Die Bachkantate (018): BWV28: Gottlob! nun geht das Jahr zu Ende

  • Von den drei Kantaten zum Sonntag nach Weihnachten dürfte diese hier die wohl bekannteste sein:



    BWV 28: Gottlob! nun geht das Jahr zu Ende
    Kantate zum Sonntag nach Weihnachten (Leipzig 1725)



    Lesungen:
    Epistel: Gal. 4,1-7 (Durch Christus sind wir mündig und frei vom Gesetz)
    Evangelium: Luk. 2,33-40 (Die Worte des greisen Simeon und der Hanna zu Maria)



    Sechs Sätze, Aufführungsdauer: ca. 20 Minuten


    Textdichter: Erdmann Neumeister (1671-1756); aus dem 4. Jahrgang seiner Kantatendichtungen
    Choräle: Nr. 2 von Johann Gramann (1530) und Nr. 6 von Paul Eber (ca. 1580)


    Besetzung:
    Soli: Sopran, Alt, Tenor, Bass; Coro: SATB; Oboe I + II, Oboe da caccia, Zink, Trombone I-III, Violino I/II, Viola, Continuo



    1. Aria Sopran, Oboe I + II, Oboe da caccia, Streicher, Continuo
    Gottlob! nun geht das Jahr zu Ende.
    Das neue rücket schon heran.
    Gedenke, meine Seele, dran,
    Wieviel dir deines Gottes Hände
    Im alten Jahre Gut’s getan!
    Stimm ihm ein frohes Danklied an.
    So wird er ferner dein gedenken
    Und mehr zum neuen Jahre schenken.


    2. Choral SATB, Zink, Trombone I-III, Oboe I + II, Oboe da caccia, Streicher, Continuo
    Nun lob, mein Seel, den Herren,
    Was in mir ist, den Namen sein.
    Sein Wohltat tut er mehren,
    Vergiss es nicht, o Herze mein.
    Hat dir dein Sünd vergeben
    Und heilt dein Schwachheit groß,
    Errett’ dein armes Leben,
    Nimmt dich in seinen Schoß,
    Mit reichem Trost beschüttet,
    Verjüngt, dem Adler gleich;
    Der Kön’g schafft Recht, behütet,
    Die leid’n in seinem Reich.


    3. Recitativo ed Arioso Bass, Continuo
    So spricht der Herr: Es soll mir eine Lust sein, dass ich ihnen Gutes tun soll, und ich will sie in diesem Lande pflanzen treulich, von ganzem Herzen und von ganzer Seele.


    4. Recitativo Tenor, Streicher, Continuo
    Gott ist ein Quell, wo lauter Güte fleußt.
    Gott ist ein Licht, wo lauter Gnade scheinet.
    Gott ist ein Schatz, der lauter Segen heißt.
    Gott ist ein Herr, der’s treu und herzlich meinet.
    Wer ihn im Glauben liebt, in Liebe kindlich ehrt,
    Sein Wort von Herzen hört
    Und sich von bösen Wegen kehrt,
    Dem gibt er sich mit allen Gaben.
    Wer Gott hat, der muss alles haben.


    5. Aria Duetto Alt, Tenor, Continuo
    Gott hat uns im heurigen Jahre gesegnet,
    Dass Wohltun und Wohlsein einander begegnet.
    Wir loben ihn herzlich und bitten darneben:
    Er woll auch ein glückliches neues Jahr geben.
    Wir hoffen’s von seiner beharrlichen Güte
    Und preisen’s im voraus mit dankbar’m Gemüte.


    6. Choral SATB, Zink, Trombone I-III, Oboe I + II, Oboe da caccia, Streicher, Continuo
    All solch dein Güt’ wir preisen,
    Vater in Himmels Thron,
    Die du uns tust beweisen
    Durch Christum, deinen Sohn,
    Und bitten ferner dich:
    Gib uns ein friedsam Jahre,
    Für allem Leid bewahre
    Und nähr’ uns mildiglich!




    In dieser Kantate setzt Bach wieder einmal den von ihm mehrfach in seinen Kantaten-Kompositionen praktizierten Gegensatz modern - archaisch ein, um dem Choralsatz (hier die Nr. 2) eine entsprechend nachdrückliche Wirkung zu verleihen: Es treten zum bis dahin verwendeten Instrumentarium nun überraschend noch ein Zink und ein dreistimmiger Posaunenchor dazu.


    Im 3. Satz erklingt auch in dieser Kantate ein Bibelwort-Zitat, in diesem Fall aus Jeremia, Kapitel 32 Vers 41. Wie es einem solchen Zitat gebührt, wird es vom Solo-Bass nicht in der Form eines "nackten" Rezitativs vorgetragen, sondern in ausdrucksvoller, arioser Text-Deklamation. Gerade solche Stellen beherrscht Bach meisterhaft und ganz charakteristisch! Jedenfalls empfinde ich das so.


    Schön formuliert finde ich auch die vielen guten Wünsche, die für das neue Jahr erbeten werden, gepaart mit frommen Danksagungen für das zu Ende gehende alte. Ein passender und würdiger Abschluss des (Kalender-) Jahres. :angel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)