Vegetarische Klassik - Musik im Karneval

  • Zu Beginn spresch isch es offe aus,
    An Fassenacht bleib isch zuhaus,
    Isch kann des Faschingsvolk net leide,
    Die Kalauer gehe mir beizeite
    Voll uff die Nüss, isch kann euch sache
    Für misch sind des ganz schlimme Tache…
    Doch carne vale, Fleisch adieu,
    Heißt’s schon seit antike Zeite,
    Mittelalter, Rokoko,
    War’n des Wahnsinns fette Beute.
    Un heut mit Pappnas und Kamelle
    3 Promille auf die Schnelle
    Is nix mit Kultur und Stil,
    Für Bekloppte viel zu viel.
    Doch mer will es net für möglisch halte
    Es gab einmal ein paar Gestalte,
    Die machten aus dem Fest nen Schmaus,
    Heut hält man es ja gar net aus!
    Isch gebe zu, es is lang her
    Drum hört man fast auch gar nix mehr,
    Doch wo heut wird der „Ententanz“ gefeiert,
    „Rucki Zucki“ aus de Boxe leiert,
    Gab's auch Musik, mer glaubt es kaum,
    Die E und U gab breite Raum.
    Venedisch sei hier mal genannt,

    Die CD sei hier bekannt
    Die der Hengelbrock verbroche,
    (De Saal, der tobt, die Instrumente koche)
    Wahnsinnsstimmung, Helau, Alaaf,
    Dass isch das noch höre darf!
    Ein wunderbarer Ohrenschmaus
    So sieht wahrer Fasching aus!
    Und jetzt, ihr Leut, seid ihr gefragt,
    Welsche Musik eusch behagt,
    Die aus tollen Tagen komme tut,
    Sprescht eusch aus und habt nur Mut (geht ab)


    Narhallamarsch!

  • *hust*


    Zu diesem erlauchten Themenkreis fällt mir spontan diese CD ein, die ich zwar nicht kenne, über die ich aber Gutes gelesen habe:



    Leider mit der Einschränkung so man sie denn findet, scheint nämlich gestrichen.


    Auch für diese CD gilt: Gefahrenfaktor von Fleischthekenassoziationen ausgelöst durch Funkemariechen in wurstpellenfarbenen Strumpfhosen gleich null. Tätäää!

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor


  • Faschingsmuffelalarm! Sehr sympathisch!
    :hahahaha: :hahahaha:

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Blackadder:


    Mir geht der Fasching meist auch ziemlich auf den Zeiger...
    ( 8) wir haben ja ein neues Smilie, das einigermaßen hierzu passt: :faint: )


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Als Kölner MUSS ich am heutigen Rosenmontag einfach was hier reinschreiben. Dieser Thread hier schlummert mir schon viel zu lange unbeachtet herum, dabei gibt es aus dem Bereich der klassischen Musik doch einiges zum Thema "Karneval", das auch denjenigen zusagen dürfte, die nicht allzuviel mit "Alaaf!" und "Helau!" anfangen können. :yes:


    So hat Antonin Dvorak beispielsweise in den Jahren 1891/ 92 drei Konzertouvertüren komponiert, die er unter dem Obertitel "Natur, Leben und Liebe" als dreiteiligen symphonischen Zyklus verstanden wissen wollte.
    Er besteht aus den Ouvertüren
    In der Natur op. 91,
    Karneval op. 92
    und
    Othello op. 93.


    Als mittlerer Teil dieses Zyklus steht der "Karneval" damit quasi für das pure Leben und die Ouvertüre kommt entsprechend mitreißend, rhythmisch-markant und üppig daher. Ein unwiderstehlicher Anfang, wie ich finde! Echter Dvorak - an Stellen wie diesen erkennt man ihn sofort!
    Da das Leben nicht nur aus "Spaß an der Freud'" besteht, gibt es in diesem gut neunminütigen Stück auch einen lyrischeren Mittelteil, bevor es erneut schwungvoll-schmissig zum wirbelnden Finale geht.
    Wenn man berücksichtigt, dass der Karneval ja nicht nur dazu dient, kurz vor Beginn der vorösterlichen Fastenzeit nochmal richtig "auf die dicke Trumm zu hauen", bevor man dann ab Aschermittwoch in Sack und Asche geht, sondern dass in diesen Feierlichkeiten ja auch eine Menge heidnischer Bräuche drinstecken, in denen es darum geht, die dunklen Geister des Winters zu vertreiben, um eine baldige Herkunft des Frühlings zu bewirken, der ja als "lebensspendend" gilt, so ist die Assoziation von "Karneval" mit "Leben" ja gar nicht so verkehrt.


    Da Rafael Kubelik für Dvorak-Interpretationen immer ein guter Tipp ist, empfehle ich für die Karnvalsouvertüre z. B. diese Einspielung hier aus der kostengünstigen Reihe "eloquence":



    Von Robert Schumannn gibt es drei Klavierzyklen, in denen er sich ebenfalls mehr oder weniger eng mit dem Thema Karneval auseinandersetzt:


    Der "Faschingsschwank aus Wien op. 26" aus dem Jahr 1839 (jawohl, liebe Wiener - es gibt ihn auch bei Euch im Städtchen, den Fasching... :D ) ist ein 5-sätziges, sehr mitreißendes Werk, ganz dem Titel entsprechend. Und wie es im Karneval gern auch mal ein bissel gegen die Obrigkeiten geht, hat auch Schumann mit einer Hommage an die "Marseillaise" in diesem Werk eindeutig gegen die österreichische Zensurbehörde geschossen, der natürlich zur Zeit der metternichschen Restauration alles zuwider war, was auch nur entfernt an Frankreich und die französische Revolution erinnerte...


    Und dann gibt es da noch den 21-teiligen Zyklus "Carnaval op. 9", der 1834/35 entstanden ist und der nicht zuletzt seit Clara Schumanns Interpretation berühmt geworden ist. Das ganze Werk ist voll mit humorigen und skurrilen Einfällen und basiert auf einer Idee, die aus nur 4 Tönen besteht, die immer weiter kunstvoll ausgesponnen und variiert wird. Eine Art musikalischer Maskenball quasi.


    Ein Jugendwerk des 22-jährigen Schumann sind die "Papillons op. 2", die um 1830/31 entstanden sind und an einen Maskenball erinnern sollen, bzw. von einem solchen inspiriert wurden. Die wundervollen, meist im Dreiertakt stehenden Sätze assoziieren den Ballsaal und die während des Tanzes am Betrachter vorüberziehenden Masken - die einen elegant, geheimnisvoll und wunderschön, die anderen wiederum skurrill und bizarr anzusehen. Eines meiner persönlichen Lieblings-Klavierstücke Schumanns!


    Alle drei beschriebenen Werke finden sich z. B. auf der CD, die der Pianist Stefan Vladar im Jahr 2005 eingespielt hat:




    Papillons und Faschingsschwank habe ich außerdem noch auf einer aus den 1960er Jahren stammenden Aufnahme mit Sviatoslav Richter:



    Karnevalsmusik kann also sehr vielgestaltig sein und muss sich nicht nur auf "Bläck Föös" und die "Höhner" & Co. beschränken!
    Hier in der Stadt herrscht ja nun bereits seit vergangenem Donnerstag der alljährliche Ausnahmezustand und man kann da nur eines tun: Entweder mitmachen oder es ganz sein lassen - ein "Mittelding" ist hier schlichtweg unmöglich...
    In diesem Sinne:
    "Kölle Alaaf!"

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Nicht zu vergessen ist der "Römische Karneval" von Hector Berlioz, ein Werk, das schnell ins Ohr geht und IMO gut als Beiwerk zur Symphonie fantastique passt:



    Hector Berlioz: Symphonie fantastique op. 14; Le carneval romain op. 9
    London Symphony Orchestra, Colin Davis



    Gruß, Peter (auch Karnevalsverweigerer).

  • Hallo


    Zum vorhergehenden Posting fällt mir natürlich sofort Berlioz ein. Seine Konzert-Ouvertüre Le Carnéval Romain ist ein hinreißendes Stück!


    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • In Saint-Saens humoristischer Fantasie läßt sich ein
    Karneval der Tiere auch gut zu Karneval hören (wenn man nicht gerade unterwegs ist):



    Karneval der Tiere
    + Phaeton op. 39; Le rouet d'omphale op. 31; Danse macabre op. 40
    Roge, Ortiz, London Sinfonietta, Philh. Orch.,
    Dutoit

    Decca, 1980 DDD


    -------------------------------------------


    Berlioz-Ouvertüre Römischer Karneval
    ist mir auch gleich eingefallen, als ich dem Thread sah.
    Die Colin Davis-Aufnahme aller Ouvertüren ist "erste Sahne" und von angemessenem Feuer geprägt.


    ?( Warum Colin Davis bei den Sinfonien nicht auch so packend interpretiert wie bei den Ouvertüren ist seltsam. Warscheinlich sind die Ouvertüren so komponiert, dass es gar kaum schlecht möglich ist.
    ;( Trotzdem hat es NAXOS geschafft hier mit San Diego SO, Talmi
    einen Langweiler vorzulegen
    (Abb.lohnt nicht, da wirklich nicht empfehlenswert).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Oh ja - die Ouvertüre "Le Carnaval Romain" aus dem Jahr 1844 vom guten Hector B. ist auch ein echter Klassiker!


    Im Gegensatz zu seiner Oper "Benvenuto Cellini", deren Uraufführung im Jahre 1838 ein Riesen-Reinfall wurde, ist diese Ouvertüre schon immer ein großer Erfolg gewesen (und eigentlich bis heute geblieben)!


    Berlioz hat darin ein paar Themen seines "Cellini"-Opernflops untergebracht (z. B. einen Saltarello aus der Karnevalsszene) und somit wenigstens etwas daraus zu einem Erfolg bringen können...


    Soweit ich weiß, hat es die Oper "Benvenuto Cellini" durch vehementes Dafürsprechen Liszts in Weimar im Jahr 1866 (??) in einer etwas umgearbeiteten Version erneut auf eine Bühne geschafft und wurde dort durchaus zu einem Erfolg - also zumindest war es wohl kein totaler Reinfall, wie seinerzeit in Paris.


    Da die Oper während der Karnevals in Rom spielt (und sogar ein singender Papst kommt am Ende auf die Bühne, wenn das nichts ist! :] ), kann sie in diesem Thread auch als Empfehlung auftauchen - es gibt ausgiebige Feierszenen, in denen die maskierten Römer ausgelassen herumtollen und -zechen ;)



    Hier die "Ur-Version" der Pariser Erstfassung von 1838:


    (steht derzeit auf meiner Wunschliste...)



    Ich habe den "Cellini" ca. 2004 im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier auf der Bühne erleben dürfen und war wirklich beeindruckt von diesem Stück. Meines Wissens hat Berlioz das Textbuch selber nach einigen Episoden aus der Autobiographie des großen Renaissance-Bildhauers verfasst. Die Oper sollte öfters gespielt werden - eine echte Repertoire-Bereicherung.


    Wo wir schon bei Bühnenstücken zum Thema "Karneval" sind:


    Johann Strauß' Operette "Eine Nacht in Venedig" spielt zur Zeit des venezianischen Karnevals - den obligatorischen Maskenball mit den üblichen Verwechslungen gibt es jedenfalls...

    Ich habe u. a. diese relativ aktuelle Einspielung aus dem Jahr 1999:



    Und in meinem heutigen Musik-Abreiß-Kalender für jeden Tag wird noch eine weitere Johann Strauß-Operette erwähnt: "Karneval in Rom", die im Jahr 1873 in Wien uraufgeführt wurde, im Gegensatz zu vielen ihrer Schwesteroperetten aber ein Schattendasein führt und in den letzten Jahrzehnten weder aufgeführt noch auf CD aufgenommen worden zu sein scheint... X(
    Ein Lied aus dieser Operette hat es immerhin als Einlagestück in die erwähnte "Nacht in Venedig" geschafft: "Der Karneval heut' die Stunde regiert". Schade eigentlich...


    Dann gibt es noch die bekannte Melodie "Le carnaval de Venise" (die hatten wir in einem anderen Thread schon mal besprochen), die bei uns -warum auch immer- unter dem Titel "Mein Hut, der hat drei Ecken" bekannt geworden ist.
    Es handelt sich ursprünglich dabei wohl um ein neaopolitanisches Lied (ich habe den Titel "Cara mamma mia" irgendwo gelesen - typisch Neapel halt :D ).
    Jedenfalls ist selbige Weise wohl gerade für Flötisten interessant - ich kenne zwei Stücke, die kunstvoll-virtuose Variationen über den "Carnaval de Venise" für dieses Blasinstrument plus Orchester, bzw. Harfe enthalten.


    Die Orchester-Variationen stammen vom italienischen "Paganini der Flöte", Cesare Ciardi (1818-77)



    die für Flöte und Harfe vom Franzosen Pierre-Agricola Génin (1832-1903), der ebenfalls viele Transkriptionen für die Flöte verfasst hat.


    Ich habe eine PHILIPS-Einspielung dieses Stücks mit Irena Grafenauer und Maria Graf aus dem Jahr 1994, die zur Zeit wohl nicht erhältlich ist, aber dafür gibt es z. B. diese Aufnahme aus dem Jahr 1999:




    ... und zum guten Schluss noch meine diesjährige Entdeckung zum Thema:


    Der Zeitgenosse Monteverdis Adriano Banchieri (1568-1634) hat u. a. mit seinem "Festino nella sera del giovedì grasso avanti cena" op. 18 (zu deutsch etwa "Festchen am Abend des fetten Donnerstags [bei uns ist das Weiberfastnacht] vor dem Abendessen") ein gut halbstündiges und vom Improvisationstheater der Commedia dell'arte inspiriertes sehr vergnügliches Chorwerk geschaffen.
    20 kleine Madrigale werden hier -jeweils eingeleitet durch ein paar launige Worte (die auf der Einspielung auch enthalten sind)- in verschiedenen Kombinationen (teilweise auch mit Instrumentenbegleitung) dargeboten und darin sind verschiedene Themen wie Liebe (was sonst ;) ), Zungenbrecher, Tanz- und Trinklieder enthalten.
    Sehr schön (und damit spätere Tierimitationen vorwegnehmend) auch der "Contrappunto bestiale alla mente", in dem sich ein Kuckuck, eine Eule, ein Hund und eine Katze zu einem kleinen "Kontrapunkt" über ein vom Bass gesungenen Liedchen treffen. :D


    Am Ende des Stücks (wenn das Bankett beginnen soll), wünscht man sich förmlich, bei diesem Fest dabeigewesen zu sein - die Aufnahme macht einfach Spaß beim Hören!


    Ergänzt wird die Aufnahme durch die "Zabaione musicale" von Signor Banchieri, die durchaus auch hält, was sie verspricht... :]




    In diesem Sinne noch einen schönen Veilchen- oder von mir aus auch Faschingsdienstag :hello:



    P.S.: Geht heute abend jemand noch einen Nubbel verbrennen?

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Marc


    Zitat

    Und in meinem heutigen Musik-Abreiß-Kalender für jeden Tag wird noch eine weitere Johann Strauß-Operette erwähnt: "Karneval in Rom", die im Jahr 1873 in Wien uraufgeführt wurde, im Gegensatz zu vielen ihrer Schwesteroperetten aber ein Schattendasein führt und in den letzten Jahrzehnten weder aufgeführt noch auf CD aufgenommen worden zu sein scheint...


    Überraschenderweise stimmt das in Wirklichkeit gar nicht. Von Johann Strauß Sohn sind nur drei Operetten wirklich bekannt: Die Fledermaus, Der Zigeunerbaron und Eine Nacht in Venedig. Alle anderen, und das ist die deutliche Mehrheit, sind mehr oder weniger vergessen, und man kennt nur den einen oder anderen Titel daraus (Wiener Blut ist aus früheren Melodien zusammengestoppelt).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!