• Arvo Pärts Entwicklung scheint symptomatisch für seine und vor allem die Generation vor ihm zu sein.


    Nach neoklassizistischen Anfängen, die dem normalen Musikinteressierten (wie mir) unbekannt sind (auch die Klassiker der seriellen Musik sollen so etwas gehabt haben), folgt der Reihe nach das Ausprobieren der international als aktuell geltenden Techniken, was mit dem Wiederentdecken der "entarteten Musik" zu tun hat und in dieser Art musikgeschichtlich einzigartig sein dürfte: Zwölftontechnik, dann die in den 50ern neu entwickelte sich nicht mehr auf die Tonhöhen beschränkende Reihentechnik, die Serialismus genannt wird. Unter dem Einfluß Cages gibt es dann eine chaotischere stilmischende Avantgardeströmung, die als solche wohl nicht richtig abgrenzbar ist, dennoch sagt der Kenner: typisch 60er Jahre. Eine große Zahl junger Komponisten beteiligte sich an diesen Strömungen, Pärt war ein nicht Unbekannter unter ihnen. Unter anderem sollen 3 Symphonien interessant sein, die unterschiedlichen dieser Strömungen angehören sollen.


    Pärt kam dann wie viele seiner Altersgenossen in eine Krise, da etwa im Gegensatz zu B.A.Zimmermann oder Luigi Nono eine persönliche stilistische Ausprägung ihm nicht in ausreichendem Maße gelungen zu sein scheint, er muss sich als Mitläufer oder Epigone vorgekommen sein und machte eine Komponierpause.


    Die späten 60er und 70er Jahre sind durch eine extreme Vielfalt von Personalstilen von Komponisten gekennzeichnet, die ebenso wie Pärt zwölftönige und serielle und andere experimentelle Vergangenheit haben. Diese Personalstile müssen im Einzelfall überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Was ihnen aber oft gemein ist, ist die ihnen ablesbare Vertrautheit mit den Methoden seriellen und postseriellen Komponierens der 50er und 60er Jahre.


    Ein wichtiges Beispiel für einen solchen neuen, auf dem Fundament der Erfahrung eigenen seriellen Komponierens entstandenen Stils, ist die Minimal Music Steve Reichs. Ebenso wie im Serialismus ist die Tätigkeit des Komponisten auf das Steuern eines im Detail konstruierten oder von selbst ablaufenden schematischen Ablaufs beschränkt. Dieser "Minimalismus" des Komponierens bestimmt auch das Werk John Cages, dessen Aleatorik eine Art Pendant zum europäischen Serialismus darstellt.


    Arvo Pärt erfindet in den 70er Jahren seinen eigenen in diesem Sinne ebenfalls minimalistischen oder konstruktivistischen Stil. Er nennt ihn "Tintinnabuli-Stil", da eine der Stimmen seines Satzes stets den Dreiklang entlangwandert. Die anderen schreiten diatonisch voran aber durchaus in unterschiedlichen Tonarten, die Anzahl der Schritte wird durch die zu singenden Silben bestimmt, gesungen wird syllabisch (pro Silbe ein Ton). Was also pro Abschnitt, der komponiert werden soll, zu entscheiden bleibt, sind die verwendeten Dreiklänge/Skalen pro Stimme und in welchen Akkord sie anfangs (oder irgendwann im Verlauf) zusammenklingen, gerne sind das ebenfalls Dreiklänge. Der Rest läuft zwar dann wohl nicht ganz schematisch ab, aber in so reduziertem Rahmen der Möglichkeiten, dass mir eine Verwandtschaft mit seriellen, aleatorischen und minimalistischen Komponierweisen behauptbar erscheint.


    Darüber gilt es wohl hier zu diskutieren, schließlich wird Pärt gerne als jemand angeführt, der Konstruktivismen "überwunden" hätte.


    Pärts Problem besteht in der großen Enge der Vorgaben seiner Schreibweise. Insofern scheint er mir dem Zwölfton-Pionier Hauer vergleichbar, der von 1919 bis zu seinem Tode Zwölftonspiele als Massenware erzeugte. Gewissermaßen eine interessante persönliche Sackgasse, bei der dann aber eigentlich nur das erste Werk wirklich von Interesse ist. Oder doch das Frühwerk?

  • Namentlich habe ich mir nur die "Missa syllabica" gemerkt, deren blockhafter strenger Aufbau sehr gut zur Tintinnabuli-Schreibweise passt, und die auch nirgends allzu pathetisch oder wohlgefällig dreiklangsreihend daherkommt. Sie ist ein frühes Beispiel für diesen Stil.


    Wie beschrieben haben wir eine Polyphonie, in der die Stimmen diatonisch (oder den Dreiklang entlang) vorwärtsschreiten bei atonalen Ergebnissen des Zusammenklangs. Das erinnert mich jetzt an Kreneks "Lamentationes Jeremiae Prophetae", die in modifizierter Zwölftontechnik geschrieben ein "altes" Vorwärtsschreiten der Einzelstimmen in einem extrem dissonanten Zusammenklang darstellen. Sie entstanden 1941.


    Bei der atonalen Folge zum Teil tonaler Akkorde erinnere ich mich an ein weiteres Stück der 40er Jahre, nämlich Cages erstes Werk für Streichquartett. Hier wurden zuerst eine Reihe von Zusammenklängen festgelegt und jeweils als zu einer bestimmten Tonhöhe zugehörig bestimmt. Dann wurde ein Melodie komponiert, ohne an die mit den Melodietönen assoziierten Akkorde zu denken. Die Akkordfolge des Ergebnisses entstand also ohne dass Cage diese Abfolge beim Komponieren sich vorgestellt hätte, quasi unbeabsichtigt. Bei Pärt habe ich mitunter einen ähnlichen Eindruck sich durch die Stimmenfortschreitungen unbeabsichtigt ergebener Akkordfolgen. Der krasse Wechsel von Dreiklang und hochdissonantem Akkord macht einen erheblichen Anteil am Reiz Pärtscher Musik für mich aus.

  • Kein Problem:


    http://www.arvopart.org/


    ist die Anlaufstelle mit zahlreichen fundierten Infos zu Mann und Werk. Links klicken auf Analyses, dann öffnet sich im Hauptfeld eine Liste mit weiteren Links. Dort klicken auf "Brief Biography and Evolution of Compositional Style" Im Laufe des Kapitels sind Noten aus "Für Alina" abgebildet.


    @KSM: Die Missa syllabica existiert in einer Version für einen gemischten Chor a capella und denselben plus Orgel.


    Das erste Werk nach seiner größeren Schaffenspause ist die Symphonie Nr 3, das erste Werk im tintinnabuli-Stil ist "Für Alina". Auf der zitierten Seite werden weitere wichtige Werke in diesem Stil genannt. Die Missa syllabica gehört nicht dazu (ohne sie abwerten zu wollen). Meinst Du nicht, das nur ein Stück, welches Dir im Gedächtnis haften blieb, etwas wenig ist? Möchtest Du nicht erst weitere Stücke hören? :hello:

  • doch, freilich werde ich weitere werke hören, dennoch hatte ich lust, den thread jetzt zu starten.


    in dem cd-begleitheft meiner doppel-cd mit vokal- und instrumentalwerken pärts sind leider keine entstehungsdaten angegeben. der text wendet sich an konsumenten, die eher das spirituelle suchen und so etwas wie kompositorische entwicklung offenbar uninteressant finden. liegt das nicht auch an pärts musik und nicht- oder wenig-entwicklung?


    kannst du eine entwicklung innerhalb des tintinnabuli-stils ausmachen und entscheidende werke für diese entwicklung angeben?
    :hello:

  • Danke, Kurzstückmeister, für diesen Thread.


    Ich nenne folgende CD mein eigen:




    habe sie auch schon mehrfach :yes: gehört. Hatte immer den Eindruck eines völlig uneinheitlichen Stils, mir aber bisher nicht die Mühe gemacht, der Sache näher auf den Grund zu gehen. Mögliche Gründe kenn ich ja nun schon.


    Werde mir die CD also am Wochenende noch mal zu Gemüte führen.

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Ich kenne einiges von Pärt und finde, daß man nach seinem Stilwechsel im Grunde mit der Kenntnis eines Werkes fast alle abdecken kann. Ein ähnliches Phänomen wie bei dem noch simpleren John Tavener.


    Dennoch ist es Pärt wert, daß man sich mit ihm befaßt: Er war einer jener unbeugsamen und mutigen Avantgardisten, die der staatlich verordneten sowjetischen Einheitskunst eine andere, individuelle Stimme entgegensetzten.
    Pärts erste Werke sind abenteuerliche zwölftönige und serielle Gebilde voller Zitate und Collagen, eine Musik, die entfernt an den frühen Schnittke erinnert.
    Auch die Hinwendung zu meditativer Musik mit eindeutig religiösem Kontext ist eine mutige Tat vor dem Hintergrund der antireligiösen Sowjetunion, in der obendrein meditative Musik nicht gar so gerne gesehen war, man mochte eher Fröhliches und Feierliches.


    Auch sollte man Pärt nicht vorwerfen, daß er eine Entwicklung eingeleitet hat mit zahlreichen mittelmäßigen bis schwachen Pärt-Kopisten. Ein Komponist ist nicht verantwortlich dafür, wenn er von einem schwächeren Komponisten kopiert wird.


    Problematischer finde ich, daß Pärt sich nach seiner Hinwendung zum sogenannten Tintinnabuli-Stil tatsächlich so einengt, daß seine Werke zwangsläufig zur Selbstkopie erstarren.


    Ich könnte mir allerdings vorstellen, daß Pärt das sogar will - und zwar nach dem Meditationsprinzip einer Wiederholung mit geringen Unterschieden.


    :hello:


    P.S.: Übrigens bin ich dem Kurzstueckmeister für den Vergleich mit Hauer extrem dankbar. Die beiden Komponisten sind wirklich Seelen- und sogar Technikverwandte!

    ...

  • Daß ein Pärt-Thread gestartet wurde finde ich auch fein. Unabahängig davon, ob und wie sein Werk öffeentlich aufgeführt wird habe ich bei ihm immer den Eindruck, daß er eigentlich ein Plattenstar ist. Möglicherweise liegt das an der Politik des Labels ECM, die ja das meiste von ihm publizieren (jaja ich weiss, Chandos und andere Label sind auch aktiv). Ertsmalig habe ich Pärt durch eine Folge "100 Meisterwerke aus den Museen der Welt" wahrgenommen. Da dienten seine "Fratres" als musikalische Grundlage für eine Werkanalyse. Auf der selben Platte auch eingespielt der "Cantus in memoriam Benjamin Britten". Die Idee, daß das Schwingen von Glocken den Rhythmius eines Musikstückes vorgibt, hat mich 1987 (in dem Jahr habe ich die besagte Platte gekauft) außerordentlich in den Bann gezogen. Gewiss hat Edwin recht, wenn er feststellt, daß Pärts Werke gleichsam zur Selbstkopie erstarren. Andersherum: wer sagt denn, daß es im Schaffen eine Komponisten so etwas wie lineare Entwicklungen und Fortschreiten geben muß? Die Variationen haben als Einzelstücke durchaus ihren Reiz, "Alina" und "Spiegel vor dem Spiegel" , Fratres, der Cantus und Tabula rasa, ich könnte jetzt noch mit den Arbores und dem Miserere auffwarten haben allesamt ihren eigenen Reiz. Pärt, das verbindet seine Werke teilweise mit Ligetys Athmospheres und Alan Pettersons 8. Sinfonie, schafft Musik, die vielleicht nicht als Handwerk seziert werden sollte, sondern die sich aus ihren meditativen, emotinalen Werten heraus definiert. Daß durch den Erfolg von Pärts Platten mit dem Hilliard-Ensemble eben dieses Ensemble in den medialen Fokus gerät und somit deren Platten etwa mit der Lamentatio Jeremiah von Thomas Tallis, zeigt zum einen die Verwandschaft von Pärts Musik mit dieser sehr alten, und befruchtet zum anderen die musikalische Wahrnehmung. Alles in allem empfinde ich Pärts Werk als musikalische Bereicherung.


    Meine persönlichen Hörtipps:


    Von den sakralen Werken (so mir bekannt)


    Und natürlich, des "Cantus" und der "Fratres" in Duo-Besetzung wegen:


    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Ich sehe Pärt nicht in einer Verwandschaft mit den Minimalisten oder Konstruktivisten, auch nicht mit Hauer (oder Nancarrow, um den noch reinzubringen). Er kommt von einer ganz anderen Ecke her. Zwar findet man in den CD-Booklets immer wieder den Hinweis auf minimalistische Züge, aber sie bleiben doch rein äußerlich.


    Nein, ich vergleiche ihn mit Scelsi. Mit ihm hat er gemeinsam, daß ihm die musikalische Avantgarde ebenso gleichgültig ist wie die Frage, ob sein Stil "ankommt". Pärt ist im Gegensatz zu Scelsi wesentlich populärer und leichter zugänglich, und er traf den Nerv eines bestimmten Publikums. Aber das war nicht kalkuliert (wie ich es bei dem kleinen Taverner fest annehme). Und es ist ihm auch egal.


    Mit Scelsi hat er auch die Suche nach dem Einzelton, die Reduktion, den spirituellen Hintergrund gemeinsam.


    Du hast die Technik erläutert, die Du hinter Pärts Kompositionen zu sehen glaubst. Ich kann das mangels musikalischer Ausbldung nicht überprüfen, aber das hier klingt eher nicht so, als hättest du recht:


    "Remarkably, many of the most powerful moments in Pärt's compositions are a result of the action of a single line or the counterpoint created by only two voices. Examples of this can be heard in the Magnificat, the Passio Domini Nostri Jesu Christi Secundum Joannem, and the Stabat Mater, among others. Pärt states: "I have discovered that it is enough when a single note is beautifully played. This one note, or a silent beat, or a moment of silence, comforts me. I work with very few elements - with one voice, with two voices. I build with the most primitive materials - with the triad, with one specific tonality."[13] Pärt rarely departs from this one specific tonality; his later works exhibit an almost total lack of chromaticism. A compositional style that was previously characterized by violent dissonance has now been reborn. Free and random dissonance is no longer tolerated. His goals are now closely aligned with those of the middle ages in that, “The spirit of the music was objective. Composers strove for a cool balance of musical elements within a strong formal framework, an ideal evident in all the essential characteristics of the music…a playing down of purely sensuous appeal.”[14] Dissonance in this new style is created through diatonic means, either through close interplay between two or three voices or with the use of carefully constructed pandiatonic tone clusters. The intent is not to be abrasive but rather to convey the sense of suffering that is so apparent in many of Pärt's works."


    Wie dem auch sei, zutreffend ist die - bewußte und gewollte - "Einengung". Ich bevorzuge allerdings diese Vorgehensweise Reduktion auf das wesentliche zu nennen, also positiv formuliert. Die Bandbreite seiner Werke von Für Alina über Fratres, Litany, die Berliner Messe oder das Te Deum bis zum Lamentae zeigt mir, daß auch bei einem Verzicht auf jeden überflüssigen Ton keine Langeweile oder Gleichförmigkeit aufkommt. Die durchaus deutlichen Gemeinsamkeiten sind Ausdruck des Personalstils, nicht Ergebnis musikalisch-technischer Abläufe wie zB bei den Minimalisten.



    Aus einem Aufsatz von Alisa Rata über Pärts Musik (geklaut von der bereits genannten Internetseite):
    "Although Pärt may deserve to be spared the onslaught of ‘-isms’ characteristic of this era, Barry Witherden suggests a perhaps more acceptable alternative to the negative and insufficient labels:
    Many listeners may feel [that his works] lack variety and contrast, but I’d argue that Pärt’s use of materials is restrained, not restricted: why include more when you can achieve so much with so little? Maybe ‘essentialist’ is a better label than minimalist for a composer who concerns himself so diligently with floating melody, rich sonority, and honest spirituality."



    Eine offensichtliche erkennbare, womöglich lineare Entwicklung des tintinnabuli-Stils erkenne ich nicht. Aber das ist gar nicht Pärts Ziel (wie Edwin mE richtig gesehen hat). Er benutzt seine musikalischen Mittel, um ein außermusikalisches Ziel zu umkreisen: Gott

  • Der Kurzstueckmeister hat auf analytischer Basis im Grunde schon recht, was die Konstruktion von Pärts Musik betrifft. Sie ist nicht ganz so schematisch, wie sich das liest und es gibt mehr Freiheiten, als man zuerst glaubt.
    Dennoch stimmt es, daß Pärt vom Konstruktivismus ausgeht - er hat ja die Serialität durchlaufen und allerhand Strenges komponiert.


    Halten wir uns einmal vor Augen, was das Prinzip der Seriellen Musik ist: Es geht (in vereinfachter Theorie) darum, für ein komplettes Werk oder zumindest einen großräumigen Werkabschnitt einen Bauplan zu entwerfen. Dieser soll alle Parameter der Musik (Tondauer, Tonhöhe, Klangfarbe, Dynamik etc.) so präfixieren, daß der Komponist nur noch eine mechanische Schreibarbeit zu verrichten hat, weil jedes Tonereignis in dem Bauplan von vorneherein unverrückbar festgelegt ist. Die Seriellen sind dabei von der Zwölftonreihe ausgegangen, wobei sie aus den Intervallschritten die Tondauern abgeleitet haben etc.


    Pärt überträgt diese Vorgangsweise auf ein extrem reduziertes Vokabular. Aber es bleibt beim Grundgedanken: Der Bauplan wird präfixiert und dann mit den Tönen ausgefüllt. Wobei Pärt - ebenfalls ganz wie die Serialisten - verschiedene Variationen seiner Baupläne entwickelt.


    Wenn man dann die Werke sozusagen "von innen" betrachtet, kommt man zu dem Schluß, den Robert zitiert; nur widerspricht das nicht der Erklärung des Kurzstueckmeisters, der Pärts Kompositionsprinzipien meinte.


    Und diese Kompositionsprinzipien, nämlich die Präfixierung des Ablaufs, wobei ein eng begrenzter Tonbereich durchschritten wird, und auch die Vereinfachung des Rhythmus, der aber ebenfalls auf Präfixierungen beruht, erinnern im Ansatz durchaus an Hauer - und ganz bestimmt nicht an Scelsi.


    Übrigens finde ich auch das klingende Ergebnis in seiner meditativen Statik durchaus an Hauer gemahnend.


    :hello:

    ...

  • Da muß ich wiedersprechen: Ich habe nicht den Eindruck, als wenn bei Pärts Musik soviele Parameter fixiert sind und er nur noch mechanische Schreibarbeit verrichtet.


    Es gibt auf DVD eine Doku über ihn (24 Preludes for a Fugue), wo man ihn unter anderem beim Komponieren beobachten kann und er über seine Musik spricht. Da ist auch ein Kapitel über Für Alina, in dem er über die Entstehung und den Aufbau des Stückes spricht. Da sehe ich nichts serielles.


    Immer unter der Voraussetzung, daß ich das richtig verstanden habe, würde ein Serialist sich - bevor eine Note zu Papier gebracht worden ist - theoretisch den Bau seines Werkes überlegen und die von Dir genannten Parameter festlegen. Der Rest ergibt sich von selbst.


    Diese Kompositionsweise sehe ich bei Pärt nicht, obwohl er sich durch seine starke Beschränkung der Mittel auf den ersten Blick in ihre Nähe begibt. Er überträgt nicht die Vorgehensweise auf sein Vokabular und reduziert es dadurch, sondern er beschränkt es von vornherein und hat dann nur noch eine bestimmte Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten. Bei den Serialisten ist die Beschränkung mechanische Folge eines konstruktivistischen Prinzips, bei Pärt ein Willensakt, der am Beginn des kompositorischen Prozesses steht. Ein bedeutender Unterschied wie ich meine.


    Und ich sehe nach wie vor die Nähe zu Scelsi, nicht von den Kompositionsprinzipien her, da ist Scelsi doch noch radikaler, aber von den anderen Gesichtspunkten her, die ich genannt hatte. Wenn ich Scelsis und Pärts Äußerungen über das Ziel ihrer Musik, über die Bedeutung des einzelnen Tons vergleiche, sind da deutliche Gemeinsamkeiten, nur unterschiedliche Wege.

  • Hallo Robert,
    ich kann Dir nicht helfen: Rein objektiv-analytisch betrachtet ist Pärts Ansatz präfixiert: Er legt die "Spielregeln" zuerst fest und folgt ihnen dann. Ob er seine "Spielregeln" niederschreibt oder mittlerweile so verinnerlicht hat, daß er ihnen automatisch folgt, tut dabei nichts zur Sache.
    Ist das so eine Katastrophe für Dich, daß Dir ein Ableger der seriellen Musik gefällt? :D
    :hello:

    ...

  • Gerade wurde ich von einer Freundin nach etwas vergleichbarem gefragt. Ich mußte passen, ist nicht so ganz meine Musik. Kennt Ihr denn Komponisten, die "ähnlich" sind? Speziell "Spiegel im Spiegel" gefiel ihr sehr gut.

    Ich brauche keine Millionen, mir fehlt kein Pfennig zum Glück...

  • Also ich hab mir jetzt mal dieses Für alina angehört.
    Leider hab ich jetzt nur die Noten zu den ersten 4 "Takten" gefunden
    Mir ist aufgeffalen, dass er jeden "Takt" mit dem zusammenklang einer Sekunde beginnt. In der Unterstimme wird ein D-dur Akkord zerlegt, und im selben Rhytmus bewegt sich die Oberstimme Diatonisch.
    und zwar halt immer soweit, das zu beginn des taktes eine Sekunde entsteht.
    Das ist das was mir auffällt, was man vorher hätte planen können.
    Was mir nicht einleuchtet, ist wie man sich den Tiefen Ton am anfang erklärt, wie der Rythmus voraussehbar ist, und wie die Richtung der beiden Stimmen bestimmt wird.


    Also so wie ich das verstanden ab müsste für serielle Musik ja alles vorausplanbar sein. Hab ich nur gehört, kann ja sein, das es nicht so ist.
    Kann ja auch sein, das diese Sachen, deren Bestimmung ich nicht verstehe, im verlauf des weiteren stückes deutlicher bestimmt werden.

  • Hallo Hans Sachs,
    Etwas ähnlich ist Tüür, auch Tavener - beide sind aber Pärt weit unterlegen. Lieber bei Pärt weitergraben, als bei schwächeren Komponisten (bzw. Kopisten) auf Entdeckungen hoffen.


    Hallo Kleinshredder,
    ich habe von dem konkreten Stück leider keine Noten, sonst könnte ich nachsehen, ob ich den Plan herausfinde.
    Tatsache ist aber, daß es weniger um Konstruktionen im herkömmlichen Sinn geht, sondern um "Spielregeln".
    Ein Beispiel:
    Regel 1) Eine simple absteigende d-Moll-Tonleiter (acht Töne) wird auf einen rhythmischen Zyklus verteilen, der sieben Töne umfasst. Dadurch werden die rhythmischen Positionen und die Tonhöhenpositionen auseinander- und wieder zusammendriften.
    Regel 2) Als Begleitung fungiert ein d-Moll-Dreiklang in Halben Noten in der Brechung a-f-d-f, dem im Rhythmus Halbe-Viertel-Halbe die Quint-Terz-Folge a-d-b unterlagert ist.
    Regel 3) Zu Beginn jeden achten Taktes steht ein Tamtam-Schlag, der eine aufsteigende d-Moll-Skala in Viertelnoten auslöst.
    Regel 4) Das Stück endet, wenn alle Elemente wie am Anfang auf dem ersten Schlag des Taktes wieder zusammen sind.


    :hello:

    ...

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  • Ja jetzt leuchtet mir das ein.
    UNd was ist jetzt das besondere an Pärts Spielregeln?
    Weil ich meine einfach so Regeln aufstellen, könnte ich ja auch, trotzdem wäre ich dann ja nicht Pärt.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Etwas ähnlich ist Tüür, auch Tavener - beide sind aber Pärt weit unterlegen. Lieber bei Pärt weitergraben, als bei schwächeren Komponisten (bzw. Kopisten) auf Entdeckungen hoffen.


    Danke, dann werde ich da mal weitergraben... Ich bin auf Miserere gestoßen. Da ich das allerdings auf Anhieb interessant fand, frage ich mich jetzt, ob ich Pärt einfach nur falsch in Erinnerung habe, oder ob das Stück einfach ganz anders ist als die anderen Sachen.

    Ich brauche keine Millionen, mir fehlt kein Pfennig zum Glück...

  • Zitat

    Original von Hans Sachs


    .. Ich bin auf Miserere gestoßen. Da ich das allerdings auf Anhieb interessant fand, ..


    Meine einziges Stück von Pärt. Ich habs 2x gehört und fands nur langweilig. Ist das evtl. für den Einstieg nicht geeignet? Da finde ich die Musik des oben erwähnten Scelsi wesentlich interessanter (z.B. die Quattro Pezzi).

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Zitat

    Original von Hans Sachs
    Gerade wurde ich von einer Freundin nach etwas vergleichbarem gefragt. Ich mußte passen, ist nicht so ganz meine Musik. Kennt Ihr denn Komponisten, die "ähnlich" sind? Speziell "Spiegel im Spiegel" gefiel ihr sehr gut.


    Wenn ihr das Stück gefallen hat, müßte ihr auch Für Alina gefallen haben. Evtl ist Hans Ottes Buch der Klänge etwas für sie (schau mal bei meinen Unverzichtbaren).

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Wenn ihr das Stück gefallen hat, müßte ihr auch Für Alina gefallen haben. Evtl ist Hans Ottes Buch der Klänge etwas für sie (schau mal bei meinen Unverzichtbaren).


    Stimmt, Alina ist auf derselben CD. Ich werde ihr mal das buch der klänge vorschlagen. Danke!

    Ich brauche keine Millionen, mir fehlt kein Pfennig zum Glück...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Robert,
    ich kann Dir nicht helfen: Rein objektiv-analytisch betrachtet ist Pärts Ansatz präfixiert: Er legt die "Spielregeln" zuerst fest und folgt ihnen dann. Ob er seine "Spielregeln" niederschreibt oder mittlerweile so verinnerlicht hat, daß er ihnen automatisch folgt, tut dabei nichts zur Sache.
    Ist das so eine Katastrophe für Dich, daß Dir ein Ableger der seriellen Musik gefällt?


    Nein, keine Katastrophe (sogar ein Vorteil: Ich hätte einen Seriellen in der Sammlung und könnte endlich die Nase rümpfen über die armen Musikliebhaber, die nur Verdi, Elgar und Mozart mögen ;) )


    Seriell, aleatorisch, strukturell, atonal, polytonal, letztlich alles nur Technik, Mittel zum Zweck. Ich diskutiere aber darüber weil ich es kapieren will.


    Deshalb das:
    1. Rein objektiv-analytisch legen auch Perotin, Gesualdo und JS Bach die Spielregeln zuerst fest, ja sogar Richard Strauss! Und die sind nicht seriell, oder etwa doch?


    Wenn ich die Musik von Boulez, Nono, Berio usw. als typischen Vertretern serieller Musik nehme, hört sich das ganz anders an als Pärt. Sie müssen - so meine Meinung - noch wesentlich mehr Parameter festlegen. So viele, daß der eigentliche Kompositionsprozeß zu einem mechanischen Spielchen degradiert wird. Ich sehe auch nicht, daß Pärt Tondauer, Lautstärke, Klangfarbe, Tondichte, Artikulation oder Spielart durch mathematische Operationen quantifiziert und in einer vorab ermittelten Zahlenproportion reihenmäßig erfasst (das ist jetzt bei Wikipedia geklaut). Das hat er früher gemacht, vor 40 Jahren in seiner seriellen Phase.


    Ohne das jetzt als Gegenargument zu nehmen, aber ich konnte niemanden finden, der Pärts Musik seit 1976 mit serieller Musik in Verbindung bringt.



    2. Rein objektiv-analytisch greift mir auch viel zu kurz. Wenn ich Catherine Deneuve objektiv-analytisch als biologisches System mit den und den Bestandteilen und den und den chemischen Prozessen bezeichne, entstanden durch die und die biologischen Entwicklungen, ist die Analyse 100% korrekt und erfaßt doch nicht das Phänomen Deneuve. Es wäre eine typische Juristenantwort: 100% richtig, aber man kann nichts mit ihr anfangen 8)


    Deshalb auch mein Vergleich mit Scelsi, obwohl die beiden objektiv-analytisch nichts miteinander zu tun haben, technisch weit voneinander entfernt sind.

  • Hallo Robert,

    Zitat

    Rein objektiv-analytisch legen auch Perotin, Gesualdo und JS Bach die Spielregeln zuerst fest, ja sogar Richard Strauss! Und die sind nicht seriell, oder etwa doch?


    Stimmt - und stimmt auch gleichzeitig nicht. Du begehst den Irrtum, Regeln der Kompositionstechnik mit Präfixierten Techniken, also "Spielregeln", gleichzusetzen.
    Ich versuch's mit einem Beispiel: Bach spielt Schach, Pärt konstruiert eine Folge von Schachspielzügen und befolgt sie ohne Abweichung. (Ich weiß - hinkt, aber mir fällt nichts Besseres ein; ich müsste es anhand einer konkreten Partitur zeigen.)


    Perotin, Gesualdo, Bach und viele andere bewegen sich innerhalb eines zu ihrer Zeit gültigen Regelwerks (Bach schrieb etwa keine Quintenparallen, Gesualdo, bei aller Kühnheit, keine Septimenparallelen etc.)
    Was die Seriellen und auch Pärt machen, ist, Spielregeln für ein Werk so vorzugeben, daß der Komponist keine Wahl der musikalischen Parameter hat: Tonhöhen, Tondauern etc. sind von vorneherein fixiert und können nicht z.B. in Takt 7 abgeändert werden. Extrem formuliert: Der Komponist beraubt sich absichtlich seiner Entscheidungsmöglichkeiten.

    ...

  • Kapiert! Bloß bin ich immer noch nicht davon überzeugt, daß Pärt auf diese Weise komponiert.


    Zwar beraubt er sich auch vieler Entscheidungsmöglichkeiten (das stimmt), aber nicht, weil er (wie die Seriellen) Spielregeln für ein Werk so vorgeben würde, daß er keine Wahl der musikalischen Parameter hat. Er fixiert die Tonhöhen, Tondauern etc. nicht von vornherein und könnte sie in Takt 7 abändern. :hello:


    An welchem Stück von Pärt könnte ich das "Serielle" als Laie denn erkennen? Oder muß ich da die Partitur lesen können? Das wäre schlecht, denn dann müßtest Du mal gelegentlich vorbeikommen und es mir erklären 8)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Perotin, Gesualdo, Bach und viele andere bewegen sich innerhalb eines zu ihrer Zeit gültigen Regelwerks (Bach schrieb etwa keine Quintenparallen, Gesualdo, bei aller Kühnheit, keine Septimenparallelen etc.)
    Was die Seriellen und auch Pärt machen, ist, Spielregeln für ein Werk so vorzugeben, daß der Komponist keine Wahl der musikalischen Parameter hat: Tonhöhen, Tondauern etc. sind von vorneherein fixiert und können nicht z.B. in Takt 7 abgeändert werden. Extrem formuliert: Der Komponist beraubt sich absichtlich seiner Entscheidungsmöglichkeiten.


    Aber Bach schreibt dann ja auch in Takt 7 keine Quintparalellen.
    Deswegen behält Bach seine Regeln ja auch unabänderbar bei.
    Deswegen bversteh ich den Unterschied dann doch nicht mehr so ganz.
    Oder ist der Unterschied halt, dass die Regeln viel Spezifischer sind, als eine allgemeine Harmonielehre, und nur für ein spezielles Stück vom Komponisten selbst festgelgt wurden?

  • Hallo Robert, hallo Kleinshredder,
    Ihr macht mir Spaß... ;)


    Robert, Du erinnerst mich an eine Ex-Freundin: Sie konnte sich absolut nicht vorstellen, daß man aus einer einzigen Zwölftonreihe eine ganze Oper entwickeln könne. Also zeichnete ich ihr in die erste Szene von Kreneks "Karl V." den Reihenverlauf Note für Note ein. Und was war das Ergebnis, als sie die Reihenstruktur vor sich hatte? - Sie sagte kopfschüttelnd: "Das glaub ich Dir nicht. Das hast Du hineininterpretiert."


    Also nocheinmal: Ihr macht beide einen grundlegenden Denkfehler: Ihr setzt die Regeln der Kompositionslehre (also Kontrapunkt- und Harmonielehre) gleich mit den Spielregeln einer seriellen Technik. Dadurch kommt es zu Euren Verständnisproblemen.


    Eine serielle Technik kümmert sich aber nicht um irgendwelche Harmonie- oder Fortschreitungsregeln, sondern schafft ein in sich geschlossenes System von Regeln. Aus deren Befolgung entsteht das Stück.


    Ich will Euch ein ganz simples Beispiel geben: Tondauern. Ich schreibe ein serielles Stück, dessen Bauplan auf Tondauern beruht, die bei jeder Wiederholung um einen Wert der Zähleinheit abnehmen. Die Zähleinheit sind Achtel.
    Die Ausgangsreihe der Tondauern ist:
    9 - 5 - 7 - 8 - 10 - 6 - 11
    Erste Wiederholung:
    8 - 4 - 6 - 7 - 9 - 5 - 10
    Dann:
    7 - 3 - 5 - 6 - 8 - 4 - 9
    6 - 2 - 4 - 5 - 7 - 3 - 8
    Es folgt noch
    5 - 1 - 3 - 4 - 6 - 2 - 7
    Und jetzt ist Schluss, denn bei der nächsten Wiederholung würde aus dem zweiten Wert 0 werden, er würde verschwinden, was aber (weil ich die Spielregel so festgelegt habe) nicht erlaubt ist.


    Weil mir das Ganze aber so gut gefällt, schreibe ich im nächsten Stück eine Variation dieser seriellen Idee, nämlich bis zur Auslöschung der Grundreihe. Das sähe dann so aus:
    9 - 5 - 7 - 8 - 10 - 6 - 11
    8 - 4 - 6 - 7 - 9 - 5 - 10
    7 - 3 - 5 - 6 - 8 - 4 - 9
    6 - 2 - 4 - 5 - 7 - 3 - 8
    5 - 1 - 3 - 4 - 6 - 2 - 7
    Und jetzt, da jeweils die 1 erlischt:
    4 - 2 - 3 - 5 - 1 - 6
    3 - 1 - 2 - 4 - 5
    2 - 1 - 3 - 4
    1 - 2 - 3
    1 - 2
    1


    Nun kann ich, weil mir das auf die Dauer zu simpel ist, z.B. eine neue Spielregel einführen, nämlich, daß bei jeder Wiederholung die erste Position mit der letzten tauscht. Sieht dann so aus:
    9 - 5 - 7 - 8 - 10 - 6 - 11
    10 - 4 - 6 - 7 - 9 - 5 - 8
    7 - 3 - 5 - 6 - 8 - 4 - 9
    8 - 2 - 4 - 5 - 7 - 3 - 6
    etc.



    Und jetzt eine kleine serielle Spielerei für die Tonhöhen - alle Tonalitäts-Fanatiker aufgepaßt, serielle Musik kann man auch mit einem C-Dur-Dreiklang schreiben.
    Meine Spielregel ist ganz einfach: Die Tonfolge besteht aus drei Tönen und ausschließlich aus den Tönen des C-Dur-Dreiklangs. Bei jeder "Wiederholung" der drei Töne muß einer seine Stellung um eine Position wechseln, alle anderen müssen in ihrer Position bleiben. Was z.B. diese Tonfolge ergibt:
    c - e - g - c - g - e - g - c - e - g - e - c - e - g - c - e - c - g - c - e - g


    Undurchsichtig? - Na schön, ich schreibe es untereinander auf und markiere die Vertauschungen mit einem X (die Punkte sind notwendig, weil sonst das x immer an den Zeilenanfang gerückt wird):
    c - e - g
    .......X
    c - g - e
    ..X
    g - c - e
    .......X
    g - e - c
    ...X
    e - g - c
    ........X
    e - c - g
    ...X
    c - e - g



    Und damit es nicht gar so simpel bleibt, stellt Euch nun vor, daß diese Spielregeln z.B. auf Gruppen von Tondauern angewendet werden können oder auch auf Gruppen von Tönen.
    Was oben als "c" steht kann etwa die Tongruppe c-h-a sein, das "e" g-f-e, das "g" d-c.
    Wir kommen also zu folgendem Gebilde (der Einfachheit zuliebe schreibe ich's gleich untereinander):
    (c-h-a) - (g-f-e) - (d-c)
    (c-h-a) - (d-c) - (g-f-e)
    (d-c) - (c-h-a) - (g-f-e)
    (d-c) - (g-f-e) - (c-h-a)
    (g-f-e) - (d-c) - (c-h-a)
    (g-f-e) - (c-h-a) - (d-c)


    Und damit's noch lustiger wird, stellen wir uns jetzt vor, daß die Tongruppen innerhalb der Klammern bei jedem neuen Zyklus ebenfalls ihre Positionen vertauschen, es entsteht:
    (c-h-a) - (g-f-e) - (d-c)
    (c-a-h) - (c-d) - (g-e-f)
    (c-d) - (a-c-h) - (e-g-f)
    etc. etc.


    Und die Töne innerhalb der Klammern können natürlich abermals Platzhalter für Tongruppen sein - und Ihr seht, wie dieses serielle System wuchert: Aus einer simplen absteigenden Tonleiter lässt sich eine schier unendliche Folge von Tönen ableiten, wobei jede Tonfolge aus der dem Positionswechsel zugrunde liegenden Spielregel entsteht.
    In dem Moment, in dem er die Spielregel festlegt, hat der (konsequent vorgehende) Komponist keine Ahnung, in welchem Takt sich beispielsweise die Tonfolge h-g-f-d ergibt - er sieht es erst, wenn er an die entsprechende Stelle kommt; und er kann diese Tonfolge nicht vermeiden, es sei denn, er durchbricht sein eigenes Regelwerk.


    Pärt arbeitet mit solchen und ähnlichen Techniken, die er auf Dreiklänge und diatonische bzw. modale Tonfolgen bezieht. Es ist also eine Art serielles Prinzip jenseits der Zwölftontechnik.


    Nun kannst Du, Robert, noch einmal sagen: "Ich glaub's aber nicht, daß er so arbeitet". Dein Unglaube sei Dir dann unbenommen. Er ändert nichts an der bei Pärts Werken zugrunde liegenden Technik.


    :hello:

    ...

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