Im wunderschönen Monat Mai - Robert Schumann: Dichterliebe - Liederkreis op 48

  • Sagitt meint:


    Da haben wir wieder etwas zum Streiten,obwohl ich nicht so widerständig bin. Dieser herrlicher Liederzyklus von Schumann- den Schubert-Zyklen absolut ebenbürtig- 1840-im " Liederjahr" Schumanns komponiert wurde sehr häufig von Fritz Wunderlich gesungen. Mir sind drei Aufnahmen bekannt. Die immer wieder gehandelte von der DG, ein Mitschnitt von Salzburg 1965 und sein letzter Liederabend in Edinborough 1966 ( mit zahlreichen Nebengeräuschen). Überall wird Wunderlich mit diesem Zyklus zitiert und gefeiert. Wer könnte da widerstehen ?


    Alles, was mit zur Schubert einfiel, gilt im Prinzip auch hier. Es gibt so ungeheuer zarte Lieder in diesem Zyklus:
    Ich will meine Seele tauchen
    Hör ich ein Liedchen klingen
    Am leuchtenden Sommermorgen.


    Bei solchen Lieder können mir die Stimmen gar nicht zuviel reduziert sein. Perfekt macht uns das Fischer-Dieskau vor- von seinen vielen Aufnahmen finde am beste diejenige mit Demus aus dem Jahre 1958.


    An diese Kunst kommt kein anderer Sänger heran. Mögen andere singen


    Ich grolle nicht
    Das ist ein Flöten und Geigen
    Am Rhein, im heiligen Strome


    Mein favourite tenor hat den Zyklus eingespielt, mich aber nicht so sehr überzeugt. Irgendwie kommt mir die Stimme da ein wenig stumpf vor. Wenn lyrischer Tenor, dann Josef Protschka mit Helmut Deutsch.


    Soviel zum Start

  • Hallo


    Jaja, die Dichterliebe muß man schon kennen.
    Heinrich Heine und Robert Schumann ist schon eine ganz gute Kombination (aber ist es Schumann wirklich gelungen Heines traurigen Humor zu vertonen??? Ich meine, er übersieht gelegentlich mal eine Pointe)


    Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
    Die hat einen andern erwählt;
    Der andre liebt eine andre,
    Und hat sich mit dieser vermählt.


    Das Mädchen nimmt aus Ärger
    Den ersten besten Mann,
    Der ihr in den Weg gelaufen;
    Der Jüngling ist übel dran.


    Es ist eine alte Geschichte,
    Doch bleibt sie immer neu;
    Und wem sie just passieret,
    Dem bricht das Herz entzwei.


    zwei weitere Aufnahmen aus meinem Besitz:


    (letzterer Cd würde ich den Vorzug geben)
    Gruß aus Frankfurt

  • Neben den Aufnahmen mit Fritz Wunderlich und Dietrich Fischer-Dieskau verdient auch die Aufnahme mit Hermann Prey und Karl Engel erwähnt zu werden.Erschienen bei EMI Red Line.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Die Quasthoff/Szidon Aufnahme finde ich persönlich gegenüber den Wunderlich,Dieskau und auch Schreier aufnahmen sehr schwach. Quasthoff vermerkt in seiner Biografie aber auch das diese sehr frühe Aufnahme auch seiner Meinung nach nicht unter den besten Umständen aufgenommen worden sei und er spricht nicht gerade überwältigend darüber wenn ich mich recht entsinne.
    Also meiner Meinung nach ist Wunderlich's Dichterliebe ein absolute Messlatte die bis jetzt ,zumindest was ich gehört hab, nicht überboten wurde. Aber wie immer eine Frage des Geschmacks ;-)

  • Liebe Taminiden,



    einige von Euch werden Marcos Fink als Bruder von Bernarda oder als Dulcamara in Frankfurt kennen (ach und am Salzburger Landestheater macht er auch was).


    Er hat für den Zyklus einen einzigen Fehler: Er ist Bassbariton. Aber seine slowenische (!!!) Dichterliebe ist wunderschön. Profunde Stimme, fast Wunderlichsche Naivität und das Verrückte: Die Sprache passt gut!


    Fink hat auch noch eine Lepa Mlinarica (genau: Schöne Müllerin) eingesungen. Exzellent Da hält man Schubert glatt für einen Laibacher.


    Leider ist bei beiden Aufnahmen das Klavier grenzwertig.



    LG
    Michael

  • Mehr als nur eine Rarität : die Aufname der Sopranistin Nina Dorliac mit ihrem Ehemann Sviatoslav Richter. Obwohl in russischer Sprache, vermittelt sie durch den stimmlichen Ausdruck sehr viel vom Gefühlsgehalt dieser Lieder.


    Zu sagitt : Ich habe Fritz Wunderlich in den 60er Jahren mit der Dichterliebe in Hamburg gehört, und (abgesehen von dem Vorurteil, ein Opernsänger versucht sich an Liedern, das - wenn man Wunderlichs Tätigkeit insgesamt betrachtet - wirklich nicht mehr als ein Vorurteil ist) ich hatte den Eindruck, daß ihm manche der Lieder zu tief lagen und seine Stimme dort nicht zur gewohnten Klangentfaltung kam; ein Eindruck, der sich anhand der Aufnahmen allerdings nicht mehr verifizieren läßt.


    Sune

  • Hallo Sune,


    ich möchte mein Vorurteil präzisieren, was nicht unbedingt heisst, es wäre dann keines mehr. Am Beispiel des op.48: ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Wolfgang Windgassen diesen Zyklus adäquat gesungen hätte.Überprüfen konnte ich mein Vorurteil einmal an Pavarotti, der sich mal über Kunstlieder hermachte,ich weiss leider nicht mehr welche.
    Natürlich können Bach-und Mozartsänger gute Liedinterpreten sein, aber zugleich ein guter Alfredo,Rodolfo,gar Manrico zu sein und ein hervorragender Liedersänger ? Nenne uns welche ?
    Ich habe den Eindruck, je mehr Araiza das schwerere Repertoire sang, desto weniger gut war er als Liedersänger.
    Unser eigentlicher " Zankapfel" ist Fritz Wunderlich. Dazu haben wir ja ausreichend die Klingen gekreuzt.


    Schöne Grüsse nach Mikkeli


    Sagitt

  • Hallo Sagitt,


    da ich als Stuttgarter Wolfgang Windgassen noch persönlich kannte,kann ich dir beipflichten,daß er keine op.48-Ambitionen hatte.Warum sollte er auch? Sein Florestan,Tannhäuser,Tristan,Siegfried haben Maßstäbe für ganze Sängergenerationen gesetzt.Er ist seinem Fach einfach treu geblieben,von ein paar lanigen Ausflügen z.B. als Fledermaus-Orlofsky mal abgesehen.
    Unklar ist mir jedoch immer noch,was dich so traumatisiert hat,daß du immer wieder Fritz Wunderlich als "Zankapfel" erwähnst.Manchmal erinnert mich das an Don Quichote,der einen Kampf gegen Windmühlenflügel führt.Warum?
    Gerade die Dichterliebe ist von Wunderlich mehrfach in wirklich exzellenter Qualität eingespielt worden,wobei mir der Salzburger Liederabend von 65 am besten gefällt.Daß es auch andere hervorragende Interpretationen gibt,wird von niemand bezweifelt.
    Warum fällt es dir denn soooo schwer,mal zu bestätigen:Ehre,wem Ehre gebührt?
    Mir drängt sich so langsam der Verdacht auf, deine Ahnentafel führt in direkter zu den Beckmessers zurück.Verwandtschaft kann schon eine Plage sein,doch nichts für ungut!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Siegfried,


    ich wollte hier gar nicht wieder die Kontroverse,im Gegenteil, diese auf sich beruhen lassen.Meine Äußerung bezog sich auf Sunes Ausführungen zum Vorurteil. Ich denke, ich habe in meinen Beiträgen ausführlich begründet,warum ich den Liedgesang von Wunderlich nicht als Referenz ansehe. Diesen Gründen muss niemand folgen.
    Das ich als Don Quichotte dastehe, war mir bewusst, als ich das erste Mal zu Wunderlich postete. Leidet dieser Tenor an mangelnder Anerkennung ? Wohl kaum, auch ich habe immer wieder deutlich gemacht, wie sehr ich seine Stimme schätze !
    Deswegen sind Dir weitere Deutungen meiner Haltung unbenommen,aber ich glaube, das solche Personalisierungen gar nicht weiterhelfen. Ich unterstelle Wunderlich-Fans nicht, auf ihren Ohren zu sitzen. Über die Subjektivität der Wahrnehmung haben wir doch schon mehrfach im Forum gepostet.
    Ich denke, zu Wunderlich habe ich nun genug in die Nesseln gesetzt, alle meine Gründe sind aufgeschrieben, deswegen dazu von mir aus kein Wort mehr.


    Schöne Grüsse nach Stuttgart


    Sagitt

  • Zitat

    Original von sune_manninen
    Zu sagitt : Ich habe Fritz Wunderlich in den 60er Jahren mit der Dichterliebe in Hamburg gehört, und (abgesehen von dem Vorurteil, ein Opernsänger versucht sich an Liedern, das - wenn man Wunderlichs Tätigkeit insgesamt betrachtet - wirklich nicht mehr als ein Vorurteil ist)...


    Pardon, sagitt, beim nochmaligen Durchlesen meines Beitrages fällt mir auf, daß es nicht deutlich geworden ist, daß es sich (zumindest zum Zeitpunkt dieses Liederabends) um mein Vorurteil handelte. Da ich mich an Dich gewandt hatte, fühltest Du Dich zu Recht angesprochen. Das war aber nicht gemeint.


    Schöne Grüße nach Bremen


    Sune

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Schön, dann bin ich nicht der einzige, dem dieses Lied (ein Jüngling liebt ein Mädchen) mit der komisch synkopierenden Stimme der linken Hand seltsam vorkommt...warum der lächerliche Tanzrhythmus, das unnötige Klaviernachspiel - als heiterer Kontrast im traurigen Zusammenhang?


    ein für mich fast uninterpretierbares Stück...Ich hab im Traum geweinet...


    mittlerweise hab ich keine Hemmungen, bei Opern- oder Filmszenen die Tränen zu verbergen, aber die Darstellung in dem Gedicht halte ich für übertrieben sentimental. Eine glaubhafte Interpretation setzt hier nicht nur voraus, daß der Sänger das nachempfinden kann, sondern auch noch eine sensible Steigerung der Strophen macht. Dann darf aber das allererste: ich hab im Traum.." nicht schon die ganze Sentimentalität enthalten.


    "du wärest mir gut" stellt das höchste der Gefühle dar und er weint in diesem Fall vor Glück.


    So, wie ich das verstehe, dürfte die letzte Strophe nichts weinerlich, jammerndes enthalten. "und noch immer strömt meine Tränenflut" ist glücklich, fast triumphierend...das ist eine sehr schwere Aufgabe!!!


    das Lied ist eine Erzählung - an das Mädchen? um durch die Darstellung der verschiedenen Situationen Eindruck zu schinden?
    warum ist nicht "ich träumte, du lägest im Grab" das Schrecklichste?
    wenn sie ihn verläßt, ist es doch auch wie Tod...


    und warum schließt das Lied so bedenklich, nachdem das Positive gesagt worden ist?


    daß er erzählt, von der Trennung zu träumen, ist eine typische emotionale Erpressung - soll sie ihm widersprechen? oder erzählt er es doch nicht ihr?


    jedenfalls würde ich über eigene Tränen nachdenklich berichten, vielleicht traurig, betroffen.


    Aber niemals würde ich - um Mitleidstränen heischend - in weinerlichem Ton beginnen (vielleicht vorher auffällig durch die Nase schniefend atmen...), um anderen mein schreckliches Leid aufzudrängen, daß nebenbei gar nicht so schlimm ist...


    auch die Übertreibungen des letzten Liedes gehen mir ziemlich auf die Nerven...so eine dumme Selbstüberschätzung...das ist doch krank, die eigenen Gefühle so hoch zu bewerten...(der "werther" ist doch schon schlimm genug...)
    Ich hoffe, nicht von jemandem den Satz zu hören: gerade das ist ja Romantik...!


    Bitte um Verständnis...

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Hallo Schumannfreunde und -experten,


    wer von euch kennt die Naxos-Aufnahme von Schumanns Dichterliebe mit Thomas Bauer,Bariton und Uta Hielscher,Klavier?


    Den Rezensionen nach muß es sich um eine sehr gute Interpretation handeln,doch da ich mich nicht nur auf verkaufsfördernde Pressemitteilungen verlassen möchte,ist mir eure Beurteilung wichtig.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Schumannfreunde,


    ich bin wild entschlossen, mir eine Aufnahme der Dichterliebe mit Fritz wunderlich zuzulegen. Doch ich schwanke noch zwischen zwei Aufnahmen.


    Zwischen dieser (Sein letzter Liederabend)


    und dieser (Salzburger Liederabend)


    Kennt jemand beide Aufnahmen?
    Oder ist gar von einer Einspielung abzuraten.
    Der Salzburger Liederabend wurde ja schon empfohlen. Wie sieht das mit dem letzten Liederabend aus. Gibt es da auch Fürsprecher?


    Liebe Grüße
    Euer Gallo


    P,S. Den Wunderlich braucht ihr mir nicht ausreden. Der steht fest :D
    Wobei ich mir die Naxos-Scheibe als Add-On vorstellen könnte.

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Hallo Gallo,


    ich würde Dir einen dritten Mitschnitt empfehlen (wenn er noch zu bekommen ist), den ich den beiden anderen vorziehe:



    Das Programm ist (fast) identisch (bis auf ein, zwei Schubertlieder), aber dafür ist die Klangqualität besser, insbesondere verglichen mit dem letzten Liederabend aus Edinburgh, dessen Klangqualität doch sehr zu wünschen übrig läßt. Der Mitschnitt entstand auf einer Tournee Wunderlichs am 24.03.1966 im Funkhaus der NDR in Hannover, daher die sehr gute Stereo-Qualität. Wenn man das Recital über Lautsprecher hört, steht Wunderlich geradezu mitten im Raum. Ich ziehe diesen Mitschnitt nicht nur interpretatorisch, sondern auch klanglich der DG-Studioaufnahme vor.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GalloNero,


    die Aufnahme "Last Recital" hat mehr für den Sammler und Wunderlich-Verehrer Bedeutung,weil sie tontechnisch an die aus Salzburg nicht heranreicht.Diese ist allerdings ihr Geld mehr als wert.Viel Freude beim Hören!

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo GiselherHH, hallo Siegfried,


    der Tamino-Service arbeitet mal wieder perfekt :jubel:. Die Infos helfen mir sehr weiter. Da die Aufnahme von Giselher für mich im Netz leider nicht auffindbar ist, läuft es wohl auf den Salzburger Liederabend hinaus. Sollte mir die MYTO-Scheibe doch mal über den Weg laufen, kann ich ja nochmal zuschlagen. Vorraussetzung ist natürlich, dass ich mit Herrn Wunderlich warm werde. Habe diesbezüglich noch keinerlei Erfahrung.


    Vielen Dank
    Ich werde berichten
    Euer Gallo

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Wunderlich, immer wieder Wunderlich ...


    Ich besitze 6 Aufnahmen der Dichterliebe, darunter die Studioaufnahme von Wunderlich und den Salzburger Liederabend. Die Liveaufnahme gefällt mir deutlich besser, sie ist - wie ja mehrfach beschrieben - intensiver, wobei ich persönlich Wunderlich als Opernsänger nach seinen Aufnahmen mehr schätze als als Liedinterpret. Die ganz großen magischen Momente erreichte er in diesem Bereich (noch?) relativ selten (etwa in "Trockene Tränen" in der Müllerin oder im Lied eines Schiffers an die Dioskuren.


    Daneben habe ich Aufnahmen von Gerard Souzay (mit Dalton Baldwin), Peter Pears (mit Benjamin Britten), Gerhard Hüsch und Hans Hotter. Letzterer ist ja mein erklärter Lieblingssänger, in der Dichterliebe trotz großartiger Momente aber doch eher ein verirrter Wotan.


    Kurz - mein absoluter Favorit ist hier Sir Peter mit dem genialen Begleiter Benjamin Britten - eine extreme Interpretation, teilweise irritierend, gerade, wenn man Wunderlich oder Dieskau gewohnt ist. Wenn man die Stimme nicht absolut grauenhaft findet, kann man hier aber eine Tiefe des Ausdrucks und ein kongeniales Zusammenspiel erleben, dass IMO wirklich einzigartig ist. Beispiele: das fast aus dem Jenseits her tönende "Ich hab im Traum geweinet", unterbrochen von ganz trockenen Akkorden seines Begleiters; das die Ironie ins Tragische transferierende "Ein Jüngling liebt ein Mädchen" oder das sich förmlich überschlagende letzte Lied, dessen Klaviernachspiel mir jedes Mal fast die Tränen in die Augen treibt. Trotz der ungleich schöneren Stimme bleibt Wunderlich dagegen fast blass.


    Gruß von
    vitelozzo-tamare


    PS: mir fällt noch ein, dass ich auch eine Aufnahme von Aksel Schiötz besitze, die ich aber nur ein einziges Mal vor etwa fünf Jahren gehört habe. Soweit ich mich erinnern kann, hat sie mich damals ähnlich überzeugt, wie seine berühmte Müllerin

  • Ich finde die Aufnahme der "Dichterliebe" von Werner Güra (mit Jan Schultsz) auf harmonia mundi ganz ausgezeichnet.

    Einmal editiert, zuletzt von Myschkin ()

  • Meine Favoriten:
    Hans Hotter-Hans Altmann/Bayerischer Rundfunk 1954(Preiser)
    Walton Grönroos-Ralf Gothóni/1977 (BIS-Records)
    Gérard Souzay-Jacqueline Bonneau/1953 (Decca)
    Fritz Wunderlich-Hubert Giesen/Salzburg 1965(Orfeo)


    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Wir lieben Rober Schumann wie auch Heinrich Heine. So kann uns die Dicherliebe ja auch nichts anderes als gefallen. :yes:


    Den grössten Zuspruch geben wir folgender Einspielung



    Fritz Wunderlich mit Hubert Giesen


    Auf Anraten seines Freundes Hermann Prey wandte er sich an den erfahrenen Klavierbegleiter Hubert Giesen; unter dessen Anleitung feilte er an Aussprache, Färbung und Legato. Robert Schumanns Liederzyklus "Dichterliebe" nach Texten von Heinrich Heine war das erste Werk, das Wunderlich und Giesen sich vornahmen, und es stand auch im Zentrum ihres ersten gemeinsamen Liederabend-Programms (ergänzt durch Lieder von Beethoven und Schubert).


    Wunderlich sang die Lieder bis zu seinem frühen Tod 1966 immer wieder, so auch in Salzburg im Jahre 1965.
    Die hier erwähnte Studioaufnahme ist abgeklärter als die Aufnahme der Salzburger Festspiele. Die Meinungen welcher Aufnahme der beiden den Vorzug zu geben ist gehen wahrscheinlich auseinander.


    Die nachfolgenden Aufnahmen hörten wir vergleichend mit.


    Matthias Goerne
    Vladimir Ashkenazy
    Decca



    Dietrich Fischer-Dieskau
    Jörg Demus
    DG


    Thomas Quasthoff
    Roberto Szidon
    RCA


    Fritz Wunderlich
    Hubert Giesen
    DG


    Werner Güra
    Jan Schultsz
    Harmonia Mundi


    Christoph Prégardien
    Andreas Staier
    Deutsche Harmonia Mundi


    Christian Gerhaher
    Gerold Huber
    RCA


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Romeo & Julia,


    als alter Fritz-Wunderlich-Verehrer hab ich euren Beitrag mit Interesse gelesen und freue mich über euren "guten Geschmack".
    Natürlich hab ich die Vergleiche auch schon vielfach angestellt und staune immer wieder über die musikalische Ausdrucksstärke dieses Sängers.
    Eine weitere schöne Aufnahme des Zyklus habe ich bei euren Vergleichen allerdings vermißt: Hermann Prey war auch eine sehr romantisch inspirierte Interpretation gelungen,die ich immer wieder gerne höre.Am Klavier von Karl Engel begleitet.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Siegfried


    Schön, dass wir alle über einen "guten Geschmack" verfügen.


    Ja die Aufnahme von Prey haben wir nicht. Das Regal ist schon genug gefüllt mit Dichterlieben, so muss sich Prey wohl noch etwas gedulden. Aber danke für den Hinweis.


    Gruss aus der Schweiz


    romeo&julia

  • Lieber Tastenwolf, "etwas" spät möchte ich auf Deine Ausführungen eingehen. Ich arbeite als Hobbysänger zur Zeit an der Dichterliebe und setzte mich daher intensiv mit den einzelnen Liedern auseinander.


    Zitat

    Original von tastenwolf
    Schön, dann bin ich nicht der einzige, dem dieses Lied (ein Jüngling liebt ein Mädchen) mit der komisch synkopierenden Stimme der linken Hand seltsam vorkommt...warum der lächerliche Tanzrhythmus, das unnötige Klaviernachspiel - als heiterer Kontrast im traurigen Zusammenhang?


    Dieses Lied ist tatsächlich sehr speziell. Schumanns Musik betont hier vor allem den abgrundtief sarkastischen Aspekt. Während die Musik fast heiter wie ein kleines Kabinettsstückchen herumtänzelt, trifft der text ganz tief. Es ist eben nicht irgendeine Geschichte, von der berichtet wird, und über die man sich als Vortragender amüsiert belustigt, sondern es ist die eigene Geschichte. Das macht den Text so unglaublich bitter für den Erzähler, was sich auch in dem regelrecht brutalen Nachspiel im Klavier widerspiegelt, welches als musikalische Verdeutlichung des "Sie hat ja selbst zerrisssen mir das Herz." interpretiert werden kann.
    Pianist und Sänger müssen hier also eine stete Gratwanderung betreiben, und sich keinesfalls der fröhlich tänzerischen Musik hingeben.



    Auf mich wirkt die gesamte Dichterliebe wie ein sehr persönlicher Bericht des Gefühlsleben des Erzählers (Dichters). Es sind keine an andere gerichteten Worte, es sind Worte für und an sich selbst, wie man sie seinem Tagebuch anvertraut. Die Emotionen sind so stark und überwältigt, dass sie aufgeschrieben werden wollen, um nicht an ihnen zu zerbrechen.
    Ich denke daher, dass einzelne Lieder keinesfalls bei der Geliebten Mittleid oder dergleichen auslösen sollen.


    Ich empfinde die letzte Strophe übrigens nicht als triumphierend. Sie ist eher hochdramatisch, die Musik bricht auf wie die Trändenflut plötzlich und unvermittelt aus dem Erzähler herausströmt. Es ist eben leider kein echtes sondern vielmehr geträumtes Glück. Nach dem Aufwachen ist der Erzähler noch ganz vom Gefühl des Traumes ergriffen, aber zugleich weiß er, dass der Traum nicht echt ist und die Frau um die es geht seine Liebe nicht (mehr) erwidert (Dieser Zusammenhang ergibt sich meines Erachtens aus dem Gesamtkontext der Dichterliebe).
    Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, warum "..Du wärst mir noch gut." die größte Gefühlsregung erzeugt. Das Gefühl der (im Augenblick des Aufwachens) jäh zerstörte Hoffnung ist stärker und schlimmer als das Gefühl des Verlassenwerdens oder der Tod der Geliebten.


    Daher auch das stille und spröde Nachpiel, im gleichen musikalischen Affekt wie der Beginn des Liedes. Der (schöne) Traum ist zu Ende..


    Zitat

    auch die Übertreibungen des letzten Liedes gehen mir ziemlich auf die Nerven...so eine dumme Selbstüberschätzung...das ist doch krank, die eigenen Gefühle so hoch zu bewerten...(der "werther" ist doch schon schlimm genug...)


    Das letzte Lied empfinde ich gar nicht übertrieben. Nach allen Phasen des Glücks, Trauer, Frust, Todessehnsucht, Resignation und Wut, welche der verschmähte Liebende wärend der 15 Lieder durchgemacht hat, sind die im 16. und letzten Lied die Tränen getrocknet und die großen Gefühle ausgelebt. Der Erzähler hat nun einen Abstand von den für ihn schlimmen Gefühlen gewonnen, er hat, wenn man das so sagen darf, die Sache verarbeitet. (Meiner Ansicht nach wird der durch die Verabeitung entstehender Abstand bereits bei den Liedern 13 bis 15 eingeläutet). Er resümiert eher, als dass er sich noch einmal emotional in seinem Unglück verliert. Die Dramatik ist nicht mehr so persönlich, sondern abgeklärter und vor allem frei von Vorwürfen, und am Ende erlebt man als Zuhörer einen sentimentalen aber auch versöhnlichen Rückblick, der sich im Klavier bis zu letzten Ton des Zyklus' fortsetzt.


    Hach..es ist ein so tolles und tiefes Stück Musik.. :yes:


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Chorknabe, ich unterstütze nachhaltig, was Du gesagt hast.


    Zitat

    Auf mich wirkt die gesamte Dichterliebe wie ein sehr persönlicher Bericht des Gefühlsleben des Erzählers (Dichters). Es sind keine an andere gerichteten Worte, es sind Worte für und an sich selbst, wie man sie seinem Tagebuch anvertraut.


    Hier würde Dir der Großteil der Heineforschung aufmunternd auf die Schulter klopfen. Fingierte Dialogsituationen, die eigentlich eine Selbstaussprache/-reflexion bezeichnen, sind bei Heine wohlvertraut.


    Wir müssen, wenn wir hier den Wort-Musik-Zusammenhang in den Blick nehmen, immer ersteinmal Heines ursprüngliche Anordnung und "Unterbringung", Sequenzierung der Texte beachten, dann Schumanns Kompilation, schließlich dessen "musikalischen Kommentar". Diese Ebenen sollten nicht vermengt werden, sonst weiß man irgendwann nicht mehr, wer traurig ist oder sarkastisch sein soll, Heine, Schumann, das Lyrische Ich oder der Sänger?


    Deine Anmerkungen, lieber Thomas, gehen wohl ausschließlich (und das ist hier auch einzig angebracht) auf das Lyrische Ich, wenn ich Dich recht verstanden habe? Du reflektierst lediglich die anderen "Sprechrollen" im Hintergrunde mit, nicht wahr? Das finde ich interessant, wie Du von Deiner Auseinandersetzung mit Schumanns Werk (und eben nicht dem Heines, denn jede Vertonung eines Textes zeitigt ein neues Werk, das für sich selbst begriffen werden muß) berichtest!


    Aber selbstverständlich kann man nebenher auch nach dem Verständnis des Komponisten fragen, das er seinen Texten entgegenbringt. In einer musikwissenschaftlichen Zeitschrift war Ende der Neunziger ein eminent wichtiger Artikel zu finden, der das angebliche (humorverfehlende) Mißverständnis Schumanns bzgl. seiner Heinelesart in ein wesentlich fundierteres und genaueres Licht gerückt hat, als man das sonst gewöhnlich findet. Ich glaube, dieser Aufsatz war später auch im Heine-Jahrbuch zu finden, aber ich weiß ums Ver... nicht mehr, wo genau, geschweige denn, von wem er war!


    Was das eigene Ringen um ein Werk doch an Einblicken zu Tage förden kann, lieber Thomas! Danke Dir dafür.


    Alex.

  • Lieber Chorknabe , das finde ich auch, bin allerdings der Ansicht, dass Schumann hier an manchen Stellen den Text verfehlt, bzw sich zu romantisch zurechtgebogen hat.
    Herausgekommen ist dabei wunderbarste Musik, aber ob diese Interpretation des Heine-Textes wirklich die einzig Möglcihe ist, bezweifle ich stellenweise sehr.
    M.E. war Eichendorff ein viel adäquaterer Dcihter für Schumanns Musik und ich ziehe daher auch trotz aller musikalischen Schönheit der Dichterliebe den Liederkreis opus 39 vor, weil darinnen die Verbindung zwischen Text und Musik für mich kongenial und in jedem Moment überzeugend ist.



    Das eklatanteste Beispiel dieser zu romantischen Schumannschen Ausdeutung ist für mich das hier Angesprochene "Ich hab im Traum geweinet"
    Ein Lied über das ich schon oft gerätselt habe.
    Der Text ist auf den ersten Blick ja ein Paradox. Der Kummer des Liebenden über den Tod der Geliebten ist weitaus kleiner (eine Träne nur) als seine Gefühle von Verzweiflung(Tränenflut) beim Gedanken an eine Wiedervereinigung mit ihr.
    Welch bittere Ironie und wieviele Ebenen in dieser Aussage stecken, muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!
    Hier versucht Einer, sich mit aller Gewalt zu entlieben und wie wir das vielleicht selbst kennen helfen Aggressionen ganz gut dabei.
    Im Traum(nur da?) kann er es zulassen, den Tod der Geliebten weniger zu beweinen als eine mögliche Wiedervereinung. "Eine tote Geliebte ist immer noch besser als Eine, die Einen verlässt" kann ich ja noch theoretisch nachvollziehen.
    Aber dass am Allerschlimmsten eine Geliebte ist, die ihm noch gut ist, hat schon ein gewaltiges Aggressions und Loslösungspotential und diese Doppelbödigkeit kommt m.E. in der Vertonung nicht zum Ausdruck. Natürlich kann man, wie du es oben tust, auch um noch eine weitere Ecke denken und die Verzweiflung nciht auf die Weidervereingung als solche sondern die gesamte Geschcihte, die ja hoffnungslos scheint, beziehen, aber ich sehe das Gedciht von Heine erstmal für sich allein.


    Heine war kein eindeutiger Romantiker sondern ein ironischer Romantiker, und diese Ironie fehlt mir in der Vertonung manchmal.
    Die Aussage in "Die alten bösen Lieder" ist dagegen viel klarer und hier finde ich sie auch sehr gut vertont.


    Zu Dichterliebe gibt es noch sehr viel zu sagen, aber sie zu singen ist natürlich das Allerbeste! Viel Freude damit.


    F.Q.

  • Zitat

    Original von Graf Wetter vom Strahl
    Wir müssen, wenn wir hier den Wort-Musik-Zusammenhang in den Blick nehmen, immer ersteinmal Heines ursprüngliche Anordnung und "Unterbringung", Sequenzierung der Texte beachten, dann Schumanns Kompilation, schließlich dessen "musikalischen Kommentar". Diese Ebenen sollten nicht vermengt werden, sonst weiß man irgendwann nicht mehr, wer traurig ist oder sarkastisch sein soll, Heine, Schumann, das Lyrische Ich oder der Sänger?


    Deine Anmerkungen, lieber Thomas, gehen wohl ausschließlich (und das ist hier auch einzig angebracht) auf das Lyrische Ich, wenn ich Dich recht verstanden habe? Du reflektierst lediglich die anderen "Sprechrollen" im Hintergrunde mit, nicht wahr? Das finde ich interessant, wie Du von Deiner Auseinandersetzung mit Schumanns Werk (und eben nicht dem Heines, denn jede Vertonung eines Textes zeitigt ein neues Werk, das für sich selbst begriffen werden muß) berichtest!


    Aber selbstverständlich kann man nebenher auch nach dem Verständnis des Komponisten fragen, das er seinen Texten entgegenbringt. In einer musikwissenschaftlichen Zeitschrift war Ende der Neunziger ein eminent wichtiger Artikel zu finden, der das angebliche (humorverfehlende) Mißverständnis Schumanns bzgl. seiner Heinelesart in ein wesentlich fundierteres und genaueres Licht gerückt hat, als man das sonst gewöhnlich findet. Ich glaube, dieser Aufsatz war später auch im Heine-Jahrbuch zu finden, aber ich weiß ums Ver... nicht mehr, wo genau, geschweige denn, von wem er war!


    Ja, ich habe hier wohl einen etwas anderen Ansatz. Aus meiner Sicht ist die Dichterliebe bereits eine Interpretation der Gedichte von Heine. Für mich steht daher nicht Heine im Vordergrund, sondern unbedingt Schumann und seine Sicht auf Heines Texte. Die findet sich wie ich meine eindrucksvoll klar und vielschichtig in seiner Musik.


    Möglicherweise liegt das darin begründet, dass ich nur selten einen Zugang zur Lyrik finden kann, zur Musik aber umsomehr. Die Vielschichtigkeit der Emotionen entnehme ich eigentlich fast ausschließlich der Musik. So erging es mir allerdings auch schon mein ganzes Leben: seit meiner kleinsten Kindheit standen die Texte immer im Hintergrund, und die Musik mit ihren Klängen und Rhythmus im Vordergrund.


    Auf den Gedanke, vom Original, also Heine, auszugehen ist mir ehrlich gesagt noch nie gekommen, aber er scheint mir durchaus einleuchtend zu sein.


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    [..]
    Natürlich kann man, wie du es oben tust, auch um noch eine weitere Ecke denken und die Verzweiflung nciht auf die Weidervereingung als solche sondern die gesamte Geschcihte, die ja hoffnungslos scheint, beziehen, aber ich sehe das Gedciht von Heine erstmal für sich allein.


    Eine der für mich größten Stärken der Dichterliebe ist der rote Faden, der sich vom ersten bis letzten Lieden durchzieht. Es wird eine Geschichte erzählt, die im 1. Lied anfängt und im 16. aufhört. Der Prozess des verschmähten Liebenden ist hier in allen Phasen so ungeheuer eindruckvoll und menschlich dargestellt, dass es mir regelmäßig die Sprache verschlägt, wie feinsinnig und vielschichtig Schumann den Zyklus angelegt hat.


    Insofern ist mir persönlich der Kontext der kompletten Dichterliebe enorm wichtig bei der Interpretation des einzelnen Liedes. Ein sehr krasses Beispiel scheint mir "Ein Jüngling liebt ein Mädchen" zu sein. Einzeln bei einem Liederabend vorgetragen wirkt das Lied so lustig, der Dichter scheint fast mit den Publikum zu schmunzeln. Aber im Kontext der Dichterliebe bekommt dieses lied so eine ungehurer Bitterkeit, dass dem Publikum das Lachen mitten im Lied regelrecht im Halse stecken beibt.
    Solche inhaltlichen Effekte faszinieren mich ungemein an dieser Musik.. :jubel:


    Zitat

    Zu Dichterliebe gibt es noch sehr viel zu sagen, aber sie zu singen ist natürlich das Allerbeste! Viel Freude damit.


    Mich wundert es ehrlich gesagt, dass dieser doch enorm bekannte und viel aufgeführte Zyklus hier im Forum bislang noch derart unterrepräsentiert ist..
    Das müssen wir ändern :yes: :P


    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Wir sind ja gerade dabei!!!!! :yes:
    Kunstliedliebhaber aller Lânder, vereinigt euch!!!!!


    Was das Verhältnis von Text und Musik im Kunstlied seit Beethoven angeht, ist das gerade das Faszinerende an dieser Gattung. Bei Schumann hat die Musik bereits eien ziemlch eigenständige Bedeutung und dadurch wird auc hdie Aussage der texte verändert. Sie wird ja nciht mehr nur untermalt, sondern verschmilzt zusammen mit der Musik zu einem neuen Werk.


    Je seelenverwandter Komponist und Dichter sind, desto kongenialer das Lied. Beim Opus 39 erreciht Schumann meines Erachtens da den absoluten Gipfel seiner Meisterschaft mit den Eichendorff-Texten.
    Hier in der Dichterliebe scheint mir das wie oben gesagt, nicht immer der Fall zu sein. Die Lieder sind tatsächlich im Zusammenhang der Zyklus-Geschichte besser zu verstehen, als wenn man sie einzeln hört. Das ist beim Opus 39 ganz anders, trotz grosser innerer Verbundenheit der einzelnen Nummern (siehe entsprechender Thread)


    Was "Ein Jüngling liebt ein Mädchen "angeht:
    Ich habe noch nie gehört, dass jemand dieses Lied "lustig" fand, auch nicht beim isolierten ersten Hören. Schlimmer kann ein verliebter Mann es wohl kaum antreffen- nciht nur, dass die Geliebte einen Anderen liebt, nein, sie nimmt auch noch aus Ärger irgendeinen Dahergelaufenen und nciht wenigstens den, der sie liebt, wenn sie schon nicht, den bekommt, den sie liebt. So sind alle unglücklich und das vollkommen ohne Sinn und Verstand. Grauenvoll!!!!!
    Hier ist auch wieder so ein Beispiel, dass ich gerne etwas sarkastischer und schärfer vertont hören würde. Bei "Das ist ein Flöten und Geigen" finde ich die Stimmung viel besser eingefangen
    Am schönsten vertont fidne ich die richtig romantischen Stücke wie "Im wunderschönen Monat Mai" oder ganz besonders "Am leuchtenden Sommermorgen"


    Liedselige Grûsse


    F.Q.

  • Lieber Thomas,


    genauso, wie Du es jetzt nochmal schilderst, hatte ich Dich auch verstanden!! Dieser Differenzierungskram ist von mir nur der Sache halber angeführt worden, um Vermengungen, wie sie sich in der früheren Diskussion anzudeuten schienen, einen kleinen Riegel vorzuschieben.


    Ich empfinde gerade Deine musikbezogene Perspektive als die plausibelste, denn ich sagte ja, daß Schumanns Werk, die "Dichterliebe" eben hier, ein neues, eignes sei und als solches auch betrachtet werden müsse.


    Wenn man sich allerdings, wie von anderen hier angesprochen, um die Heine-Schumann-Verflechtungen bemühen mag, dann kommt man um bestimmte Grenzziehungen nicht herum.


    Zum Beispiel, liebe Fairy, müßtest Du Dein Heineverständnis erst einmal deutlich machen, sonst können wir nicht sehen, in welchem Sinne Du von schumann´schen "Verfehlungen" und "Zurechtbiegungen" sprichst.


    Gerade "Ich hab im Traum geweinet" scheint mir voll vom Text zu kommen. Der Zustand einer zunächst von keiner Artifizialität ausdrückbaren Verbitterung, Trauer, womöglich auch Sehnsucht nach dem intakten Verhältnis weicht ganz langsam erst sprachlichen Artikulationsbemühungen, die einem diffusen und gestörten Innnenleben Ausdruck verleihen wollen. Schließlich tritt Melismatisches hinzu, das die menschliche Stimme allein merkwürdigerweise nicht richtig herzustellen vermochte. Man kann darin vielleicht sogar eine Art Trauerarbeit durch das Hinzunehmen von Musik sehen, ganz bestimmt aber kommt der Prozess nur schwer in Gang. Erst akkordiert das Klavier den Melodieverlauf schlicht, was einen wehmütigen Echoeffekt erzeugt und sprachlich Gewonnenes reinmusikalisch vertieft, dann wird die Singstimme mutiger. Allerdings darf man von solch versuchten Affektbewältigungen nicht sogleich am Liedschluß ein gereinigtes Ich erwarten, daß sich freigeschaufelt haben könnte.


    Ich selber würde mich, auch wenn das beinahe stets in Interpretationen geschieht, nichtmal darauf versteifen, daß hier eine Geschichte des Verlassenwerdens leidig, bitter und sogar sarkastisch vorgeführt wird. "Geschichten" werden ohnedies in kaum einer lyrischen Form erzählt, es sind Stimmungen oder Selbstvergegenwärtigungen, die hier ihren Platz finden.


    Alle drei Traumbilder werden im Konjunktiv erlebt, in welchem Verhältnis dazu das jedesmalige Aufwachen steht, ist erst zu klären. Von "Aggressionspotential" würde ich deshalb schon in Heines Gedicht eher vorsichtig sprechen wollen, liebe Fairy.


    Was aber hättest Du von Schumann denn erwartet? Soll er einen sarkastisch konnotierten Einstieg bieten, um sich danach in ernstgemeinte Tränen aufzulösen? Oder gar den Schluß gleich mit in die Ironie nehmen?


    Im "...du wärst mir noch gut" gibt es eine kurze Durpassage, die viel von des Komponisten Heineverständnis aufblitzen läßt. Hier wird ja gar nicht eine dumpfe einheitliche Textbespiegelung geboten, und ganz abgesehen davon, wieviele Ebenen genuin musikalischen Ausdrucks nötig wären, um einen mehrschichtigen Text einzufangen, ist es auch möglich, mit einer durchgehaltenen Stimmung in ein differenzierendes Verhältnis zum Text zu treten, denn dieser Text wird ja in das Lied hineingenommen und dort kommentiert (in welchem Sinne auch immer), nicht substituiert wie in orchestraler Programmmusik.


    Liebe Fairy, ich sehe eben, Du möchtest auch den "Jüngling" gar noch schwärfer gewürzt haben? Ja sapperlot, bist Du denn mit nichts zufrieden ;)? Wo wäre ein Beispiel für einen derart offenkundigen musikalischen Sarkasmus im Kunstlied vor 1840, wie ihn Schumann hier heraushaut? Und ich bin jemand, der dieses Lied "lustig" findet, die ironische Distanz wird schon vom Text hergestellt, die Klavierbegleitung kann doch fast nicht noch mehr machen als sie tut, sonst wird aus der kitzeligen Parodie schnell eine Farce, die keinem feineren Verständnis mehr genügen könte.


    Ihr seid doch nicht nur etwa deshalb sauer, weil der Sänger-Einsatz durch unsere "bewegte linke Hand" etwas erschwert wird... :baeh01:?


    Macht erstmal weiter, komme dann wieder dazu,


    Alex.

  • Caro Conte del tempo del raggio,
    ich bin wohl von des Wolfes Hugo oder des Mahlers Gustav Unblässe angekränkelt und brauche härtere Bandagen als in der Dichterliebe geboten.
    Seltsamerweise ist mir in Schumanns "Zwielicht" aus opus 39 das Zwielichtige viel deutlcher und textnäher als in der gesamten Dichterliebe.


    Was an "Ein Jûngling liebt" nun lustig sein mag, kann ich leider immer noch nciht nachvollziehen und finde, wenn das lustig wirkt, erst recht die Komposition nciht textgemäss. Für mich ist da wirklich nur sarkastische Tragik.


    Zu ausgiebigen literarischen Diskursen mit einem Grafen deines Stammbaums über Heine und Co fehlt mir (wahrscheinlich nciht nur um diese Uhrzeit) die Geisteskraft. Bin weder Fräulein, weder klug.
    Ich müsste mich ausserdem nochmal in die Noten der Dichterliebe reinknien... Mon dieu, dieses Forum artet wirklich in Arbeit aus!!!!! :faint:


    Buona notte

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose