Die englische Chortradition

  • Die große britische Chortradition geht zurück ins 15. und 16. Jahrhundert als berühmte Chöre wie King's College Cambridge und Christ Church Cathedral Oxford gegründet wurden. Offensichtlich griff später Händel in seinen Werken auf diese Tradition zurück.


    Mehr konnte ich über über die englische Chortradition nicht herausfinden.


    Was zeichnet sie aus?
    Was macht sie besonders?
    In welcher Form wird sie heute noch gepflegt?
    Was unterscheidet sie von einer "deutschen Chortradition"?
    Welche Werke sind repräsentativ - eventuel Aufahmen?

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon


  • Hallo,


    viel beitragen zur Geschichte der englischen Chor-Tradition kann ich leider auch nicht. Jedoch fallen einem spontan die vielen recht bekannten englischen Knabenchöre ins Auge, die allesamt durch ein sehr hohes Niveau glänzen.
    Auch fällt auf, dass diese Chöre eine ganz eigene Art der Programm-Zusammenstellung praktizieren. Zum einen ist es meist ausschließlich geistliche Chormusik, die erklingt, oft nicht acapella sondern mit Orgel begleitet. Es scheint regelrechte englische Chorklassiker zu geben, die von vielen Chören gesungen werden, wie Allegris "Miserere", Barbers "Agnus Dei", Werke von Elgar, Faure, Tschaikowsky, Gorecki, viel Tavener (der zeitgenössische) und Pärt sowie anderen. Interessanterweise habe ich auf den Cds enfglischer Chöre kaum Werke von durchaus namhaften Komponisten aus der nordischen Ecke gesehen, wie bspw. Tormis, Rautavaara, Nystedt etc.


    Vom Klang her gibt es durchaus auch eine gewisse Tradition, alle Chöre klingen recht scharf (sicher vor allem durch die Knaben-Soprane bedingt). Und allemal beeindruckend ist es zu hören, wie solch ein Ensemble mit wirklich kleinen Kindern in den hohen Stimmen große Werke nicht nur bewältigt sondern höchst anspruchsvoll meistert.


    Ein Bekannter hat auch mal eine Chorprobe des Choir of Kings College besucht. Er erzählte u.a., dass die Sänger, die beim Singen einen Fehler machten, sich sofort melden mussten. Scheinbar geht es dort also sehr streng zu..sicher wenig verwunderlich wenn man sich das hohe Niveau vor Augen..äh..Ohren hält.


    Zum Thema ufnahmen muss ich unbedingt als 2 CDs von Choir of New Oxfort College, Englang aufführen:




    Hier sind einge Werke derart beeindruckend gut dargeboten, dass sie für mich als Referenz gelten.
    Bspw. Das Miserere von Allegri, das Agnus Dei von Barber. Dazu zählt auch das Agnus Dei aus der doppelchörigen Messe von Martin.




    Grüße, der Thomas.

  • Zitat

    Original von Chorknabe
    viel Tavener (der zeitgenössische)


    Der olle heißt ja auch Taverner...

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    Original von salisburgensis
    Der olle heißt ja auch Taverner...


    Oha.
    Ganz ehrlich, ich bin überrascht. Ich beschäftige mich schon seit Jahren mit Taveners Musik und bin dabei natürlich oft auf den nunmehr Fast-Namensvetter Taverner gestoßen und habe nie bemerkt, dass der alte Meister ein "r" mehr im Namen hat..


    Peinlich.. ;)



    Grüße, der Thomas.

  • Ich werde mal bei Leusink nachschauen. Denn er hat seinem Chor in Englischer Tradition geschult. Er hat, wenn ich mich nicht irre, sogar Unterrich genossen von Sir David Wilcox.
    Und sonst frage ich es per PN an Leusink. Ich hab ihn auch ja mal angerufen. :D


    LG, Paul

  • Guten Abend



    Singen in vielen englichen Chören außer Knaben auch Männer -aus alter Tradition- die Atlstimme ?


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Singen in vielen englichen Chören außer Knaben auch Männer -aus alter Tradition- die Atlstimme ?


    Ja sicher doch, denn genau das ist eines der wesentlichen Merkmale der englischen Chöre. So gab es z.b. vor einiger Zeit in Exeter beim Cathedral-Choir zum ersten Mal auch Frauen im Alt, was von den Kirchgängern sehr kontrovers aufgenommen wurde. Insgsamt jedoch ist das Niveau der Chöre selbst in kleinen Orten in der Province deutlich höher als in Deutschland, was zum einen daran liegt, daß es für die Jungs da eine EHRE und Auszeichung,jedoch keine Last ist, im Chor des jeweligen Colleges mitsingen zu dürfen. Widersprechen muss ich jedoch der Anmerkung, daß die Musik überwiegend mit Orgel oder anderer Instrumentalbegleitung dargestellt wird.
    Unter Henry VIII wurden die meisten großen Kirchenorgeln des Landes zerstört, die Musik von Fayrfax, Taverner, Tallis und Byrd wird a cappella gesungen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    [..]
    Insgsamt jedoch ist das Niveau der Chöre selbst in kleinen Orten in der Province deutlich höher als in Deutschland, was zum einen daran liegt, daß es für die Jungs da eine EHRE und Auszeichung,jedoch keine Last ist, im Chor des jeweligen Colleges mitsingen zu dürfen.


    Die gute Qualität resultiert aber sicher auch aus der Art und dem Ablauf der Proben.


    Ein Freund hat mal eine Chorprobe des Choir of Westminster Abbey besuchen können. Was er dann berichtete, schien unglaublich: hat sich ein Chorist bspw. wärend eines Durchlaufs versungen, musste er die Hand heben! 8o Es klingt krass, aber auf diese Weise können wohl Fehler effektiv ausgemerzt und die hohe Qualität gehalten werden. Denn, in der Tat, die durchweg hohe Qualität der englischen Knabenchöre ist sehr auffällig..


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Zitat

    Die gute Qualität resultiert aber sicher auch aus der Art und dem Ablauf der Proben.


    Das hängt natürlich damit zusammen, daß das ganze Schulsystem in England immer noch auf strikt autoritären Grundlagen beruht, an denen, trotz aller Modernisierungen im Prinzip nicht "gerüttelt" wurde; mit letztendlich durchaus achtbaren Ergebnissen, die über den Chorklang und das, was die Pisa-Studie dokumentiert, deutlich hinausgehen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Lieber BigBerlinBear,


    wenn Du in Grossbritannien leben wuerdest, waerest Du da sicherlich anderer Meinung. Hier wird heutzutage genausowenig autoritaer gearbeitet wie ueberall sonst auch, daran aendert auch der Zwang zu Schuluniformen und das Vorgehen in Knabenchoeren nichts (aehnliches habe ich in D uebrigens auch schon erlebt) ;)


    Was Pisa angeht: Wenn in D das Abitur auch nur noch aus Multiple-Choice-Fragen bestehen wuerde (wo man weiss, dass man mit "Einfach stur bei jeder Frage C ankreuzen" rein statistisch gesehen zumindest besteht), saehe das Ergebnis der Pisa-Studie vielleicht auch anders aus. Ich bin da sehr skeptisch und kann aus eigener Erfahrung (ich arbeite auch mit Schuelern) nicht behaupten, dass die Kinder hier besser gebildet oder intelligenter sind ...


    Leicht off-topic, zurueck zu den Choeren und ihren Stimmen: Stimmbildnerisch finde ich das als Deutsche durchaus ein Problem, was hier passiert, denn die Stimmen werden traditionell alle klein gehalten und auf wenig bis kein Vibrato gezuechtet. Wenn eine Stimme natuerlich so veranlagt ist, ist das ja gut und schoen, hier gibt es aber tendenziell gensauso viele grosse Stimmen wie in Deutschland, die trotzdem klingen wie Piepsmaeuse, sowohl maennlich wie auch weiblich.
    Wem's gefaellt ...

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  • Zitat

    Original von EponineStimmbildnerisch finde ich das als Deutsche durchaus ein Problem, was hier passiert, denn die Stimmen werden traditionell alle klein gehalten und auf wenig bis kein Vibrato gezuechtet. Wenn eine Stimme natuerlich so veranlagt ist, ist das ja gut und schoen, hier gibt es aber tendenziell gensauso viele grosse Stimmen wie in Deutschland, die trotzdem klingen wie Piepsmaeuse, sowohl maennlich wie auch weiblich.
    Wem's gefaellt ...


    Bestimmte Literatur lässt sich jedoch nur mit einer mehr oder weniger vibratolos geführten Stimme passend bewältigen. Ein Grund dafür, dass die besten deutschen (a-capella) Chöre meist semi-professionell und eben NICHT professionell sind. Ausgebildete Stimmen kann man bei der Bewältigung eines Werks von Debussy oder Whitacre nur einsetzen, wenn sie es schaffen diesen Klang zu erzeugen. Was ich jedoch beim hören von CDs der dt. Rundfunkchöre erlebe, ist, dass sie dies eben nicht beherrschen. Beim Brahmsrequiem ist natürlich eine andere Art von Chorklang gefargt, aber darum geht es hier ja nicht.


    Ich verweise im übrigen auf den Thread baltische Chormusik in dem ich bereits ausgeführt habe, dass sich gerade die Chöre der baltischen Länder durch einen sehr vibratolos und gerade geführten Chorklang auszeichen, und dies bin hinein in die professionellen Spitzenensembles wie z.B. den Lettischen Radion Chor Riga.


    Liebe grüße, der Thomas. :hello:

  • Hallo Eponine,


    ich bin zwar nicht in England aufgewachsen, sondern in einem Commomwealth-Land, wo britische Traditionen besonders hochgehalten wurden, gehöre jedoch einer deutlich älteren Generation als du an und so erklärt sich vielleicht auch meine etwas andere Sicht auf die Dinge.


    Ich denke aber, daß du einen ganz wesentlichen Aspekt richtig herausgeabeitet hast: das völlig andere stimmbildnerische System, das darum bemüht ist, den Stimmen Fülle und Kraft zu verleihen. Dergleichen geschieht in Deutschland nicht und über die Gründe dafür gäbe es zu reden...


    Zu Pisa: Wer in Deutschland heute mit einem normalen deutschen Schul- oder Uniabschluss sich um eine herausragende Position in der Wirtschaft bemüht, hat eher schlechte Karten. Oxford oder auch div. amerikanische Eliteuniversitäten wie z.B. Princeton, sind da schon eher gern gesehn.


    Auch ich glaube nicht, daß englische oder deutsche Kinder dümmer oder intelligenter sind, aber was zählt, und woran jemand letztendlich auch gemessen wird, ist das Ergebnis sener Ausbilung und nicht das Schulsystem, unter dem es zustande kam.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von Masetto


    Welche Werke sind repräsentativ - eventuel Aufahmen?


    Ob repräsentativ ? Jedenfalls eine schöne und empfehlenswerte Aufnahme englicher (Chor)Musik mit einem englichen Chor




    Henry Purcell


    Music for Queen Mary



    Mit dem King's College Choir Cambridge


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Masetto
    Welche Werke sind repräsentativ - eventuel Aufahmen?


    Lieber Tilo,


    Sehr, seehr viel Weihnachtsmusik. :jubel: :jubel:
    Diese beide CDs sind einfach wunderbar


    und


    Sie sind aber nur ein Beispiel für die viel CDs, die es gibt.


    Dazu muß ich noch bemerken, daß m.E. das Bild der ersten CD sowohl benützt wurde für eine einzelne und für eine doppel-CD. Da war die Marke Argo dann aber entweder Decca oder London.


    LG, Paul

  • Händel hat mit vielen seiner Anthems englische Chormusikgeschichte geschrieben, es sei nur erinnert an die Chandos Anthems, die Coronation Anthems und an das Pendant zu den Requien: The ways of Zion do mourn.


    Die Musik zeichnet sich meist durch ungeheure Spritzigkeit und Fröhlichkeit aus, selbst die Trauermusik ist nicht ein Viertel so dramatisch wie bei Mozart (obwohl ich Mozarts Requiem auch außerordentlich schätze). Inwieweit das systematisch für zumindest die Komponisten der Händel-Zeit war, vermag ich allerdings nicht zu sagen, moderene Komponisten wie Howells und Vaughn Williams schlagen auch schon mal düsterere Töne an.


    Fröhlichkeit und Spritzigkeit macht sie aus meiner Sicht auch zu etwas Besonderem und unterscheidet sie, abgesehen mal von den Volksliederchören, insbesondere auch von der deutschen Chortradition, (ist doch toll, wenn man mit einem Kriterium gleich drei Teilfragen beantworten kann - lol).


    Als repräsentativ würde ich vor allem die Aufnahmen der Chandos Anthems mit den The Sixteen ansehen.

  • Hier erwähnen möchte ich unbedingt noch folgende CD mit dem Winchester Cathedral Choir:



    Vor allem das Stück Song for Athene von John Tavener ist beeindruckend vorgetragen, so dass ich es als (m)einer Referenz-Einspielung bezeichnen möchte. :yes:


    Auffällig ist übrigens, dass viele Knabenchöre der englischen Chor-Tradition mehr oder weniger die gleiche Literatur singen. Auf den vielen CDs sind nahezu immer Werke von Tavener, Pärt, Durufle zu finden. Vielfaches Sahnehäubchen sind zudem das Agnus Dei von Barber und das Miserere von Allegri. Tolle Stücke zwar, aber man fragt sich, wieso immer die gleichen Werke für CDs gewählt werden ?(


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Zitat

    aber man fragt sich, wieso immer die gleichen Werke für CDs gewählt werden


    Wählte man unbekannte, "unkulinarische" oder gar experimentelle Stücke, würden die CDs im Regal verrotten !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBearWählte man unbekannte, "unkulinarische" oder gar experimentelle Stücke, würden die CDs im Regal verrotten !


    Das mag stimmen.


    Aber wäre es nicht auch möglich, neben vielen bekannten Werken auch mal das ein oder andere unbekannte einzustreuen? Mir fällt diese Programmwahl vor allem bei CDs der englischen Chöre auf. Bei Chören aus anderen Ländern kann man diese sehr extreme Fixierung auf immer die gleichen Werke eben kaum bis gar nicht feststellen.


    Es scheint also nicht nur das Verkaufsargument zu sein ?(


    Vielleicht liegen die verschiedenen Chöre der englischen Schulen und Colleges ja in einem gewissen sportlichen Konkurenzkampf (würde zu den Engländern passen) und wollen sich so mit den CDs gegenseitig übertrumpfen? Oder ist es einfach die Affinität der Engländer für ganz bestimmte Chormusik?


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Die Werke Pärts werden weltweit aufgeführt, da gibt es Einspielungen rund um den Globus. Tavener (keinesfalls zu verwechseln mit dem großen John Taverner) halte ich für eine peinliche Modeerscheinung, der auf der "spirituellen Welle" mitschwimmt und sich gut verkauft. Seine Musik ist auch auf den fragwürdigsten Scheiben in "New Age Bereich" oder als Werbung für Scientology zu hören. Sowas muss sich nicht haben aber ich denke doch, daß Programmgestaltungen wesentlich der zu erwertenden Verkaufszahl folgen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Die Werke Pärts werden weltweit aufgeführt, da gibt es Einspielungen rund um den Globus. Tavener (keinesfalls zu verwechseln mit dem großen John Taverner) halte ich für eine peinliche Modeerscheinung, der auf der "spirituellen Welle" mitschwimmt und sich gut verkauft. Seine Musik ist auch auf den fragwürdigsten Scheiben in "New Age Bereich" oder als Werbung für Scientology zu hören. Sowas muss sich nicht haben aber ich denke doch, daß Programmgestaltungen wesentlich der zu erwertenden Verkaufszahl folgen.


    Abgesehen davon das ich deine Meinung über Tavener nicht teile (seine Musik klingt wundervoll und berührt, das exakt das was ich von Musik erwarte) und davon dass dies gar nicht so recht in diese Disskussion gehört, scheint mir das Argument mit den Verkaufszahlen doch etwas einfach.


    Ich glaube, dass auch eine gewisse Tradition der engglischen Chöre und deren Literatur besteht. oder sollte es die prägende Eigenschaft englischer Knabenchöre sein, ihre CDs besonders massenkompatibel vermarkten zu wollen ?( Klingt banal wie traurig, wenn es denn ausschließlich so wäre.. :(


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

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  • Zitat

    Abgesehen davon das ich deine Meinung über Tavener nicht teile (seine Musik klingt wundervoll und berührt, das exakt das was ich von Musik erwarte) und davon dass dies gar nicht so recht in diese Disskussion gehört, scheint mir das Argument mit den Verkaufszahlen doch etwas einfach.


    Worin sollte dann Deiner Meinung nach der Sinn einer CD-Produktion liegen ?
    Im Klassik-Segment befrinden sich Aufnahmen mit Chorwerken im hinteren Bereich und selbst unter Klassik-Interessierten ist es so, daß 80 Prozent derer die Oper, konzertante und Kammermusik hören um Chorwerke, wenn diese auch noch a cappella daherkommen, einen großen Bogen machen.


    In Sachen Tavener wirst Du mir wohl oder übel zugestehen müssen, daß alles das, was Dich an dieser Musik anspricht mich So nicht erreicht und sie so ziemlich raumfüllend das für mich dokumentiert, was ich von Musik NICHT erwarte. Die Gründe dafür habe ich in meinem Vorposting benannt.


    Da es hier aber letztlich um empfehlenswerte Aufnahmen geht, an dieser Stelle meine persönliche Referenz für das Jahr 2007:


    Die "Tenebrae" von James Macmillan in der Interpretation der Cappella Nova unter Alan Tavener :D


    Der Chor, bereits überzeugend mit der Gesamteinspielung der Werke Robert Carvers hervorgetreten,übertrifft sich in den dunkel timbrierten Motetten
    Macmillans einfach selbst. Für Chor-Maniaken ein absolutes Muss:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Im Klassik-Segment befrinden sich Aufnahmen mit Chorwerken im hinteren Bereich und selbst unter Klassik-Interessierten ist es so, daß 80 Prozent derer die Oper, konzertante und Kammermusik hören um Chorwerke, wenn diese auch noch a cappella daherkommen, einen großen Bogen machen.

    Das bemerkt man leider auch bei Tamino



    Zitat

    Die "Tenebrae" von James Macmillan in der Interpretation der Cappella Nova unter Alan Tavener :D

    Du rennst offene Türen ein.. :baeh01:
    Die CD ist tatsächlich wirklich toll, und sie gefällt mir bei jedem Hören besser. :yes:



    Zitat

    Der Chor, bereits überzeugend mit der Gesamteinspielung der Werke Robert Carvers hervorgetreten.. [..]

    Oha! Hast Du einen Link? Wie würdest Du die Musik von Robert Carvers beschreiben? (Mir ist der Komponist bislang völlig unbekannt). Vom Chor bin ich übrigens ebenfalls durchaus begeistert!


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Ich hatte im Studium mal das Vergnügen, den Cathedral Choir in Newcaste (Nordostengland) 4 Wochen lang zu begleiten. Mir ist da noch einiges aufgefallen, was ich gerne hier ergänzen möchte:


    Dieser Chor ist kein Internatschor, hat ca. 16 Knaben im Alter von 8-14 Jahren und 16 Männer, singt 3-4 Evensongs und den Eucharist (Hauptgottesdienst) wöchentlich, vorwiegend orgelbegleitet.


    Die Knaben singen alle Sopran und das können auch alle Knaben (wirklich?). Wenn der Stimmbruch kommt, singen sie noch im Falsett mit, so lange sie können. Für die Jugendlichen gibt es erstmal keinen Platz im Chor, die Männerstimmen und der Alt werden von Erwachsenen gesungen. D.h. mit dem Stimmbruch verlieren die Jungen auch den sozialen Anschluss an die Gruppe.


    Durch die liturgisch enggesteckten Aufgaben (z.B. Magnificat, Nunc Dimittis, Anthem, Psalm und Responses im Evensong) entsteht wöchentlich ein enormes Pensum. Aber genau für diese Anlässe gibt es ja auch Kompositionen der Englischen Chorliteratur. Ich glaube, dass das ein Grund ist für die großen Überschneidungen der Literatur auf den CDs.


    Es wird lange und im Stehen an Stehpulten geprobt. Die Aufstellung ist immer doppelchörig.


    Die Literatur ist ausgeprochene Vokalliteratur. Eine Bachmotette mit ihren Kolloraturen ist viel schwerer und komplexer (obwohl auch ursprünglich für Knabenchor), hätte aber liturgisch gar keinen Ort.


    Musikalisch und menschlich war es dort in Newcastle ausgesprochen schön, was sicherlich an der tollen Chorleitung (Scott Farrell) lag.


    Vielerorts wird versucht, eine entsprechende Arbeit mit Mädchen aufzubauen. Zum einen, damit die Mädchen auch ein Angebot haben, zum anderen, damit die Knaben entlastet werden.


    Eine lustige Geschichte zum Schluss: Ostersonntag morgen gab es eine Haydnmesse und die Frau des Dekans sollte Sopransolo singen. Am Vorabend hatte sie aber ein Glas Rotwein zuviel getrunken und kam morgens an und sagte, sie könne das h'' nicht singen. Darauf hin musste der Head Chorister (der beste Knabe) diese eine Phrase aus dem Chor heraus singen. Das wurde in der Probe schnell einmal gemacht und hat im Gottesdienst dann wunderbar funktioniert.
    Der Orgelmotor, der an diesem Ostersonntag morgen seinen Dienst verweigerte, sprang doch noch 20min vor Gottesdienstbeginn an, worauf die gute Kunde in die Probe getragen wurde: She is arisen! (Sie ist auferstanden!)


    MfG Gudrun

    Kirchenmusikerin

  • Die drei besten Chöre kommen m.E. zur Zeit aus England.


    1. The Cambridge Singers, John Rutter,
    ein weitgehend a capella singendes Ensemble, das neben alter Musik auch viele neuere Stücke im Programm hat, unter anderem vom eigenen Dirigenten geschrieben.


    Sie haben zahlreiche CDs herausgebracht, so z.B. die beste Chor-CD, die ich kenne, Faire is the heaven, aber auch andere starke und stärkste CDs wie Cambridge Singers a capella, Hail gladdening light, Brother Sun, Sister Moon und Hail Queen of heaven.


    Der Chor singt glasklar mit tonal sehr ausgewogenen Stimmen und äußerst präzisen Einsätzen, nichts zischt, nichts brummt, nichts nervt, man kann ihnen stundenlang zuhören.



    2. The Sixteen, Harry Christophers
    Ebenfalls auf höchstem Niveau singend haben sie neben a capella CDs (z.B. beispielhaft: Music from the Sisteen Chapel) auch die von mir besonders geschätzten Chandos Anthems von Händel aufgenommen. Zudem haben sie Bachs Magnificat und h-moll-Messe und Händels Coronations Anthems in Referenzqualität eingesungen. Die Cambridge Singers sind in den a capella-Stücken noch einen Hauch klarer und durchsichtiger, aber das sind minimale Unterschiede.



    3. The Tallis Scholars, Peter Phillips,
    die im wesentlichen alte a capella Musik singen, ähnlich transparent, ähnlich präzise wie die beiden ersten Chöre.
    Ihre wohl wichtigsten Aufnahmen sind zusammengefaßt in der Doppel-CD: The essential Tallis Scholars, die ich auch nur mit Nachdruck empfehlen kann.

  • Auch wenn ich hier zur Zeit anscheinend nur für mich selbst so vor mich hinposte:


    einen weiteren großartigen Chor, der auf der Insel beheimatet ist, stellen die Kings´s Singers dar. Es sind nur 6 Leute, 2 Gegenzehnohren, 1 Zehnohr, 2 Bari-Tonnen und 1 Baß - aber was für eine Harmonie, was für eine Präzision, was für eine Dynamik !!


    So rrrrrrrrrrichtig gut sind sie, wenn sie a capella singen, z.B. die CDs "Chanson d´ Amour", "Good Vibrations" und "Renaissance" - was sie geritten hat, auch instrumental begleitete Stücke aufzunehmen, wird mir ein immerwährendes Rätsel bleiben, die CDs "Nightsong" und "Spirit Voices" sind einfach grottenschlecht, selbst ein so an sich wirkungsvolles Stück wie "Golden Brown" wird vermasselt. Die Stimmen werden von den Instrumenten zugekleistert, ihr eigentlicher "Unique Selling Point" geht unter.


    Aber abgesehen von diesen Monstrositäten singen die Kings´s Singers, wenn a capella, Stücke voller Kraft und Poesie.

  • Die drei besten Chöre kommen m.E. zur Zeit aus England.


    1. The Cambridge Singers, John Rutter
    2. The Sixteen, Harry Christophers
    3. The Tallis Scholars, Peter Phillips


    Ja, von der Insel kommen schon wirklich großartige Chöre und Ensembles. The Sixteen halte auch ich für einen absolut hervorragenden Chor. Vor den beiden anderen Chören würde ich jedoch diese Ensembles nennen wollen:


    The Polyphony hatte ich bereits vor einigen Jahren hier vorgestellt. Das Ensemble gehört für mich zu den besten seiner art überhaupt. Jede CD von Ihnen kann ich uneingeschränkt empfehlen (nicht zuletzt weil sie alle in meinem CD-Regal stehen 8) ).


    Das Gabrieli Consort ist ein Chor der sich eher im Bereich der alten Musik aufhält, sich aber auch mit neuerer Musik befasst. Ich schätze das Ensemble für seinen extrem homogenen und klangschönen Sound. Diese CD sei sehr empfohlen:



    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • gerade 4 CDs von Polyphony gekauft.


    Danach ist dann eine Beschäftigung mit dem Gabrielli Consort dran.


    :hello::hello::hello:


    Deine Empfehlungen haben bisher immer sehr gut gepaßt!! Muchas Gracias, und solltest Du mal hier in der Gegend sein...

  • John Rutter wurde schon genannt,auch wurde erwähnt,daß er nicht nur Chorleiter ist sondern auch eigene Werke dirigiert.


    John Rutter komponiert zeitgenössische Chormusik,die man sich unbedingt anhören sollte,wenn man sich für englische Chortradition interessiert.
    Seine Werke bauen auf dieser Tradition auf und klingen dennoch zeitgemäß.
    ,
    Ich besitze diese beiden CDs,die ich immer wieder gerne höre.

    mfG
    Michael

  • die 4 CDs sind (nach einigem Probehören bei amazon):


    - Nocturnes
    - Cloudburst
    - Lux aeterna
    - Bruckner (Messe e-moll)


    bin schon ganz gespannt !


    :hello:

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