Hallo zusammen,
um es vorweg zu sagen:
Ich habe ein Faible für schöne Instrumentalkonzerte! Gerne gut und phantasievoll kreiert, eine originelle Besetzung (Soloinstrument) ist immer willkommen und gegen die vielfach geschmähten "Ohrwurm-Themen" hätte ich auch nix einzuwenden - solche muss man sich schließlich erstmal einfallen lassen :]
Anlass für diesen Thread war -wie so oft- ein Zufallskauf bei NAXOS, den ich mal wieder nicht bereut habe:
Es handelt sich um eine Einspielung des Flötenkonzerts in D-Dur op. 283 und des Harfenkonzerts e-moll, op. 182 von Carl Reinecke (1824-1910).
Es musizieren Fabrice Pierre (Harfe) und Patrick Gallois (Flöte), begleitet vom Schwedischen Kammerorchester. Witzigerweise dirigiert der jeweils gerade nicht beschäftigte Solist das Orchester beim jeweils vom Solo-Kollegen gespielten Werk
Carl Reinecke war mir bis dato hauptsächlich als berühmter Lehrer von Komponisten wie Grieg, Arthur Sullivan und Svendsen und als Leiter der ersten vollständigen Aufführung des Brahms'schen Deutschen Requiem ein Begriff. Er war aber auch ein weitgereister und gefragter Pianist und Dirigent (lange Jahre leitete er das Leipziger Gewandhausorchester), ein äußerst produktiver Komponist (von Oper und Symphonie bis zur Kammer- und Klaviermusik ist alles vertreten) und als Bewunderer Schumanns kompositorisch Anhänger der im Nachhinein als "konservativ" deklarierten Linie (zu der man ja auch Brahms rechnet), die sich von den progressiven Neuerern wie Liszt und Wagner abgrenzte.
Während ich mir also die wirklich gut gemachten, von großem handwerklichem Können zeugenden 2 Konzerte des Herrn Reinecke anhörte, fiel mir spontan auf, dass es eigentlich ein recht seltenes Ereignis darstellt, dass man mal Gelegenheit hat, ein Harfenkonzert aus dem Jahr 1884 und ein Flötenkonzert aus dem Jahr 1908 (!) zu hören...
Meine Frage ist nun - warum ist das eigentlich so?
Wo ist die im 18. (und auch noch zu Beginn des 19.) Jahrhundert enthaltene Vielfalt in Bezug auf die Besetzung von Instrumentalkonzerten so ab 1830 hin?
Ich weiß natürlich auch, dass im 19. Jahrhundert die Symphonie eine viel größere Bedeutung hatte als im gesamten 18. Jhdt. und darüberhinaus z. B. auch die Gattung der "Symphonischen Dichtung" als "Neuschöpfung" des 19. Jahrhunderts von Liszt, Dvorak, Smetana und Co. ausgiebig zu Vertonungen herangezogen wurde, aber wie kommt es, dass sich Komponisten dieser Epoche, wenn sie denn mal Solokonzerte komponierten, fast ausschließlich dem Klavier und dann noch der Violine und -schon mit deutlichem Abstand- dem Violoncello als Solo-Instrument zuwandten?
Klar - durch den Fortschritt im Klavierbau war dieses "Allround-Instrument" als klanglich gleichberechtigter Widerpart eines großen Symphonieorchesters quasi das geeignetste Solo-Instrument von allen, weil sich hier die interessantesten Wettstreite und Dialoge komponieren ließen: Rücksichten auf klangliche oder instrumentatorisch-technische Beschränkungen mussten keine mehr gemacht werden - man konnte sich quasi grenzenlos "austoben" beim Komponieren.
Brahms mit seinen beiden "Symphonien mit Klavier", wie seine beiden Klavierkonzerte ab und an auch scherzhaft genannt werden, ist ein schönes Beispiel dafür, wie ich finde.
Aber nichtsdestotrotz sollte das doch eigentlich kein Hinderungsgrund dafür sein, dass beispielsweise auch mal ein wackerer Fagottist oder Trompeter damals an einen Komponisten herangetreten sein könnte und -wie im 18. Jahrhundert gang und gäbe- sich bei diesem ein Solokonzert für "sein" Instrument bestellt hätte....
Genau dies scheint aber eher seltener der Fall gewesen zu sein - vielleicht könnte in diesem Thread erörtert werden, warum dies so war?
Vielleicht weiß eine(r) der geschätzten Mit-ForianerInnen ja plausible Gründe dafür, warum es so wenige Flöten-, Oboen-, Trompeten- oder sonstige Konzerte aus dem 19. Jahrhundert gibt!?!?
Und -natürlich!!- würde ich mich über Eure Empfehlungen sehr freuen:
Wer hat ein paar schöne Konzerte aus dieser Zeit, die zu empfehlen sind und eine echte Bereicherung darstellen?
Nichts gegen Klavier-, Violin- und Cellokonzerte - aber es muss doch auch noch was anderes aus dieser Zeit geben....
Zur Einstimmung noch 2 Beispiele:
Josef Rheinbergers Konzerte für Orgel und Orchester:
und Richard Strauss' 2 Hornkonzerte und sein Oboenkonzert: