Ich versuche mal wieder einen Querschnittsthread zu eröffnen, der ein wenig beleuchten soll, was so gleichzeitig passiert ist.
In den 1770er Jahren befinden wir uns in einer Zeit, in der gleichzeitig Spätwerke "vorklassischer" Tendenzen und bereits hochklassische Stücke entstehen. D.h. dass vor allem jüngere Komponisten gewisse entwickelte Formschemata als beinahe verbindlich etablieren während ältere Komponisten ihre persönliche Lösungen perfektionieren oder fortspinnen.
Ich führe mal ein paar wichtige Köpfe im symphonischen Bereich an und hoffe auf Ergänzung der anderen Bereiche im Laufe der Zeit ...
Carl Philip Emmanuel Bach schuf für Hamburg Symphonien von einer abgründigen Zerrissenheit, die ihm sein Sanssouci-Flötist kaum hätte durchgehen lassen. Man könnte von einer Perfektion des Gegenteils sprechen, was gleichzeitig als "Hochklassik" zum Maßstab für spätere Komponisten wird.
Im Ausdruck vielleicht verwandt sind die Sturm-und-Drangsymphonien, als deren berühmteste ich einmal Haydns Abschiedssymphonie, Mozarts kleine g-moll und Johann Christian Bachs g-moll (op. 6 Nr. 6, 1770 veröffentlicht, alle Sätze in Moll) vorschlagen möchte. Bei letzterem eine absolute Ausnahme wird die Molltonart bei Vanhal geradezu zur Mode.
Die Regel ist die Sturm-und-Drangsymphonie aber wohl doch nicht. Wie bei Johann Christian Bach ist auch bei Wagenseil die drängende Mollsymphonie absolute Ausnahme. Dieser hat mit Sammartini und Boccherini die Gemeinsamkeit, die Symphonie zur Hochklassik geführt zu haben und von hier geht dann der Weg zu den späten Symphonien Haydns und Mozarts, die leider vergessen haben lassen, dass sie nicht vom Himmel fielen sondern das Resultat einer Beschäftigung mit Entwicklungen älterer Komponisten sind.
Was kennt ihr aus den 1770ern, wie läßt sichs "schubladisieren", wer schrieb von wem ab?