Jean Philippe Rameau auf dem modernen Flügel- gelungenes Experiment oder Fiasko?

  • Jean Philipe Rameau? versehen. Man kennt Rameau in erster Linie als Opernkomponisten. Paradoxerweise sind- soweit ich weiß- keine Werke von Rameau für Orgel überliefert, dabei hat er einen guten Teil seines Lebens als Organist sein Brot verdient. Überliefert sind dagegen rund sechzig Pieces de Clavecin. Um diese Stücke scheinen die Pianisten von Rang bisher einen Bogen gemacht zu haben, während es dagegen seit langem üblich ist Bach auf dem modernen Konzertflügel zu spielen. Man kann sich mit Recht fragen, warum das so ist, immerhin sind Rameaus Pieces für das Cembalo komponiert und insbesondere die Realisierung der Verzierungen dürfte auf dem modernen Flügel für gewisse Probleme sorgen. In jüngerer Zeit scheint sich aber das Bild zu wandeln. Ein Blick in den Katalog zeigt, dass in der letzten Zeit vier Pianisten Aufnahmen mit Stücken Rameaus vorgelegt haben: Alexandre Tharaud, Tzimon Barto, Denis Proshayev und Angela Hewitt:






    Seine Pieces de Clavecin erschienen in drei Folgen zwischen 1706, 1724 und 1729/30. Die erste moderne Ausgabe der Werke Rameaus für Tasteninstrumente wurde 1895 von Camille Saint-Saens herausgegeben. Ein Indiz dafür, welchen Stellenwert Rameau in Frankreich stets genoss, während er insbesondere in Deutschland immer im Schatten von JSB stand.


    Was haltet Ihr von diesen Aufnahmen? Sind sie als gelungenes Experiment oder ein glorioses Fiasko?


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Liebe Forianer,


    ich kenne nur die Aufnahme von Tharaud, das war eine meiner großen Entdeckung im vergangenen Jahr! Ich finde durchaus, dass sich Rameau auf dem modernen Flügel bei entsprechender Spielweise (nicht zu viel Pedal) gut macht. Bis auf wenige schnelle, spektakuläre Sätze wirkt diese Musik (vielleicht ähnlich wie bei Couperin) insgesamt eher verhalten und leise, sie ist mehr auf minimale harmonische Bewegungen angelegt - man spürt hier die höfische "Affektkontrolle" im Hintergrund. Aber wenn man sich auf diese zurückhaltende 'Tonality' eingestellt hat, passiert doch ungemein viel. Ich glaube aber, dass diese Musik deswegen lange Zeit nicht so im Fokus der Pianisten stand.


    Viele Grüße,
    Christian

  • Hallo zusammen!


    Ich kenne die Einspielungen von Tharaud und Proshaev. Die Proshaev-Einspielung gefällt mir persönlich besser, Tharaud finde ich etwas trocken Aber das ist wohl nur mein ganz persönlicher Eindruck. Ich denke, dass man die Pieces de Clavecin ohne weiteres auf einem modernen Flügel spielen kann, wenn man sie so wie die beiden oben genannten Pianisten interpretieren kann. Allerdings habe ich leider keine Cembalo-Aufnahme zum Vergleich, vielleicht würde ich dann meine Meinung ändern. Kann mir jemand von Euch eine gute Cembalo-Aufnahme empfehlen. Mich würde dieser Vergleich jedenfalls sehr interessieren.

  • Auf jeden Fall hat mich dieser Thread neugierig gemacht:
    Ich besitze weder Aufnahmen mit Cembalo noch solche auf modernem Flügel von Rameau - aber das wird sich ändern.
    Hier zeigt sich einmal mehr der Vorteil des Hineinhörens in die Soundtracks via Forum - so konnte ich in kürzester Zeit einen ersten Eindruck gewinnen, von den angebotenen Aufnahmen beeindrucken mich am meisten Hewitt und Tharaud - Sicher wird es dann bald auch Cembalo-Alternativen in meiner Sammlung geben.
    Das trifft sich gut mit meinem Vorsatz, dieses Jahr meine Sammlung im Bereich Renaissance- und Barockmusik signifikant aufzustocken.
    Denn obwohl ich auch bei Bach immer die Cembalo-Version vorziehe - kennen sollte man die Alternativen schon.


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Auf jeden Fall hat mich dieser Thread neugierig gemacht:


    Lieber Alfred,


    freut mich, dass ich Deine Neugier geweckt habe :D


    Ich werde in der nächsten Zeit die vier Rameau-Scheiben kurz vorstellen und meine Höreindrücke zum Besten geben. Ich kenne die Kompositionen Rameaus und Couperin´s auch in ihrer historisch korrekten Version, eben mit Cembalo. Ich mag beide Fassungen.


    Was ich lieber höre ist eine Frage der Laune. Ich finde Beides hat seine Reize, auch wenn das Clavecin natürlich das originale Instrument ist. Ich halte die grundsätzlich die Übertragung auf denn modernen Flügel für legitim.


    Man muss sich nur bewusst sein, das Rameau und Couperin eben für das Clacevin geschrieben haben. Für eine "Travestie" wie in einem anderen Thread zu lesen war halte ich das Vefahren barocke Musik auf dem Konzertflügel zu spielen keineswegs, sondern für ein legitimes, faszinierendes Experiment- und wenn man sich dem wunderbaren Kosmos´ Rameau auf diese Weise annähert, warum nicht?


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • könntest du, ehe du die sicher große arbeit mit den klavierscheiben vorlegst, mir eine cembaloscheibe der suiten von 1728 empfehlen (oder sicher weiß auch der rameauist was)? ich habe nur die 1724er mit christie und eine bandaufnahme der späteren mit george malcolm.
    :hello:

  • Salve Observator!


    Euer Wunsch ist mir Befehl! :jubel::D


    Also, Christie ist akzeptabel, aber ich würde ich Dir zu dieser Einspielung raten, da bekommst Du alle Werke Rameaus für Clavecin für inclusive der Suiten von 1728:



    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Liebe Taminos,


    weil sich bei der Interpretation Rameaus auf einem modernen Flügel die Gretchenfrage nach den Vorzügen und/ oder Unterschieden des Cembalos gegenüber einem Flügel stellt, möchte ich an dieser Stelle auf einen sehr informativen Thread über den Klang des Cembalos verweisen:


    Der Klang des Cembalo


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • ich habe mir gestern die aufnahmen von barto und proshayev angehört und würde persönlich barto den vorzug geben.
    wenn ich überhaupt eine einspielung auf dem klavier hören wollte. bei rameau und händel und royer und...bevorzuge ich aber cembali, wie ich überhaupt den klang dieser immer schon liebte. warum ist das bei bach anders, frage ich mich sogleich? warum ist bei seinem digitalwerk das moderne klavier weitgehend akzeptiert, nicht zuletzt anhand bewegender interpretationen des wtk oder der gbv von gulda bis s.richter, von schiff bis gould.
    vielleicht hat das nur historische gründe:
    die gbv sind jetzt wirklich weltbekannt (sogar über die eigentlich gemeinte welt der klassikliebhaber hinaus) und es gibt über 300 einspielungen, aber so richtig angefangen hat das erst mit dem gould 1955. d.h. wir sind in unserer rezeption von anfang an den klavierklang gewöhnt.
    natürlich mag ein profunder meister wie der des kurzen stücks einwenden, dass das eine (zwar zulässige aber nicht werkgetreue) modernisierung des originals ist, das diesfalls explizit "vors clavicimbel mit 2 manualen" komponiert worden ist. aber auf diese bereicherung möchte ich nicht verzichten.
    vielleicht hört man in ein paar jahrzehnten die clavecinisten auch vorwiegend auf klavieren, wahrscheinlicher bleiben sie aber in ihren nischen, wo sie bei weiterhin verfeinerter nachbautischlerei auch besser aufgehoben sind.

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  • Zitat

    Original von observator
    ich habe mir gestern die aufnahmen von barto und proshayev angehört und würde persönlich barto den vorzug geben.


    Bartos Aufnahme ist von den vier Aufnahmen wahrscheinlich diejenige, die am stärksten polarisiert. Barto pflegt einen konsequent "romantischen" Ansatz: Er nutzt die Möglichkeiten des grand piano voll aus, ohne den Versuch zu unternehmen sich klanglich dem Cembalo anzunähern; das ist auch deutlich an Bartos Umgang mit den Verzierungenenzu erkennen. Sowohl Rameau wie Couperin haben sehr genau festgelegt auf welche Weise die Verzierungen ausgeführt werden sollten. Wichtig ist für Barto "die singende Linie". Zugunsten der Sanglichkeit lässt Barto auch Ornamente aus, selbst da, wo sie Rameau ausdrücklich vorschreibt. Kantabilität ist das Schlüsselwort: Barto nähert sich vom Opernkomponisten Rameau dem Clavecinisten Rameau an. Im Mittelpunkt steht die Melodie, sie ist die Richtschnur für den Pianisten.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • käsar wandelt nicht am forum taminorum und der lullyst beißt wohl grad in sein keyboard ( :angry: oder :motz: ),
    trotzdem stelle ich die folgende frage:


    auf der


    R-14463045-1575045518-6903.jpeg.jpg



    ist die suite von 1724 in d-moll (angeschrieben)


    und auf der



    in d-dur.


    natürlich die selbe/gleiche(?), was anhand der titel (les tendres plaintes bis les cyclopes) leicht feststellbar ist.


    ?(

  • Zitat

    Original von observator
    natürlich die selbe/gleiche(?), was anhand der titel (les tendres plaintes bis les cyclopes) leicht feststellbar ist.


    ?(


    Kannst Du nicht erhören, ob Dur oder moll? ?(

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Also ich hör´s nicht. :D


    Im französischen Original lautet die Bezeichnung der Suite von 1724 jedenfalls "Suite en MI"; (was ja eigentlich Dur bedeuten müsste, oder??( )


    Vielleicht ist die Verwirrung dadurch entstanden, dass Rameau diese Suite 1731 wieder veröffentlicht hat. Ob er allerdings bei der Gelegenheit eine Revision des Notentextes vorgenommen hat entzieht sich meiner Kenntnis.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • bei der a/A suite (1728 ) ist übrigens das gleiche zu beobachten.
    vielleicht sind die stücke der suiten abwechselnd in dur und moll.


    ich werd's jedenfalls dem u-molli auf unserer reise zu den corelli-wirten vorspielen, und er wird's uns hören...

  • Ich habe hier eine wunderbare Cd vorliegen, die eigentlich ein Sakrileg fuer ueberzeugte Barockisten ist. Dennoch liebe ich sie heiss:
    Alexandre Tharaud spielt die Suiten aus den "Pieces de clavecin" von Rameau auf dem Klavier.
    (Harmonia mundi)


    Was haltet ihr von solchen "Fauxpas"?
    Mir hat das Rameaus Cembalomusik ganz neu eroeffnet, denn ich finde Cembalo als Soloinstrument auf Daeur doch recht monoton und nervig.
    Mit Klavier kann ich mir die Suiten stundenlang anhoeren, ohne zu ermueden.
    Und dieser frz. Pianist ist einfach ein Genie.


    Fairy Queen :angel:

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Was haltet ihr von solchen "Fauxpas"?
    Mir hat das Rameaus Cembalomusik ganz neu eroeffnet, denn ich finde Cembalo als Soloinstrument auf Daeur doch recht monoton und nervig.
    Mit Klavier kann ich mir die Suiten stundenlang anhoeren, ohne zu ermueden.
    Und dieser frz. Pianist ist einfach ein Genie.


    Liebe Fairy Queen,


    persönlich kann ich mit solchen "Fauxpax" sehr gut leben :D:Dda ich das "grand piano" sehr gerne mag. Man muss sich nur darüber im klaren sein, dass Rameau eben im Original für das Cembalo komponiert hat.


    Welche Aufnahme mit Cembalo hat Dich denn so nachhaltig erschreckt? Das Ouvre Ramaeus hat Michel Kiener für Harmonia mundi (siehe hier weiter oben im Thread) eingespielt- und Du kannst bei der Gelegenheit hören, wie farbenreich ein Cembalo klingen kann.


    Die Aufnahmen auf dem mordernen Flügel (ich kenne vier) haben alle ihre Meriten. Am weitesten von der barocken Aufführungspraxis entfernt hat sich wohl Tzimon Barto, eine bewusste Entscheidung des Interpreten. Barto spielt die Möglichkeiten des modernen Flügels voll aus. Die Frage der historisch-korrekten Verzierungen spielt für ihn eine völlig untergeordnete Rolle. Bei Angela Hewitt dagegen merkt man deutlich ihre Vertrautheit mit der historischen Aufführungspraxis, sie hat ja schon den gesamten Bach und drei Aufnahmen mit Werken Couperins gemacht. Und das hört man: Bei den Verzierungen und den subtilen rhythmischen Verschiebungen. Ein weiteres Plus dieser Aufnahme: Der aufnahmechnisch wunderbar eingefangene Fazioli-Flügel, der insbesondere im Diskant sehr viel farbenreicher als der "normale" Steinway ist. Denis Proshayev steht für mein Empfinden irgendwo auf halber Strecke zwischen Barto und Hewitt: Nicht so "romantisch" wie Barto, aber auch nicht so historisch korrekt wie Angela Hewitt.


    Im Augenblick am liebsten ist mir Angela Hewitt´s Ramaeau- aber das variiert immer ein wenig :D:D


    Alexandre Tharaud ist wirklich ein außerordentlicher Pianist. Wenn Du die CD noch nicht kennen solltest:



    Vor nicht allzulanger Zeit ist seine CD mit Werken Couperins entschieden- wenn Du Tharaud so sehr magst- ein absolutes "must have".
    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Ave Caesar,
    danke fuer diese Antwort und das Umleiten in den richtigen Thread. Mich hat eigentlch keine bestimmte Aufnahme mit Cembalo erschreckt.(vielleicht abgesehen vom Wohltemperierten Klavier von Bach als Gesamtaufnahme mit Cembalo mit einem ostdeutschen Musiker, dessen Namen ich noch wiederfinden muss, sorry.....)
    Ich mag einfach den Klang als SOLO-Instrument nicht so doll , weil ich das sehr eintoenig und ermuedend finde. Lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. :jubel:
    Als Begleit-Continuo finde ich Cembalo toll und gerade auch fuer Gesang ideal!
    Apropos:gibt es hier eine Sparte, wo man Kontakt zu Musikern suchen und aufnehmen kann? Gibt es hier Leute, die gerne zusammen musizieren wollen, insbesondere auch Barock?


    Alexandre Tharaud finde ich wie du grandios. Seine Couperin Cd besitze ich zwar noch nicht, habe aber schon reinhoeren koennen. Sie steht auf der allzulangen Wunschliste. Und jetzt hat Joschi mich mit seinen Donizettis in noch groessere Kalamitaeten gebracht. SOS!
    Gewisse Threads hier sind gemeingefaehrlich, weshalb ich sie nur noch nach Lottogewinn oeffnen werde.


    Fairy Queen :angel:

  • Hallo zusammen,


    ich habe mal zwei Stücke aus den Pièces de Clavecin von Rameau von Marcelle Meyer spielen gehört. Marcelle Meyer ist eine französische Pianistin, die von 1897 - 1958 gelebt hat. Sie war befreundet mit Ravel und Strawinsky und war naturgemäß völlig unbeleckt von der heutigen "HIP"-Bewegung. Ihr Verhältnis mit Wanda Landowska scheint nicht so gut gewesen zu sein.


    Jedenfalls bin ich mit zwei Vorurteilen an diese beiden Stücke herangegangen:


    Vorurteil Nr. 1: Historische Aufnahmen mag ich eigentlich nicht. Und in dieser Zeit hatten sie erst recht keine Ahnung von Barockmusik
    Vorurteil Nr. 2: Rameau auf dem Klavier, das geht doch überhaupt nicht!


    Naja, jedenfalls hat mich die Aufnahme dann ziemlich umgehauen. Der Klaiverklang war sehr klar durchhörbar, auch die Verzierungen schienen mir der Barock-Musik von Rameau sehr angemessen und durchaus "HIP" zu sein. Experten werden das sicher anders sehen.


    Die Platte dazu (Les Rarissimes de Marcelle Meyer bei EMI), scheint es leider nur in Frankreich zu geben. Ich werde sie mir bei meinem nächsten Frankreich-Aufenthalt zulegen, auf die Gefahr hin, dass meine wohlgepflegten Vorurteile ins Wanken geraten :wacky:


    Auf Cembalo habe ich die Einspielung von Scott Ross, die mir sehr gut gefällt. Tharaud muss ich jetzt wohl auch mal ausprobieren.


    Viele Grüße,


    Melanie

  • Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum Leuten, denen Händel und Bach am modernen Klavier zusagen, Rameau und Gibbons nicht am modernen Klavier zusagen sollen.


    Wenn jemandem nur Bach gefällt aus der üppigen Cembaloproduktion des Barock, dann wunderts mich freilich auch nicht, dass ihm Rameau nicht gefällt.


    Warum Rameau am Klavier ein "Experiment" sein soll, weiß ich schon gar nicht.


    Jedem das Seine.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister



    Warum Rameau am Klavier ein "Experiment" sein soll, weiß ich schon gar nicht.


    Lieber KSM,


    natürlich ist es kein Experiment- aber ich habe nach einer griffigen Formulierung für den Threadtitel gesucht und fand diese recht gelungen :D:D


    @ Melanie


    Zitat

    Auf Cembalo habe ich die Einspielung von Scott Ross, die mir sehr gut gefällt. Tharaud muss ich jetzt wohl auch mal ausprobieren.


    Das solltest Du unbedingt tun :D:D und da wären ja auch noch Hewitt, Barto und und und .... falls Du noch den einen oder anderen Euro loswerden möchtest ...


    @ Fairy Queen



    Zitat

    Gewisse Threads hier sind gemeingefaehrlich, weshalb ich sie nur noch nach Lottogewinn oeffnen werde.


    Du weißt doch: Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert :D:D
    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)


  • endlich kommt der einwand :D


  • Hallo Christian,


    stop stop bitte, es gibt ja auch noch andere Cembalo-Aufnahmen, die mich interessieren. Und von Couperin könnte ich auch mehr Aufnahmen ausprobieren. Und es gibt noch andere interessante Komponisten in F, die ich noch gar nicht kenne und in D und in I und andere interessante Genres gibt es auch...


    Mir geht es da wie der Fairy Queen. Der Lottogewinn muss zusätzlich so groß sein, dass er mir die Zeit gibt, das alles auch zu hören...


    Aber zum Thema. Vielleicht ist es in Frankreich nicht ganz so ungewöhnlich, Rameau und Couperin et. al. auch auf dem Klavier zu spielen. Bei der Familie meines Mannes in Frankreich habe ich jedenfalls Noten-Hefte für Anfänger und fortgeschrittene Anfäger gefunden, die auch einiges von Rameau und Coupering enthielten. In meinen entsprechenden Heften fehlte der französische Barock vollkommen. Wirklich schade, denn es ist wunderbare Musik.


    In Frankreich habe ich mich dann auch an Rameau und Couperin auf dem Klavier versucht. Es klang furchtbar, also ist das Cembalo doch wahrscheinlich besser :pfeif:


    Viele Grüße,


    Melanie

  • Hallo,


    als hard-core Cembaloianer und Liebhaber französischer Barockmusik kenne ich diese Literatur von diversen Aufnahmen mit Cembalo. Aber nachdem, was hier so zu den Klavier"experimenten" geschrieben wurde, werde ich mehr und mehr neugierig darauf, das auch mal hörenderweis zu probieren.


    Die Gelegenheit kommt bestimmt... :D



    herzliche Grüße, :hello:
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    werde ich mehr und mehr neugierig darauf, das auch mal hörenderweis zu probieren.


    Die Gelegenheit kommt bestimmt... :D


    Nur zu, nur zu ... :D:D


    By the way: Kennst Du die Aufnahme von Michel Kiener bei Harmonia Mundi?


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Caesar73
    By the way: Kennst Du die Aufnahme von Michel Kiener bei Harmonia Mundi?


    Nein, noch nicht... :D

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Liebe Taminos,


    in einem anderen Thread entspann sich ein lebhafter Disput über die Frage, welche Daseinsberechtigung Interpretationen Couperins auf dem modernen Flügel haben. Dieser Thread ist zwar strenggenommen Rameau gewidmet, aber die oben erwähnte Frage lässt sich ebenso hier diskutieren- denn wenn man darüber diskutiert ob man Couperin stilecht auf dem modernen Flügel interpretieren kann, muss man sich bei Rameaus Kompositionen für das Clavecin diese Frage ebeno stellen, also denke ich, dass wir unsere Diskussion hier fortsetzen können, ohne deswegen gleich einen neuen Thread aufmachen zu müssen.


    Es steht außer Frage, dass Rameau und Couperin beide ursprünglich für das Clavecin komponiert haben. Das damit eine spezifische Ästhetik einhergeht ist ebeno selbstverständlich. Müssen deswegen aber Interpretationen auf dem modernen Flügel per se minderwertig sein? Selbstverständlich zwingt einen ja niemand, diese Deutungen zu mögen, bloß kann es ja nicht schaden den eigenen Standpunkt an einer Aufnahme Angela Hewitts oder Alexandre Thrarauds zu überprüfen- ich kenne sowohl diese Aufnahmen als auch die Interpretationen Christophe Roussets und Kollegen, und schätze beide.


    Ob man die Aufnahmen auf dem Flügel mag ist Geschmackssache, aber ob es sich dabei um eine


    Zitat

    klangliche und interpretatorische Verstümmelung


    handelt, greift ein wenig kurz wie ich finde.


    Wenn ich mir die Aufnahmen Rameaus und Couperins von Hewitt und Co anhöre, kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass die Verzierungen sehr wohl auf dem Flügel darstellbar sind, jedenfalls trifft untenstehendes Zitat meiner Meinung nach in dieser Form auf die oben erwähnten Aufnahmen nicht zu:


    Zitat


    Gerade diese Verzierungen sind aber auf einem modernen Flügel kaum angemessen darstellbar. Was tun die Pianisten in ihrer Not? Sie lassen die Verzierungen einfach weg - entweder einige, die auf dem Flügel besonders "störend" wirken, oder gleich alle. Im Sinne des oben skizzierten positivistischen Denkens sind die Verzierungen ja nichts weiter als ein Hilfsmittel, um den "mageren" Klang des Cembalos etwas voller zu bekommen; auf einem modernen Instrument hat man derlei nicht nötig. Und schon wieder wird der Wille des Komponisten ganz bewusst missachtet.


    Vielleicht hört sich einer unserer Barock-Spezialisten einfach mal eine Aufnahme von Tharaud oder Hewitt an und berichtet seine Erfahrungen?


    Eine Bekehrung liegt mir übrigens völlig fern ... :D:D
    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Christian,


    zunächst eine Vorbemerkung: Ich bin froh und dankbar, dass abseits der Opern- und Operettenthreads mal etwas Leben ins Forum kommt und ein Thema diskutiert wird, mit dem ich mich schon recht lange beschäftige. Meine Meinung, auch wenn sie sehr bestimmt geäußert wird, möchte ich dabei niemals als absolute Wahrheit verstanden wissen, sondern als Anregung zum gemeinsamen Weiterdiskutieren.


    Zitat

    Original von Caesar73
    denn wenn man darüber diskutiert ob man Couperin stilecht auf dem modernen Flügel interpretieren kann, muss man sich bei Rameaus Kompositionen für das Clavecin diese Frage ebeno stellen


    Prinzipiell schon, allerdings sollte man dabei nicht beide unkritisch in einen Topf werfen. Im Vergleich zu Couperin erkenne ich bei Rameau eine Tendenz zur Vereinfachung, zur Konzentration auf das Wesentliche und zu weniger üppiger Ornamentik - eine Tendenz, die für mich bei Couperin erst in den letzten Ordres erkennbar ist. Anders formuliert: Die Verzierungen sind nach meinem Empfinden bei Rameau weniger essentiell als bei Couperin. Ist das für Dich nachvollziehbar?


    Zitat

    Es steht außer Frage, dass Rameau und Couperin beide ursprünglich für das Clavecin komponiert haben.


    Das einschränkende "ursprünglich" würde ich gerne weglassen wollen - beide haben für das Cembalo komponiert, ohne Wenn und Aber. Der Klang des modernen Flügels war ihnen völlig unbekannt.


    Zitat

    Müssen deswegen aber Interpretationen auf dem modernen Flügel per se minderwertig sein?


    Das Wort "minderwertig" gefällt mir hier nicht - es trifft nicht den Kern der Sache. Für mich geht es bei der Bewertung einer Interpretation darum, ob der Wille des Komponisten respektiert wurde. Sowohl Couperin als auch Rameau sind beim Komponieren von den spezifischen klanglichen Möglichkeiten französischer Cembali ausgegangen. Aus welchen Grund sollte man dies einfach missachten und ihre Musik auf einem Instrument spielen, das diese spezifischen Möglichkeiten nicht hat und für das sie nicht komponiert wurde? Um dem "modernen" Hörer entgegenzukommen, dem der Klang des Cembalos fremd ist? Oder gibt es hier möglicherweise tiefergehende Argumente, etwa in der Richtung, dass der Interpret die Musik als vom Klang des Cembalos unabhängig empfindet?


    Zitat

    Selbstverständlich zwingt einen ja niemand, diese Deutungen zu mögen


    Es geht hier nicht um Geschmacksfragen, sondern um objektive Kriterien. Eine Interpretation, die ganz bewusst den Willen den Komponisten missachtet und ein anderes als das von ihm vorgesehene Instrument verwendet, würde ich immer zuerst mit einem Fragezeichen versehen und sehr kritisch hinterfragen.


    Stell Dir mal als Gegenbeispiel ein typisches Klavierstück auf dem Cembalo vor, meinetwegen ein Nocturne von Chopin. Da würde sofort jeder aufschreien und sagen: Das Cembalo wird dieser Komposition nicht gerecht, Chopin hat sie für Klavier geschrieben! Gleiches gilt aber auch umgekehrt: Das Klavier wird einem Stück von Couperin nicht gerecht, denn er hat es für Cembalo geschrieben. Der Aufschrei dürfte hier allerdings wesentlich verhaltener ausfallen, denn erstens hat nicht jeder das feine Gespür für französische Barockmusik (das erwirbt man sich nur durch jahre- und jahrzehntelange Beschäftigung mit dieser Musik), und zweitens wird oft genug das Cembalo als ein technisch unvollkommener Vorläufer des modernen Klavieres angesehen und nicht als vollwertiges Musikinstrument.


    Zitat

    bloß kann es ja nicht schaden den eigenen Standpunkt an einer Aufnahme Angela Hewitts oder Alexandre Thrarauds zu überprüfen


    Ich kenne zumindest Vol. 1 der Couperin-Aufnahmen von Frau Hewitt und finde die Verzierungen dort unerträglich. Mit dem falschen Instrument wird man dieser Musik nicht gerecht, auch wenn man eine so überragende Pianistin wie Angela Hewitt ist.


    Zitat

    Ob man die Aufnahmen auf dem Flügel mag ist Geschmackssache


    Ob man etwas mag, ist immer Geschmackssache :D


    Man kann auch völlig abwegige Interpretationen mögen, das sagt nichts über deren Qualität aus.


    Zitat

    Wenn ich mir die Aufnahmen Rameaus und Couperins von Hewitt und Co anhöre, kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass die Verzierungen sehr wohl auf dem Flügel darstellbar sind


    Sie mögen darstellbar sein, klingen aber wegen der im Vergleich zum Cembalo völlig unterschiedlichen klanglichen Eigenschaften für mich einfach nur scheusslich.


    Zitat

    Vielleicht hört sich einer unserer Barock-Spezialisten einfach mal eine Aufnahme von Tharaud oder Hewitt an und berichtet seine Erfahrungen?


    Das habe ich längst getan - ich schreibe hier nicht wie der Blinde über die Farbe. Ergebnis siehe oben - zumindest für Couperin.


    Ich möchte noch einmal kurz die Standpunkte zusammenfassen: Deiner Meinung nach ist es eine Geschmacksfrage, ob man Couperin auf dem Klavier spielt oder nicht. Es gibt Leute, die lieber Klavier mögen, es gibt Leute, die lieber Cembalo mögen, es gibt Leute, die beides mögen. Meiner Meinung nach ist es eine Frage, ob man den Willen des Komponisten und seine Intentionen respektiert und adäquat umsetzt - dazu gehört auch das richtige, vom Komponisten vorgesehene Instrument, und das hat mit dem Geschmack des Hörers zunächst einmal gar nichts zu tun. Natürlich steht es dem Interpreten frei, von den Vorgaben des Komponisten abzuweichen, aber dann sollte er die Gründe dafür nennen.


    :hello: Andreas

  • Wer Rameau oder Couperin auf dem Klavier verfälscht oder auf dem Klavier verfälschten Rameau oder Couperin in Umlauf bringt, wird mit Rachmaninoff auf dem Harmonium nicht unter 45 Umdrehungen bestraft.


    Tach zusammen :D


    Zitat

    Original von Caesar73
    Es steht außer Frage, dass Rameau und Couperin beide ursprünglich für das Clavecin komponiert haben.


    Wieso ursprünglich? Haben sie es sich dann doch noch anders überlegt? :D


    Hinter den Klavierarrangements steckt für mich immer noch zu einem Gutteil der Aberglaube, dass Klavier sei das bessere Cembalo, verkörpere den Fortschritt gegenüber dem altmodischen Klapperkasten.
    Da aber die Musikgeschichte kein Abbild der ingenieuren Weltsicht ist, derzufolge es immer nur besser wird, sondern alles zu seiner Zeit richtig und perfekt war, lässt sich auch nicht jede Musik beliebig von einem zum anderen Instrument transportieren.
    Vielmehr ist der Steinway bei Coupein, Rameau, aber auch allen anderen Komponisten, deren Musik für das Cembalo gedacht ist, eine - wenn auch hochtechnisierte - Krücke.


    Grüße
    Hildebrandt

  • Zitat

    Original von Hildebrandt


    Tach zusammen :D


    Eigentlich habe ich mir bei der Verwendung des kleinen Wörtchens "ursprünglich" bei weitem nicht so viele Gedanken gemacht wie Ihr vermutet- obwohl ich sonst für semantische Spiegelfechtereien durchaus zu haben bin :D:D


    Zitat

    Zitat: Es steht außer Frage, dass Rameau und Couperin beide ursprünglich für das Clavecin komponiert haben.


    Das einschränkende "ursprünglich" würde ich gerne weglassen wollen - beide haben für das Cembalo komponiert, ohne Wenn und Aber. Der Klang des modernen Flügels war ihnen völlig unbekannt.


    Das liegt auf der Hand- wie gesagt, ich habe mir bei der Verwendung des Wortes nicht so viel gedacht :D


    Zitat


    Die Verzierungen sind nach meinem Empfinden bei Rameau weniger essentiell als bei Couperin. Ist das für Dich nachvollziehbar


    Absolut, den Eindruck habe ich auch. Rameaus hat ja im Vergleich zu Couperin auch erheblich weniger für das Clavecin komponiert. Irre ich mich, oder hat Rameau hauptsächlich als Opernkomponist reüssiert?


    Zitat


    Das habe ich längst getan - ich schreibe hier nicht wie der Blinde über die Farbe. Ergebnis siehe oben - zumindest für Couperin.


    Das habe ich mir gedacht :D Ich wollte es nur noch bestätigt haben. Wie sagt Wagner im Faust: Nur was man Schwarz auf Weiß besitzt kann man getrost nach Hause tragen :D:D


    Zitat


    Natürlich steht es dem Interpreten frei, von den Vorgaben des Komponisten abzuweichen, aber dann sollte er die Gründe dafür nennen.


    Das tut Angela Hewitt in den Erläuterungen zu ihrer ersten Couperin-Aufnahme sehr ausführlich, wenn ich mich nicht irre. Aber ich schaue gerne noch mal nach. Alexandre Tharaud hat sich übrigens zu seiner Rameau Aufnahme in einem Interview in den Piano-News recht ausführlich geäußert- ich suche mal, ob ich das Heft noch finde.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:



    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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