Max Brand

  • Hallo, ich dachte mir, ich stelle mal meinen österreichischen Lieblingskomponisten vor..
    Falls das in einem anderen Thread schon geschah, bitte ich vielmals im vorhinein um Verzeihung; die Suchfunktion hat zu ihm jedenfalls nix ausgespuckt...



    Max Brand (1896 - 1980) ist ein recht interessanter, vielseitiger, heute leider größtenteils vergessener Komponist, der von der Spätromantik bis zur elektronischen Musik viele Metamorphosen durchlief. Geboren wurde er in Lemberg (damals Österreich- Ungarn, heute Ukraine), die Familie zog jedoch bald nach Wien, wo der junge Brand nach seiner aktiven Teilnahme am 1. Weltkrieg ab 1918 Komposition studierte. Sein Lehrer war niemand geringerer als Franz Schreker, dem er bald darauf nach Berlin nachfolgte, ein Mitschüler damals übrigens war Ernst Krenek. Brand kehrte nach Wien zurück, wurde von Schönberg und seinem Kreis beeinflußt, und tat sich als außergewöhnliches Kompositionstalent hervor. Seinen größten Erfolg errang er 1929 mit der Oper "Maschinist Hopkins", die binnen weniger Jahre in über 40 Opernhäusern aufgeführt werden sollte. Da Max Brand Jude war, mußte er Österreich 1936 verlassen und siedelte sich nach mehreren Stationen in der Schweiz, Frankreich und Brasilien schließlich in den USA an, wo er 1945 die amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Zwei große Erfolge konnte er dort verbuchen; zum einen das in der Metropolitan Opera urauffgeführte Oratorium "The Gate" und die sinfonische Dichtung "The wonderful One-Hoss-Shay".
    In den späten 50er-Jahren begann Brand sich für elektronische Musik zu interessieren; er richtete sich in seinem Haus ein elektronisches Studio ein, für das Bob Moog einen seiner ersten Synthesizer baute. Mit einem Techniker zusammen verbrachte der Komponist bis in die 70er- Jahre dort täglich unzählige Stunden auf der Suche nach neuen Klangwelten.

    Um 1975 herum beschloß Max Brand, der sich wie so viele Exilanten in den USA nie wirklich heimisch fühlte, wieder nach Österreich zu ziehen, und zwar nach Langenzersdorf. Bei der Übersiedelung kam es zu einer für Brand großen Katastrophe, denn die Frachtcontainer mit den Teilen seines Studios waren undicht, und bei der Lagerung am Hamburger Hafen drang Regenwasser ein, und zerstörte einen Großteil der empfindlichen Geräte.
    Brand war inzwischen 79 Jahre geworden, gesundheitlich nicht mehr auf der Höhe und durch den erwähnten Schaden an seinen Geräten und andere technische Probleme wie z.b. die unterschiedlichen Spannungsunterschiede war es ihm nur unter großer Mühe möglich, im Keller seines neuen Hauses sein Studio wieder herzustellen. Als es ihm letztendlich gelungen war, verstarb er am 5. April 1980.


    Wie steht es nun um das musikalische Vermächtnis? Das Werkverzeichnis Brands in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek umfaßt immerhin 27 akustische Kompositionen (Opern, Oratorien, Balette, Lieder) und 43 elektronische Werke, der Rest muß als verschollen betrachtet werden oder ist im Max Brand Museum in Langenzersdorf archiviert, darüber fehlen mir die Kenntnisse. In erwähntem Museum kann man übrigens in einem eigenen Raum das heute noch funktionsfähige Studio Brands besichtigen.


    Auf Tonträger gibt es fast gar nichts- "Maschinist Hopkins" ist auf Cd anscheind antiquarisch zu bekommen, und es gibt eine (inzwischen auch nicht mehr erhältliche) wunderbare Doppelcd mit dem Titel "in memorian- max brand" die ich glücklicherweise besitze.

    Beim früher eine zeitlang jährlich stattfindenen Elektronikfestival "Phonotaktik" der Stadt Wien war nämlich 1999 das große Motto "Max Brand" und aus diesem Anlaß erschien besagte Doppelcd mit unschätzbar wertvollem Material, das der Komponist in den 60er- Jahren in seinem New Yorker Studio eingespielt hatte. Es sind dies recht aussagekräftige und zukunftsweisende Stücke mit Titeln wie "Notturno Brasileiro - Jungle", "Stormy Sea" oder "Rhinoceros", weiters aufgefundene Fragmente und sogar kurze Musikstücke für "Commercials" (Werbung), die anscheinend von amerikanischen Firmen in Auftrag gegeben wurden; auf der zweiten CD befinden sich Neuinterpretationen, Würdigungen und Remixe von Brands erhalten gebliebenen Werken der internationalen,jüngeren elektronischen Szene.


    Abschließend ein paar Sätze als Zitat, die Max Brand 1926 in der Zeitschrift "Anbruch" schrieb (und die mich sehr an die Philosophie Nancarrows erinnern):
    "..alleine die Möglichkeit, Werke unabhängig von ihrer heutigen Aufführbarkeit, unabhängig von der Unpräzision und von menschlicher Unzulänglichkeit wiedergeben zu können, ergibt neue Ausblicke. Und wir ahnen die Bedeutung voraus, die die Maschinen kraft ihrer Überlegenheit hinsichtlich Aufführbarkeit und Aktionsweite für die Konzeption von Werken in der Zukunft erlangen müssen."


    liebe grüße
    walter :)

  • In Augsburg lief dieses Jahr der "Maschinist Hopkins" - allerdings war ich nicht soooo begeistert, was weniger an der Musik, sondern an der dramaturgischen Ausrichtung des Stückes lag.

  • In Wien wurde der "Maschinist Hopkins" einmal von einer freien Operngruppe szenisch aufgeführt - und konnte mich eigentlich weniger begeistern als die konzertante Aufführung. Ich finde, daß Brand eine so anschauliche Musik schreibt, daß man im Geist ein wesentlich stärkeres Drama imaginiert, als man es auf der Bühne darstellen kann. Allein der Chor der schlafenden Maschinen ist ein Geniestreich.
    Eine Kurzoper aus Brands Zeit in den USA (den Titel habe ich leider vergessen) erschien mir hingegen etwas flach, sowohl im Libretto als auch in der Musik.


    Der durch Western-Romane bekannte Max Brand heißt mit richtigem Namen übrigens Frederick Schiller Faust. Sozusagen ein Namen gewordener literarischer Irtrtum. :D


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von musicophil
    Bis jetzt kannte ich diesen Name nur als Verfasser von "Cowboy stories".


    LG, Paul


    Wirklich sehr qualifiziert, Paul, wirklich.... :no:


    Nimm es ihm nicht übel Dr. Nachtstrom,


    beim Zählen der Jahreszahlen kommt er bis 1850 - alles danach ist für ihn terra incognita.... :stumm:


    :baeh01:
    :hello:
    Wulf.

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  • finde ich nicht so tragisch!
    ich hab sowieso schon gemerkt, daß ich mit meinen modernen Vorlieben hier abgesehen von 2-3 weiteren wackeren Mitstreitern eher ein "Nischendasein" führen werde... :D


    Aber was solls, hier ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten!


    lg
    walter


  • Maschinist Hopkins,
    Oper mit Prolog in 3 Akten
    Musik von Max Brand,
    Text vom Komponisten,
    Uraufführung: 13.4.1929 Duisburg,
    mit Wilhelm Trieloff • Hildegard Bieber- Baumann • Hans Bohnhoff,
    Dirig. Paul Drach.


    Bill, Arbeiter des Lixton- Werks (Bariton), will mit der Chefsekretärin Nell (Sopran) die Produktionsgeheimnisse des Werks entwenden. Nells Mann Jim, der Nachtwächter (Tenor), überrascht sie dabei und wird von ihnen umgebracht. – 5 Jahre später. Bill und Nell sind inzwischen verheiratet. Bill hat sich ein Finanzimperium aufgebaut und muss sich nun mit dem Vorarbeiter Hopkins (Bariton) streiten, während Nell ans Theater will. Hopkins deckt Bills Vergangenheit auf und zwingt ihn, ihm das Werk zu überschreiben. Bill macht Bankrott und bringt die zur Hure gewordene Nell um.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)