Salut,
die zwischen den Sinfonien B-Dur KV 319 [1779] und D-Dur KV 385 "Haffner" [1781] komponierte Sinfonie C-Dur KV 338 wurde dem Autograph folgend von Mozart am 29. August 1780 vollendet. 1780 ist das Jahr, in dem Mozart - abgesehen von der Arbeit an Idomeneo, der aber erst 1781 fertiggestellt wurde - in Relation zu anderen Jahren auffallend wenig komponierte. 1780 beginnt im März [sic!] mit der rührenden Epistelsonate C-Dur [mit dem berühmten Orgelsolo] KV 336, es folgt eine Missa solemnis [KV 337], ebenfalls in C-Dur notiert, nun die besagte Sinfonie KV 338 im August [!], anschließend noch die Versperae solennes de confessore KV 339, dann jede Menge "Kleinkram" [Lieder, Canoni, Notturni, Menuette...]. Spricht die geringe Anzahl von Werken in 1780 für eine [z.B. in Bezug auf KV 338] musikalische Einfallslosigkeit und/oder Schaffenskrise?
Die Sinfonie weist einige kleine Besonderheiten auf:
Der erste Satz ist sehr bestimmend und könnte beinahe schon - nicht nur wegen der thematischen Ähnlichkeit gleich zu Beginn - in unmittelbarer Nähe der Ouvertüre zu La Clemenza di Tito stehen: Auch der häufige abrupte Wechsel zwischen Dur und moll deutet bereits auf die Titus-Ouvertüre hin; diese ist aber zu jener Zeit, in der Mozart gerade noch in Salzburg seinen Hauptwohnsitz hat, noch sehr weit entfernt. Als Nachfolgerin von und im Gegensatz zu KV 319, wo Mozart "nur" 2 Oboen, 2 Fagotte und 2 Hörner zu den Streichern gesellt, fährt er bei KV 338 beinah volles Geschütz vor: Trompeten und Pauken sorgen für den nötigen Lärm, auf Flöten kann er offenbar verzichten.
Als starken Kontrast zu diesem mächtigen Eröffnungssatz folgt ein ein Andante di molto più tosto Allegretto in F-Dur, der lyrischen Tonart bei Mozart. In der Originalpartitur seht lediglich Andante di molto, Mozart hat aber das più tosto Allegretto in die Stimmenabschrift der ersten Violine des in Donaueschingen befindlichen Aufführungsmaterials eigenhändig hineingeschrieben. Die Bodennähe des Satzes wird dadurch noch mehr erreicht, dass Mozart hier - was selten ist - zwei systematisch getrennte Bratschengruppen verlangt [Antonio Rosetti verwendete oft und gerne zwei Bratschengruppen]. Da lohnt es sich auf jeden Fall einmal, genauer hinzuhören. In diesem lyrischen, vollständig auf aufregende Momente verzichtenden, Satz werden nicht etwa - wie man es damals gerne tat - die Oboen gegen die Flöten getauscht - nein, sie fallen ganz weg! Strittig bzw. nicht klärbar ist die obligate Verwendung von Fagotten im 2. Satz.
Der dritte Satz ist ein extrem furioses Allegro vivace, das m. E. aber nicht den Reiz jenes der "Pariser" Sinfonie KV 297 erreicht.
Einigermassen bekannt ist vielleicht die Spekulation um das Menuett KV 409, welches der Mozartforscher Alfred Einstein mit Bestimmtheit dieser Sinfonie zuordnet. Er geht davon aus, Mozart habe das Menuett für eine spätere Aufführung dieser Sinfonie in Wien nachkomponiert. Dem stehen zwei Dinge entgegen:
Zum einen ist die Instrumentierung des Menuettes KV 409 reichhaltiger, es werden nämlich die bei KV 338 nicht vorkommenden Flöten verlangt, zum anderen hat Mozart tatsächlich ein Menuett zu KV 338 komponiert! Der letzte Rest davon befindet sich auf der Rückseite des letzten Blattes des ersten Satzes. Für Mozart'sche Verhältnisse kurios, dass das Menuett an zweiter Stelle stehen sollte. Offenbar hat er sich aber anders entschieden und es wieder entfernt. Diesem dreisätzigen Sinfonietypus, der aber mit der italienischen Opera-Sinfonia nichts mehr gemeint hat, folgt Mozart später nochmals bei der "Prager" Sinfonie KV 504.
Ich empfinde KV 338 als durchaus effektvoll, aber inhaltslos: Ein Knall, der sofort verpufft. Bei Komponisten, die etwas mehr als 9 Sinfonien komponiert haben, darf man ja schonmal meckern...
Wie steht's nun bei Euch mit diesem "Ladenhüter"?
Ulli