Shooting-Stars in der Klassikszene ? Ein lächerliches Trauerspiel

  • Liebe Forianer


    Shootingstar - Das ist das Zauberwort der Tonträgerindustrie.


    Gestern noch in der Gosse - heute auf der Opernbühne !!
    Gestern noch ein Nobody - heute ein Superstar ! ??


    Übertall funktioniert das - in der Klassischn Musik jedoch scheinbar nicht - oder doch ?


    Woher kommen sie alle diese angeblichen aufgehenden Sterne ? ( die allerdiings üblicherweise sehr blass aus sehen, vergleicht man sie mit Größen der Vergangenheit)


    O Wunder ! Welch Zufall und welch Glück für die Produzenten.


    Die Quelle an Interpretennachwuchs ist in Europo scheinbar versiegt.
    Im Gegenzug dazu produzieren die Billiglohnländer die Stars geradezu am laufenden Band, China, Russland, Lateinamerika (die Fidschi-Inseln wurden für den Klassikmarkt noch nicht erschlossen - aber es scheint mir nur noch eine Frage der Zeit zu sein...)


    Noch dazu werden diese "Musikgrössen" wie aus dem Nichts geboren, die Assoziation mit schnellem Brüter oder Seifenblasen drängt sich (mir) geradezu auf. :D


    Man muß schon sehr schnell kaufen und flexibel sein, wenn man da als Käufer mithalten will - kaum hat man sich einen Namen gemerkt, findet man die CDs des "ausnahmetalents" schon in der Grabbelkiste im Abverkauf - und zwei Jahre später verschweigen die Kataloge seinen Namen.


    Ich spreche jetzt nicht von den vielen guten Interpreten, die sich für ein Kleinlabel abrackern - und bald in Vergessenheit geraten - oder es aber durch Zähigkeit und harte Arbeit doch bis ganz an die Spitze schaffen - nein ich rede von jenen gestern noch unbekannten, die dank aggressiver PR zu "Superstars" hochstilisiert werden soillen
    Ob sie es wirklich sind - die Zeit wird es weisen.....


    Ich kann mich jedenfalls an viele solcher "Sterne" erinnern, deren Namen ich längst vergessen habe.......


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Natürlich kann das in der klassischen Musik nicht funktionieren. Es reicht hier halt nicht einfach eine hübsche Stimme um bei "DsdS" o.ä. Formaten mal schnell bekannt zu werden ( wobei die Halbwertszeit hier ja noch kürzer sein dürfte ).
    Selbst um ein kurzes Strohfeuer zu entzünden braucht es eine lange ( kostenintensive ) Ausbildung, ( kostenpflichtige ) Teilnahme an zahllosen Wettbewerben und Meisterkursen um überhaupt mal bemerkt zu werden und somit die minimale Chance auf Weltruhm ( im Sinne von Auftritten auf den ganz großen Bühnen dieser Welt ) zu erhalten.


    Zitat

    Die Quelle an Interpretennachwuchs ist in Europo scheinbar versiegt.
    Im Gegenzug dazu produzieren die Billiglohnländer die Stars geradezu am laufenden Band, China, Russland, Lateinamerika (die Fidschi-Inseln wurden für den Klassikmarkt noch nicht erschlossen - aber es scheint mir nur noch eine Frage der Zeit zu sein...)


    Ich behaupte jetzt mal ganz einfach das das nichts mit "Billiglohnländern" zu tun hat sondern, und da rede ich jetzt mal auch ganz direkt gegen mich, mit der "Einstellung" der jeweiligen Menschen dem ganzen gegenüber.
    Man muss ja nur vergleichen in welchem Alter durchschnittlich Kinder in den jeweiligen Bereichen mit dem erlernen ihrer Instrumente beginnen.
    Während im asiatischen und russischen Bereich so früh wie möglich ( tlw. im Alter von 3-4 Jahren ) mit der Ausbildung begonnen wird starten in Europa Kinder bedeutend später ( meist bei Schuleintritt oder noch später ).


    Das kann man jetzt verteufeln ( den Kindern wird die Kindheit "geraubt" u.ä. ), für die Ausbildung ist es aber ein immenser Vorteil da von vornherein eine bestimmte "Arbeitsmoral" eingeimpft wird die IMO z.B. auch dann dazu führt das es in der Pubertät zu keinem Einbruch kommt, bzw. dieser schneller überwunden wird ( immerhin ist die Pubertät der Hauptgrund für das Beenden musikalischer Karrieren ).


    Im allgemeinen gilt für mich sowhl bei "Shootingstars", als auch bei "altgedienten" das mir manche gefallen, manche weniger und viele kenne ich gar nicht oder zu wenig um mir ein Urteil darüber zu bilden. Insofern halte ich diesen Thread für nicht wirklich zielführend da er zu sehr verallgemeinert.


    LG und gute Nacht,
    Michael


    ( p.S.: wer Tipfehler oder Wortwiederholungen findet darf sie behalten ;) )

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Überall funktioniert das - in der Klassischen Musik jedoch scheinbar nicht - oder doch ?


    Ich denke schon, dass das funktioniert. Wenn ich mir die Klassik-Charts anschaue, dann entdecke ich einiges von gepushten Künstlern, die in diesem Forum qualitätsmäßig eher unter Durchschnitt oder darunter laufen. Was auch daran liegen mag, dass diese Shooting-Stars eben einen Markt finden, der bei Tamino nicht zuhause ist...

  • @Alfred


    Noch dazu werden diese "Musikgrössen" wie aus dem Nichts geboren, die Assoziation mit schnellem Brüter oder Seifenblasen drängt sich (mir) geradezu auf.


    Hm... wird nicht jeder Interpret "aus dem Nichts geboren", weil er (so wie Michael es sagt) erst lernt, an Wettbewerben teilnimmt, sich an "Provinz"bühnen bewähren muß, bis ihn überhaupt jemand wahrnimmt? Und wie lange muß jemand im "Nichts" verharren, bis er Gnade vor Deinen Augen findet ? :D


    Und ja - die Zeit wird es weisen...


    LG
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Das Problem liegt doch daran, daß sich die Klassik-Tonträger-Industrie längst am Pop-Geschäft orientiert. Die Interpretin / der Interpret muß jung sein und gut, im Idealfall sexy aussehen. Talent Nebensache, das kann man ohnehin im Studio türken.
    Daraufhin wird die Reklametrommel gerührt, man habe endlich den neuen Karajan (was im Zusammenhang sogar stimmen mag), die neue Callas oder den neuen Wunderlich gefunden, fertig ist der Shooting star.
    Dann kommt der Moment, in dem sich dieser Shooting star in der Realität bewähren muß.
    Und jetzt wird's spannend: Haut die Kombination von sexy Aussehen und Reklametrommel hin, reagiert das Publikum wie erwünscht, der Shooting star wird zum Selbstläufer. Oder die Sache geht schief, und der Shooting star tingelt halt in der Provinz von Haus zu Haus.


    Der Unterschied zu früher ist einfach der, daß man früher unten angefangen hat und sich hinaufarbeitet, während man heute oben anfängt und hinunterfällt.


    :hello:

    ...

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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Die Quelle an Interpretennachwuchs ist in Europo scheinbar versiegt.
    Im Gegenzug dazu produzieren die Billiglohnländer die Stars geradezu am laufenden Band, China, Russland, Lateinamerika (die Fidschi-Inseln wurden für den Klassikmarkt noch nicht erschlossen - aber es scheint mir nur noch eine Frage der Zeit zu sein...)


    Das Phänomen ist gar nicht neu, wobei ich es ziemlich unpassend finde, Rußland als ein "Billiglohnland" in diesem Kontext zu bezeichnen. Rußland bzw. die Sowjetunion hat auch unter den heute über 50jährigen und längst verstorbenen wesentlich mehr bedeutende Pianisten hervorgebracht als Deutschland und Österreich zusammen. (Erst nach dem Zusammenbruch des Sowjetsystem hapert es, der letzte Schwung ist daher jetzt so 30-35, Kissin, Repin u. Co)
    Hervorragende asiatische Geiger(innen) gibt es ebenfalls seit über 30 Jahren (Kyung Wa Chung zB).
    Unter Lateinamerikanern fallen mir gar keine jüngeren, sondern Arrau (+), Argerich (*1942), Barenboim (etwa im selben Alter) ein.


    Was das "Versiegen" des europäischen Nachwuchses betrifft, meines Wissens unter 40 (und teils schon fast viele Jahre im Geschäft) sind z.B.:


    Klavier: Lars Vogt, Till Fellner, Andsnes, Fazil Say, Kissin, B. Berezovsky, R. Schirmer, M. Stadtfeld
    Violine: V. Repin, M. Vengerov, J. Fischer, B. Skride, H. Hahn (o.k. USA, aber kein Fernost)
    Gesang: M. Kozena (oder gehört Tschechien jetzt auch zu Fernost :D), hier gibts sicher noch viele andere.
    Dir.: D. Harding


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    (...)
    Talent Nebensache, das kann man ohnehin im Studio türken.
    (...)
    :hello:


    Hallo,


    nein, genau das funktioniert eben nicht, insofern melde ich Widerspruch an ;-). Studio-Arbeit scheint derzeit so teuer wie nie zuvor. Darum bestehen viele Produktionen aus dem Zusammenschnitt von 2-3 Live-Konzerten. Beispiel: Janine Jansens Bruch/Mendelssohn aus Leipzig, Nelson Freires letzte Brahms-Aufnahme von ebenda und so weiter. Etwas zu "türken" geht nicht, weil es schlicht zu viel Zeit kostet und damit zu teuer wird.


    Nach meinem Eindruck werden keine Shooting-Stars produziert. Talent geht schon vor Aussehen und Vermarktung. Niemand nimmt bei einem der größeren Labels auf, der nichts kann - selbst von Yundi Li lässt sich ja nicht behaupten, dass er schlecht Klavier spielt ;-). Nein es gibt keine Shooting-Stars in der Klassik-Szene in dem Sinne, dass jemand "talentfrei" nach oben kommt. Ein Phänomen wie Frau Hunziker, deren msuikalische Karriere man auf die Formel bringen kann "sieht gut aus und ist prominent, kann nicht singen, darf aber eine Platte aufnehmen" wäre im Klassik-Bereich nach wie vor undenkbar.


    Trotzdem teile ich die Aufregung. Janine Jansen beispielsweise ist eine gut aussehende Frau. Normal gut aussehend. Keineswegs spektakulär gut aussehend. Wenn sie mir am Morgen an der Bäckertheke begegnet wäre, hätte ich sie spätestens am Mittag vergessen (es sei denn, sie hätte in der Bäckerei Geige gespielt...). Jetzt wird aber das Geld, was man früher in die Produktion der Aufnahme steckte, neuerdings in ein Foto-Shooting gesteckt (fein, der doppeldeutige Begriff des Shoting-Stars im Thread-Titel). Frau Jansen, die ganz normale durchaus attraktive junge Frau, sieht auf Cover-Abbildungen und auf PR-Fotos aus wie ein Super-Modell.


    Warum ärgert (mich) das?


    - Erstens werden wir Hörer unterschätzt. Die Label kommunizieren doch: Ihr Käufer könnt besser gucken als hören.


    - Zweitens vermittelt das Label im Subtext, dass es der musikalischen Überredungskraft seiner Künstlerin allein nicht traut und außermusikalische Argumente mit vorbringt. Eigentlich sägen sie damit aber am Renomee ihrer eigenen Künstler.


    Freundliche Grüße


    Heinz

  • Zitat

    Ein Phänomen wie Frau Hunziker, deren msuikalische Karriere man auf die Formel bringen kann "sieht gut aus und ist prominent, kann nicht singen, darf aber eine Platte aufnehmen" wäre im Klassik-Bereich nach wie vor undenkbar.


    Keineswegs.
    Wie würdest Du es nennen, wenn man mit Studio-Equipment Gesangsphrasen verändert, falsche Töne korrigiert, geschmissene Einsätze verbessert, weil man den angeblichen Superstar entsprechend aufpolieren muss...?
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin


    Wie willst du eine Gesangsphrase verändern? Schon ein falscher Einsatz wird nachträglich schwierig zu korrigieren sein. Lediglich falsche Töne können relativ leicht editiert werden.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Edwin,


    um das zu beantworten, müsstes Du schon sagen, was Du unter ".. verändert, ...korrigiert, ...verbessert, ...aufpoliert" verstehst...? Wenn für eine Opern-Gesamtaufnahme Material aus mehreren Aufführungen zusammengeschnitten wird, so dass eine "idealisierte" Version entsteht, empfinde ich das nicht als Manipulation.


    Wenn ich ins Studio ginge und "Am Brunnen vor dem Tore" sänge, dann könnte kein Tonstudio der Welt daraus eine Aufnahme basteln, die das Niveau einer Florence Foster Jenkins-Aufnahme überstiege. Wenn es das könnte, dann wäre aber die Grenze zur Manipulation fraglos überschritten.


    Ich sehe die Studio-Arbeit nicht so kritisch.


    So lange es sich um ein Aufnahmestudio und nicht um ein Fotostudio handelt.


    Freundliche Grüße & ein schönes Wochenende


    Heinz

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  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Keineswegs.
    Wie würdest Du es nennen, wenn man mit Studio-Equipment Gesangsphrasen verändert, falsche Töne korrigiert, geschmissene Einsätze verbessert, weil man den angeblichen Superstar entsprechend aufpolieren muss...?
    :hello:


    Hallo Edwin,


    Cosi fan tutte - i tutti.... auf der Bühne allerdings kann Frau Hunziker :D aber nicht schummeln - da würde sie ganz schnell ausgebuht werden und dann wäre es rasch vorbei mit dem Superstar.


    Heinz
    Leider (oder Gott sei Dank?) kenne ich Frau Hunziker nicht - zu welcher Prominenz gehörte sie denn, bevor sie zu singen begann?


    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Keineswegs.
    Wie würdest Du es nennen, wenn man mit Studio-Equipment Gesangsphrasen verändert, falsche Töne korrigiert, geschmissene Einsätze verbessert, weil man den angeblichen Superstar entsprechend aufpolieren muss...?
    :hello:


    Das tut man, seit es die technischen Möglichkeiten dazu gibt, das ist kein Phänomen des 21.Jhdts.! Ich kenne selbst so genannten live-Mitschnitte, die im Studio so geschönt wurden, dass man sie nicht wieder erkannte. (z.B. unser "Faust" - Araiza hat jeder Aufführung des Zyklus, bei dem mitgeschniten wurde, Probleme, von denen dann auf dem fertigen Video kaum etwas zu merken war.Und Araiza war sicher kein shooting-star!)
    lg Severina

  • Zitat

    Original von Austria


    Heinz
    Leider (oder Gott sei Dank?) kenne ich Frau Hunziker nicht - zu welcher Prominenz gehörte sie denn, bevor sie zu singen begann?


    Austria


    Hallo Austria,


    google mal. Sie ist Model, Fernsehmoderatorin und Ex-Frau des italienischen Schlagersängers Eros Ramazzotti. Nichts qualifiziert sie zum Singen.


    Grüße,


    Heinz


  • Na, vielleicht hat sie bei ihm Gesangsunterricht bekommen....


    Andere musikalische Tätigkeiten will ich jetzt bewusst nicht ins Spiel bringen. :pfeif:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • :D :D

    Zitat

    Original von Theophilus


    Na, vielleicht hat sie bei ihm Gesangsunterricht bekommen....Andere musikalische Tätigkeiten will ich jetzt bewusst nicht ins Spiel bringen. :pfeif:


    Na, das erklärt ja wohl alles! :D
    lg Severina

  • .... um nochmal auf das Thema "Shooting-Stars" der Klassikszene zurückzukommen:


    Ich glaube, die von Alfred beschriebenen Phänomene (ständig werden quasi wie am Fließband neue Künstler und angebliche "künftige Megastars" präsentiert und hochgejubelt) sind schlicht und ergreifend dem heutigen "Zeitgeist" und den "Marktmechanismen" (was immer sich hinter diesem schwammigen Wort auch verbergen mag) geschuldet:


    Unsere Zeit ist nunmal schnellebiger geworden - alle gieren unaufhörlich nach Neuem und das allumfassend: Fernsehserien, Nachrichten, Sensationen, Skandale, neue "Star"-Gesichter, etc.


    Und warum sollte nun ausgerechnet die Klassikbranche hier die Insel der Seligen darstellen, wo all das nicht gelten soll?
    Ob es uns nun passt oder nicht - auch die Klassikbranche zählt zur Unterhaltungsindustrie und damit gelten auch hier deren gnadenlose Gesetze.


    Wir können uns wahrscheinlich noch dankbar schätzen, dass man im Klassik-Marketing einen moderateren (gediegeneren) Tonfall anschlägt und uns von PR à la Privatfernsehen oder Teenie-Regenbogenpresse verschont....
    (Obwohl - das könnte mitunter mal ganz witzig sein :D )


    Seitdem die Marketingabteilungen der großen Musik-Konzerne (die ja alle Musiksparten im Programm haben) sich auch der Klassik-Segmente angenommen haben, haben sich halt auch hier der Ton und die Geschwindigkeit, in der Neues präsentiert und entsprechend in den Himmel gelobt wird, gegenüber früher deutlich verändert.


    Und da steigt entsprechend auch die Nachfrage nach neuen Gesichtern.


    Ich sehe das Ganze aber als einen interessanten Prozess und schaue immer öfter amüsiert dem Aufgehen und plötzlichen Wie-vom-Erdboden-Verschwinden so mancher zeitweiligen "Klassik-Sterne des Jahrhunderts" zu. :rolleyes:


    Sich darüber aufzuregen lohnt wirklich nicht.... :hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Alfred,


    die chinesische Pianistenausbildung bringt nur in Ausnahmefälle solche Supertalente hervor


    "http://www.youtube.com/watch?v=EeFFuC-La6U


    und bei der DG kann der auch nicht so bald anfangen...


    :hahahaha:

  • Hm, er schreibt ja selbst


    Zitat

    This is probrably the fastest piece of music that I have played. I could slow down but it would be the same as everyone else's attempts.


    He should slow down...oder wenigstens für einen Takt das Tempo halten :D


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Daraufhin wird die Reklametrommel gerührt, man habe endlich den neuen Karajan (was im Zusammenhang sogar stimmen mag), die neue Callas oder den neuen Wunderlich gefunden, fertig ist der Shooting star.
    Dann kommt der Moment, in dem sich dieser Shooting star in der Realität bewähren muß.


    Dass auch der Klassikmarkt heute nach immer neuen Künstlern zu gieren scheint, ist schon auffällig. Was mich dabei ärgert, sind diese Attribute "die neue Callas", finde ich total bescheuert. Maria Callas war eine singuläre Erscheinung - und man tut einer Sopranistein keinen Gefallen, wenn man den Mass-Stab so hoch anlegt, das ist inflationär, wieviele neue nochirgendwas es gibt. Es reicht doch, nicht die "neue Callas" sein zu müssen, sondern die Sopranistin Michaela Müller auf dem Höhepunkt ihrer Karriere.


    Vielleicht bin ich da etwas ungerecht - aber ich finde, diese, wenn man denn so will, Shooting-Stars, klingen auch alle irgendwie gleich, mir fehlt da Gestaltung, Persönlichkeit - und damit werden sie für mich austauschbar.

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  • also ich finde das attribut "die neue callas" eigentlich abwertend, quasi ein
    warnhinweis für mich. als sängerin würde ich bei solchem vergleich eine
    verleumdungsklage erheben.


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Vor 20 Jahren hat man Lucia Aliberti als neue Callas gefeiert, und die ist schnell wieder in der Versenkung geschwunden. (Wobei ich diesen Vergleich nie wirklich nachvollziehen konnte, für mich klangen ihre Spitzentöne immer so, als ob man einer Katze auf den Schwanz gestiegen wäre....)
    Persönlichkeit ... ich denke halt, um die zu entwickeln, braucht es Zeit, und gerade die lässt man den Künstlern heutzutage nicht. Sie werden schneller verschlissen als man sich ihre Namen merken kann, weil, wie schon gesagt wurde, der "Markt" nach immer neuen Gesichtern giert. Von Domingo beispielsweise gibt es etliche Einspielungen seiner Paraderollen, ich glaube kaum, dass das der heutigen Politik der Klassikproduzenten entspricht. Da wird mit einem "Traumpaar" alles aufgenommen, was sie stimmlich gerade noch bewältigen (Die moderne Technik macht dabei auch Unmögliches möglich.. :wacky: ), und dann muss ein neues Traumpaar her. Die Wegwerfgesellschaft hat längst auch den Plattenmarkt erobert. Deshalb werfe ich es Sängern auch nicht vor, dass sie versuchen möglichst viel Geld zu scheffeln (auch mit Werbung, Crossover etc,) weil heute doch quasi jeder mit einem Ablaufdatum beginnt und weiß, dass es in ein paar Jahren wieder vorbei ist. Schuld daran ist auch der herrschende Jugendwahn, der einfach keine "alten" Sänger auf der Bühne akzeptieren will. Alfredo Kraus hat noch mit 65 den Romeo gesungen, das würde heute ein Großteil des Publikums lächerlich finden. Man will junge, möglichst gut aussehende Sänger (schließlich sollen ja auch DVD's produziert werden), die von der Optik her den Erwartungen entsprechen. (Ich schließe mich da nicht ganz aus, denn wenn ich mir's aussuchen kann, habe ich auch lieber Villazon statt Shicoff als Romeo) Ich glaube kaum, dass ein Villazon, ein Florez, ein Alvarez ihr 40jähriges Bühnenjubiläum feiern werden, weil sie dann kein Mensch merhr sehen will, selbst wenn sie noch bei Stimme wären.
    Fazit: eine Karriere im Zeitraffertempo, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Partien auf die Bühne bringen, möglichst viele CD's, DVD'S produzieren und nicht groß nachdenken, wie lange das stimmlich gut geht. Zumindest ist das mein Eindruck. NIcht, dass ich diese Entwicklung gut fände, aber ich fürchte, das ist der Trend.
    lg Severina

  • Aber genau so werden diese "Shooting stars" verkauft. (Fast) jedes Mal ist sie oder er die oder der neue xy.
    Und dann landen die Leutchen irgendwann in den hintersten Winkeln irgendwo in den USA oder gleich im Off.
    Ein paar Namen gefällig?
    Spricht noch jemand von Ingeborg Baldaszti, dem "weiblichen Horowitz"? Oder von Jeffrey Tate, dem "neuen Bernstein"? Oder von Wolfgang Dörner, dem "Stardirigenten für das kommende Jahrhundert"?
    Die "bedeutendste Koloratursopranistin der Gegenwart", Eva Lind, bekommt ab und zu einen Auftritt in TV-Shows, und der "beste Baß seit Schaljapin", John Paul Bogart, erfreut sich weitgehender Vergessenheit.
    Diese schnell gemachten Stars, die bei Live-Auftritten nach und nach an Glanz verlieren, bis sie ganz weg sind, sind zwar noch nicht die Regel, aber die Klassik-Szene bewegt sich darauf zu.
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von severina
    Da wird mit einem "Traumpaar" alles aufgenommen, was sie stimmlich gerade noch bewältigen


    An genau dieses Beispiel habe ich auch denken müssen.


    Lucia Aliberti war tatsächlich mal "die neue Callas": sie hatte sämtliche Unarten, die die Callas vor allem in späteren Jahren hatte, zu imitieren versucht - damits einen Wiedererkennungseffekt beim Zuhörer gab. Auch optisch versuchte sie, ihrem Vorbild ähnlich zu wirken. Gesanglich war das alles ziemlich übel - die Stimme war schnell in einem sehr schlechten Zustand.


    Alfredo Kraus hingegen hat sich seinen sehr elastischen und höhenstarken, technisch noch ausgezeichnet geführten Tenor bis ins Alter gehalten. Ich fand seine Stimme auch in späteren Jahren noch enorm "erotisch" - Romeo stellt man sich vielleicht etwas knackiger vor, aber Edgardo oder Alfredo? Warum nicht...


    Nur als kleiner Einschub - Thema geht ja um "Shooting-Stars".

  • Zitat

    Vor 20 Jahren hat man Lucia Aliberti als neue Callas gefeiert, und die ist schnell wieder in der Versenkung geschwunden. (Wobei ich diesen Vergleich nie wirklich nachvollziehen konnte, für mich klangen ihre Spitzentöne immer so, als ob man einer Katze auf den Schwanz gestiegen wäre....)


    Sie ist keineswegs in der Versenkung verschwunden, sondern bereist nach wie vor mit ihrem Belcanto-Repertoire die internationalen Opernhäuser. Sie ist lediglich kein nennenswerter Plattenstar geworden.


    Ich wundere mich aber, dass du in diesem Fall den Vergleich nicht nachvollziehen kannst. Man hat lange Zeit fast krampfhaft nach einer Callas-Nachfolgerin gesucht und jede Gelegenheit wahrgenommen, eine Sängerin dazu hochzustilisieren. Dabei ging es aber immer um inhaltliche Nachfolgerinnen. Bei Lucia Aliberti ist dies jedoch anders.


    Maria Callas und Lucia Aliberti unterscheiden sich in erster Linie im Stimmvolumen, wo Frau Aliberti deutliche Zweite ist. Auch war sie technisch nie so gut wie Maria Callas in ihren besten Tagen und ihre Spitzentöne sind auch nicht von gleicher Qualität. Aber ich habe sie mehrmals als Norma live gesehen und ich kenne kein anderes Beispiel in der Schallplattengeschichte, wo zwei Gesangsstimmen so ähnliches Timbre besitzen und auch so ähnlich eingesetzt werden. Das geht bis ins Interpretatorische hinein, was man Frau Aliberti eventuell auch ankreiden könnte. Auf jeden Fall ist die Ähnlichkeit dieser beiden Stimmen geradezu frappierend.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo Edwin


    Beispiele, wie du sie anführst, hat es immer gegeben und sind keine neue Erfindung. Interessanter fände ich die Frage, wie es zum Scheitern kam. Waren es eher allgemeine künstlerische Gründe, oder wurden die jungen Künstler in eine Rolle gedrängt, die sie nicht auf Dauer erfüllen konnten und wollten, während sie mit einer passenderen Positionierung durchaus länger im Rampenlicht durchgehalten hätten.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    "?
    Die "bedeutendste Koloratursopranistin der Gegenwart", Eva Lind, bekommt ab und zu einen Auftritt in TV-Shows, und der "beste Baß seit Schaljapin", John Paul Bogart, erfreut sich weitgehender Vergessenheit.Diese schnell gemachten Stars, die bei Live-Auftritten nach und nach an Glanz verlieren, bis sie ganz weg sind, sind zwar noch nicht die Regel, aber die Klassik-Szene bewegt sich darauf zu.
    :hello:


    Das hat allen Ernstes jemand behauptet???? Auch bei Eva Lind konnte ich den Hype nie so richtig nachvollziehen, ein nettes Stimmchen, aber nicht mehr. (Dafür war sie blond und hübsch..... :stumm: :stumm: )
    lg Severina

  • Hallo Theophilus,
    nun, wenn jemand vom Fleck weg an die Staatsoper engagiert wird, dort alle Koloraturpartien rauf und runter singt und dann genau so plötzlich wieder weg ist (ohne daß es eine Stimmkrise gegeben hätte), stimmt etwas nicht.
    Hype ausgelöst - Versprechen nicht eingelöst - weg mit Evchen, suchen wir uns einen neuen Star.


    J. P. Bogart wiederum wurde seinerzeit (vor ca. 25 Jahren) als der kommende Bassist gehandelt. Man sagte ihm voraus, er müsse nur den "Boris" lernen, um in die Annalen einzugehen. Stattdessen ging er ins Vergessen ein (allerdings habe ich in diesem Fall die Erregung nicht ansatzweise verstanden, während ich bei Eva Lind zugegebener Maßen halt auch nur ein Mann war...)


    Die Pianistin Ingeborg Baldaszti wurde dermaßen gehyped, daß ein Kollege von mir allen Ernstes schrieb, sie sei die erste Frau, die das Zeug zu einem weiblichen Horowitz habe. Ungefähr zwei bis drei Jahre später posierte sie für ein CD-Cover mit weit gespreizten Beinen, veröffentlichte sanft erotische Fotos in einer Wochenendbeilage einer Tageszeitung und meinte im dazugeschalteten Interview, sie würde auch Nacktaufnahmen machen. Die Karriere des weiblichen Horowitz verlief dennoch im Sand.


    Übrigens: Erinnert sich eigentlich noch jemand an den "besten Heldentenor seit Windgassen", als der Rainer Goldberg bezeichnet wurde...?

    Natürlich hast Du recht, daß es solche Phänomene immer gab. Der Unterschied ist nur, daß sie heute eben durch die Medien entsprechend gehyped werden und an große Häuser bzw. in prominente Säle kommen, während die "neue Callas von Bottrop" früher eben über Bottrop nicht hinauskam.


    Meiner Meinung nach fehlt diesen ganzen Shooting stars der Unterbau, das Fundament, auf dem sie die Karriere aufbauen.


    Meiner Meinung nach hat es etwa den Dirigenten früher recht gut getan, durch die Provinz zu tingeln, Repertoire zu dirigieren, zu assistieren und sich die Karriere langsam zu erarbeiten.
    Heute tritt ein 23-Jähriger vor ein Spitzenorchester, in dem der jüngste Musiker fünf Jahre älter ist, erklärt ihnen, wie man Beethoven spielt und drischt dann die "Eroica" zu Tode. Die Kritiker sind begeistert, sie haben endlich Beethoven gehört wie (warum wohl?) nie zuvor, erklären den Mann zum Genie. Und die DG zeichnet schon auf.
    Eine Zeit lang geht es gut, aber so mit 30 ist er als "junger Wilder" schon etwas altgedient, man merkt, daß auch er nur mit Wasser kocht. Und da bei der Agentur gerade ein 22-Jähriger anklopft, wird das 30-jährige Alterchen als von vorgestern fallengelassen. Man hat einen neuen "jungen Wilden", einen, der Karajan, Bernstein und Carlos Kleiber in einer Person ist. Und schon steht er vor einem Spitzenorchester. Und die DG zeichnet schon auf...


    Es ist nämlich massenhaft Nachwuchs da, Agenturen und Labels können sich aussuchen, mit wem sie den Hype versuchen. Und das ist ein Unterschied zu früher: Früher gab es Hype aufgrund einer Laufbahn, heute gibt es Laufbahn aufgrund des Hype.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Erstens werden wir Hörer unterschätzt. Die Label kommunizieren doch: Ihr Käufer könnt besser gucken als hören.


    IMO on


    Nein - NOCH SCHLIMMER !!
    Diejenigen die diese Entscheidungen treffen können das mangels Liebe zur Ware,, die sie produzieren und vermarkten müssen SELBST NICHT UnTERSCHEIDEN !! Da sie sich aber dem "Konsumenten" in Sachen "Marketing" überlegen fühlen (sie habens ja gelernt) so meinen sie: Was ich selbst nicht hören kann, das kann der Konsument auch nicht. Sie sind sozusagen Opfer der Klassikkompetenz ihrer Kunden.


    Dann gibt es natürlich auch Leute in der Klassik-Tonträgerindustrie, die tatsächlich ihr Handwerk verstehen - leider stehen sie oft vor der Entscheidung diese Tatsache zu ignorieren und somit ihre Position noch eine Weile behalten zu dürfen, oder..........


    IMO off


    Zitat

    Ob es uns nun passt oder nicht - auch die Klassikbranche zählt zur Unterhaltungsindustrie und damit gelten auch hier deren gnadenlose Gesetze.


    NEIN - Das glaube ich nicht


    Es gelten UNSERE Gesetze - die der Klassikhörer, Käufer und Sammler !!


    Nur so ist es zu erklären daß viele einstigen "Majors" ins trudeln geraten sind.
    Sie habe sich "unseren" Gesetzen und unserer Mentalität nicht unterworfen - und bezahlen jetzt die gar nicht so billige Zeche.


    Daß es uns möglich war die meisten "Sternstunden der Klasssik" aus den letzten 50 Jahren zum Dumpingpreis zu erstehen, während viele Neueinspielungen von angeblichen "Superstars" in den Regalen liegen blieben- um bald darauf auch billigst verhökert zu werden - das zeigt unsere überlegene Position - die sicher noch besser geworden ist seit es Tamino gibt und die in Zukunft noch besser werden wird.


    Aufnahmen die man erst vor wenigen Monaten oder Jahren gestrichen hat wurden reumütig wieder angeboten - einfach weil man unser Geld braucht.
    DESSEN SOLLTEN WIR UNS IMMER BEWUSST SEIN !!


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Guten Abend.


    Ein wenig störe ich mich an dem Wort "Hype". Für mein (Sprach-) Empfinden kann man auf einem Hype keine dauerhafte Karriere gründen. Das liegt daran, dass die Leute einen kometenhaften Aufstieg ebenso begeistert verfolgen wie den Absturz. Dieses Phänomen können wir in jeder Sparte öffentlichen Lebens nacherleben. Ob das alles so neuzeitlich ist, vemag ich letztlich nicht profund zu beurteilen, erinnere aber daran, dass von dem "Wunder Karajan" doch wohl auch schon zu Karrierebeginn die Rede war.


    Die für mich entscheidende Frage ist: Was wird dem Hype, oder sagen wir: dem kurzfristigen Erfolg, geopfert? Wird jemand, der tatsächlich über künstlerische Substanz verfügt, automatisch verheizt, oder setzt er sich letztlich doch auf Grund seiner Qualität durch?
    Gibt es angesichts der hier doch zumindest von manchem als grassierend angesehenen Hype-Mentalität überhaupt noch Qualität?
    Ich denke schon.
    Ich denke, dass die aktuellen Fälle von galoppierender Hyperitis übersichtlich sind, und nicht die gesamte Landschaft prägen. Jedenfalls gehe ich nach wie vor gern in Konzerte.


    Weil ich so optimistisch bin, hoffe ich auch, dass sich der Klassikmarkt auch künftighin nicht in Einspielungen von Sternstunden der abgelaufenen 50 Jahre erschöpft. Ich erwerbe zu gern auch aktuelle Aufnahmen, auch wenn gewiss nicht jede ewigen Referenzcharakter atmet.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

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