Können Menschen nicht mehr hören?

  • Kürzlich ergab es sich aus dem Gespräch (das auf die Orgel der Wenzelskirche in Naumburg kam), dass ich zwei Bekannten meiner Großeltern (der Mann ging letztes Jahr in Pension und war Schulleiter an einer Schule für lernbehinderte Kinder, seine Frau war Hausfrau) die Cage-CD (das Halberstädter Projekt war hier ja auch kurz Gesprächsthema) mit Bossert und Ericsson eben an dieser Orgel vorspielte. Bereits nach 30 Sekunden fragte die Frau das erste Mal etwas, worauf ich sie höflich bat, einfach zuzuhören und die Klänge zu genießen. Ihr Ehepartner hatte damit kein Problem; er saß am Tisch und hörte auf die Klänge, auf die Töne und Obertöne, die es da gibt, auf Veränderungen, auf gleich bleibendes, sie hingegen rutschte ständig auf ihrem Stuhl hin und her, fing grundlos an zu lachen etc etc, war also nicht in der Lage, ruhig diesen ungewohnten Klängen zu lauschen


    Noch krasser wird es, wenn man in meine Generation geht: Ich habe kürzlich mit einer Klassenkameradin (wir sind immerhin in Klasse 12, wo man etwas Kultur ja doch erwarten dürfte) ein Referat über die Romantik gehalten; sie hat gesungen, ich habe sie begleitet. Die Schüler brachten nicht einmal den RESPEKT auf, uns zuzuhören, sondern flüsterten, rutschten auf ihrer Bank herum etc etc... Wie es dann bei Orgelvorspielen, bei denen man im Musik-LK eine Note erhält aussieht, kann man sich vorstellen...


    Ist sowas normal?!


    Viele Grüße

    Bach ist Anfang und Ende aller Musik

  • Ja, das ist heute normal. Respekt vor dem Schaffen oder dem Eigentumn anderer gibt es nicht mehr in dem Umfang wie er früher selbstverständlich und Kennzeichen einer zivilisierten Gesellschaft gewesen ist. Mit dieser Erscheinung moderner Massengesellschaften muß man leider leben, sie fällt aber auf den Urheber zurück, nicht auf den Künstler.

  • ob es früher besser war, will ich ein wenig in zweifel ziehen.
    an der wende vom 19. zum 20. jahrhundert gab es sogar
    handgreiflichkeiten des publikums im wiener musikverein -
    inklusive polizei-einsatz (quelle: presse-ausschnitte in der
    austellung: die nackte wahrheit).


    so betrachtet ist lachen und am sessel rumrutschen doch
    vergleichwsweise harmlos ,-)


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Salut,


    im 18. Jahrhundert wurde ja auch während der Oper Karten gespielt, man unterhielt sich usw. - besonders während der Rezitative. Wenn was Interessantes kam, wurde man schon ganz automatisch aufmerksam :D


    Ich könnte mir vorstellen, dass diese heutige Respektlosigkeit einen bzw. zwei Gründe hat: Zum einen kann es an den Tonträgern liegen - da ist es nicht so schlimm, wenn man reinquasselt, man kann es ja wiederholen. Zum andern das Musikhören selbst: In der heutigen Musikkultur [Pop-Musik z.B.] sitzt sowieso niemand ruhig da und lauscht der Schönheit der Kläge... da würde man ja auch lange warten müssen...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • ich fasse es auf einen ganz einfachen nenner: dummheit und ignoranz sterben leider einfach nicht aus. :kotz:


    allen kreativen rufe ich zu: wißt, wer ihr seid und schätzt es! kein anderer wird es jemals tun ... :wacky:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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  • Zitat

    Original von sebastian
    ...
    Noch krasser wird es, wenn man in meine Generation geht: ... Die Schüler brachten nicht einmal den RESPEKT auf, uns zuzuhören, sondern flüsterten, rutschten auf ihrer Bank herum etc etc...
    ...
    Ist sowas normal?!


    Hallo Sebastian,


    bitte nicht falsch verstehen, aber: immerhin brachten sie den Respekt auf, zu flüstern, statt ungerührt drauflos zu plappern.


    Ich denke, es gibt Schlimmeres als Unverständnis, das einem entgegenschlägt. Damit wird man sich immer wieder arrangieren müssen. Ich glaube auch nicht unbedingt, dass die Leute generell unhöflicher geworden sind; abgelenkter, unkonzentrierter - mithin: reizüberfluteter, das dagegen wohl.


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • So manches Mal ist da nicht mal böser Wille dabei. Kunst erfordert immer ein Stück weit Konzentration und Hingabe. Im Klassenzimmer, in welchem nicht alle wirklich kunstinteressiert sind, sind die Bedingungen zudem nicht gerade günstig.


    Ich bin auch nicht immer in Stimmung dem gewaltigen Adagio in Bruckners 8. vollends zu folgen ... wenn ich aber in der richtigen Stimmung bin und offen dafür, ist es eine Offenbarung!

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Es ist einfach der fehlende Respekt und die Ahnungslosigkeit vor und von unser aller Liebe klassische Musik.
    Vielen ist es unverständlich wie man "so en kram"hören kann ohne sich auch nur eine halbe Stunde, ach was rede ich auch nur 10 minuten, mit klassischer Musik beschäftigt hat.


    Wie oft bekomm ich gesagt: ach ja das is ja alles ganz nett aber so lange ruhig sitzen bei einem Konzert das ist doch öde etc...
    Es scheint einfach nicht mehr in der Veranlagung vieler Menschen zu sein sich einfach mit Musik (oder generell Kunst, auch bei einer Ausstellung geht es vielen nicht anders) auseinander zu setzen und sich auch nur mal eine Stunde hinzusetzen und sich einfach Musik anzuhören.
    Aber vielen Menschen scheint dies nicht mehr möglich.Warum auch immer!!!


    Was soll man tun? Das frage ich mich oft.
    Es wird ja schon versucht einen einfachen Zugang zur Klassik zu geben und mit Begriffen wie "CoolClassic" oder solchem Schrott die Klassik salonfähig zu machen.
    Es gibt, meiner Meinung nach, aber keinen vergleichweise leichten Zugang zur Klassik wie zur U-Musik. Es steht doch viel mehr dahinter.
    Meiner Meinung nach reicht es nicht sich die Sache nur anzuhören zumindest befriedigt es mich nicht. Und das scheint nicht nur mehr so zu gehn sonst würd es unser Forum nicht geben.


    Und wenn mir dann einer erzählen will das irgendeine Rockband musikalisch besser oder gleich zu setzen sei mit Schumann oder Brahms dann bekomme ich Agressionen und muss mich zurückhalten nicht meinen ganzen Wortschatz an Schimpfwörtern auszupacken, da eine einfache Erörterung warum es nicht so sei die Person sowieso nicht versteht und nicht verstehen will - sie will nicht zuhören und da schließt sich wieder der Kreis.
    Ein Thema über das ich mir unendlich viele Gedanken mache und nur einige schnell hier geäußert habe...

  • Zitat

    Original von richard logiewa
    Und wenn mir dann einer erzählen will das irgendeine Rockband musikalisch besser oder gleich zu setzen sei mit Schumann oder Brahms dann bekomme ich Agressionen und muss mich zurückhalten nicht meinen ganzen Wortschatz an Schimpfwörtern auszupacken, da eine einfache Erörterung warum es nicht so sei die Person sowieso nicht versteht und nicht verstehen will - sie will nicht zuhören und da schließt sich wieder der Kreis.


    Hi richard logiewa,


    man sollte der Fairness halber erwähnen, dass es doch nicht selten umgekehrt ganz genauso ist. Leider. Denn die Vergleiche bringen meiner bescheidenen Meinung nach so herum wie so herum einfach nur eines: nämlich nix. Und zuhören wollten oft genug die eingefleischten "Klassiker" den anderen auch nicht. Da schließt sich dann freilich auch wieder der Kreis....


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Das ist absolut richtig.Ich stelle solche Vergleich auch nie an weil es eigentlich nicht vergleichbar ist!!Aber man muss sagen, dass man mit Sicherheit eher auf dem rechten Weg ist wenn man sagt das eine Brahms Sinfonie musikalisch "besser" ist als irgend ein gutes Rockmusikstück auch wenn es nicht vergleichbar ist.Es ist für mich nicht vergleichbar wegen des Stücktyps und dem solch riesigen Unterschied Brahms mit einem Rock/Pop-stück zu vergleichen, das ist irgendwie grauenhaft!Vorallem für den armen Brahms.


    Aber wenn solche Behauptungen mit solch einer Sturheit getroffen werden, wie in meinem Beispiel, dann weiß ich gar nicht mehr was ich sagen soll. Vernebelt? Anmaßend? Ahnungslos?

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  • [zitat]Klingsor
    ... allen kreativen rufe ich zu: wißt, wer ihr seid und schätzt es! kein anderer wird es jemals tun ...


    Robert
    ... Respekt vor dem Schaffen oder dem Eigentum anderer gibt es nicht mehr in dem Umfang ...


    Ulli


    ... im 18. Jahrhundert wurde ja auch während der Oper Karten gespielt, man unterhielt sich usw. ...[/zitat]


    Würd mich unter "normalen" Umständen nie in so eine Diskussion einmischen, war bloß ne blöde vergangene Woche mit "nicht- kreativen" Leuten.


    Ihr habt irgendwo alle recht. ...


    Ich finde, die Unaufmerksamkeit ist eine Mischung aus Desinteresse (was noch verständlich ist) gepaart mit einer mangelnder Erziehung bezüglich dem Respekt gegenüber der Leistung anderer Menschen.
    Bei einer CD mag das noch gehen, aber im Musikunterricht, wo Klassenkammeraden musizieren,halte ich es für ein Zeichen für den Werteverfall in der Gesellschaft ... Man muss nicht mehr höflich und respektvoll sein ... das eigen Ego, die eigenen Bedürfnisse, die Verwirklichung der eigenen Wünsche ist doch die oberste Maxime ... :no:


    Die Frage für mich ist, ob man als ausführender Künstler in so einem Fall die "Arbeit" verweigern sollte? :yes:


    ?( sebastian!!! hätte dein Lehrer Verständnis gehabt, wenn ihr euern Vortrag abgebrochen hättet??? :wacky:


    Aber auch anders herum [OK, falscher Thread] was mache ich, als aufmerksamer Hörer, wenn mir eine Aufführung nicht gefällt. ???
    "Tomatenwerfen" ist ja nicht mehr üblich :O ... Klatschen - und GEHEN??? :stumm:
    Aus "Respekt" bis zum Ende warten??? :no:


    .................. :rolleyes:

  • Zitat

    was mache ich, als aufmerksamer Hörer, wenn mir eine Aufführung nicht gefällt. ???


    Ich warte bis zur Pause oder einer möglichst guten Situation um, ohne die übrigen Konzertbesucher zu stören, den Saal zu verlassen.
    So würde ich es jedenfalls machen wenn ich mit der gesamten Aufführung unzufrieden bin. Finde ich in der Oper "nur" die Inszenierung grauenhaft würde ich nie den Saal verlassen den Musikern zur Ehre.


    Zitat

    Ich finde, die Unaufmerksamkeit ist eine Mischung aus Desinteresse (was noch verständlich ist) gepaart mit einer mangelnder Erziehung bezüglich dem Respekt gegenüber der Leistung anderer Menschen.


    Das trifft es auf den Punkt!


    Zitat

    Die Frage für mich ist, ob man als ausführender Künstler in so einem Fall die "Arbeit" verweigern sollte?


    Ich würde es nicht tun.Denn vielleicht gibt es einen einzigen Menschen im Raum dem deine Musik etwas bringt oder ihn berührt und für diesen Einzelnen lohnt es sich dann musiziert zu haben.

  • Richard logieva


    Ich finde Deine Einstellung ein wenig untolerant. Nicht alle Musikliebhaber mögen gleichzeitig auch Klassik und können trotzdem absoluter Musikliebhaber ebenso anspruchsvoller Musik sein, die es natürlich auch in Umsetzung für Gitarre, Bass, Tasten und Schlagzeug gibt. Deine Äußerung über Rockmusik lässt von wenig Interesse dafür kunden, was absolut in Ordnung ist. Damit einhergehend verfügst Du sicherlich aber auch nicht über die notwendige Kenntnis des einen oder anderen Werkes, um beurteilen zu können, ob dies auf einer Stufe mit einem Brahmns stehen könnte. Da hier auch subjektive Kriterien eine Rolle spielen, kann es dies durchaus. Ich selbst betraczhte einiges an Rockmusik (respektive Progmusik als sicherlich anders, als Klassik, würde sie aber niemals abwerten.


    In diesem Zusammenhang von Anmaßungen o. ä. zu sprechen halte ich leider für etwas daneben. Mitunter stellt die Rockmusik, respektive die Progmusik, sogar die Weiterentwicklung von klassischen Tonstrukturen dar. Es soll auch in diesem Bereich sogar Künstler geben, die sich zurecht so bezeichnen dürfen und sich über Ihre Kunst sogar einen Kopf machen. Über Kunst generalisierend derart und vergleichend zu werten, wie Du dies getan hast, ist unangemessen.


    Abgesehen davon muss man auch vor Menschen mit keinem großen Kunstverständnis Respekt haben, auch wenn diese gegenüber Menschen mit einer großer Kunstfanatik vielleicht nicht ganz soviel Verständnis zeigen.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von Masetto
    ...
    Nicht alle Musikliebhaber mögen gleichzeitig auch Klassik und können trotzdem absoluter Musikliebhaber ebenso anspruchsvoller Musik sein, die es natürlich auch in Umsetzung für Gitarre, Bass, Tasten und Schlagzeug gibt.
    ...
    Es soll auch in diesem Bereich sogar Künstler geben, die sich zurecht so bezeichnen dürfen und sich über Ihre Kunst sogar einen Kopf machen. Über Kunst generalisierend derart und vergleichend zu werten, wie Du dies getan hast, ist unangemessen.


    Abgesehen davon muss man auch vor Menschen mit keinem großen Kunstverständnis Respekt haben, auch wenn diese gegenüber Menschen mit einer großer Kunstfanatik vielleicht nicht ganz soviel Verständnis zeigen.


    Danke, Masetto,


    das war mir wirklich aus dem Herzen gesprochen :jubel:


    Ich finde ohnehin erstaunlich, dass zuletzt vielfach die jüngeren Forumsmitglieder das Ende des Abendlands wegen galoppierenden Kultur-Verlusts heraufdämmern sehen. Eigentlich sollte das Älteren und Mittelalten wie mir vorbehalten sein - auf die Jugend schimpfen. Aber vielleicht ist da die nivellierende Lebenserfahrung vor.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Ach was, zeitlose Kunst, die vor allem in den Herzen der Menschen gelandet ist - und nur darauf kommt es an - (die eine Kunst sei besser als die andere, ist subjektiver Quatsch in meinen Augen) wird auch überdauern.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

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  • Zitat

    Original von lohengrins
    Eigentlich sollte das Älteren und Mittelalten wie mir vorbehalten sein - auf die Jugend schimpfen.


    Ich bemitleide sie eher, als sie zu beschimpfen. Ich beschimpfe die Gründe, weshalb sie nie die Bildung bekamen um sich selbst ein fundiertes Urteil zu formen.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Masetto
    Ach was, zeitlose Kunst, die vor allem in den Herzen der Menschen gelandet ist - und nur darauf kommt es an - (die eine Kunst sei besser als die andere, ist subjektiver Quatsch in meinen Augen) wird auch überdauern.


    ?(
    das würde heißen, alles ist gleich gut, und dass wir hier alle mozart hören und nur wenige kozeluch und niemand andere mozartkollegen, die nicht gespielt werden sondern in archiven verschimmeln, ist reiner zufall.


    im herzen der menschen landet sehr viel und nur wenig davon überdauert (wenig verglichen mit der gigantischen menge an produktion, extrem viel aber an absoluter menge).


    Zitat

    Mitunter stellt die Rockmusik, respektive die Progmusik, sogar die Weiterentwicklung von klassischen Tonstrukturen dar.


    außerdem dachte ich, es sei üblich, rock und pop nicht als kunstmusik anzusehen. dass zwischen ernster und unterhaltungsmusik stets wechselseitiger austausch stattgefunden hat, ist kein argument für qualität.

  • Wieso sollte Rockmusik nicht als Kunstmusik angesehen werden? Zudem spreche ich von ProgressiveRock, der durchaus Kunstmusik ist. Mitunter nennt man dieses Genre bezeichnenderweise auch ArtRock.


    Auch habe ich nicht gesagt, dass der Austausch zwangsläufig ein Merkmal für Anspruch ist, sondern ich lehne lediglich die pauschalisierende und generalisierende Abwertung und Nichtanerkennung als Kunstmusik ab.


    Keiner kann sagen, diese Kunst ist besser als die andere, weil den wenigsten die für diese Aussage doch notwendige absolute Objektivität fehlt!


    Darüber diskutiert man ja.


    Insofern finde ich solche Aussagen eben falsch.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • ok.
    ich könnte mir bei richard allerdings vorstellen, dass er die lieblingsrockbands der leute, die ihn so empören, indem sie sagen, das sei gleichrangig mit brahms, schon angehört hat?

  • Zitat

    Original von richard logiewa
    Das ist absolut richtig.Ich stelle solche Vergleich auch nie an weil es eigentlich nicht vergleichbar ist!!Aber man muss sagen, dass man mit Sicherheit eher auf dem rechten Weg ist wenn man sagt das eine Brahms Sinfonie musikalisch "besser" ist als irgend ein gutes Rockmusikstück auch wenn es nicht vergleichbar ist.Es ist für mich nicht vergleichbar wegen des Stücktyps und dem solch riesigen Unterschied Brahms mit einem Rock/Pop-stück zu vergleichen, das ist irgendwie grauenhaft!Vorallem für den armen Brahms.


    Lieber Richard,


    das in Anführungszeichensetzten hättest Du Dir eigentlich sparen können, denn Deine Absicht hinter diesem Satz, dein Standpunkt ist eh offensichtlich, entschuldige.


    Du sagst, Du hältst solche Vergleiche für unzureichend, da nicht vergleichbar. Doch insgeheim vergleichst Du ja doch und fühlst Dich zutiefst gekränkt, wenn jemand einen Rocksong einer Brahms-Symphonie vorzieht oder sogar behauptet, dieser sei besser - was natürlich, Unvergleichbarkeit der Genres wieder vorausgesetzt ebenso Quatsch ist.
    Und wenn Du ehrlich bist, geht es Dir weniger um sachliche Einschätzung, sondern um Parteiergreifung. Denn würde jemand mit Innbrunst behaupten eine Brahms-Symphonie sei besser als jeder geschriebene Rock-Song würde Dein Protest nicht halb so wild sein, ich wette Deine Aggressionen würden einem schelmischen Lächeln weichen.


    Doch um den tatsächlichen Tatbestand der Unvergleichbarkeit geht es v.a. den meisten Klassik-Hörern gar nicht. Gerne wird nämlich ignoriert, daß die Intention eines Rocksängers eine ganz andere ist und stattdessen, der aus Klassik-Perspektive betrachtete vermeintlich unzureichende Song mit dem Songschreiber identifiziert und abqualifiziert wird, dahin gehend, daß dieser doch gar nicht fähig sei ein komplexes Werk wie ein Brahms zu schaffen und stattdessen lieber "billige" Liedchen schreibt. (Meistens,weil man sich gekränkt fühlt, was letzendlich inkonsequent ist, wenn man von der vermeintlichen Überlegenheit ausgeht...)
    Nun, zunächst ist das eine recht anmaßende Behauptung und selbst wenn dem so wäre, könnte man ja nicht beurteilen, ob er es mit der nötigen Ausbildung nicht doch geschafft hätte.
    Nun argumentieren viele noch in der Schiene, daß ein Komponist klassischer Musik mit Sicherheit einen blöden Rock -oder Pop-Song zu Papier bringen könnten, denn ihre Ausbildung (und ihr Talent, wie manche gerne behaupten) sei wesentlich ausgereifter. Doch weit gefehlt. Ich habe das von Seite eines Komponisten bestätigt bekommen. Streichquartette kann er schreiben, doch einen Rocksong - und ich sage bewußt Rocksong - im Stile von Pink Floyd etc.würde er einfach nicht hinbekommen, das liege bereits an seinem Charakter.
    Ich lernte einmal einen Schüler Celibidaches kennen, als ich in einem Klassik-CD-Laden jobbte. Der behauptete, ihm sei ein guter Rock-Song tausendmal lieber als eine schlechte Symphonie - auf welche er das bezog, weiß ich nicht mehr, aber ich glaube es war ein amerikanischer Komponist.


    LG
    Wulf.

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  • Das ist richtig!!
    Zudem hab ich schon selber mit viel Spaß bei irgendwelchen Schulprojekten in der Vergangenheit in Bands am Bass mitgespielt, von daher weiß ich gut von was ich spreche.Wie ich schon schrieb mit Spaß aber immer mit dem Wissen bzw.der Überzeugung, das dies zumindest für mich nimmer vergleichbar ist mit einem Schubertlied, einer Mozart Arie und was auch immer...


    Ich schrieb ja selber, dass es nicht vergleichbar ist!
    Aber wenn mir einer mit dem Vergleich ankommt das ein Rock/Pop Stück mit 3-5 Akkorden, 2 Solos, 3 Strophen und Refrain musikalisch vergleichbar oder besser sein sollte wie eine Brahms Sinfonie dann ist es für mich zumindest schwer ruhig zu bleiben.


    Das z.B. eine Band wie Dream Theater aus großartigen Musikern und auch Künstlern besteht bestreite ich in keinster Weise.


    Zitat

    Ich finde ohnehin erstaunlich, dass zuletzt vielfach die jüngeren Forumsmitglieder das Ende des Abendlands wegen galoppierenden Kultur-Verlusts heraufdämmern sehen.


    Ich denke es ist eher eine Frage wie man Kultur aufnimmt/annimmt und wie man sie von Anfang an erlebt und erlernt hat und nicht unbedingt eine des Alters.Natürlich hat man als junger Mensch nicht die Erfahrung wie jemand der schon Jahre mehr Kultur "erlebt" und auf eine viel längere Zeit zurückblicken kann, aber das ist ja völlig klar.


    Mfg

  • Lieber Wulf, du triffst es ziemlich auf den Punkt.Vorallem das mit dem schelmischen Lächeln gefällt mir doch sehr gut :pfeif:
    Natürlich ist da Parteiergreifung dabei. Wär ja auch schlimm wenn nicht.Aber ich könnte mein genanntes Beispiel auch ganz neutral erläutern und darlegen und käme zum Ergebnis das die Brahms Sinfonie musikalisch einfach viel mehr hergibt.

  • Zitat

    Original von richard logiewa
    Ich schrieb ja selber, dass es nicht vergleichbar ist!


    Lieber Richard,


    tust Du aber trotzdem. Mir scheint, daß Du den Begriff der Vergleichbarkeit bzw. seine Verneinung zur Verdeutlichung eines drastischen Qualitätsunterschiedes heranziehst, während ich daruaf abzielen wollte, daß man wegen unterschiedlicher Intentionen nicht vergleichen kann. (wie Äpfel und Birnen).
    Aber selbst, wenn wir in der Klassik bleiben. Nimm ein Werk wie "Piano Phase" von Steve Reich.
    Du wirst sagen kein vergleich zu Schubert - wo ist z.B. Melodie? Ich sage: Steve Reich hatte gar nicht im Sinn ein im herkömmlichen auskomponiertes Werk zu schreiben (ich hoffe, ich irre nicht :wacky: )
    Für mich ergibt es keinen Sinn, Werke aus Klassik und Rock gegeneinander aufzuwiegen...


    LG
    Wulf.

  • Ja, auskomponiert war da das falsche Wort.
    Ich dachte eher so an auskomponierter Sonatenhauptsatzform, diesen ganzen alten Krempel halt. :stumm:
    Ok, sagen wir 4´33. Zufrieden? ;)


    LG
    Wulf.

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  • Genau um die "Verdeutlichung eines drastischen Qualitätsunterschiedes" ging es mir. Wenn ich mich unverständlich ausgedrückt habe tuts mir Leid. Zudem hatte ich gestern Abend eine etwas erhitzte Diskussion zu diesem Thema mit einigen Leuten bei der ich oftmals an diesen Smilie dachte: :no:
    anschließend sah ich diesen Thread und habe meinen Gefühlen etwas unkontrolliert Lauf gelassen.Was nicht heißen soll das ich jetzt irgendwas anders sehe :hello:


    Mfg Richard

  • Lieber Richard,


    dazu ist doch ein Forum auch da - um seine Gefühle auch mal freien Lauf zu lassen. Und unkontrolliert, fand ich das keineswegs, da Du mich ja nicht persönlich beleidigt hast :yes:
    Wäre doch schrecklich, wenn hier alles pupwarm friedlich ablaufen würde, oder?


    Ich bleibe selbstverständlich bei meinem Standpunkt unterschiedlicher Intentionen. :baeh01:


    :hello:
    Wulf.

  • Zitat

    Original von Wulf
    Ich bleibe selbstverständlich bei meinem Standpunkt unterschiedlicher Intentionen. :baeh01:


    na die wird keiner abstreiten. drum kann die unterhaltungsmusik ja auch gar nicht so gut sein, wie die ernste musik, weil sie ja andere intentionen hat als künstlerische qualität, welche letztere nunmal nicht per zufall entsteht.
    :D

  • Zitat

    Original von richard logiewa
    .Aber ich könnte mein genanntes Beispiel auch ganz neutral erläutern und darlegen und käme zum Ergebnis das die Brahms Sinfonie musikalisch einfach viel mehr hergibt.


    Sie dauert ja auch wesentlich länger als ein Rocksong! ;) Und wenn ich Dir die richtigen vier Minuten einer Brahms-Symphonie raussuche, wäre ich so frech zu behaupten, Dir das Gegenteil zu beweisen -was natürlich keinen Sinn macht, weil diese vier Minuten aus dem Zusammenhang gerissen sind.
    Abe warum gerade Brahms-Symphonien? Da bin ich eh ein schlechter Ansprechpartner. Für mich sind gerade seine Symphonien meist durchkomponierte Langeweile :stumm::untertauch::stumm:


    Nehmen wir doch, wenn es um Symphonien gehen soll schon eher Mahler, einverstanden? :beatnik:


    LG
    Wulf.

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    na die wird keiner abstreiten. drum kann die unterhaltungsmusik ja auch gar nicht so gut sein, wie die ernste musik, weil sie ja andere intentionen hat als künstlerische qualität, welche letztere nunmal nicht per zufall entsteht.
    :D


    Kommt ganz darauf an, was Du unter "gut" verstehst. Unterhaltungsmusik, wie ich diesen begriff schon wieder ... :motz: :D

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