Wolfgang Amadeus Mozart: Le Nozze di Figaro

  • Liebe Mozartianer,


    Zweifellos ist "Le Nozze di Figaro" eine der bemerkenswertesten Opern, nicht nur Mozarts, sondern überhaupt.
    Oberflächlich bertrachtet handelt es sich um eine komische Oper mit harmlosen Inhalt, aber eben nur oberflächlich betrachtet.....
    In Wirklichkeit enthält das Werk all jenen politischen Zündstoff, den man so gern in die Zauberflöte hineinprojiziert.........
    Die Oper beruht auf dem Lustpiel "le mariage de Figaro ou la folle journée" von Pierre Augusten Caron de Beaumarche, welches revolutionäres Gedankengut und kaum verhohlen Kritik enthält und daher in Österreich verboten wurde. Lorenzo da Ponte, eine sehr schillernde Persönlichkeit, versprach jedoch das Werk so umzuarbeiten,
    daß es keinen Grund zu Beanstandungen geben würde und Mozart willigte erfreut ein, nahm er doch seinem Rivalen Salieri auf diese Weise ein aktuelles, und schon vor Fertigstellung skandalumwittertes Libretto weg. Es war nicht ganz leicht, aber Da Ponte versprach Kaiser Joseph II, daß die Oper in ihrer fertigen Form nichts aufzuweisen hätte, was "seine Majestät beleidigen könnte" Schließlich wurde die Erlaubnis zu Aufführung erteilt, und am 1. Mai 1786 wurde die Oper in Wien uraufgeführt.


    Wir wollen uns nach dieser Einleitung jedoch den zur Verfügung stehenden Aufnahmen widmen die für Schallplatte und CD gemacht wurden und das waren etliche.


    Eine der klangschönsten und bekanntesten Aufnahmen der Vergangenheit ist wohl jene mit Karl Böhm aus dem Jahre 1968 für die Deutsche Grammophon , von der es auch eine Videoaufzeichnung gibt.
    Die Besetzung mit Hermann Prey/Edith Mathis/Gundula Janowitz/Dietrich Fischer-Dieskau/Tatjana Trojanos war nahezu Perfekt. Für mich ist diese Aufnahme bis heute Referenz.



    Allerdings unterschlägt sie zumindest teilweise das ironische, bissige und zugleich Gefährliche, das in dieser Oper steckt, das wurde mir erst neulich klar, als ich die TV-Übertragung aus Paris, dirigiert von René Jacobs sah, die mit etwas anderer Besetzung, aber demselben Geist verpflichtet für harmonia mundi france auf CD aufgenommen wurde.


    Die Besetzung ist:


    Veronique Gens - Patrizia Ciofi - Angelika Kirchschlager -Lorenzo Regazzo -Simon Keenlyside
    Es spielt das Concerto Köln unter René Jacobs


    Der Schönklang wurde teilweise geopfert, die Oper wurde "leichter" uns "spritziger" manchmal klingt das Orchester richtig boshaft, wie schon in der Aufnahme der Cosi zu beobachten war.


    ]


    Ich halte diese Aufnahme für ein sehr gute andere Lesart, die sich deutlich von jene von Karl Böhm unterscheidet, diese jedoch keineswegs entwertet. Hier sind zwei so unterschiedliche Auffassungen realisiert wurde, jede auf ihre Art erstklassig, daß man meinen könnte es handelt sich um zwei verschieden Werke...



    Das war mal die Einführung zum Thema, jedoch gibt es noch zahllose wirklich gelungene Aufnahmen, aber ich nehme an, da wir d der ein oder andere von Euch was dazu sagen wollen


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Mozartianer bin wohl nicht, schreibe aber dennoch mal dazu, weil ich die Opern Mozarts großartigst finde und meine, der war eigentlich ein Opernkomponist.
    Ich kenne verschiedene Inscenierungen. Ein recht kühle aus Paris mit Gardiner, eine sehr gegen den Strich bebürstete mit Peter Sellars, die wiederum psychologisch fein gestaltete von Ponelle, auch mit Böhm, Prey und Dieskau, aber die Kanawa als Gräfin.


    Dies leitet unmittelbar zu meinen Höreindrücke über. Jacobs macht "natürlich" einen quirligen Figaro. Man versteht, warum das Stück der Zensur anheinmfiel. Aber er hat irgendwie nicht die Sänger zur Verfügung, die man gerne hören möchte.


    Eine Kultaufnahme war 1956 diejenige mit Erich Kleiber. Ich habe sie, schätzte sich aber wegen der della Casa nicht. Mir ist diese Gräfin zu unbeteiligt. Ihre große Konkurrentin Schwarzkopf, mit Karajan, hat das viel besser gemacht, und ich gestehe es, am liebste höre ich die Gräfin von der Kanawa mit Solti ( 1981). Die Kanawa singt berückend schön.. dové son..., die Wiederholung im pianissimo. Ich finde insgesamt, das ist eine großartige Aufnahme des Figaro.
    Wir werden sicher noch eine intensive Diskussion über die verschiedenen Aspekte dieses genialen Werks haben.
    Soviel erst einmal.


    Grüße aus Bremen


    Sagitt

  • Sagit schrieb:


    Zitat

    Dies leitet unmittelbar zu meinen Höreindrücke über. Jacobs macht "natürlich" einen quirligen Figaro. Man versteht, warum das Stück der Zensur anheinmfiel. Aber er hat irgendwie nicht die Sänger zur Verfügung, die man gerne hören möchte.


    Ob das nicht die andere Seite der Medaille ist? Ich kaufte die Neuaufnahme unter Jacobs, weil ich tags zuvor die Inszenierung aus Paris gesehen habe: Gleicher Dirigent, gleiches Orchester, jedoch mehrheitlich andere Sänger. - - Dennoch der Charakter und die Grundhaltung blieb dieselbe: Verzicht auf "opernhafte Attitüde", weitgehend Verzicht auf "schönen Klang", weitgehend Verzicht auf "Kraft" Die Wirkung ist eine völlig andere, als ich sie gewohnt war:


    Die Optik, die Handlung tritt in den Vordergrund, auf Kosten der "Musikalischen Substanz" Auf CD gibt es allerdings keine optik die in den Vordergrund treten könnte, daher wird man durchaus was vermissen (es sei denn man hat die Inszenierung aus Paris vor seinem geistigen Auge).


    Die Erich-Kleiber Aufnahme steht schon lange auf meiner Wunschliste, leider ist sie immer dann nicht lagernd, wenn ich gerade entschlossen wäre, sie zu kaufen. Allerdings besitze ich ohnedies schon genug Aufnahmen dieser Oper, under anderem jene unter Otto Klemperer, von der viele sagen, sie verfehle das Thema auf hohem Niveau.
    Sie stellt IMO dem Gegenpol zur Einspielung von Jacobs dar: Wuchtig, langsam und bedeutungsvoll, ja manchmal möchte man sogar sagen schleppen. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht daß es von meiner Tagesverfassung abhängt, ob ich Klemperers wuchtiges, schweres Dirigat als interessante Arternative sehe, oder nicht. Es sind offenbar doch die Hörgewohnheiten......


    Soltis "Figaro": Da müsste ich mal wieder kritisch hineinhören um ein heute relvantes Urteil abgeben zu können, ich habe die Aufnahme seit etwa 20 Jahren nicht mehr gehört. Als ich sie kaufte war ich, Böhmschen Mozart als alleinseligmachend im Ohr ;) , eher enttäuscht.
    Aber ich war damals überhaupt kein Freund von Soltis Aufnahmen. Wiener Klassik, so finde ich, liegt ihm nicht besonders, klassische Moderne, IMO seine Domäne, hörte ich damals nicht. So werde ich die langen Winterabende dazu nutzen, alte Erinnerungen aufzufrischen, und alte (Vor- (?)) Urteile zu revidieren, falls nötig.


    Ich hoffe aber, daß sichi m Lauf der Zeit weitere Stimmen zu Mozarts Opern melden....


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ob das nicht die andere Seite der Medaille ist? Ich kaufte die Neuaufnahme unter Jacobs, weil ich tags zuvor die Inszenierung aus Paris gesehen habe: Gleicher Dirigent, gleiches Orchester, jedoch mehrheitlich andere Sänger. - - Dennoch der Charakter und die Grundhaltung blieb dieselbe: Verzicht auf "opernhafte Attitüde", weitgehend Verzicht auf "schönen Klang", weitgehend Verzicht auf "Kraft" Die Wirkung ist eine völlig andere, als ich sie gewohnt war:


    Die Optik, die Handlung tritt in den Vordergrund, auf Kosten der "Musikalischen Substanz" Auf CD gibt es allerdings keine optik die in den Vordergrund treten könnte, daher wird man durchaus was vermissen (es sei denn man hat die Inszenierung aus Paris vor seinem geistigen Auge).


    Ich war bei der Aufführung, die ARTE übertrug, in Paris anwesend und fand die Inszenierung Martinotys eher bescheiden - die Bühnenbilder Schavernochs waren allerdings ganz nett. Mir hat sich im Theater vor Ort der Eindruck eher umgekehrt vermittelt: die relative Zurückhaltung seitens der Bühne und die starke Präsenz des Orchesterklangs des Concerto Köln (wiewohl es nicht sehr laut war) haben die Aufmerksamkeit eher auf die Musik gerichtet als auf die szenische Aktion.


    Nun konnte sich Jacobs in Paris aber auch auf die Sänger verlassen, ich habe vor allem Anette Dasch und Pietro Spagnoli als Grafenpaar sehr gut in Erinnerung - kann aber auch sagitts Kritik an der Besetzung von Jacobs Einspielung nur bedingt nachvollziehen......


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Sie stellt IMO dem Gegenpol zur Einspielung von Jacobs dar: Wuchtig, langsam und bedeutungsvoll, ja manchmal möchte man sogar sagen schleppen. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht daß es von meiner Tagesverfassung abhängt, ob ich Klemperers wuchtiges, schweres Dirigat als interessante Arternative sehe, oder nicht. Es sind offenbar doch die Hörgewohnheiten......


    Darf ich ketzerisch sein und Dir Harnoncourts zweifellos diskussionswürdige Interpretation ans Herz legen? Mit Scharinger, Bonney, Margiono und Hampson besetzt, bietet Harnoncourt eine ungewöhnlich ernste Wiedergabe der Oper, in der es wesentlich weniger lustig zugeht, als man es gewohnt ist. Darüber kann man sicher geteilter Meinung sein, als Gegenpol zum gängigen quirligen Figaro-Bild ist mir die Aufnahme allerdings sehr lieb geworden.



    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Claus und Rest der Welt


    Ich ich glaube ich kenne (allerdings nur aus Fernsehausschnitten) diese Aufnahme, bzw die ihr zugrundeliegende Inszenierung.Ich glaube es war anlässlich einer Neuinszenierung in Salzburg.


    Mein erster Eindruck (und viel länger hatte ich nicht Zeit, Eindrücke zu sammeln), war, Harnoncout vermag es jede Musik so zu dirigieren, daß man die Lust daran verliert. Ein scheußliches Bühninbild kam dazu.
    Ende der Vorstellung.


    Gerade das Quirlige verleiht IMO der Neuaufnahme unter Jacobs die Berechtigung.
    Es ist natürlich schwer die Neuaufnahme mit der Inszenierung im Fernsehen (Paris) absolut gleichzusetzen, indews der Interpretationsansatz war ähnlich. Zusätzlich zum harmlos-quirligen
    kommen aber weitere Faktoren hinzu. Hier wäre zu sagen, daß der Ernst immer wieder durchschimmert, daß der Graf eigentlich nicht unbedingt was gräflich-majestätisches mehr an sich hat und daß ihn auch die Bedienten offensichtlich nicht mehr so sehen. Das ist ja irgenwie ein Schwerpunkt des Themas, aber gerade dies wurde von üblichen Inszenierungen zugedeckt.


    Zum Bühnenbild und den Kostümen: Eigentlich wollte ich mir das ganze nicht ansehen, weil ich eine "moderne" Inszenierung vermutete, als hab ich erst später den Fernseher aufgedreht, nur zur Information. Das Bühnenbild fand ich Stilisierend und spartanisch, aber an heutigen Standards geradezu geschmackvoll. Ich fand anfangs einiges übertrieben gespielt, und verglich es mit "comedia dell arte", bis mit klar wurde, daß gerade dies der Pluspunkt war, daß man ja eignetlich ein französiches Stück vor sich hatte. Und plötzlich ließ mich die Inszenierung nicht mehr los und ich genoss viele Feinheiten, die wahrscheinlich im Zuschauerraum untergingen, wahrscheinlich wurd schon mit Seitenblick auf die Fernsehübertragung instzeniert....


    Daß Du sagitts Urteil nicht nachvollziehen kannst, ist mir klar weil hier ein Generationsunterschied zum tragen kommt. Das ist ja auch was ich immer wieder sehe: Die Ansprüche an ein Werk sind von Generation zu Generation andere, und niemand kann sich in den anderen hineindenken. Ich kann das (inzwischen) durch lange Erfahrung mit diversen Foren schon, allerdings lediglich auf intellektueller Ebene, nicht jedoch auf emotioneller.
    Die Frage ist ja auch, was das Publikum letztlich will:


    a) Sich zu unterhalten, und das ganze als heitere Oper ohne Tiefgang sehen.


    b)Lediglich schöne Stimmen hören, ohne überhaupt am Inhalt der Oper in geringster Weise interessiert zu sein


    c) Gesellschaftliche Brüche des späten 18. Jahrhunderts dokumentiert sehen.



    Gerade dieses Spannungsfeld ist es aber, das ein Forum am Leben erhält, leider ist es in der Regel so, daß Forianer mit der Zeit einen Einheitsgeschmack bilden, was Diskussionen schwierig macht. Hier hilft nur eine konsequente "Rekrutierung" von "Neuforianern". :D


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred




    BTW: Natürlich werde ich in absehbarer Zeit erneut in Harnoncourts Figaro reinhören, um zu prüfen, ob sich mein Geschmack gewandelt hat.

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Hallo Alfred ,


    ich weiß gar nicht, in welcher Schublade ich stecke ? Ich,beim Tennis bereits in der Senoirenklasse, habe ich welches Ästethik-Konzept ?
    Ich versuche, mir und Euch Rechenschaft zu geben: ich unterscheide zwischen Sehen und Hören. Beim Hören interessiert mich- naturgemäß- die Konzeption des Stücks weniger. Jacobs macht das hörbar, aber darn interessiert mich nur, ob es mich musikalisch überzeugt.Concerto Cölln ist ein großartiges Orchester und Mozart, mehr oder weniger aufgemotzt, ist dem Figaro nicht unangemessen, aber die Stimmen ? Singen sie jetzt so, wie es dem Regiekonzept entspricht oder hat zB eine Veronique Gens nicht die Stimme einer Kanawa oder Schwarzkopf. Es geht mir bei den Damen nicht um den puren Schöngesang, sondern das, was sie mit dem Gesang ausdrücken. Die vornehme Melancholie im "dovè sono" und die zärtliche,vorbehaltlose Liebe im "Perdono". Dies allerdings meine ich, ist von Mozart so komponiert und macht diese Oper zu einem Juwel.
    Etwas anderes ist es, wenn ich Inscenierungen sehe. Wenn ich Peter Sellars anschaue, frage ich, ob diese Verfremdung einer Aussage der Oper gerecht wird, uns zu einem neuen Nachdenken über Herr und Knecht verhilft ( denn der historische Konflikt ist nicht der unsere, aber das Thema Herr und Knecht ist zeitlos). Für eine gute Inscenierung nehme ich weniger überzeugende Sänger inkauf( grundsätzlich ist dies bei allen Sellars-Inscenierungen der Fall).
    Soviel und soweit zu meiner Vorstellung zu Interpretationen.


    Freundlichen Grüßen aus dem grauen Bremen


    Sagitt

  • Hallo Alfred,


    dass wir mit Harnoncourts Figaro-Sicht aneinander rasseln, hatte ich schon vermutet......


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich ich glaube ich kenne (allerdings nur aus Fernsehausschnitten) diese Aufnahme, bzw die ihr zugrundeliegende Inszenierung.Ich glaube es war anlässlich einer Neuinszenierung in Salzburg.


    Es gibt insgesamt mindestens drei mediale Möglichkeiten, Harnoncourts Sicht auf Figaro zu hören: Zunächst die Aufnahme mit dem Concertgebouw Orchester, die ich angezeigt hatte. Dann gibt es einen Film über Proben zur Salzburger Inszenierung von Luc Bondy, der insofern spannend ist, als dass man Harnoncourt hier einmal erlebt, wie er sehr genau und gewissenhaft probt - und in jedem Moment weiss und vermitteln kann, warum er es so machen will, wie er es denn auch macht. Und dann gibt es einen kompletten Mitschnitt der Züricher Inszenierung von Jürgen Flimm. Ich vermute, dass Du daraus Ausschnitte gesehen hast - das Bühnenbild (Erich Wonder) entspricht dabei jedenfalls nicht der gängigen Vorstellung von Ausstattungspomp. Dennoch fand ich die Inszenierung über weite Strecken vor allem von der Personenführung gelungen. Die drei Sichtweisen unterscheiden sich vom Dirigenten her ein wenig, im wesentlichen dürften sie aber ein ähnliches Bild vermitteln.


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Mein erster Eindruck (und viel länger hatte ich nicht Zeit, Eindrücke zu sammeln), war, Harnoncout vermag es jede Musik so zu dirigieren, daß man die Lust daran verliert.


    Und da fängt nun doch die Geschmacksfrage an, über die man bekanntlich entweder gar nicht oder doch herzhaft diskutieren kann. Nachvollziehen kann *ich* es aus meiner Sicht jedenfalls nicht, was Du über Harnoncourts Herangehensweise sagst. Mir hat er im Gegensatz im Laufe der Zeit sehr oft ganz neue Lust auf bestimmte Musik gemacht (und es freute mich natürlich, eben zu lesen, dass es nicht nur mir, sondern etwa auch Sascha so ging).


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Es ist natürlich schwer die Neuaufnahme mit der Inszenierung im Fernsehen (Paris) absolut gleichzusetzen, indews der Interpretationsansatz war ähnlich.


    Zweifellos, die Aufnahme ist auch im Rahmen einer längerfristigen Beschäftigung des Concerto Köln und Jacobs mit dem Figaro entstanden, die Inszenierung in Paris war sozusagen Anfang und vorläufiger Schlusspunkt dieses Prozesses. Sie ist nämlich keineswegs neu gewesen, sondern schon vor drei Jahren, wenn ich nicht irre, genau so in Paris gespielt worden. Sie wurde nur in diesem Jahr für eine Aufführungsserie wieder augenommen.


    Soviel zunächst, meine bescheidene Sicht der Dinge.


    Beste Grüsse nach Wien,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Beim Figaro hat man eigentlich eine ungewöhnlich große Zahl guter Einspielungen, die noch dazu fast alle Geschmäcker bedienen. Aber es gibt noch ein paar ältere Aufnahmen, die noch nicht ihrem Wert entsprechend gewürdigt wurden: natürlich ist Alfreds Lieblings-Böhm ein Fixpunkt der Diskographie, aber auch beide Karajan-Einspielungen sind sehr gut. Noch höher schätze ich Erich Kleibers Figaro, der faktisch in allen Belangen ein Quentchen besser ist als die Böhm-Einspielung und last but not least darf man keinesfalls auf den Glyndebourne-Mitschnitt unter Fritz Busch vergessen.


    Dass gerade die drei ältesten Aufnahmen (besonders Kleiber und Busch) einen schlanken, flotten und federnden Mozart-Stil pflegen, der ohne aufgesetzte Hektik daherkommt, leider auch keine tiefenpsychologische Schwermut verströmt, keinen Takt langweilt oder nervt und ärgerlicherweise fast pures Höhrvergnügen darstellt, sei vor allen jenen Musikliebhabern ins Stammbuch geschrieben, bei denen man den Eindruck hat, dass alles was vor 1960 eingespielt wurde, langsam, dick, undurchsichtig und voll falschem Pathos sei. ;)


    Leider gibt es keine Einspielung von Josef Krips, der mit einer guten Besetzung der Figaro-Diskographie zweifellos eine weitere Mozart-Perle hinzugefügt hätte.


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Claus , Hallo Theophilius



    Zitat

    dass wir mit Harnoncourts Figaro-Sicht aneinander rasseln, hatte ich schon vermutet......


    Na ja, sooo arg ist es auch wieder nicht, Schließlich wußte ich ja wen ich ins Forum gelockt habe...... :D


    Ich zweifle nicht an, daß Harnoncourt weiß was er macht und auch nicht, daß er es vermitteln kann. Das Problem ist lediglich das Publikum.
    In der Regel will es nichts erklärt bekommen , sondern in jeder Hinsichjt verwöhnt werden, sei es musikalisch, sei es optisch, sei es durch technische Bühneneffekte. Aber auch ich, der viellecht doch ein wenig interessierter bin, finde eine überzeugende Interpretation muß nicht erklärt werden. (ausser natürlich den Ausführenden, aber wenn die sich sträuben, und ich erst argumentieren muß, dann ist IMO schon fast alles schiefgelaufen)
    Ich habe sicher nichts gegen einen schlanken Mozart einzuwenden, wohl aber gegen einen ordinären und schrillen. Mir gefallen die Jacobs-Mozart-Aufnahmen musikalisch auch weniger, als jene von Böhm, zumindest meistens. Aber das wird an anderen Stelen wieder wettgemacht: Zunächst kommt die "Story" glaubwürdiger rüber, egal ob bei "Cosi" ober beim "Figaro". Ausserdem ist das "Improvisierende Cembalo" ganz vorzüglich und ausserdem historisch sehr glaubwürdig.


    Harnoncourt jedoch, bricht auch mit Traditionen, eigentlich fast immer, ohne jedoch ein überzeugenderes Ergebnis vorlegen zu können. Ich denke hier auch an seine schreckliche Aufnahme der Zauberflöte.


    Wenn ich mir den Schreibstil des Rokkoko vergegenwärtige, wenn ich mir die Maler jener Zeit vor Augen führe, sei es Gainsborough, Boucher oder Fragonard: Alles ist zierlich geschönt, nichts ist krass oder schrill.
    Dasselbe gilt für den Baustil etc etc...
    Warum sollte ausgerechnet die Musik agressiv geklungen haben ?


    Schlank und federnd jedoch: Ja
    Theophilius hat ja ganz richtig bemerkt, daß es immer schon schlanke Mozart-Interpretationen gegeben hat.


    Zurück zu Figaro: Die Kleiber-Aufnahme steht schon seit langer Zeit auf meiner Wunschliste, jedoch habe ich schon einige Aufnahmen daheim, so wird das immer wieder verschoben....


    Fritz Busch, das müsste in den dreißigern gewesen sein, das kann ich nicht mehr so richtig genießen, allenfalls kauf ich mir die Aufnahme aus historischem Interesse oder wegen einer unvergleichlichen Singstimme...
    (obwohl ich in den letzten Jahren nicht mehr so fanatisch auf Klangqualität fixiert bin..... ;) )



    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich kenne Harnoncourts Figaro nur aus Ausschnitten aus der Salzburger Inszenierung von 1995 oder so. Die Ernsthaftigkeit, mit der er damals an so populäre Gassenhauer wie 'Non piu andrai' heranging, fand ich schon sehr überzeugend. Vielleicht geht es ihm nicht nur um die musikalische Seite einer Interpretation, die hier im Forum natürlich sehr wichtig ist, sondern mehr um die ganzheitliche Dimension der Oper als Einheit von Text, Musik und Gesang. Für Harnoncourt steht dabei nicht ausschließlich das Musikalische im Vordergrund, in dem Sinn, dass er sich überlegt, mache ich das jetzt lebendiger und quirliger oder doch ruhiger und ernsthafter. Ihm ist doch das "Gesamtkunstwerk" am Wichtigsten - was ist nötig, um den geistig-künstlerischen Gehalt eines Werkes, so wie er ihn als Interpret sieht, in möglichst idealer Form rüberzubringen? Unter dem Gesichtspunkt treten Einzelaspekte, wie Tempofragen etc, zurück und dienen nur mehr dem Ganzen. Unter diesem Aspekt kann ich mich auch mit seiner Zauberflöte anfreunden, da die Diskrepanz zwischen großen Teilen des Librettos und der ans Ideale reichenden Musik einfach zu groß ist, um sie als Interpret überbrücken zu können. Die Texte wegzulassen, ist daher ein diskutabler (wenn auch nicht 100 % geglückter) Versuch, die Botschaft der Zauberflöte dem heutigen Hörer näher zu bringen.


    @Alfred: Natürlich vermittelt uns die bildende Kunst des 18. Jahrhunderts (Fragonard, Gainsborough, Liotard) ein zartes, ätherisches, verspieltes Bild, aber war das LEBEN auch so? Ich erinnere mich an die Inszenierung des Figaro von Jonathan Miller aus den späten 80er oder frühen 90er Jahren im Theater an der Wien, der die Schlossgesellschaft schonungslos und psychologisch sehr genau als intrigante Truppe zeigte, in der jeder nur auf seinen Vorteil aus war. Gleichzeitig siedelte er die Handlung in historisch exaktem Ambiente und präzise nachempfundenen Kostümen an. Diese Inszenierung öffnete mir damals die Augen, dass Figaro nicht nur eine Abfolge der wunderbarsten Musik, sondern eben auch ein hochinteressantes Zeitstück von Beaumarchais und da Ponte ist. Aber das führt schon zu weit in die ewig alte Diskussion "prima la musica, poi le parole"...


    Ein Satz noch zu Rene Jacobs: Wunderbar, kann allem zustimmen, was über seine Aufnahme gesagt wurde, schon allein die Ouvertüre und der Cembalist rechtfertigen den Kauf. Ungemein störend finde ich die Verzierungen in den Arien, die je nach Sänger/Sängerin mehr oder weniger aufgesetzt und künstlich wirken. Diese Tradition ist wirklich verloren gegangen -- aus gutem Grund...


    Meine persönliche Referenz ist allerdings die Marriner-Aufnahme mit Jose van Dam, Ruggero Raimondi, Lucia Popp und Barbara Hendricks. Auch wenn diese Interpretation in vielem an der Oberfläche bleibt, ist sie mir lieb und teuer, wie alles, was man in der Jugend rauf und runter gehört hat... :D

    Einmal editiert, zuletzt von Orpheus ()

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  • Hallo Alfred,


    ich will nicht so verstanden sein, dass ich meine, man verstünde Harnoncourts Interpretationen nur nach gehöriger Erklärung. Das ist Unsinn, dann wären sie wirklich schlecht. Ich denke, sie erschliessen sich bei offenem Zuhören völlig ohne eine dazu gegebene Erklärung (die man natürlich ergänzend gerne hinzunimmt, aber das täte ich bei Böhm natürlich auch). Insofern lag aber wohl auch nur ein Missverständnis vor - denn das die Ausführenden wohl wissen sollten, wohin eine Interpretation geht, versteht sich ebenso. Nichts anderes zeigt ja auch die Salzburger Probe, die für's Fernsehen festgehalten wurde.


    Harnoncourts Ansatz - ich greife hier dem Parallelthread wohl vor - ist auch sicher nie ein rein musikalischer, wenn er eine Oper macht. Seine musikalische Interpretation ist auch immer eng mit seiner Interpretation der Handlung, des Textes, der Charaktere verknüpft (darin unterscheidet er sich nicht von Jacobs, dessen Aufnahme, ich kann's mir nicht verkneifen, IMO einen agressiveren Stil pflegt als jene von Harnoncourt). Ich denke, das ist bei der Oper auch ein integrer und, ich wage es zu sagen, durchaus notwendiger Ansatz, ebenso wie ich es einen durchaus notwendigen Ansatz finde, sich mit Traditionen intensiv auseinanderzusetzen und etwa wo man Schlamperei vermutet, auch sehr kritisch zu hinterfragen. Die Ergebnisse sind natürlich diskutabel (man muss mit Harnoncourts Sicht auf den Max im Freischütz durchaus nicht einig sein, zum Beispiel), aber das ist jeder durchdachte und gute Interpretationsansatz. Und sage jetzt nicht, das Publikum dieser Welt wollte nicht auch intellektuell herausgefordert werden - sonst verkaufst Du das Publikum meiner Meinung nach für dümmer, als es ist.


    Was Du über die Äußerlichkeiten des Rokkoko sagst, mag durchaus zutreffen - nun muss man sich allerdings zweierlei vergegenwärtigen, IMO: Das zeigt alles nun kein abschliessendes Bild der Umstände, es ist ganz zweifellos auch eine geschönte Sicht auf die Welt. Intrigen, Bösartigkeiten etc. gab es damals im selben Maße wie heute. Und: Meiner bescheidenen Meinung nach muss es bei einer Interpretation eines 200 Jahre alten Werkes immer darum gehen, es *heute* zugänglich und verständlich zu machen. Soweit ich mich erinnere, war das auch immer Harnoncourts Absicht, eben ein Stück für heute zu interpretieren. Dass er weit zu den Quellen (Instrumentenschulen, Aufführungsberichte etc) zurückging, war eine zwingende Folge der Auseinandersetzung mit der Tradition. Nicht alles, was die Tradition "schönspielt", ist ja auch berechtigterweise so - ich denke, man muss nur in manche Mozart-Partitur hineinschauen, um zu sehen, dass es um reinen Wohlklang da keineswegs immer geht.


    Nachdem ich mir meine Antwort im Harnoncourt-Thread jetzt bis auf einige wenige Bemerkungen sparen kann ;-), noch dies: Dass es auch früher hervorragende Mozart-Interpretationen gab, weiss ich, ich nehme sie auch immer gerne zur Kenntnis und höre sie mit Gewinn. Ich denke an Fricsay, Kleiber, Klemperer, die frühe Karajan-Zauberflöte, auch an Mitropoulos, an Walter. Ja. Aber die Zeit ist damit nicht stehengeblieben, und die Rezeptionsgeschichte hat uns auch danach noch adäquate und gleichwertige Sichtweisen geschenkt. Was ja auch nur gut so ist.


    Beste Grüsse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Oprheus,


    jetzt erst lese ich Deinen Beitrag - da hätte ich mir viele Worte auch sparen können ;-)


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Claus und Orpheus, und natürlich alle anderen,


    Ich finde es erfrischend, daß hier endlich mal auch über Mozart "gestritten" ;) wird.


    Natürlich waren auch im Pokkoko, wie in jeder anderen Zeit auch, die Menschen lediglich auf ihren Vorteil aus, jedoch wurde damals tatsächlich geschönt.
    Rüde Sitten gab es auch immer schon, jedoch wurden sie aus dem Blickfeld des Adels gehalten. Ludwig XIV, als man ihm ein Gemälde von Teniers, der gerne Generebilder im Bäuerlichen Mileu malte, zeigte, sagte empört:" Schafft diese Fratzen aus meinem Angesicht."


    Noch in meiner frühen Jugend galt es als unerzogen Unangenehme Themen anzusprechen, selbst die Frage: "Darf ich offen sprechen ?", die stets mit "Ja Natürlich" beantwortet werden musste, galt als Verstoß gegen die guten Sitten, und es wurde erwartet daß man es trotzdem nicht tat.


    Was hat das alles mit Musik zu tun, werden manche fragen, aber tatsächlich sehr viel. Bis etwa 1900 war man bemüht "schöne" Musik zu machen, dann wurde das Tabu gebrochen, was zur weitgehenden Ablehnung moderner Musik führte. (Darüber werden wir noch oft miteinander diskutieren)


    Allerdings, die echte Klassik blieb von Ausnahmen abgesehen, unangetastet.Das änderte sich erst um etwa 1980..........


    Persönlich habe ich den Eindruck, daß man heute nicht der historischen Wahrheit näherkommen will, sondern man versucht klassische Musik an den Zeitgeschmack der Mac Dagos-Generaton anzupassen.


    Das ist ja IMO gerade das Interessante an vergangenen Zeiten. Die Ettiquette verbot so manches, und man fand trotzdem immer Wege seine Ziele skrupellos zu erreichen, allerdings (im Gegensatz zu heute) unter voller Aufrechterhaltung der Maske. Wenn man beispielsweise bei Fischer-Dieskau in der Fernsehaufzeichnung genau sieht, wie er sich beherrschen muß, und es auch tut, jeder Zoll ein Aristokrat, es kocht in ihm, aber er wahrt den Schein. Die Pariser Insenierung ist indes entlavender: Irgendwie hatte ich den Eindruck, dieser Graf (auch bestensd dargestellt) ist lediglich ein Spielball seiner Umgebung, nicht mal seine Lakaien haben mehr Angst vor ihm. So spöttisch wie das dem Grafen dargebotene Ständchen hier dargeboten wurde, hab ich es noch nie zuvor gesehen.


    Tatsächlich habe ich in letzter Zeit keine Harnocourt-Aufnahmen mehr gehört, allerdings habe ich etwa ein Dutzend CDs und eine Opern-Gesamtaufnahme --- Nein Alles nicht wahr, während ich hier schreibe, fällt mir ein, daß ich mit vor einigen Wochen "La finta Giardiniera" unter Harnoncourt gekauft habe..........


    Zitat Orpheus:

    Zitat

    Ein Satz noch zu Rene Jacobs: Wunderbar, kann allem zustimmen, was über seine Aufnahme gesagt wurde, schon allein die Ouvertüre und der Cembalist rechtfertigen den Kauf. Ungemein störend finde ich die Verzierungen in den Arien, die je nach Sänger/Sängerin mehr oder weniger aufgesetzt und künstlich wirken. Diese Tradition ist wirklich verloren gegangen -- aus gutem Grund...


    Verzierungen wurden ungefähr in den sechziger Jahren abgeschafft.
    Allerdings haben sie schon einen gewissen Reiz. Das würde ich unter "persönlicher Stil" einreihen. Wie es scheint ist diese "Unart" (schon Rossini schalt deswegen Adelina Patti ;) ) aber wieder im Kommen....


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von sagitt
    Jacobs macht "natürlich" einen quirligen Figaro. Man versteht, warum das Stück der Zensur anheinmfiel. Aber er hat irgendwie nicht die Sänger zur Verfügung, die man gerne hören möchte.


    Hallo sagitt und alle anderen,


    - dennoch hat Jacobs bei den diesjährigen Grammy Awards in der Kategorie "Beste Opern Aufnahme" mit Le Nozze di Figaro gewonnen. Wo wurde hier zensiert?


    Viele Grüße nach Bremen und
    VIVAT MOZART!


    Bettina und Wilfried

  • Sagitt meint:


    Das Stück von Beauchmarchais wurde zensiert, weil man sich in einer Spätphase des Absolutimus befand und die Darstellung des Adels ja alles andere als schmeichelhaft ist. Dies war sicher auch einer der Gründe, warum der Figaro in Wien seinerzeit nur wenig gespielt wurde. Das Publikum war nicht bürgerlich, sondern adlig und wer wollte schon eine Publikumsbeschimpfung sehen ? Da war es doch besser, sich durch die Prachtschinken der opera seria wohlgefällig zu bespiegeln.


    Noch ein Wort zu den Sängern. Es ist heute sicher schwierig, großartige Produktionen zu präsentieren, weil es diese ja gibt und durch das Medium Platte/CD/DVD erhalten werden. Eine wirklich gute Sopranistin muss sich mit der Schwarzkopf, der della Casa, der te Kanawa und all´den Größen der Vergangenheit messen lassen. Früher hörte man allenfalls, die großartige Garcia, Melba oder wer auch immer, aber der Vergleich war nicht hörbar. Heute geht man ans Regal, holt sich die Aufnahme.
    Ich bin nicht sicher,ob es eine Alterserscheinung ist ? Früher war alles besser ? Das ist nicht das Argument, sondern eher, dass hier eine Vergangenheit auf den jungen Künstlern lastet, die ungeheuer schwer ist, weil man in allen Partien schon perfekte Wiedergaben im Ohr hat.

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  • Hallo!!


    Ich kenn zwar nicht viele Hochzeiten des Figaro, möchte aber eine Deutsche Einspielung aus dem Jahre 1966 empfehlen.
    Es spielt die Staatskapelle Dresden unter Otmar Suitner. Musikalisch einfach gigantisch und erst die Besetzung:
    Figaro-Walter Berry
    Susanna-Anneliese Rothenberger
    Graf-Hermann Prey
    Gräfin-Hilde Güden
    Cherubin-Edith Mathis
    Basilio-Peter Schreier
    Bartolo-Fritz Ollendorff
    Marcellina-Annelies Burmeister


    Kann ich nur empfehlen. Ist einsame Spitze


    Mfg Joschi

  • Salut,


    ich habe auch im Fernsehen die Harnoncourt-Proben zu "Le nozze" gesehen und war absolut begeistert, wie er aus einer vereisten Knospe eine wohlduftende Blüte gemacht hat... die Probenarbeiten waren wirklich erstklassig! Nur leider fand ich die anschliessende Aufführung nicht den Proben entsprechend. Ich konnte kaum Dinge wiederfinden, die in den Proben so vorzüglich gewesen sind. Schade...


    Viele Grüße, Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo zusammen,


    ich habe den "Figaro" in der Einspielung mit Jacobs kennengelernt. Ich schwankte bei der Anschaffung zwischen dieser und der schon gelobten von Böhm. Für Böhm sprachen vor allem auch die Sänger und der Preis - als ich die beiden im Laden anhörte, kostete die Jakobs-Einspielung noch an die 60€! Interessant fand ich damals beide.


    Mittlerweile hat sich der Preis aber halbiert, weshalb ich zu Jakobs griff, schon die scheppernde Overtüre hatte es mir angetan. ;) Das war vor ein paar Wochen, und die Aufnahme macht mir viel Freude. Eigentlich unwichtig, aber dennoch erwähnenswert ist die hochwertige Verpackung der Aufnahme. Das klingt zwar nicht, hebt aber irgendwie die Stimmung ungemein, wenn man sich dagegen so manch karge und hässliche Austattung mancher Hochpreisaufnahmen bei andereren Labels anschaut.


    Die Sänger leisten mehr als ich erwartet hatte. Sicherlich ist da nicht durchweg ein Stimmaterial vorhanden, wie es z.B. Böhm zur Verfügung hatte. Aber da wird Hervorragendes geleistet, jede Arie wird bis in die kleinsten Details ausgestaltet, nichts wirkt einfach so schönklingend dahingesungen. (würde auch mit diesem Ensemble wohl nicht funktionieren ;)) Das gesamte Konzept überzeugt und es macht Spaß, mit dem Text in der Hand zuzuhören, da wirklich "gespielt" wird.


    Zu den Verzierungen habe ich keine Meinung, da ich wie gesagt keine andere Einspielung ausreichend gut kenne. Insofern ist meine Begeisterung auch sicher kein Garant für die Qualität dieser Aufnahme, ich empfehle sie aber trotzdem gerne weiter. :D


    Gruß
    Anti

  • Meine Favoriten:
    Fritz Busch (Glyndebourne,1934), für mich d i e Aufnahme,
    Bruno Walter(Met,1944/Pinza,Brownlee,Sayao,Novotna) HERVORRAGEND...


    Gruss Guido

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Das Mozart-Jahr hat auch bei mir zugeschlagen. Eigentlich habe ich ja wirklich schon fast alles was besitzenswert ist - glaube ich mindestens. zudem habe ich meine Mozart Opern-Sammlung erst vergangenes Jahr massiv aufgestockt.


    Und an eine Aufnahme ders RSO Wien unter dem (gemessen an Böhm, Marriner, Solti, Klemperer und Jacobs) eher unbekannten Bertrand de Billy auf einem Budgetlabel hätte ich zuletzt gedacht.


    Aber dann sah ich am Mozart-Geburtstag eine Konzert-Übertragung aus dem Wiener Stefansdom mit Bertrand de Billy am Puilt. Die Solisten ver mochten mich dort eher weniger zu überzeugen - der Dirigent und sein Orchester hingegen schon. Billy dirigierte Mozart vollSchwung und Attake - ohne eckig so wirken.
    So war es klar, daß eine CD her mußte. Meine Wahl fiel heute auf "Le Nozze die Figaro"



    Das Ergebnis einer ersten Hörsitzung ist in jeder Hinsicht erfreulich bis begeisternd. Ein durchwegs gutes bis sehr gutes Ensemble, ein ausgezeichnetes Orchester, ein inspirierter Dirigent voll Temperament sprühend. Keine "Originalklang" aber Einflüsse von HIP - allerdings ohne verstörende Effekte. Der Klang ist zudem ausgezeichnet eingefangen - das alles für 22 Euro für die gesamte Oper. Aus meiner Sicht empfehlenswert - nicht nur des Preises wegen.
    Vielleicht kennt jemand aus unserem Forum die Einspielung und möchte widersprechen oder beipflichten.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • @don basilo
    absolut richtig! die von dir genannte Aufnahme find ich auch absolut spitze,trotz deutscher Sprache!


    @alfred
    ich kann dir zwei Aufnahmen empfehlen wenn du Interesse hast!
    Zum einen diese:
    [AM]B0000CE7FT.03.LZZZZZZZ[/am]


    Barenboim spielt förmlich mit dem Orchester und erzeugt somit einen wunderbar feinen "kammermusikalischen" Figaro.
    Und ich denke gerade das ist für die Hochzeit des Figaros Ideal und wohl auch in Mozarts Sinne.
    Fi-Di als Graf natürlich Spitze!


    Meine liebste Aufnahme ist jedoch die unter Karajan...
    Unter anderem mit Jose Van Dam, Tom Kraus,Frederica von Stade...
    [am]B000A6O636.03.LZZZZZZZ[/am]


    Mfg Richard

  • Hallo allemiteinander,


    Bei meinen Nachforschungen nach Sullivan, stieß ich immer wieder auf der Frage sind das Operettes oder Opern.


    Da fand ich auch nächstes Zitat:

    Zitat

    Wie wichtig es heute vor allem für die Aufführungspraxis ist, die ursprünglichen Intentionen von Künstlern ernst zu nehmen, belegt der Wandel der Einstellung zu Mozarts Le Nozze di Figaro: diese "Comedia per musica" wurde 1790 bei ihrer Mannheimer Erstaufführung, möglicherweise in Anwesenheit des Komponisten, als "Operette in vier Akten" ausgegeben - eine Etikettierung, die heute geradezu absurd erscheint!


    Kennt einer (Ulli??) diese Bemerkung.
    War das in jene Zeiten so, daß es eigentlich keinen Unterschied zwischen Oper und Operette gab? Und das wir erst nachher, im 19. Jhdt, dies änderten?


    LG, Paul

  • Salut,


    erst einmal ist der Originaltitel Opera buffa, bereits 1788 wurde die Oper in Florenz als dramma giocoso per Musica ausgegeben. Eine Operette bezeichnete man zu jener Zeit eine kleine Oper mit deutschem Text - ein Singspiel mithin. Das trifft natürlich grundlegend auf Mozarts Figaro nicht zu - ist sie doch die Oper mit den meisten Akten [vier].


    Aber ein gewisser Herr Christian August Vulpius [1762-1827], Bruder von Goethes Gemahlin, machte sich gerne über Opernlibretti her, übersetzte und "verbesserte" sie. Es gibt eine bei J. S. Heinsius 1794 in Leipzig erschienene "nach dem Italienischen frei bearbeitete Operette in vier Aufzügen", die möglicher Weise von Vulpius stammt. Sicher ist jedoch, dass Vulpius für die Frankfurter [11. Okt. 1788] und Berliner [14. Sept. 1790] Erstaufführung des Figaro eine Deutsche Übersetzung anfertigte. Frankfurt ist nicht allzuweit von Mannheim entfernt, so ist es naheliegend, dass in Mannheim ebenfalls Vulpius' Deutsche Fassung verwendet wurde.


    Die Bezeichnung Operette bezieht sich dann eher auf die Verwendung der Deutschen Sprache, es sollte sich wohl vom "Welschen" abheben. Die Bezeichnung Operette erwähnt Mozart auch brieflich im Zusammenhang mit der [deutschen!] geplanten Zaide: [...] wegen dem Schachner seiner Operette ist es nichts [...]. Es gibt also einen deutlichen Bezug zum Singspiel, das nun mal in deutscher Sprache verfasst wurde. Somit dürfte sich die Bezeichnung im obigen Artikel auf eine Deutsche Fassung beziehen.


    Wenn ich mich recht entsinne, kann "Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach als erste Operette als eigenständiges Genre gelten.


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)


  • Sehr gelungene Aufnahme mit Prey, Berry u.a.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Euer Majestät,


    Unterschied muß sein.
    Sie haben selbstverständlich diese Aufnahme auf CD. Ich besitze bis heute nur die LP-Aufnahme und muß Euer Meinung beifallen.
    Sogar Amazon macht offenbar Unterschied zwischen "Royals" und "Lower class", denn ich warte bereits mehr als zwei Monate auf meine CD-Version.


    Euer Ex-Untertan,
    Musicophil alias Paul

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  • Ja diese Aufnahme unter Suitner hab ich auch und find sie eine Klasse für sich.
    Liebe diese Oper sehr bei der Vielfalt der Aufnahmen ist diese echt bemerkenswert. :D


    gruss aus muc

    mucaxel


  • Das tut mir leid, aber vielleicht mag das daran liegen, daß die Lieferung in die Niederlande länger dauert? ?(

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Der Theaterkanal des ZDF bringt im August die Bühnenfassung von Figaros Hochzeit - als Theaterstück - ohne Wolferls Musik:



    Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit
    Komödie von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais
    Deutsch von Gerda Scheffel
    Graf Almaviva Heinz Trixner
    Rosina, seine Frau Ursula Lingen
    Figaro, Kammerdiener des Grafen Peter Striebeck
    Suzanne, Kammerfrau der Gräfin und Figaros Braut Loni von Friedl
    Cherubim, Page des Grafen Peter Faerber
    Marceline, Gouvernante Elisabeth Goebel
    Antonio, Schlossgärtner, Suzannes Onkel Hermann Hartmann
    Fanchette, seine Tochter Susanne Schweiger
    Bartholo Horst Dieter Sievers
    Don Gusman Bridoison, Dorfrichter Hans Martin

    Bühnenbild: Hannes Meyer
    Inszenierung und Fernsehregie: Boy Gobert
    Thalia Theater Hamburg, 1976



    Figaro, Kammerdiener des Grafen Almaviva, will Suzanne, die Zofe der Gräfin, heiraten. Aber auch der Graf stellt Suzanne nach, will Zeit gewinnen. Deshalb schmiedet der gewitzte Figaro, im Bund mit Suzanne und der Gräfin, die sich von ihrem Mann zunehmend vernachlässigt fühlt, ein Komplott, des Grafen Pläne zu durchkreuzen. Man spekuliert auf dessen Eifersucht; denn wenn er selbst sich auch alle Freiheiten gönnt, so ist er doch empfindlich auf die Ehre seiner Frau bedacht. Ein durch alte Geldschuld entstandenes Eheversprechen bindet Figaro an die ältliche Marceline, und das kommt dem Grafen natürlich gelegen. Zusätzliche Komplikationen schafft der Page Cherubim, der allen Frauen nachstellt und bei der Gräfin sogar auf Gegenliebe stößt. Werbung und Abweisung, Eifersucht und Intrigen jagen und verwirren sich in atemberaubendem Tempo. Bei der Gerichtsverhandlung, die Figaro zur Einlösung seines alten Eheversprechens zwingen soll, entdeckt Marceline in ihm ihren als Kind entführten Sohn! Doch der Graf lässt seine Absicht, Suzanne zu verführen, immer noch nicht fallen. Erst ein vermeintliches Rendezvous mit ihr im nächtlichen Park setzt ihn endgültig außer Gefecht: Die Gräfin steckt in Suzannes Kleidern, nimmt seine Liebesbeteuerungen entgegen! Nach turbulenten Verwechslungen und Missverständnissen verzeiht sie ihrem Mann, der seine Entlarvung zerknirscht, aber mit Haltung über sich ergehen lässt. "Der tolle Tag" ist zu Ende, "Figaros Hochzeit" endlich gesichert.


    Termine: 3./8./20./25./30. August 2007
    jeweils 19.40 h

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Felipe II.


    Das tut mir leid, aber vielleicht mag das daran liegen, daß die Lieferung in die Niederlande länger dauert? ?(


    Hab das Sch... :stumm: ding noch nicht empfangen. :angry: :angry: :angry:

  • Wie kam es , dass dieser interessante Beitrag zum Leben erweckt wurde?
    Es ist ist ein sehr schöner Beitrag und ich möchte folgendes hinzufügen. Im "Verzeichnüß aller seiner Werke" hat Mozart am 29.April 1786 Le nozze di Figaro als "opera buffa"eingetragen. Das gedruckte Textbuch bezeichnet das Werk als " comedia per musica", es erhält die Nummer 492 im Köchelverzeichnis.
    Mozart war von seiner besonderen Begabung für die Oper sehr überzeugt, dass steht fest.Von Paris schrieb er an den Vater:" Das opera schreiben steckt mir halt stark im Kopf"
    Nach seinem Erfolg mit dem Singspiel "Die Entführung aus dem Serail", 1782 schrieb er am 7. Mai 1783 an den Vater......:" und ich möchte gar zu gerne mich auch in einer Welschen opera zeigen....ich habe leicht 100- ja wohl mehr büchlein durchgesehen- allein-ich habe fast keines einziges gefunden mit welchem ich zu frieden sein könnte"
    Mozart hat also in den drei dazwischen liegenden Jahren, zwischen der Entführung und der Hochzeit auf aufwendiges, sorgfältiges Libretti-Studium betrieben, bis er Lorenzo da Ponte ( eigentlich "Conegliano"begegnete.
    Da Ponto-dass geht aus seinen Memoiren hervor, erkannte schnell, dass es sich lohnen würde, mit Mozart zusammen zuarbeiten.Da Ponta erwähnt auch, dass Mozart selbst die Idee zur Vertonung der Komödie" Le mariage de Figaro ou la folle journe'e" von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais hatte.
    Was Mozart mag so besonders daran gereizt haben?
    Ich denke ,weil er sich mit der Titelfigur sehr gut identifizieren Konnte.
    Es grüßt
    Padre
    ( Das Herz adelt den Menschen"

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