Niemand weiß mit Sicherheit, wieviele sie waren, wer sie waren (Weise? Sterndeuter? Magier? Könige???), woher sie nun genau kamen und wohin sie wieder entschwanden - aber eins ist ja wohl mal sicher:
Ihre Gebeine ruhen nun seit Jahrhunderten in einem prachtvollen, vergoldeten Schrein hier bei uns im Dom im hillije Kölle (also im "heiligen Köln") und daher freue ich mich heute an ihrem Festtag ganz besonders, Euch direkt aus der Domstadt am Rhein diese schöne Kantate vorstellen zu können, die sich um die Leute dreht, die man heute allgemein als die Heiligen drei Könige kennt:
BWV 65: Sie werden aus Saba alle kommen
Kantate zu Epiphanias (Leipzig, 6. Januar 1724)
Lesungen:
Epistel: Jes. 60,1-6 (Die Heiden werden sich bekehren)
Evangelium: Matth. 2,1-12 (Die Weisen aus dem Morgenlande)
Sieben Sätze, Aufführungsdauer: ca. 18 Minuten
Textdichter: unbekannt
Choräle: Nr. 2 Vierte Strophe des Hymnus „Puer natus in Bethlehem“ (deutsch 1545); Nr. 7 Paul Gerhardt (1647)
Besetzung:
Soli: Tenor, Bass; Coro: SATB; Horn I + II , Blockflöte I + II, Oboe da caccia I + II, Violino I/II, Viola, Continuo
1. Chor SATB, Horn I + II, Blockflöte I + II, Oboe da caccia I + II, Streicher, Continuo
Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herren Lob verkündigen.
2. Choral SATB, Horn I + II, Blockflöte I + II, Oboe da caccia I + II, Streicher, Continuo
Die Kön’ge aus Saba kamen dar,
Gold, Weihrauch und Myrrhen brachten sie dar,
Alleluja, alleluja!
3. Recitativo Bass, Continuo
Was dort Jesaias vorhergeseh’n,
Das ist zu Bethlehem gescheh’n.
Hier stellen sich die Weisen
Bei Jesu Krippen ein
Und wollen ihn als ihren König preisen.
Gold, Weihrauch, Myrrhen sind
Die köstlichen Geschenke,
Womit sie dieses Jesuskind
Zu Bethlehem im Stall beehren.
Mein Jesu, wenn ich itzt an meine Pflicht gedenke,
Muss ich mich auch zu deiner Krippen kehren
Und gleichfalls dankbar sein:
Denn dieser Tag ist mir ein Tag der Freuden,
Da du, o Lebensfürst,
Das Licht der Heiden
Und ihr Erlöser wirst.
Was aber bring’ ich wohl, du Himmelskönig?
Ist dir mein Herze nicht zuwenig,
So nimm es gnädig an,
Weil ich nichts Edler’s bringen kann.
4. Aria Bass, Oboe da caccia I + II, Continuo
Gold aus Ophir ist zu schlecht,
Weg, nur weg mit eitlen Gaben,
Die ihr aus der Erde brecht!
Jesus will das Herze haben.
Schenke dies, o Christenschar,
Jesu zu dem neuen Jahr!
5. Recitativo Tenor, Continuo
Verschmähe nicht,
Du meiner Seele Licht,
Mein Herz, das ich in Demut zu dir bringe.
Es schließt ja solche Dinge
In sich zugleich mit ein,
Die deines Geistes Früchte sein.
Des Glaubens Gold, der Weihrauch des Gebets,
Die Myrrhen der Geduld sind meine Gaben,
Die sollst du, Jesu, für und für
Zum Eigentum und zum Geschenke haben.
Gib aber dich auch selber mir,
So machst du mich zum Reichsten auf der Erden;
Denn, hab ich dich, so muss
Des größten Reichtums Überfluss
Mir dermaleinst im Himmel werden.
6. Aria Tenor, Horn I + II, Blockflöte I + II, Oboe da caccia I + II, Streicher, Continuo
Nimm mich dir zu eigen hin,
Nimm mein Herze zum Geschenke.
Alles, alles, was ich bin,
Was ich rede, tu und denke,
Soll, mein Heiland, nur allein
Dir zum Dienst gewidmet sein.
7. Choral SATB, Horn I + II, Blockflöte I + II, Oboe da caccia I + II, Streicher, Continuo
Ei nun, mein Gott, so fall ich dir
Getrost in deine Hände.
Nimm mich, und mach es so mit mir
Bis an mein letztes Ende,
Wie du wohl weißt, dass meinem Geist
Dadurch sein Nutz’ entstehe,
Und deine Ehr’ je mehr und mehr
Sich in mir selbst erhöhe.
Die Kantate beginnt mit einem alttestamentarischen Bibelzitat des Proheten Jesaja (Kapitel 60 Vers 6), der in seiner Prophezeiung den Herkunftsort der Weisen aus dem Morgenland mit "Saba" benennt - jener Ort, aus dem auch die legendäre Königin kam, die König Salomo in Jerusalem besuchte und diesen durch ihre Schönheit und Klugheit sowie ihren sagenhaften Reichtum nachhaltig beeindruckte...
Der Choral Nr. 2 ist - quasi mit selbem Inhalt wie das Bibelzitat - die ins Deutsche übersetzte Version eines alten (mittelalterlich-gregorianischen) Weihnachtshymnus.
Schön finde ich die Schlussfolgerung, die im Rezitativ Nr. 5 gezogen wird:
Wir alle können dem Jesuskind Geschenke bringen - niemand muss mit den wertvollen Mitbringseln der Könige konkurrieren (die ja sogar als "eitle Gaben" abgetan werden). Jede(r) Gläubige hat den Glauben, das Gebet und die Geduld im Herzen - und das sind für das Jesuskind die wohl wertvollsten und schönsten Geschenke, die man ihm darbringen kann.
Eine - wie ich finde - sehr schöne und anrührende Deutung des weihnachtlichen Brauchs des Schenkens und Beschenktwerdens. Ein Brauch, der sich heutzutage ja fast ausschließlich nur noch um Materielles dreht.
Nach ökonomisch klugen, sparsamer besetzten (und zu musizierenden) Kantaten, wie z. B. die für den Sonntag nach Neujahr entstandenen, beeindruckt diese Kantate erneut durch ihre prächtige, von Blasinstrumenten verschiedenster Art dominierte Festtags-Instrumentation.
Vor allem der herrliche Eingangs-Chorsatz hat es mir besonders angetan.
Diese Kantate ist ein in jedem Falle würdiger Abschluss der Weihnachtsfesttage!