Liebe Forianer, liebe Bruckner-Liebhaber und -Kenner
In wenigen Tagen wird bei den Brucknertagen 2006 in St. Florian
Bruckners Sinfonie Nr 9 in d-moll aufgeführt.
Das Besondere daran ist, daß die Sinfonie 4 sätzig aufgeführt wird.
Der Dirigent Peter Jan Marthé verwendet hier nicht etwa den von der Wissenschaftergruppe Samale-Phillips-Cohrs-Mazzuca in akribischer Kleinstarbeit vervollständigte Aufführungsfassung, sondern er gehorchte der inneren Stimme Bruckners, die ihn quasi ermunterte den Finalsatz in "seiner" (oder Bruckners posthumer) Endfassung zu Papier zu bringen - unter der Verwendung von vorhandenen Fragmenten
Originalzitat Peter Jan Marthé
Zitat„Trau di nur! Sperr deine Ohrwaschl auf und schreib nieda, wos´d so daherst. ´s Gwantl dazua host jo dann eh von mir!“ - so lautete die innere Stimme Bruckners, die ich zuerst nur sehr vage, dann aber immer bestimmter vernahm, bis sie einen Grad der Unerbittlichkeit erreichte, die einem Befehl gleichkam.
Natürlich musste ich vorerst für mich abklären: vermochte ich die für eine derartige Herausforderung geradezu halsbrecherische Chuzpe sowie die ebenfalls dafür unerlässliche Demut eines unbefangenen und neugierigen Kindes aufzubringen? Und vor allem: hatte ich den Mut, jedwede musikwissenschaftlichen Skrupel links liegen und mich ganz einfach nur von Bruckners Geist leiten zu lassen? Bruckners innere Stimme war schließlich stärker als alles Wenn und Aber
.
Es ist Herrn Marthé natürlich klar, daß sein Vorstoß sowohl von der Musikwissenschaft - als auch von den "Gralshütern Bruckners" angefeindet werden - Aber das nimmt er in Kauf.
Als Celibidacheschüler hat er gelernt unbequem zu sein und gegen den Strom zu schwimmen - und die Reaktionen die die Folge davon sind - gelassen hinzunehmen.
Auch seine "Sager" könnten teilweise von Celi stammen - wenn er etwa vom "Würgegriff der Authenzität" spricht, oder davon, daß die Klassik heute "mausetot" sei.
ZitatSeit mehr als 100 Jahren haben wir klassischen Werken den Dialog des Lebens entzogen und haben sie in eine Vitrine gestellt- Davor stehen Museumswärter mit flammenden Schwertern
Es ist natürlich eine Sache des persönlichen Standpunkts wie man zu solchen Aussagen steht. Ist solch eine Nachkomposition "von Bruckner diktiert" legitim ? Warum hat Bruckner den vierten Satz nicht schon vor rund dreißig Jahren dem Musikmedium Rosemary Brown (das ja auf Kontakte mit Komponisten aus dem jenseits spezialisiert war) diktiert?
Wie wird das Publikum reagieren ?
Wie die Tonträgerindustrie ?
(Die Reaktion der Musikwissenschaft wage ich indes problemlos vorherzusagen)
Sicher ist, daß durch solche spektakulären Ereignisse der GESAMTEN Brucknerszene Leben eingehaucht wird. Ja ich bin sogar der Überzeugung, daß dann die wissenschaftlich fundierten Rekonstruktionen auch wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt werden - welches sie zweifellos verdient haben.
Über Musik die noch nicht erklungen ist kann man zwar a priori den Stab brechen - die Wirkung lässt sich jedoch erst beschreiben wenn das Werk uraufgeführt wurde.
Vielleicht wird dann sogar der Ruf nach einer Bruckner zehnten laut....
Wie dem auch sei:
am 18. August 2006 um20 Uhr
wird die neue Fassung von Bruckners Neunter
(mit dem "nachkomponierten" bzw "ergänzten" 4. Satz unter Verwendung vorhandener Fragmente)
in St. Florian aus der Taufe gehoben.
Ort : Stiftsbasilika
EUROPEAN PHILHARMONIC ORCHESTRA
Dirigent: PETER JAN MARTHÉ
man darf gespannt sein
mfg
aus Wien
Alfred