Erlebnisse, die ihr nie vergessen werdet!

  • Hallo zusammen,


    Nach einiger Zeit komme ich auch endlich wieder dazu, selber hier zu schreiben.


    Es geht um eure Musikerlebnisse! Erlebnisse, die er nie vergessen werdet. Seien es Erlebnisse mit einzelnen, bestimmten Musikwerken daheim, an bestimmten Orten oder in Aufführungen.
    Seien es Erlebnisse beim Selbermusizieren.
    Oder seien es Erlebnisse beim Selberkomponieren.


    Und so fort und so fort. Es sollen Erlebnisse, die euch ganz besonders berührt oder nachdenklich gemacht haben.


    Ich denke, ihr wißt, auf was ich hinauswill.


    Damit viele Grüße!
    Daniel

  • Erstmal :jubel: für den Thread!


    Einen solchen Moment habe ich gerade. Ich erlebe Musik dank Ohrgeräusch ?( vollkommen neu. Ich höre vorsichtshalber Musik nur noch auf halber Lautstärke. Automatisch höre ich intensiver zu! Mir erschließen sich so völlig neue Aspekte längst gekannt Geglaubtem! =)

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Lieber Daniel,


    Das tut Gut, Dich wieder begrüßen zu können.


    Als ich noch sang, kam ich bei einem Freunde (es war kurz vor Weihnachten). Seine Schwester übte die erste Stimme des "Ich harrete des Herrn" von Mendelssohn. Und fragte mich die andere Stimme für meine Rechnung zu nehmen.
    Ich kannte das Werk nicht. Und während ich sang, konnte ich plötzlich nicht mehr weiter. So hatte dieses Werk mir angetan.
    Und noch immer werde ich davon so gerührt, daß ich es klaum drehe.


    LG, Paul

  • Hallo,


    da fällt mir spontan folgendes Erlebnis ein:


    An einem Tag habe ich glücklicherweise für einen Tag
    die Möglichkeit bekommen, auf einer richtig schönen
    alten Kirchenorgel zu spielen.
    Damals habe ich mir die Kunst der Fuge vorgenommen
    und einfach gänzlich die Zeit vergessen. Insgesamt habe
    fast ununterbrochen 12 Stunden gespielt 8o, weil ich
    einfach so in einen Rausch geraten bin. Das war
    ein musikalisch sehr emotionaler Tag für mich.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Vor fast 35 Jahren, gefühlsmäßig vorgestern:
    Mein erster Nicht-Solo-Auftritt im Klarinettenduo; wir spielten ein Bach-Stück, transkribiert für zwei Klarinetten. Kurz vor Schluss ein langer Legatolauf, bei dem die geichmäßige Artikulation jedes einzelnen Tons sehr wichtig war. Und dann war da noch die Cis-Klappe für meinen linken kleinen Finger, die Schuld war, dass der Lauf beim Üben meistens holperte. Da mein Partner den gleichen Lauf eine Terz höher spielte, fiel jede Ungenauigkeit auf.


    Ich übte und übte diesen Lauf, für meine Verhältnisse unglaublich viel. Dennoch gelang der Lauf fast nie wirklich sauber.


    Am liebsten hätte ich mich vor dem Konzert krank gemeldet, aber ich hatte ja noch einen Partner. Also ging es los. Alles lief gut, und dann, wenige Takte vor der besagten Stelle, beruhigte sich mein Puls etwas: Das ist wohl ein sehr nützliches Bonbon der Natur, in Momenten höchster Konzentrationsnotwendigkeit die erforderliche Kraft für das Entscheidende aufzusparen.


    Der Lauf gelang wunderbar; nach dem Laufende schoss mir der Stolz, vielleicht eine persönliche, geheime Überheblichkeit ("na also") durch meine Gedanken, und prompt verhaute ich einen oder zwei Takte nachher einen Ton, der mir bisher immer gelang, in einer völlig harmlosen Stelle, spielte ein Kreuz nicht. Oh, das war grausam...!...


    ...und mir eine wichtige Lehre: freue dich nicht zu früh, und konzentriere dich immer bis zum Schluss...



    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

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  • hallo,


    es gibt hier schon einen entsprechenden thread - betitelt: sternstunden und meilensteine, der genau die fragestellung zum thema hat.
    vielleicht könnte man beide verbinden? lg :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo Jörg!


    Ob Uwe sein Erlebnis zu einer Sternstunde seine Musizierkunst zählen wird, wage ich zu bezweifeln ;)



    :hello:
    Wulf.

  • Hallo Zusammen


    Da fällt mir auf jeden Fall folgende Anekdote aus meinem Leben ein:


    Ein jeder Organist hat sicher selbst schon die Erfahrung gemacht, wie schwer es ist, ein geeignetes Instrument zum Üben zu finden. Man muß den Bürgermeister, den Gemeinderat, den Pfarrer, den Küster, den Organisten etc. um Erlaubnis fragen. Hat man diese Hürden überwunden, kämpft man täglich um den Schlüssel. Im Winter frieren einem die Zehen ab und man stolpert, nachdem man die Lichter am Hauptschalter in der Sakristei gelöscht hat im Dunkeln durch die Kirche zum Ausgang, weil man wohl die Taschenlampe vergessen hat.


    Ich fand eine Orgel in einer Nachbargemeinde in einer modernen Betonkirche, deren Fenster in 2 m Höhe als bunte Schlitze beginnend bis zur Decke reichen. Die Küsterin, die neben der Kirche wohnt, öffnete mir die Tür und sagte mir, daß sie später wieder abschließen würde, ich könne einfach gehen, wenn ich fertig wäre. Die Kirche steht in einem großen Hof, der von einer Mauer und einem Stahltor umgeben ist, welches abends abgeschlossen wird.


    Also spielte ich und schrieb zwischendurch ein Vorspiel für "Nun danket all und bringet Ehr". Als ich mein Werk vollendet hatte, packte ich meine Sachen und ging zur Tür, die wie von Zauberhand verschlossen war. Ich rüttelte und schüttelte, doch es tat sich nichts. Ich ging zu einer Tür in der Kirche, dahinter verbarg sich - welch Wunder - eine Toilette. In luftiger Höhe war ein schmales "Kippfenster" geöffnet. Ich stieg auf die Toilette, reckte den Hals und rief vorsichtig Richtung Fenster Dinge wie "Hallo hört mich jemand? Frau Küüüüüüsterin? Ich bin hier eingesperrt ..." Die anfänglich ruhigen, beschämten Worte wurde lauter, bis ich schließlich regelrecht schrie "Haaaaalloooooooo !!!! Ich bin in der Kirche und will rauuuhuus!" In der Kirche war es mittlerweile stockfinster, der Lichtschalter im Toilettenraum war ohne Funktion und ich stelle mich schon darauf ein, die Nacht auf einer Kirchenbank mit Meßwein und Hostie verbringen zu müssen.


    Nach über einer Stunde hörte mich dann ein Passant und informierte die dämliche Küsterin (t'schuldigung), die mich aus meiner Lage befreite und meinte "Ich dachte, sie wären nicht mehr da, weil ich nichts mehr gehört habe."


    Boah. War ich sauer. Und an diesem Tag beschloss ich, mir eine kleine, aber feine Sakralorgel zu kaufen und nur noch zu Hause, im warmen Zimmer, ungestört, ungefragt, unerlaubt und zu jeder Tages- und Nachtzeit zu spielen.


    Viele Grüße Mimi

    che gelida manina....

  • Hallo mimi,


    hübsche Geschichte - ich hätte an Deiner Stelle die Gelegenheit genutzt und die Nacht durchgespielt :D


    Wahrscheinlich hätte Frau Küsterin Dich dann sowieso irgendwann gehört :hello:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo MarcCologne


    Nee - irgendwie war es mir nicht mehr nach spielen, denn es wurde ja auch dunkel. Aus diesen modernen, häßlichen Betonkirchen dringt auch nicht allzu viel Musik nach draußen.


    Ich hatte wirklich die Nase voll und wollte nur noch raus - auch wenn ich das jetzt so lustig geschrieben habe. Es ist kein schönes Gefühl, irgendwo eingesperrt zu sein. Im Handy-Zeitalter wäre das allerdings kein Problem gewesen. Aber damals gab es diese Dinger noch nicht.


    Viele Grüße Mimi

    che gelida manina....

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  • Zitat

    Ob Uwe sein Erlebnis zu einer Sternstunde seine Musizierkunst zählen wird, wage ich zu bezweifeln


    Dein Zweifel ist berechtigt; eine Sternstunde war es nicht, wenndoch ein Meilenstein...Aber so ist es nun häufig einmal: die wertvollen Erfahrungen macht man, wenn man durch eine schwierige Situation durchmuss...


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Meine erste Zauberflöte 1956 in Stuttgart mit dem damals neu engagierten Fritz Wunderlich als Tamino. Nach den ersten gesungenen Tönen "Zu Hilfe, zu Hilfe, sonst bin ich verloren..." lauschte ich wie gebannt dieser Stimme und beim nicht enden wollenden Schlussapplaus war ich mir sicher: Hier wächst etwas ganz Grosses heran. :angel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • ...nochmals guten Tag allerseits. Als hauptberuflicher Lehrer komme ich selten dazu, selber Werke aufzuführen. Ich lasse eher andere (die Schüler nämlich) spielen und bin dann natürlich zu oft kritischer Zuhörer oder Leithammel, um mich von der Musik wirklich tragen zu lassen. Vielleicht kommt das ja noch.


    Andererseits hatte ich als Spieler (mit deutlich erkennbaren Grenzen) in seltenen Fällen die Erfahrung einer unvergesslichen, trance-ähnlichen musikalischen Erfahrung, und als Hörer dann vielleicht auch öfter.


    Also:


    Bei dem Examen einer Flötistin an der Gesamthochschule Kassel spielte diese auch den langsamen Satz der Sonate für Flöte und Klavier von Jindrich Feld - ein Stück, das in den Rahmenteilen vom Gegensatz zwischem weitgespanntem Cantabile und percussiven Klavierakzenten lebt und in der Mitte großangelegte Steigerungen bietet. Bei der Aufführung im Rahmen des Examens hatte ich tatsächlich den Eindruck, dass alles stimmt und das ganze Stück unter einem konzentrierten Spannungsbogen zusammengefasst wurde.
    Dies war Erlebnis Nr. 1.


    Erlebnis Nr.2 war vor wenigen Jahren bei meinem Versuchen, Claude Viviers "Shiraz" in einem ambitionierten Kammerkonzert in Weimar aufzuführen. Obwohl pianistisch nicht alles einwandfrei geriet, schienen sich die einzelnen Teile des viertelstündigen Stückes in ihren Kontrasten und Charakteren gegenseitig zu ergänzen und insbesondere die Energie des ersten Teils den folgenden, ruhigen zweiten spannungsvoll und hintergründig zu überlagern. (Zu Vivier gibt es übrigens einen Thread von Edwin Baumgartner).


    Als Hörer erlebte ich natürlich Aufführungen auf einem ganz anderen Niveau. Auf der anderen Seite stellt sich hier aber ein unvergessliches Erlebnis schwerer ein, weil man als Hörer weniger stark beteiligt ist.


    Beispiele für unvergessliche Eindrücke waren natürlich in Köln Sergiu Celibidache mit der dritten Bruckner und
    Arturo-Benedetti Michelangeli 1985 in Bonn mit Chopin (Fantasie, Scherzo, Ballade und Grande polonaise brillante) und Debussys zweitem Buch der Préludes.
    Ich war viel stärker beeindruckt als zwei Jahre später in Köln, wo er Chopins zweite Sonate, Debussys Images (1-6) und von Ravel die Walzer und den "Gaspard de la nuit" vortrug. Perfekt, aber etwas distanziert. Großartig war auch Michael Gees bei einer Studioaufnahme der vierten Ballade von Chopin. Vielleicht sogar stärker als in manchen seiner Konzerte.


    Noch etwas anderes: Auch die Aufführungen von Messiaens "Saint-Francois d`Assise" in Bonn und Leipzig waren unvergesslich.

  • Hab auch was witziges beizusteuern.


    Anfang Oktober spielte ich ein Orchesterkonzert mit folgendem Programm:


    Gershwin: Cuban Ouverture
    Rota: La Strada


    Schostakowitsch: 9. Sinfonie, hier passierte das peinliche, mein pultnachbar blätterte im 3ten Satz wieder einmal gehetzt um - nur leider 1 seite zu viel! 8o


    Habe dann die letzten 20 Zeilen auswendig gespielt, :hahahaha:

    Gustav Mahler: "Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten."

  • Mein Erlebnis, welches ich nie vergessen werde, ist verdammt peinlich.


    Da war ich zwar noch ganz klein....aber trotzdem:


    Ich war in einem Konzert, um irgendeinen berühmten Künstler zu sehen.
    Leider spielten diverse Künstler vor ihm in die Länge und es wurde schon Mitternacht.


    Ich hab schon gar nicht mehr mitbekommen, wie der Hauptkünstler reinkam und spielte, bis mich jemand von der Seite anschubste.


    Ich war eingeschlafen....


    Puuh!


    Seitdem gehe ich nicht in ein Konzert, wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich es durchhalten kann.


    DAS war echt peinlich.


    So peinlich, daß ich es verdränge so gut es geht :untertauch:

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