zeitgenössischer Musik live eine Menge abgewinnen können, aber bei ähnlicher Musik von Konserve wie Ochs vorm Berge stehen.


    Grundsätzlich hat für mich jede Zeit einen eigenen Reiz. Stravinski, Schostakovich usw. sind für mich nicht sonderlich modern, da ich die Musik schon mit 16 gehört habe. Allerdings fällt mir 80% der heutigen "Moderne" sehr schwer. Da gibt's nur 2 Möglichkeiten: Entweder finde ich die Musik trotzdem so interessant, dass ich gewillt bin, mich damit zu beschäftigen, oder es sind für mich "Böhmische Dörfer" wo ich fassungslos mit stupidem Gesichtsausdruck :undecided: vorsitze und mir nix mehr einfällt. Das kann natürlich in 5 Jahren völlig anders aussehen.


    Bei Charles Ives z. B. finde ich die ersten 3 Sinfonien etwas langweilig, während mir die 4. ausgezeichnet gefällt. Mir fällt allerdings auch kein anderer Komponist ein, bei dem die Schere zwischen der ersten und letzten dermassen weit auseinanderklafft.


    Einige Leute können mit Mahler nix anfangen - na und? Es ist halt so.


    Ich liebe Kodaly weil ich mal in Ungarn in Urlaub war und abends die Zigeunerkapellen vor sich hinschrebbelten und ich auf der Puszta vom Pferd gefallen bin. Auch wenn's bei Kodaly nicht schrebbelt, erinnert er mich immer an diesen schönen Urlaub.


    Früher war ich häufig in England (Verwandschaft). Es war für mich eine wahre Fundgrube, denn auf dem Kontinent gab's in den 60ern grad' mal Planeten zu kaufen. Der zwölfjährige Bruder meiner Brieffreundin liebte Waltons "Belshazzar's Feast" ausserordentlich und nudelte die Platte den ganzen Tag. Ich hab's mir dann mit Walton auf EMI sofort gekauft. Ich bin praktisch mit Elgar und Vaughan Williams aufgewachsen, daher ist es für mich "ganz normale" Musik wie für andere Smetana und Dvorak oder wasauchimmer.


    So gibt's für jeden tausend Gründe etwas zu lieben oder zu hassen.


    Jan
    [zitat]Dass das Establishment den Künstlern vorschreibt dass nur Aussagen die schwer verständlich sind, wertvoll sind darf eigentlich nicht sein.[/zitat]


    Ganz meiner Meinung, aber das wird die Zeit schon richten. Rautavaara ist ja auch "modern" und trotzdem "nett".


    Grüsse
    Walter

    Einmal editiert, zuletzt von walter ()

  • Walter schrieb:


    [Zitat]Rautavaara ist ja auch "modern" und trotzdem "nett".[/Zitat]


    Ja, klar. Aber halt in Dtland auch nicht recht anerkannt. MacMillan (siehe Thread) ist auch so ein Fall.


    Jan

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  • Jan schrieb:


    [Zitat]Aber halt in Dtland auch nicht recht anerkannt[/Zitat]


    Da ist natürlich die Frage, wer oder welche Institution irgendwas anerkennen muss. Ich weiss das noch aus den 70ern. In Deutschland konnte ich in der Regel nur Standardrepertoire kaufen. In England, Holland oder USA bekam ich ein wesentlich grösseres Spektrum angeboten, auch nordisches. Die englischen Komponisten habe ich mir aus England mitgebracht, den Rest habe ich mir über zig Umwege besorgen müssen. Ich habe mal einen ganzen Schwung Atterberg, Alfven, Lidholm usw. über die schwedische Decca bezogen. Heute ist das ja dank BIS und Naxos recht einfach, wobei Naxos auch länderspezifische Aufnahmen nicht in Deutschland vertreibt. Diese Probleme sind natürlich dank Internet quasi nicht mehr vorhanden und werden schon den "Musikgeschmack" nachhaltig verändern.


    Überleg Dir mal wer aus der Bevölkerung vor 1900 was überhaupt kennenlernen konnte. Damals wurde die Musik nur ausgewählten Kreisen in Ballungsgebieten oder auschliesslich über die Literatur zugänglich gemacht. Eine wirkliche Verbreitung gab's doch eigentlich erst ab den 50ern. Ich denke mal das die Stellenwerte in den nächsten 100 Jahren noch erheblich durcheinandergerüttelt werden.


    Ein Skandal wie beim Sacre wird nicht mehr möglich sein, selbst wenn jemand wie Schlingensief das Orchester nackt spielen lässt.


    Ich frage mich oft was passieren würde, wenn die Industrie mal für Komponisten oder deren Kompositionen werben würde anstatt ständig neue "Wunderchinesen" und "Solistenbarbies" aus der Kiste zu zaubern. Allerdings dürfte das für die 536te Aufnahme der Beethoven 5ten eher komisch wirken.


    Grüsse
    Walter

  • DorcyDuch schrieb:


    [Zitat]Domingo auf deutsch[/Zitat]


    Hallo Dorcy Duck, stimme Dir zu. Klingt schauerlich, schauderhaft. Überhaupt wenn Sänger in einer Sprache singen und man sofort hört, sie verstehen kein Wort.


    Gruß Harald

  • Eigentlich habe ich in Bezug auf Komponisten und ihre Werke keine Vorurteile oder Hassattacken - ich meide sie dann nur - selbst dann, wenn irgendein 'Moderner' meint, ein Quartett für Streicher und Hubschrauber komponieren zu müssen....


    Aber bei den Ausführenden schleichen sich ab und zu solche Objekte ein, bislang glücklicherweise nur zwei:


    Kurt Masur oder den 'Das-Orchester-bin-ICH'-Dirigent meide ich seit Mitte der 70er Jahre aus diesen Gründen, selbst wenn er sich inzwischen geändert haben mag. Aber seine Einstellung kann ich weder begreifen noch gutheissen, zB beim 1. Liszt Klavierkonzert, man müsse als Pianist alles spielen können und auch Oktavtriller so stark um ein Orchester zu übertönen, das zu einem Volumen, einer Lautstärke angetrieben wird, gegen das die Posaunen von Jericho Flüstertöne waren.


    Dann gibt es da noch etwas aus Skandinavien - Olli Mustonen. An seine Verrenkungen, 'Grimassieren' und Geräusche kann man sich ja noch gewöhnen, aber seine Verhunzung der Klavierliteratur ist für mich unbegreiflich - andere empfinden es vielleicht als Novum oder nur Exaltiertheit.
    Wie sagte Brendel so schön: ..."Mit der Absicht, es anders zu machen, sollte ein Interpret an ein Werk nicht herangehen.....Ein Interpret, der auf Orginalität zielt, geht in die Irre....Wer die Vorschriften des Komponisten grundsätzlich in ihr Gegenteil verkehrt, um sich oder das Stück interessant zu machen, hätte Komponist werden sollen... Letzteres kann ich Mustonen nur empfehlen.
    Brendel bezeichnet den Komponisten als 'Vater' und daraus abgeleitet ist Mustonen nicht Pianist, sondern Vatermörder.


    Mit um Nachsicht bittenden Grüßen :wacky:
    Jürgen

    Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, den Menschen zu sagen, was sie nicht hören wollen. [frei nach George Orwell]

  • Dabei war der Mustonen mal ein toller Pianist, der richtig schön leise und sanft spielen konnte. Beim Vorläufer des Klavierfestival Ruhr, dem Bochumer Klaviersommer spielte er öfter als Teenager in den 80ern, auch bei den Kölner Mozart-Akademien von Müller-Brühl. Damals war er er sehr populär, nicht nur bei jungen Konzerthörern.


    Ich habe ihn einmal nach dem Grund des Wandels gefragt, aber er sagte nur, er würde halt so spielen wie er es fühlt.


    Nur als Hinweis, Mustonen würde ich sonst hier nicht nennen.


    Aber unbeliebt sind bei mir Boulez und alle Seriellen Komponisten, die Musik ausrechnen. Bei Schönberg, erst recht bei Berg kann ich noch feststellen, daß sehr emotionale Musik entsteht. Bei Boulez werden sämtliche Parameter wie Lautstärke und Rhythmus auch noch in der Reihe ausgerechnet, und da wird Emotion nicht geplant, sondern bleibt reiner Zufall.

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  • Das Dritte Ohr schrieb:


    Zitat

    Bei Boulez werden sämtliche Parameter wie Lautstärke und Rhythmus auch noch in der Reihe ausgerechnet, und da wird Emotion nicht geplant, sondern bleibt reiner Zufall.


    Das ist absolut korrekt beobachtet; nur sollte man in Betracht ziehen, daß Bach im "Wohltemperierten Clavier" oder in "Die Kunst der Fuge" genauso verfährt. Allerdings höre ich da ganz selten Kritik, wahrscheinlich, weil da eben vertraute Hörgewohnheiten angesprochen werden.
    Andererseits halte ich es generell für ein schwieriigies Unterfangen, Emotionen gezielt zu "planen", denn es wird wohl immer so sein, das genau das, was den einen bewegt, den anderen abstösst.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Liebe Taminoaner,
    lieber Alfred,


    ist es gestattet, in diesem Thread auch Kritik an der Kritik zu üben oder darf man nur aufzählen?
    Bitte um hoffentlich positive Antwort.


    Nubar

  • Hallo Nubar,


    Du meinst, ob Du sagen kannst, wenn Du mit der Beurteilung eines Werkes/Interpreten durch ein anderes Mitglied nicht einverstanden bist ?


    Natürlich kannst Du das sagen (schreiben) solange es nicht beleidigend formuliert wurde :D


    Es ist ja gut wenn wir nicht alle einer Meinung sind, sonst wirds wirklich nur eine Aufzählung und das wäre schade.


    Du hast Dich jetzt "freigespielt", äh geschrieben wie mir scheint, und Du dürftest eine interessanten humorigen Stil haben, (hatte ich vor Jahrhunderten auch mal, aber seit ich das Forum "verwalte" ....:D)



    BTW, willst Du dich nicht im Vorstellungsthread ein wenig bekanntmachen ? Bitte um positive Antwort :stumm: :D


    Servus aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei barocken Fugen gibt es aber eine Art Oberhoheit der Harmonielehre und der Affektenlehre. Weder die Beantwortung oder Imitation von Themen noch Bachs gelegentliche Zahlensymbolik verstoßen dagegen. Daher kann ich mir auch gut vorstellen, daß Bach innerhalb dieses Rahmens Fugen improvisieren konnte.


    Mit dem schlecht gewählten Begriff "Emotionen planen", meinte ich weniger die Emotionen beim Hörer, sondern eher, daß beim Komponisten normalerweise vorher eine gewisse emotionale und klangliche Idee in der Vorstellung vorhanden sein sollte. In der "seriellen Musik" geht es aber auch ohne, und z.B. Boulez hat ja auch heute relativ viele Werke zurückgezogen oder ziemlich überarbeitet.


    Der Versuch ist natürlich erlaubt, warum auch nicht. Nur mag ich sehr wenig davon hören.

  • Es sei hier nur höflich darauf hingewiesen, daß Monsieur Boulez seine serielle Phase schon seit geraumer Zeit hinter sich gelassen hat. Auch der Lichtmystiker Stockhausen schreibt ja keine total durchkonstruierten Kreuzspiele oder Gruppen mehr.
    Interessant aber, daß die Herren ihre Vergangenheit nicht loswerden. War wohl doch ihre große Zeit, in der sie wenigstens noch ein paar Skandälchen zustandegebracht haben, während sie heute zum Establishment gehören. Boulez, der einst alle Opernhäuser in die Luft sprengen wollte und heute in Bayreuth dirigiert, noch mehr als der Kollege Stockhausen, der wenigstens mit seinen Äußerungen zum 11. September noch einmal so richtig auf sich aufmerksam gemacht hat...

    Musik: Atem der Statuen. Vielleicht: Stille der Bilder. Du Sprache wo Sprachen enden. Du Zeit, die senkrecht steht auf der Richtung vergehender Herzen. (Rilke)

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  • Hallo Achim,


    bei Bartok gilt: einfach zuhören, auf Dich wirken lassen, ohne Analyse und mehrmals hören. Probiers einfach mal.


    LG


    :yes:


    Thomas

  • Hallohallo


    habe heute zum erstenmal in diesen Thread reingeguckt. Ist ja erschütternd, kann mir nicht vorstellen, daß einem toleranten Menschen Bartoks drittes Klavierkonzert nicht gefallen könnte, aber ist lang her, was da geschrieben wurde, Schwamm drüber.
    Mit Olli Mustonen habe ich auch ein Problemchen. Ich hatte ihn einst live gehört mit einem Mozartklavierkonzert (nr. 23). Ich fand das Werk grauenvoll hingerichtet und sein gehabe fand nicht nur ich unfreiwillig komisch. Verschiedene Konzertbesucher um mich herum und ich hatten Schwierigkeiten, unser lachen zu unterdrücken angesichts dieses unglaublichen Rumgekaspers.
    Um noch etwas produktives zu der ursprünglichen Intention dieses Threads beizutragen: verschiedenes in Tschaikowskis 1812-Ouvertüre geht mir enorm auf den Senkel, insgesamt habe ich aber dann doch hin und wieder Spaß damit, gerade an den unfreiwillig komischen Stellen.
    (Peter Schickele - "P.D.Q. Bach" - hat eine hübsche musikalische Satire auf die 1812 Ouvertüre geschrieben und eingespielt: die "1712 Ouvertüre" von "P.D.Q. Bach". Veröffentlicht bei Telarc.
    Gruß, Markus

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Ist ja erschütternd, kann mir nicht vorstellen, daß einem tolleranten Menschen Bartoks drittes Klavierkonzert nicht gefallen könnte,



    Hier ist gleich noch jemand, der mit Bartoks Klavierkonzerten nichts anfangen kann :rolleyes:


    Es fällt mir aber schwer zu erklären, warum. Die Musik "packt" mich einfach nicht. Dabei gibts durchaus vieles von Bartok, was mir sehr gut gefällt. Zum Beispiel "Im Freien" (hat Perahia vor vielen Jahren grandios gespielt) oder die Suite op.14, und natürlich die Sammlung ungarischer Volkslieder "Für Kinder". Die 6 Hefte Mikrokosmos finde ich dagegen grauenhaft. Ähnlich grauenhaft wie Hindemiths Ludus tonalis und Schostakowitschs "Wohltemperiertes Klavier" ähm Präludien und Fugen.


    Gruß
    Heinz

  • @drittes Ohr + BBB


    ich glaube nicht, daß man polyphone und hompohone Schreibweise in einen Topf werfen sollte - dort wo Bach vorwiegend Emotionen ausdrücken wollte, hat er sich anderer Formen bedient.
    Die Ansicht, Fugen als Charakterstücke zu sehen ist von Schumann...


    Bei barocken Fugen gibt es aber eine Art Oberhoheit der Harmonielehre und der Affektenlehre. Weder die Beantwortung oder Imitation von Themen noch Bachs gelegentliche Zahlensymbolik verstoßen dagegen."


    Ich stelle mir vor, daß den Fugen auf jeweils einem Grundaffekt aufgebaut sind, innerhalb der Fugen kommt es eigentlich zu keiner Entwicklung, Veränderung (vor allem nicht im romantischen Sinn - z.B: der crescendo Aufbau bei Reger...) auch wenn ich bei Bach Gegenbeweise finde (z.B: f-Moll WTK I der Dur-mittelteil wirkt schon als gegensätzlicher Affekt.)


    aber die Grenzen der "Oberhoheit" hat Bach schon völlig ausgelotet. (h-Moll - WTK I !!!)


    ob Emotion bei Bach "reiner Zufall" bleibt ?( :stumm:


    aber der seriellen Musik jede klangliche Idee abzusprechen ist schon hart!

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • tastenwolf schrieb:


    Zitat

    aber der seriellen Musik jede klangliche Idee abzusprechen ist schon hart!


    Hab ich das irgendwo gemacht ??
    Strawinskis Serielle Musik z.b., die Kompositionen ab 1950 sind VORRANGIG von Klanglichkeit geprägt, ich denke da vor allem an seine
    großen geistlichen Vokalwerke wie die "Threni" von 1958 oder auch die wunderbaren "Requeim Canticle" von 1968, die wenigstens Ozawa hin und wieder in seine Progarmme aufnimmt, die aber ansonsten sowohl in Konzerten aber auch bei Musikwissenschaftlern kaum vorkommen.
    Es wär an der Zeit, diesen Zustand zu beenden !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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