Faust (Gounod): Welche Aufnahme ist zu empfehlen?

  • Heute kam das Buch ...
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    ... jetzt fehlt nur noch eine passende Aufnahme.


    Laut Amazon scheinen diese beiden die Favoriten zu sein:



    Die beste scheint die hier zu sein:



    Aber da befürchte ich klangliche Einbußen, da die Aufnahme ziemlich alt ist. Neulich beim "Trovatore" hat mich das gestört, auch wenn die Sänger toll waren. Jetzt brauche ich mal wieder etwas klanglich Einwandfreies.


    Was ist eure Meinung dazu?



    Thomas Deck


    PS: Warum wird eigentlich so wenig über französische Opern geschrieben?

  • Cluytens wäre meine erste Wahl gewesen: Nicolai Gedda ist für mich ein ziemlich idealer Faust-Interpret, ohne Höhenangst, mit schönem Material ausgestattet, ausgeglichen in den Lagen, vielleicht etwas eindimensional. An seiner Seite Victoria de los Angeles, in diesem Fach auch erste Wahl, ein lyrischer Sopran, etwas maniriert, aber sehr rollendeckend und bei den Ausbrüchen genauso präsent, wie wie den ruhigeren Passagen. Boris Christoff schliesslich in einer seiner Glanzrollen, stilistisch nicht so stark, wie die beiden anderen, aber unverwechselbar und mächtig auftrumpfend.


    Wenn es die nicht sein soll, würde ich zu George Pretre raten - da bleibt das "französische" etwas auf der Strecke (mir ist Pretre manchmal zu wenig elegant, zu einseitig laut), aber gesungen wird respektabel, vor allem von Mirella Freni. Aber auch Domingo lässt seine Stimme strahlen und Ghiaurov mit seiner grossen, sehr individuellen Stimme steht Christoff in nichts nach. Vorteil der Aufnahme: sie ist ungekürzt.


    Gruss

  • Cluytens ist absolut die erste Wahl,unter den Studio-Produktionen.


    Der Faust (Gedda),darf durchaus etwas eindimentional sein.


    Er ist ja in erster Linie nur eine Marionette Mephistos.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Achtung! Es gibt zwei Cluytens-Aufnahmen mit identischer Besetzung in den Hauptrollen - 1953 und 1958! Hier zahlt es sich vermutlich aus, die technisch bessere spätere Aufnahme zu nehmen.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich würde, wenn alte Mono-Aufnahmen von Busser oder Beecham nicht in Frage kommen, die Plasson-Aufnahme wählen, weil sie vom Gesang her am ehesten dem verlorengegangenen französischen Stil entspricht, obwohl paradoxerweise viele Nicht-Franzosen an der Produktion beteiligt waren. Richard Leech war damals eine große Tenor-Hoffnung auf dem Gebiet der französischen Oper (zu dieser Zeit hat er auch den Raoul in Meyerbeers "Hugenotten" mit großem Erfolg eingespielt), Cheryl Studer liefert ihre wohl beste Gesangs-Leistung auf Platten ab und José van Dam ist ein sehr schönstimmiger und verführerischer Teufel ganz in der Tradition etwa eines Marcel Journet oder Pol Plancon. Hampson als Valentin ebenfalls mit einer herausragenden Leistung. Plasson dirigiert animiert, ohne zu hetzen, und bringt zudem den ganzen "Faust" ohne Striche (Ballettmusiken und Alternativarien sind in einem Appendix auf der letzten CD beigefügt).


    Die Cluytens-Aufnahme ist nicht schlecht (wobei ich insgesamt die ein paar Jahre zuvor entstandene Mono-Aufnahme mit fast identischen, aber stimmlich frischeren Protagonisten vorziehe). Gedda ist ein bißchen kühl, was aber, wie ich finde, durchaus zur Rolle passt (Faust ist schließlich kein latin lover) und de los Angeles singt so wie sie heißt. Das Problem dieser Aufnahme ist Boris Christoff, der sich durch die Rolle grimmassiert und chargiert. Dier Teufel ist hier kein Élégant, sondern ein grobschlächtiger Bully, dem niemand auf den Leim gehen würde. Unfranzösischer geht es nicht mehr, auch, was die Aussprache angeht. Das Dirigat von Cluytens klingt für mich eher routiniert.


    Die Pretre-Aufnahme kenne ich nicht, aber Domingo kann mich mit seiner Verismo-Stilistik im französischen Fach nur selten überzeugen.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Zitat

    Die Cluytens-Aufnahme ist nicht schlecht (wobei ich insgesamt die ein paar Jahre zuvor entstandene Mono-Aufnahme mit fast identischen, aber stimmlich frischeren Protagonisten vorziehe).


    Ist das wirklich so, und auch akustisch nachvollziehbar? Victoria de los Angeles und Nicolai Gedda waren 1958 eher in einem idealen Alter für die volle Entfaltung ihrer Stimmen. Sie waren 1953 eine ungewöhnlich junge Besetzung.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,


    die Unterschiede sind zugegebenermaßen nicht sehr groß (bei einigen Spitzentönen Geddas und de los Angeles´ merkt man, dass sie ein paar Jahre vorher leichter und weniger "erarbeitet" klingen). Wenn man die Stereo-Aufnahme hat, braucht man die Mono-Aufnahme nicht mehr (dafür aber eine wirklich französisch klingende Aufnahme!).


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Guten Morgen GiselherHH,


    Der Mephisto ( Christoff )ist in dieser Oper kein Gründgens.


    Er ist ein grober Geselle.Die Musik zeichnet in so,und wenn er


    mal galant sein muß,ist das ironische Verstellung (bei Marthe),


    oder in seiner Serenade.


    Marguerite bezeichnet ihn ja auch als groben Gesellen.


    Die anderen großen Interpreten haben ihn auch so gestaltet.


    (Schaljapin, Journet,Plancon,Bohnen,Pinza,Siepi,Ghiaurov.


    Von Schaljapin , Journet und Plancon gibt es ja nur Ausschnitte.)




    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Giselher,


    das ist schon richtig: Domingo ist als Faust nicht so wirklich die perfekte Besetzung. Zum Aufnahmezeitpunkt aber war er in stimmlich guter Verfassung, das macht einiges wett. Und Freni ist beeindruckend.


    Die Einschränkungen bei Christoff teile ich, aber bei Stimme ist bei mir die Begeisterung grösser, als die Kritik.


    Als ich einen Blick in mein CD-Regal warf, bin ich auch an Plasson hängengeblieben. Bei Richard Leech bin ich voll bei Dir - der war für eine kurze Zeit in diesem Fach sehr gut. Worüber ich seit dem nachdenke: ob das Studers beste Aufnahme ist, vielleicht hast Du recht - mir fallen auch nur welche ein, wo ich eher abraten würde.


    Gruss

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  • Hallo Herbert,


    ich habe mich heute im Hinblick auf den Mephistophélès duch meine Sammlung gehört (Plancon, Journet, Delmas, van Dam, Pinza, Siepi, Hofmann, Schaljapin, Christoff, Bohnen, Knüpfer, Kipnis) Danach kann man, glaube ich, die Sänger in mindestens zwei "Schulen" einteilen. Zum einen die "klassisch-französische", bei der M. zwar ein durchaus unangenehmer und auch grober Geselle sein kann, sich aber vor allem ironisch-sarkastisch gibt und dies mit weitgehend musikalischen Mitteln ausdrückt (Plancon, Journet, Delmas, van Dam, Knüpfer, Hofmann, Kipnis, Pinza, teilweise noch Siepi). Zum andern "Schaljapin und die Folgen" (Schaljapin, Bohnen, Christoff): hier werden der musikalischen Interpretation außermusikalische Effekte hinzugefügt wie naturalistisches Lachen, Knurren und andere akustische Grimassen (wobei man hier sagen muss, dass Schaljapin dies noch am überzeugensten gelingt und er nicht so outriert wie etwa Christoff).


    Ich persönlich empfinde die französische Schule als die angenehmere, da der Charakter des M. hier fein schattiert und zieseliert gezeigt und nicht in groben Strichen mit grellen Farben hingepinselt wird. Die "Grand Guignol"-Bösewichte ermüden sehr schnell und sind auch einfach unschön anzuhören wie etwa Christoff, dessen Negativeindruck hinsichtlich seiner grotesken französischen Aussprache noch durch einen offenen-röhrenden Stimmansatz und mangelnde dynamische Feinheiten verstärkt wird.


    Hallo Alviano,


    auch ich bin natürlich ein Liebhaber schöner und ausdrucksstarker Stimmen, aber sie sollten dazu möglichst in der vom Komponistn geforderten Stilistik und sprachlich einigermaßen korrekt singen. Und das fehlt mir bei Christoffs Méphistophélès (s.o.) doch sehr. Ghiaurov habe ich nur in den amazon-Ausschnitten hören können. Und da gefällt er mir in der Bonynge-Aufnahme doch wesentlich besser (die Stimme scheint dort flexibler und runder, bei Pretre dröhnt und röhrt er ziemlich starr vor sich hin). Was Frau Studer angeht: ich bin sicher kein großer Bewunderer ihrer Stimme, da sie mir oft zu anonym-technisch und kalt klingt. Aber sie hat doch ein paar schöne bis gute Aufnahmen hinterlassen. Neben dem "Faust" wären das m.E. die Sawallisch-"Meistersinger" (Eva), die Sinopoli-"Salome" und die Elisabeth im "Tannhäuser" desselben´Dirigenten.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GiselherHH,
    wie ich Deinen Beiträgen entnehme,magst Du Christoffs
    Stimme nicht.Mir gefällt gerade auch seine unverkennbare
    individuelle slavisch gefärbte Stimme.Für den Gounod-Mephisto
    gibt es ,meiner Meinung nach ,wie für die meisten Opernrollen
    verschiedene Interpretationsmöglichkeiten.Van Dam ist z.B.
    die leichtgewichtige Version.Plancon kann man aus tontechnischen
    Gründen(1914)kaum beurteilen,er lacht übrigens auch
    "naturalistisch".Wie dem auch sei,Christoff war international
    einer der gefragtesten Interpreten der Partie,neben seinen
    anderen großen Operngestalten(Boris,FilippoII.Ramfis,Silva,
    Procida,u.v.a.)


    (Meine Favoriten als Mephisto,auch bei Boito sind : Pinza,
    Siepi und natürlich Christoff).


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert,


    ich habe durchaus nichts gegen Christoff an sich, nur halte ich seine knorrig-grobkörnige und eher unflexible Stimme nicht wirklich für die Rolle des Mephistophélès geeignet. Wenn man sich die frühen Tondokumente anhört, so merkt man, dass die Rolle in den französischen Aufnahmen nicht mit schweren, großstimmigen Bässen besetzt wurde, sondern mit eher leichten, flexiblen Stimmen (das gilt auch für die "Damnation" von Berlioz), die in der Lage waren, den Charakter der Figur mit subtil-musikalischen Mitteln auszudrücken (Plancon lacht im Ständchen nur nach der letzten Strophe, vorher werden die Lacher auf dem Ton gesungen und er grimmassiert in den Strophen auch nicht wie etwa Bohnen). Christoff ist unbestritten ein großartiger Sänger und bedeutender Interpret, gerade im italienischen und russischen Repertoire (wobei Boitos Teufel von der stimmlichen und stilistischen Anlage Christoff eher entgegenkommt als die französischen Varianten).


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo thdeck,


    also, das ist sehr schwer. Ich hatte dasselbe Problem und habe mich zwei Monate durch sämtliche Faustaufnahmen gehört:


    Cluytens war lange mein Favorit, obgleich mir die losAngeles als Margarethe nicht sonderlich gefällt. Sie wirkt aufgesetzt und ich nehme ihr die Rolle nicht ab. Gedda und Christoff sind allerdings wahre Inkarnationen und Cluytens bietet eben auch den fast kompletten Faust mir Walpurgisnacht, die bei meinem anderen Favoriten Beecham ebenso wegfällt wie Valentins Gebet. Trotzdem lege ich diese alte Beecham-Aufnahme mittlerweile häufiger auf: Es ist eine großartige Ensembleleistung, die man heute so nicht mehr erleben kann. Daran kranken meiner Meinung nach auch alle Neueinspielungen, die zwar streckenweise geradezu Pyrotechnik der Sangeskunst entfalten, aber merklich an der Glaubwürdigkeit der Charaktere scheitern.


    Eine Alternative sind die deutschen Einspielungen: Aber leider, leider weist die Arthur Rother-Einspielung mit Hann, Eipperle und Rosvaenge ganz empfindliche Schnitte auf. Ich vermute allerdings, dass Wallhall da selbst die Schere angelegt hat und die Komplettaufnahme noch im Archiv schlummert. Zwei weitere deutsche Einspielungen vor dem Krieg sind klanglich arg schlecht und nur etwas für echte Liebhaber - wie mich :].


    Also, den optimalen Faust habe ich - wie Du siehst - leider wirklich nicht gefunden. Ich hangele mich durch die diversen Aufnahmen und Inszenierungen.


    Viel Erfolg,


    Knuspi

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  • Hallo Knuspi,


    Hann ist ja nicht gerade ein idealer Mephisto.


    Eher einer,der mal Bürgermeister in Saardam war.


    Roswaenge ist auch eigendlich zu dramatisch und


    auf meiner CD ist M Teschemacher doch sehr


    matronenhaft(trotz Kölnerin ;)).Eipperle ist sicher besser.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.


  • Hmmm, ich fand den Hann eigentlich gut. So richtig prollig. Allein sein Lachen, da kommt doch nur der Christof dran. Und Rosvaenge gefällt mir besser als Gedda. "Sei mir gegrüßt du heil'ge Stätte" finde ich herrlich von ihm. Überhaupt, gefällt's mir in deutsch sehr. Habe ich Dir schon gesagt, dass in Hildesheim Faust demnächst auf deutsch Premiere hat?


    LG,


    Knuspi

  • Ich besitze lediglich die Cluytens-Aufnahme aus der Serie "Great Recordings of the Century"


    Man sool zwar wenn man nicht mehr ganz jung ist sehr zurückhaltend sein, wenn man über Tonqualität spricht - aber subjektev ist für mich das Klangbild durchaus in Ordnung, trotz des Aufnahmejahrs 1958.


    Die Interpretation kann übrigens anhand zahlreicher Tonschnippsel überprüft werden (Ich habe den Link zur Aufnahme im Eingangsbeitrag eingefügt)


    eine Aufnahme die sicher dem Ideal nahe kommt - zudem noch einen moderaten Preis hat (gemessen an 3 CDs !!)


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Thomas,


    Raimondi ist so ein Mephisto,wie ihn GiselherHH nicht mag.


    Ich habe ihn vor ca. 20 Jahren in Bonn auf der Bühne


    erlebt,finde aber B.Christoff stimmlich größer und besser.


    Ich erwähne hier nur Mephisto,weil er für mich die


    Hauptperson,die Schlüsselrolle ist.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Knuspi,


    Ich finde Faust auf deutsch auch in Ordnung.


    Man sollte die Oper dann nur nicht in Margarethe


    umtaufen,dann schon lieber in Mephisto.


    Vielleicht wäre auch mal eine neue Übersetzung


    gar nicht schlecht.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Hej Herbert,


    ich halte es mit "Faust und Margarethe" und kenne bisher zwei Übersetzungen. Kürzlich habe ich übrigens ein altes Kölner Bühnenbildmodell vom Bacchanal gefunden. WOW! Die pure Opulenz! Bei dieser Aufführung war übrigens auch der 2. Akt in mehrere Schauplätze unterteilt: Getreu dem Schauspiel gab's die Szenen mit Siebel, dem "Sei mir gegrüßt" und dem "König von Thule" in Mragartehes Zimmer, dann wurde umgebaut und der rest fand im Garten statt. da alles nur gemalt war - und übrigens sehr gut gemalt war - dauerte der Umbau keine zwei Minuten. Hast du eigentlich die furchtbare Decker-Neuinszenierung in Köln gesehen?


    LG,


    Knuspi

  • Lieber Thomas BErnhard, die DVD kenne ich bestens, vielmehr ihr Original an der WSO, das ich x-mal gesehen habe, aber nicht wegen der "genialen" Regie von Ken Russel, sondern wegen Francisco Araiza als Faust.
    Ob ich sie dir guten Gewissens empfehlen soll, weiß ich ehrlich gesagt nicht, ich kenne deinen Geschmack zu wenig. Die Inszenierung war seinerzeit ein Skandal, hat aber inzwischen so etwas wie Kultstatus elangt, wie mir ein Freund aus der DVD-Branche zu meiner Verwunderung mitteilte. Ich fand es seinerzeit nicht skandalös, sondern schlicht und einfach dumm. Margarethe ist bei Russell eine Nonne (!!), sie unterhält sich mit den taubstummen Kindern ihres Bruders (!!) in der Gebärdensprache (z.B. beim Juwelenwalzer), Faust experimentiert anfangs mit Leichen, außerdem bevölkern ständig völlig überflüssige Balletthüpferlinge die Bühne, befummeln Mephisto usw. usw. Einige Szenen (Dom) sind ganz gelungen, aber insgesamt ganz bestimt keine exemplarische Inszenierung. Besetzung gibt's sicher auch bessere, das betrifft auch meinen Liebling Araiza, der damals von seiner Bestform weit entfernt war und sichtlich mit einer Nonne als Margarethe wenig anfangen konnte, denn auch schauspielerisch blieb er unter seinem Wert. Tja, das klingt jetzt nicht gerade wie eine Kaufempfehlung, ich kenne aber auch Leute, die von dieser DVD begeistert sind. (Mir genügt mein Video-Mitschnitt völlig!)
    SChöne GRüße, Severina

  • Zitat

    Original von severina
    Lieber TB, die DVD kenne ich bestens, vielmehr ihr Original an der WSO, das ich x-mal gesehen habe, aber nicht wegen der "genialen" Regie von Ken Russel, sondern wegen Francisco Araiza als Faust.
    Ob ich sie dir guten Gewissens empfehlen soll, weiß ich ehrlich gesagt nicht, ich kenne deinen Geschmack zu wenig. Die Inszenierung war seinerzeit ein Skandal, hat aber inzwischen so etwas wie Kultstatus elangt, wie mir ein Freund aus der DVD-Branche zu meiner Verwunderung mitteilte. Ich fand es seinerzeit nicht skandalös, sondern schlicht und einfach dumm. Margarethe ist bei Russell eine Nonne (!!), sie unterhält sich mit den taubstummen Kindern ihres Bruders (!!) in der Gebärdensprache (z.B. beim Juwelenwalzer), Faust experimentiert anfangs mit Leichen, außerdem bevölkern ständig völlig überflüssige Balletthüpferlinge die Bühne, befummeln Mephisto usw. usw. Einige Szenen (Dom) sind ganz gelungen, aber insgesamt ganz bestimt keine exemplarische Inszenierung. Besetzung gibt's sicher auch bessere, das betrifft auch meinen Liebling Araiza, der damals von seiner Bestform weit entfernt war und sichtlich mit einer Nonne als Margarethe wenig anfangen konnte, denn auch schauspielerisch blieb er unter seinem Wert. Tja, das klingt jetzt nicht gerade wie eine Kaufempfehlung, ich kenne aber auch Leute, die von dieser DVD begeistert sind. (Mir genügt mein Video-Mitschnitt völlig!)
    SChöne GRüße, Severina




    IGITT! :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz:

  • Knuspi, du bringst es auf den Punkt! :yes: Ich muss aber gestehen, dass im Laufe der Zeit ein gewisser Gewöhnungseffekt eintrat und ich dann gewisse Blödheiten einfach nicht mehr bewusst wahrnahm (ein psychologisch interessantes Phänomen) Das Bühnenbild war übrigens gar nicht so schlecht, darin hätte durchaus ein "richtiger" Faust stattfinden können. Aber die vielen technischen Mätzchen funktionierten später auch nicht mehr richtig, so dass sich manchmal ungewollte Komik einstellte. Der Gewöhnungseffekt betraf übrigens nicht nur das Publikum, sondern auch die Sänger: Araiza z.B. ließ anfangs kein gutes Haar an der Regie, legte sich sogar öffentlich mit Ken Russell an, Jahre später hörte ich ihn dann plötzlich vom "tollen Faust in Wien" schwärmen. Als ich ihn ziemlich verblüfft zur Rede stellte, meinte er: "Naja, wissen Sie, ich kenne inzwischen die anderen Inszenierungen. Und die Wiener ist wenigstens lustig." Ich verstehe zwar immer noch nicht, inwiefern der Faust "lustig" sein soll, aber bitte........ ?( ?( ?(


    lg Sevi :hello:

  • Tja, man arrangiert, resigniert , kapituliert oder :D demoliert :D. Kann den Araiza echt verstehen. hat's denn bei euch eine Walpurgisnacht? die war bei uns gestrichen in der Neuinszenierung - übrigens auch an der Met, wovon ich zwei Radiomitschnitte aufgenommen habe. Die sind übrigens auch noch zu empfehlen. der Pape ist nicht ohne als Mephisto.

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  • Nein, die Walpurgisnacht wurde auch bei uns gestrichen, was mich echt gewundert hat, denn gerade da hätte sich der Russell doch so richtig austoben können :D Ich habe diese Szene erst einmal gesehen, nämlich in München. Aber so richtig begeistert war ich von dieser Inszenierung auch nicht.
    lg Sevi

  • Vielleicht mal wieder zurück zum Thema.


    Da die Aufnahme hier noch gar keine Erwähnung gefunden hat, will ich doch noch auf die Einspielung unter Colin Davis hinweisen. Ich bin kein grosser Davis-Fan, aber die Aufnahme ist durchaus akzeptabel.


    Bei den Sängern gibt es keine wirklich "grosse" Leistung, aber eben auch keinen wirklichen Ausfall. Francisco Araiza (noch in stimmlich annehmbarer Verfassung) als Faust, Kiri Te Kanawa (nicht mehr ganz mädchenhaft) und Evgeny Nesterenko (wieder so eine riesige Stimme, der das "französiche" abgeht) in den Hauptrollen, dazu Andreas Schmidt als Valentin (sehr stimmschön) und die Lipovsek als Marte - warum nicht?


    Ansonsten möchte ich Alfred nochmal im Hinblick auf die Cluytens-Aufnahme: die ist tontechnisch (natürlich gemessen an ihrer Entstehungszeit) wirklich gut in Schuss - und wenn sie für unseren Themenstarter nicht als erste Wahl in Frage, bei der zweiten sollte sie Berücksichtigung finden....

  • Danke Alviano, diese Aufnahme wollte ich auch schon vorstellen, hab's dann aber doch gelassen. ("Immer die Severina mit ihrem Araiza!" :evil:)
    In der Beurteilung stimme ich mit überein, Araiza tönt auf der CD besser als auf der DVD.
    lg Severina

  • Hallo Severina,


    aber solche "Lieblinge" haben wir doch alle. Araiza habe ich auch einge wenige Male live gesehen - einmal waren wir mit etwas Glück sogar in der selben Vorstellung: "Il barbiere di siviglia" an der Wiener Staatsoper, ist ewig her...


    Gruss

  • Zitat

    Original von Alviano
    Hallo Severina,


    aber solche "Lieblinge" haben wir doch alle. Araiza habe ich auch einge wenige Male live gesehen - einmal waren wir mit etwas Glück sogar in der selben Vorstellung: "Il barbiere di siviglia" an der Wiener Staatsoper, ist ewig her...


    Gruss


    Das ist sogar sehr wahrscheinlch, denn einen Araiza-Auftritt in Wien hätte ich nur bei Katastrophenalarm verpasst, und an so einen kann ich mich nicht erinnern. :D :D :D Zu "Barbiere"-Zeiten war es ja auch noch ein ungetrübtes Vergnügen ihn zu hören, später dann ja leider immer seltener....... ;( ;(
    lg Severina

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