Klassische Rundfunkorchester und ihre Referenzaufnahmen

  • Liebe Taminesen,


    dieser Thread ist gewissermaßen der Versuch einer Wiedergutmachung. - Viele Jahre hindurch habe ich die Aufnahmen von Rundfunkorchesern nicht richtig ernst genommen - das Sinfonieorchester des Bayrischen Runfunks einmal ausgenommen. In letzter Zeit, wo viele Rundfunkanstalten Ihre Archive (zumeist aus kommerziellen Erwägugngen) öffnen hatte ich Gelegenheit meine tendenziell abneigende Haltung gegenüber den RF-Orchestern einigermaßen zu revidieren.
    Uns so kam mir die Idee zu diesem Thread, wo besonders empfehlenswerte Aufnahmen (das Wort "Referenz" im Titel ist wohl doch ein wenig zu spezifisch) voprgestellt werden können. Jeder Mitspiele sollte sich auf maximal 3 Aufnahmen beschränken - ein paar erläuternde Worte, WAS an dieser Aufnahme so gefällt, wäre zwar optimal - ist aber nicht Bedingung.


    Gesucht werden Aufnahmen, die mir jenen der "großen" Weltspitzenorchester durchaus vergleichbar sind, auch der Hinweis auf ein Orchester mit besonders ausgeprägter Klangfarbe oder Spieltechnik wäre eine Bereicherung.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tut mir leid, wenn ich mal wieder auf dem Gebiet, auf dem ich mich etwas besser auszukennen glaube, herumreite: Das Holz der deutschen RSOs bleibt für meine Begriffe weltweit fast ohne Konkurrenz (wenn man von wenigen anderen Spitzenorchestern aus Deutschland absieht).


    Besonders erwähnenswert finde ich den satten, dunklen Klang der Holzbläser bei den NDR-Orchestern. Hier kann man sicherlich von einem eigenen, typisch norddeutschen Stil sprechen - dieser Sound ist wunderbar samtig und weltweit einzigartig. Einfach mal darauf achten...


    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Tut mir leid, wenn ich mal wieder auf dem Gebiet, auf dem ich mich etwas besser auszukennen glaube, herumreite


    GENAU DAS ist ja ERWÜNSCHT !!


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei diesem Thema fallen mir ganz spontan die Aufnahmen der


    Bruckner-Sinfonien mit dem NDR-SO unter Günter Wand


    ein. Für mich nach wie vor DER Maßstab! Hier formte ein Dirigent ein Orchester zu einem herausragend intelligenten und klangschönen, aber im Dienste einer musikalischen Aufgabe trotzdem demütigen Instrument.


    Mit etwas Abstand zu den soeben genannten Aufnahmen möchte ich in gleicher Konstellation auch die


    Brahms-Sinfonien mit dem NDR-SO unter Günter Wand


    nennen. Auch hier fasziniert mich die geradezu organische Einheit aus Dirigent und Orchester, die sich aus der erfahrenen und charismatischen Persönlichkeit Wands ebenso speiste wie aus der langjährigen, tiefvertrauten Zusammenarbeit.


    Liebe Grüße :)

  • Zitat

    Besonders erwähnenswert finde ich den satten, dunklen Klang der Holzbläser bei den NDR-Orchestern. Hier kann man sicherlich von einem eigenen, typisch norddeutschen Stil sprechen - dieser Sound ist wunderbar samtig und weltweit einzigartig. Einfach mal darauf achten...


    Das Sinfonie-Orchester des NDR ist dasjenige Orchester, das ich in steter Regelmäßigkeit zu hören und sehen bekomme. Es ist vertraglich verpflichtet, im Einzugsgebiet des NDR zu gastieren und spielt somit häufig in Hamburg, Kiel, Lübeck oder Bremen. Seit der Leitung Gardiners und später Eschenbachs bin ich großer Anhänger dieses Orchesters. Jetzt hat Dohnanyi die Leitung, und ich freue mich auf die Brahms-Sinfonien 3 und 4 im April.


    Am bekanntesten sind wohl die Beethoven-, Bruckner- und Brahms-Einspielungen mit Günter Wand. Was ich davon kenne, würde ich schon im oberen Drittel der mir bekannten Interpretationen ansiedeln.


    Der NDR verfügt noch über ein zweites Orchester: Die NDR Radiophilharmonie in Hannover, die noch etwas mehr über die norddeutsche Ebene tingelt. Dieses Orchester wird z.B. gerne von CPO gebucht. Die Aufnahmen etwa der Onslow-Sinfonien oder Gubaidulina-Orchesterwerke finde ich ganz hervorragend.


    Gruß
    B.

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  • Es gibt hier dutzende, wenn nicht hunderte von herausragenden Aufnahmen. Das RIAS (später RSO) Berlin war in den 50ern unter Fricsay bei Musik des 20. Jhds. schon besser als die Philharmoniker, später hat besonders das SWF-Orchester (Rosbaud, Bour, Gielen) zahllose wichtige (Erst)aufnahmen auf diesem Sektor gemacht. Aber auch im traditionellen Repertoire sind sie nicht zu verachten.


    RIAS-Sinfonieorchester/Fricsay:
    Strawinsky: Petrouchka/Le Sacre du Printemps (DG) Ein Klassiker, der in den entsprechenden threads schon gewürdigt wurde. Es gibt noch vieles mehr, aber die ist separat und problemlos erhältlich


    SWF (heute SWR) Orchester/Gielen: Mahler, Sinfonie Nr. 7 (hänssler)


    (ebenso der Rest Mahler, Bruckner, Beethoven)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Naheliegend, daß ich eine Lanze für das Kölner Rundfunksinfonieorchester breche. Naturgemäß habe ich diesen Klangkörper über das Radio kennengelernt. Der erste Bruckner-Zyklus von Günter Wand entstand mit eben diesem Orchester, unter Semyon Bychkov konnte ich es auch verschiedentlich live hören, auch unter Rafael Frühbeck de Burgos.


    Aus den Archiven ist eine wunderbare Zauberflöte unter Keilberth aufgetaucht, Barhms' 4. unter Knappertsbusch, meine erste Wahrnehmung des Kölner RSO -ich gestehe- waren Operettenquerschnitte unter Franz Marzallek.


    Sicherlich wird es in Köln eine gewisse Konkurenz mit dem Gürzenich-Orchester geben (ich erinnere nur an den Wechsel Günter Wands vom Gürzenich zum RSO), aber das scheint beide zu beflügeln.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo,


    mir sind die Rundfunkorchester immer sehr sympathisch und ich höre sie ausgesprochen gerne, da ich dann normalerweise davon ausgehen kann, dass ich eine ordentliche Interpretation bekomme.


    Seltsamerweise habe ich aber nur sehr wenige Aufnahmen im Regal zu stehen. Keine Ahnung, woran das liegt. Man kauft ja nicht gerade orchesterspezifisch.


    Man hört aber viel in den ARD-Nachtkonzerten, in denen die einzelnen Rundfunkanstalten gerne Aufnahmen ihrer Orchester senden.
    Und da merkt man schon, dass sich die Orchester des NDR oder des BR auf Weltklasseniveau befinden. Nicht umsonst arbeiten die namhaftesten Dirigenten und Interpreten mit ihnen zusammen.


    Man kann nur hoffen, dass die Orchester uns noch lange erhalten bleiben und die Oberen nicht an der Kultur sparen und den Geldhahn so weit zudrehen, dass es an die Existenz geht.



    Gruß, Peter.

  • Zitat

    Original von petemonova
    Man kann nur hoffen, dass die Orchester uns noch lange erhalten bleiben und die Oberen nicht an der Kultur sparen und den Geldhahn so weit zudrehen, dass es an die Existenz geht.


    Hallo Peter,


    schon GEZahlt?? :hello:


    Solange alle schön ihre Rundfunkgebühren zahlen und die Herren Jauch, Schmidt & Co nicht zu sehr auf die Kasse drücken, sollten uns die Rundfunk-Orchester schon noch erhalten bleiben. Ob es dabei so luxuriös wie in München zugehen muss, darüber lässt sich streiten.


    Gruß
    B.

  • Zitat

    Seltsamerweise habe ich aber nur sehr wenige Aufnahmen im Regal zu stehen. Keine Ahnung, woran das liegt. Man kauft ja nicht gerade orchesterspezifisch.


    Oh doch das glaube ich schon - Vielleicht unterbewusst aber letztlich doch.
    Wenn man zwischen verschiedenen Orchestern im Vollpreisbereich wählen kann - dann nimmt man zumeist das "Berühmteste" oder eines welches auf das gewählte Repertoire "zugeschnitten" ist.....


    Ds mag heute nicht mehr sooo von Bedeutung sein, aber ich hätte in den sechziger Jahren sicher nichts anderes gekauft als Karajan und die Berliner, bzw Böhm und die Wiener Philharmoniker....und natürlich Bernstein mit den NewYorkern.....


    Na ja es gab da schon noch einige interessante Orchester, aber ich könnte mir nicht vorstellen, daß ein RF-Orchester damals Marktchancen gehabt hätte - das RSO der Bayrischen Rundfunks mal ausgenommen.....


    mfg


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Na ja es gab da schon noch einige interessante Orchester, aber ich könnte mir nicht vorstellen, daß ein RF-Orchester damals Marktchancen gehabt hätte - das RSO der Bayrischen Rundfunks mal ausgenommen.....


    Deswegen verstehe ich ja auch nicht, warum es vom BR-Symphonieorchester so wenig veröffentlichte Aufnahmen gibt ?( ; bei den Dirigenten, bei der Qualität!!!
    Sie haben sehr viel eingespielt, das allerdings überwiegend nur selbst gesendet wird. Nicht einmal die viel beachteten Zyklen unter Maazel wurden herausgebracht :(


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Zitat

    Na ja es gab da schon noch einige interessante Orchester, aber ich könnte mir nicht vorstellen, daß ein RF-Orchester damals Marktchancen gehabt hätte - das RSO der Bayrischen Rundfunks mal ausgenommen.....


    Meines Erachtens war damals das RIAS mit großem Abstand das bekannteste Deutsche Rundfunkorchester, wahrscheinlich vor allem wegen der Aufnahmen mit Ferenc Fricsay. Und es war voll im Markt etabliert!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo,


    die meisten Rundfunksender haben zwei Orchester.


    Man muß unterscheiden,zwischen Rundfunk-Orchester


    und Rundfunk-Sinfonie-Orchester.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Ich möchte im Zusammenhang mit RSO nur an die hervorragende Aufnahme der
    Schostakowitsch Sinfonien mit Rudorf Barshai und dem Kölner RSO,
    das auf der Brillant - Box als WDR SO bezeichnet wird, erinnern:



    Das Kölner RSO hat nichts mit dem Gürzenich-Orchester Köln zu tun, das ist ein anderes Orchester (mit dem hat Kitaenko den Schostakowitsch-Zyklus eingespielt, der IMO nicht so gut gelungen ist, wie bei Barshai).


    Einzig die Blechbläser des Kölner RSO erreichen bei den Schostakowitsch-Aufnahmen nicht den ünübertroffenen Sound, der russischen Orchester, aber sonst eine tolle Barshai-Aufnahme mit der man zufrieden sein kann.



    8)Ich habe früher zahlreiche Tonbandaufnahmen vom WDR3 mit dem Kölner RSO und seinen Dirigenten gemacht.
    Ich wäre bei der gebotenen Qualität, im Gegensatz zu Alfred, nie auf die Idee gekommen, diese "nicht richtig ernst" zu nehmen. Es sind Aufnahmen von Werken dabei, die ich sogar woanders nie besser gehört habe.
    ---------------------------------------------------------


    Eine weitere RSO-Spitzenaufnahme sind die
    Scriabin-Sinfonien mit Ashkenazy und dem RSO Berlin:



    Symphonien Nr. 1-3; Le poeme de l'extase op. 54
    RSO Berlin, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin / V.Ashkenazy
    DECCA 1990/95 DDD


    Die Muti-Aufnahme der Scriabin-Sinfonien auf EMI fand ich nach Swetlanow auf LP so schwach, daß ich diese schnell wieder abgesetzt habe.
    Die Ashkenazy-Aufnahme die nicht nur mit dem RSO Berlin gemacht ist (s.o) stellt mich auf CD jedoch voll zufrieden.
    -----------------------------------------------------------


    Von absoluter Referenz möchte ich von dieser CD mit F.Fricsay und dem RSO Berlin sprechen:



    Liszt: Les Preludes
    RSO Berlin, Fricsay
    DG 1960 ADD

    Liszt: Les Preludes habe ich in zahlreichen Aufnahmen.
    Keine erreicht diese hohe interpretatorische Qualität mit Fricsay und dem RSO Berlin - Gänsehaut pur und das am laufenden Bande. Diese Aufnahme hatte ich schon in meiner Jugend auf einer DG-LP - nie wieder habe ich Les Preludes besser gehört.
    Obwohl ich sonst Bernstein sehr verehre, aber mit Liszt hat er "wenig am Hut", seine Aufnahme von LesPreludes mit den NewYorkerPH ist dagegen zahm und lau (genau wie die Aufnahmen der Ung.Rhapsodien).


    Ich habe jetzt nicht in Erinnerung ob Smetana: Moldau auch mit dem RSO Berlin / Fricsay auf dieser CD eingespielt ist oder mit dem BPO ?
    Aber die Bezeichnung Referenz würde dann auch hier für das RSO Berlin zutreffen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Das ist aber kompliziert bei Euch ! :D


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo Theophilus,
    ich glaube,das gibt es auch in Wien.
    Hier in Deutschland sind die Rundf.Orch.für die etwas leichtere
    Muse zuständig und haben auch einen eigenen Chefdirigenten.
    Beim WDR war das nach 1945 Franz Marszalek,
    beim Südwestfunk Emmerich Smola und in München war vor
    kurzem Marcello Viotti der Chef,und nach seinem Tod
    Roberto Abbado.


    :hello:Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    die meisten Rundfunksender haben zwei Orchester.


    Man muß unterscheiden,zwischen Rundfunk-Orchester


    und Rundfunk-Sinfonie-Orchester.


    Wenn ich richtig sehe, gilt das für fünf Sender:


    Beim Bayerischen Rundfunk gibt es das bekannte Sinfonieorchester (Chefdirigent: Jansons) und das weniger bekannte Rundfunkorchester (Ulf Schirmer), das vor wenigen Jahren mal zur Disposition stand.


    Beim Norddeutschen Rundfunk existieren ebenfalls zwei Orchester: das bekannte Sinfonieorchester (Dohnanyi) in Hamburg und die Radiophilharmonie in Hannover (Eiji Oue).


    Ebenso beim Westdeutschen Rundfunk in Köln: Sinfonieorchester (Bychkov) und Rundfunkorchester (Froschauer).


    Beim Südwestrundfunk tummeln sich gar drei Orchester (was durch die Zusammenlegung zweier Sender vor einigen Jahren begründet ist): die bekannteren in Freiburg, ehem. Baden-Baden (Cambreling) und in Stuttgart (Norrington), sowie ein kleineres, eher für gehobenes Unterhaltungsrepertoire zuständiges in Kaiserslautern.


    In Berlin gibt es das Rundfunk-Sinfonieorchester, das bereits seit den 20er Jahren existiert, später in der DDR u.a. von Heinz Rögner geleitet wurde und heute Marek Janowski als Chefdirigenten hat. Schließlich das Deutsche Sinfonieorchester (früher RIAS-Orchester, dann Radio-Sinfonieorchester, seit ca. 1990 mit dem derzeitigen Namen), bis vor kurzem von Kent Nagano, jetzt von Ingo Metzmacher geleitet. Ein weiteres Berliner Rundfunkorchester ist m.W. in den Berliner Symphonikern aufgegangen.


    Alle Angaben ohne Gewähr - Korrekturen sind willkommen :D.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Wie sähe der CD-Katalog aus, hätten wir nicht die Rundfunksinfonieorchester des HR (Frankfurt), BR (München), NDR (Hamburg), WDR (Köln), SR (Saarbrücken), SWR (Stuttgart), ORF (Wien), die Verschiedenen Orchester der BBC, das "Toscanini"-Orchester der NBC (längst vergangene Zeiten freilich) und viele andere (mit italienischen, französischen, japanischen, skandinavischen, russischen, ... Rundfunkorchestern kenne ich mich zu wenig aus)? Sehr viel ärmer. Und jedes dieser Orchester hat doch in Vergangenheit oder/und Gegenwart bisweilen Großartiges geleistet. Man führe sich die Liste von Chef- und Gastdirigenten vor Augen, die mit diesen Klangkörpern gewirkt hatten.


    Fangen wir mal mit dem RSO des BR (München) an. Was hat dieses Orchester nicht für eine Reihe von herausragenden Chefdirigenten gehabt. Und die Gastdirigenten! Wie haben die es bloß geschaft, Leonard Bernstein zu doch einer beachtlichen handvoll Verpflichtungen einzuladen...? Die Liveaufnahme von Mahlers Zweiter unter Klemperer gilt vielen zurecht als die Referenzaufnahme!



    Das SWR/SDR-Orchester Stuttgart, heute wieder dank Roger Norrington öfter im Mittelpunkt des Interesses. Doch wer hat sich da auch früher schon alles die Klinke in die Hand gegeben? Schuricht, Fricsay, .... und vor allem Celibidache! Während ich sehr viele Münchner Aufnahmen Celibidaches habe, habe ich mit seinen Stuttgarter Aufnahmen noch etwas Nachholbedarf. Aber die CDs mit Straussens Don Juan, Heldenleben, Tod und Verklärung ist schon was sehr beeindruckendes.



    So, und das letzte Lob für mein RSO Frankfurt heb ich mir für später auf.


  • Hallo Herbert


    Symphonieorchester gibt es bei unserem Rundfunk nur eines (und da wird wenigstens einmal pro Jahrzehnt eine Diskussion wegen dessen Abschaffung vom Zaun gebrochen, weil es so teuer ist). Seine Ausrichtung ist nicht die "leichtere" Klassik (da gibt es einige kleinere Ensembles, die das abdecken), sondern widmet sich vor allem der neueren Musik (20. Jhdt). Es ergänzt daher die Philharmoniker und Symphoniker sinnvoll und sehr zum Beifall von faun und Edwin.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Nur in München, Köln und Kaiserslautern (SWR) gibt es Rundfunkorchester. München und Kaiserslautern standen bekanntlich schon auf der Kippe. Kaiserslautern hat kürzlich mit Korstick das Orchester-Klavierwerk von Darius Milhaud auf einer Doppel-CD herausgebracht. Sehr empfehlenswert.

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  • Hallo,
    das SWR-Rundfunk-Orchester wird in Kürze aufgelöst.
    Die Musiker werden auf die Sinfonie-Orchester in Saarbrücken,
    Stuttgart und Baden Baden verteilt,


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • brauche ich ja keine Lanze mehr für die RSO zu brechen. Ich finde, sie gehören zum Bedeutendsten, was die Kulturnation D zu bieten hat. Bin absoluter Fan dieser Orchesterlandschaft. Nicht von ungefähr haben sich 'große' Dirigenten immer wieder bei ihnen am Pult eingefunden. Sicher nicht zuletzt, weil hier im Zweifel schlicht mehr geprobt werden kann. Immer, wenn mal wieder über den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk abgelästert wird, kann ich nur sagen: allein diese RSO sind mir jeden Cent der GEZ-Gebühren wert. Dank hervorragendem Aufnahme-Equipment der Sender und digitaler Übertragungstechnik lassen sich wunderbare Live-Mitschnitte machen, die in vielen Fällen sterilen Studioaufnahmen m. E. überlegen sind. Aber natürlich gibt es auch hervorragende Studio-Produktionen. Ein weiterer Aspekt: die Abo-Konzerte sind zu einem Bruchteil der Kosten der sogenannten Weltliga-Orchester zu haben - obwohl sie oft genug deren Niveau mindestens erreichen.


    Wenn ich mal drei Aufnahmen nennen soll (es ist aber beliebig, es gibt zahllose andere Beispiele):


    7. Bruckner, RSO Saarbrücken, Skrowaczewski (im Handel)
    8. Bruckner, RSO Köln, Keilberth (nicht im Handel erhältlich)
    4. Mahler, RSO Frankfurt, Inbal (im Handel)



    :jubel:

  • Kein deutsches Orchester hat wohl den Auftrag, zeitgenössische Musik aufzuführen, so ernst genommen wie das bereits von Johannes genannte ehemalige Südwestfunkorchester Baden-Baden, jetzt: "SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg" (umständlicher gehts nimmer :rolleyes: ). Ungefähr vierhundert Uraufführungen sind verzeichnet, darunter Klassiker der Moderne wie "Le Marteau sans maître" von Boulez, Ligetis "Lontano" und Berios "Sinfonia". Die Riege der Chefdirigenten reicht von Hans Rosbaud (1948-1962) über Ernest Bour (1964-1979) bis zu Michael Gielen (1986-1999). Seit 1999 leitet Sylvain Cambreling das Orchester, Gielen und Hans Zender sind ständige Gastdirigenten. Als Gäste dirigierten in den 50er Jahren auch Igor Strawinsky und Pierre Boulez, der den Durchbruch in seiner Karriere als "artist in residence" in Baden-Baden schaffte. Das Orchester ist seit jeher eine der wichtigsten Säulen der Donaueschinger Musiktage. Mit dem Konzerthaus in Freiburg hat es Ende der 90er Jahre auch endlich einen vernünftigen Konzertsaal bekommen.


    Zahlreiche Aufnahmen liegen auf CD vor, nicht nur Musik nach 1945: Rosbaud dirigierte (um nur ein Beispiel zu nennen) Beethovens Achte und das Violinkonzert mit Ginette Neveu, Bour widmete sich Mozart-Sinfonien und Ravel-Werken, Gielen spielte Beethoven-, Bruckner- und Mahler-Zyklen ein.


    Zwei CDs seien explizit genannt:


    [AMX=B00006LJ8L]300[/AMX]


    Zwei Aufnahmen, die für die führende Rolle des Orchesters bei der Aufführung von Werken Messiaens einstehen: Rosbaud spielte mit Yvonne Loriod als Solistin "Réveil des oiseaux" ein, Sylvain Cambreling dirigiert das großangelegte Chor-Orchesterwerk "La Transfiguration de Notre Seigneur Jésus-Christ". Cambreling hat inzwischen mit dem Orchester ein enormes Messiaen-Repertoire (einschließlich der Franziskus-Oper) erarbeitet, das in Umfang und Qualität nicht nur in Deutschland unübertroffen sein dürfte.



    Eine großartige, wenn nicht sogar die beste Mahler-Einspielung Gielens, dazu "Rituel" und einige der "Notations" von Boulez - stellvertretend für die enge Verbundenheit des Orchesters mit diesem Komponisten.


    Viele Grüße


    Bernd

  • Hab ja vorhin einen Fehler gemacht... den Celibidache aus Stuttgart wollte ich ja eigentlich "für mich behalten" und stattdessen das NDR-Orchester mit seiner hervorragenden Aufführung von Mahlers Erster unter Kondrashin nominieren (der in der nacht drauf leider verstarb). Das ganze spielte sich im Konzertgebouw ab.



    naja, gehn die Frankfurter halt erstmal leer aus, wobei die auch herausragendes in den Amtszeiten Inbals und Wolffs geleistet haben.

  • Hallo,
    jetzt will ich aber auch einige WDR highlights aus den
    50er Jahren nennen .


    Don Giovanni (Klemperer)
    Die Hochzeit des Figaro (Fricsay)
    Fidelio (E.Kleiber)
    Der Freischütz (E.Kleiber)
    Ein Maskenball (F.Busch)


    Beethoven : 5. und 6.Sinfonie (E.Kleiber)
    Beethoven : 5. und 7.Sinfonie (Klemperer,60er Jahre)
    Brahms : 1.Sinfonie (Klemperer)
    Dvorak : Cellokonzert (A.Janigro,E.Kleiber)
    Tschaikowsky 5.Sinfonie (G.Szell)
    Mahler : 3.Sinfonie (Mitropoulos)


    :hello:Herbert.

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  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    naja, gehn die Frankfurter halt erstmal leer aus, wobei die auch herausragendes in den Amtszeiten Inbals und Wolffs geleistet haben.


    Müssen sie ja nicht, Markus ;) .


    "Meilensteine" haben Inbal und das RSO Frankfurt mit den Ersteinspielungen der 3., 4. und 8. Sinfonie gelegt.




    Das Orchester war zum Zeitpunkt der Aufnahmen (1981-83) in allen Bereichen hervorragend besetzt. Für mich ragte besonders das wuchtige, sehr direkte, aber auch differenziert artikulierende Blech hervor.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo allerseits,


    die Einspielungen des von Markus und Helmut bereits erwähnten hr-Sinfonieorchesters - früher: RSO Frankfurt - kann ich gleichfalls nur lobend anführen.
    Als langjähriger Besucher der HR-Konzerte in der Alten Oper Ffm. habe ich so manchen hervorragenden - auf CD veröffentlichten oder im Radio gesendeten - Live-Mitschnitt hautnah im Konzert miterleben können.


    Eine in unserem Pfitzner-Thread bereits angesprochene Aufführung (1995) der Eichendorff-Kantate 'Von deutscher Seele' von Hans Pfitzner (mit erstklassigen Solisten, dem großartigen MDR-Chor Leipzig sowie dem unter Horst Steins fachkundigem Dirigat glänzend agierenden RSO Frankfurt), die leider nicht auf CD veröffentlicht wurde, möchte ich als wahre Sternstunde in der Reihe der insgesamt auf sehr hohem Niveau angesiedelten HR-Konzerte bezeichnen.


    Von den auf CD veröffentlichten Aufnahmen möchte ich folgende besonders hervorheben:


    Die Einspielung sämtlicher Symphonien des Schweden Kurt Atterberg (1887-1974) beim Label CPO:
    Eine Gemeinschaftsproduktion dreier Rundfunk-Sinfonie-Orchester unter Leitung von Ari Rasilainen:


    Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt: Symphonien Nr. 1, 2, 4 und 5
    NDR Radiophilharmonie: Symphonien Nr. 3, 6, 9 und symphonische Dichtung 'Älven'
    Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR: Symphonien Nr. 7 und 8



    Eine gleichfalls äußerst brillante Einspielung mit dem RSO Frankfurt, diesmal auf dem Gebiet der Oper, möchte ich mit 'Cristoforo Colombo' von Alberto Franchetti (1860-1942) erwähnen.
    Von den beiden brillanten konzertanten Aufführungen in der Alten Oper Ffm. im Jahr 1991, die ich damals besuchte, wurde aus den Live-Mitschnitten eine Einspielung beim Label Koch Schwann produziert - mit Renato Bruson, Roberto Scandiuzzi, Rosella Pasino, Marco Berti, dem Ungarischen Rundfunkchor Budapest und dem RSO Frankfurt unter Marcello Viotti.
    Zwar existiert von dem außergewöhnlich groß besetzten Werk keine Konkurrenz-Aufnahme, so daß keine Vergleiche möglich sind - trotzdem ist die technische Perfektion als auch die Begeisterung sämtlicher Mitwirkender für das Projekt deutlich spürbar.



    Und zu guter letzt verdient die in dem Thread über Charles Koechlin (1867-1950) schon mehrfach lobend hervorgehobene, beim Label Hänssler erschienene, Reihe mit Werken des bis vor wenigen Jahren noch extrem vernachlässigten Esässers mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR besondere Beachtung. Stellvertretend für die inzwischen auf mehrere CDs angewachsene Edition mit Kammermusik, Vokal- und Orchesterwerken Koechlins möchte ich hier die unter Heinz Holligers kompetenter Leitung stehende Einspielung der Vokalwerke mit Orchester nennen (mehrere Orchesterlieder, mit Juliane Banse als Solistin und das Chor-Orchesterwerk 'Chant Funèbre') - nicht zuletzt, weil ich in diesem Zusammenhang auf den gleichfalls sehr hohen Rang der professionellen deutschen Rundfunkchöre hinweisen möchte.
    Das an dieser Produktion beteiligte SWR Vokalensemble Stuttgart (1946 gegründet), das sich mit großem Engagement sowohl der zeitgenössischen als auch der a capella-Musik des 19. Jahrhunderts sowie der klassischen Moderne widmet, liefert eine wirklich perfekte Vorstellung seines Könnens ab.



    Schöne Grüße
    Johannes

  • Meine Lieben,


    Zwielicht hat Ernest Bour erwähnt, der aus Lothringen stammte (geb.1913 in Thionville, gest. 2001 in Strasbourg). Das Mozart-Niveau, das er mit dem SW Sinfonieorchester erreicht hat, kann sich sehen lassen. Ich besitze eine Aufnahme mit der 39. und 40.Symphonie - und die beeindruckt mich immer wieder, obwohl ich bei Mozart doch sehr stark Böhm etc.-geprägt bin. Gänzlich unsentimental, aber transparent und klar und die Feinheiten schön ziseliert - fast toscaniniartig.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Meine Lieben,


    Zwielicht hat Ernest Bour erwähnt, der aus Lothringen stammte (geb.1913 in Thionville, gest. 2001 in Strasbourg). Das Mozart-Niveau, das er mit dem SW Sinfonieorchester erreicht hat, kann sich sehen lassen. Ich besitze eine Aufnahme mit der 39. und 40.Symphonie - und die beeindruckt mich immer wieder, obwohl ich bei Mozart doch sehr stark Böhm etc.-geprägt bin. Gänzlich unsentimental, aber transparent und klar und die Feinheiten schön ziseliert - fast toscaniniartig.


    Bour war wie sein Vorgänger Rosbaud zwar in erster Linie als Fürsprecher moderner Musik bekannt, aber diese Mozart-Aufnahmen (wenn es, was ich vermute, dieselben sind, es kursieren 10 Sinfonien 25, 28, 29, 33, 35-41 auf diversen Billiglabels) halte ich auch für ziemlich gut. Wie Du sagst, sind es recht schlanke, moderne, zuweilen etwas nüchterne Interpretationen (die ein Ketzer wie ich aber dem Böhm sogar vorzieht, wobei ich noch andere dem Bour vorziehe ;)). Wenn man die irgendwo auf dem Wühltisch liegen sieht, zugreifen! Auch klanglich sehr ordentlich.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Entdecke gerade diesen Thread. Ich wäre -- in starkem Gegensatz zu Alfred -- auch nicht auf die Idee gekommen, die Rundfunk-Sinfonieorchester irgendwie als zweitklassig anzusehen. Im Gegenteil, oftmals finde ich Aufnahmen des BPO eher enttäuschend, zu routiniert gespielt. Dass man (auch ich) weniger CDs von den Rundfunkorchestern hat, liegt wohl auch daran, dass es viel weniger Aufnahmen gibt. Die Labels setzen halt auch stark auf "Namen".


    Das Orchester des NDR kenne ich durch Liveaufführungen, die des WDR und des BR durch CDs, und ich habe nur positive Erfahrungen. Die GA der Sinfonien von Schostakowitsch unter Barschai (WDR) wurden schon genannt. Es scheint ja auch ein solcher Zyklus unter Bychkow (WDR) zu entstehen, und was bisher existiert, ist ohne Zweifel sehr empfehlenswert. Mariss Jansons' Einspielungen der Schostakowitsch-Sinfonien mit dem BR gehören sicherlich zu den besten seines Zyklus'. Ich muss auch an Bernsteins Einspielung mit dem BR von Mozarts Requiem denken.


    Ich denke unsere Orchesterlandschaft ist wirklich einzigartig in Qualität und Quantität, die wir uns bewahren sollten.


    maticus

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