Haydns Hörner – Joseph Haydns Orchesterwerke für Horn/Hörner

  • Dass Haydn in seiner Hofkapelle über hervorragende Hornsolisten verfügte, ist auch für uns heutige Hörer/innen ein glücklicher Umstand. Ihm verdanken wir so wunderbare Musik wie z.B. das Hornkonzert Hob. VIId:3 in D-Dur aus dem Jahr 1762 und viele andere Orchesterwerke und kammermusikalische Stücke, in denen die Hörner eine herausragende Bedeutung spielen.



    In der Zeit von 1763 bis 1768 verfügte Haydns Orchester sogar über vier statt der üblichen zwei Hornisten. Vielleicht schätzte Fürst Nicolaus Esterházy dieses Instrument besonders. Die vier Instrumentalisten waren zu jener Zeit herausragende Virtuosen: zeitweilig bildeten Carl Franz, Thaddäus Steinmüller, Johann May und Franz Stamitz die Horngruppe.


    In diesem Zeitraum entstanden u.a. die Kassation in D-Dur für vier Hörner, Violine, Viola und Bass (Hob. deest), das verschollene 2. Hornkonzert, das Divertimento a tré und die 31. Symphonie, die die beiden Beinamen „Mit dem Hornsignal“ und „Auf dem Anstand“ hat, und die wie Horn-Konzert und die Kassation (sowie die Sinfonie Nr. 73 „La Chasse“/ „Die Jagd“ aus den frühen 1780er Jahren) in der festlichen Tonart D-Dur komponiert wurde. :pfeif:


    In diesem Thread gibt es die Möglichkeit, einige der oben genannten Werke und ihre Entstehungsgeschichte zu beschreiben.


    Die Sinfonien 31 und 73 sowie die Hornkonzerte und die Kassation verdienen eine eingehendere Betrachtung und würden in einem allgemeinen Thread nicht die Beachtung finden, die ihnen zusteht. Für einen je eigenen Thread zu Sinfonie Nr. 31 finden sich aber vielleicht auch nicht genügend Beträge. So scheint mir dies ein guter Kompromiss zu sein, die beiden Sinfonien, Hornkonzerte und Kassation zu einem eigenen Thema zusammen zu fassen und damit einen weiteren Thread zu Haydn zu starten.


    - In diesem Thread gibt es die Möglichkeit, einige der oben genannten Werke und ihre Entstehungsgeschichte zu beschreiben.


    - Es wäre schön, wenn Kundige unter uns etwas über die Entwicklung des Horns in der Zeit Haydns (und auch gern darüber hinaus) schreiben könnten.



    - Interessant fände ich es, auch einige der Solisten vorzustellen (die folgende Auswahl ist zufällig und in alphabetischer Ordnung!): z.B. Hermann Baumann, Peter Damm (Foto), Anthony Halstead, Ab Koster, Barry Tuckwell …


    - Und natürlich: Hier können die vielen wunderschönen Aufnahmen der oben genannten Werke präsentiert und kommentiert werden.


    Ich wünsche uns allen viel Freude mit Haydns Hörnern,


    freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo, Andrew!


    Das Hornkonzert Hob. VIId:3 in D-Dur kenne ich schon einige Zeit, und zwar in einer Einspielung mit Hermann Baumann auf dieser CD:



    Es gibt im Hoboken-Verzeichnis noch ein weiteres Hornkonzert (VIId:4), das aber vermutlich unecht ist.
    Beide scheinen keine große Rolle im Repertoire zu spielen (im Vergleich zu Mozarts Konzerten). So besonders finde ich das D-dur-Konzert auch nicht, aber mir liegt der späte Haydn ohnehin mehr als der frühe.


    In die beiden genannten Symphonien werde ich demnächst hineinhören. Es gibt allerdings auch in Nr. 103 ein "Hornsignal".


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Schmetternde Hornakkorde und darauf folgende Hornsignale eröffnen die Sinfonie Nr. 31 D-Dur und geben ihr gleichzeitig den Beinamen „Mit dem Hornsignal“ oder durch die Assoziation zur Jagd „Auf dem Anstand“.


    Das Hornquartett prägt den ersten Satz der Sinfonie. Bei dem Hornsignal handelt es sich um eines, das dem Typus der Jagdsignale aus dem Bereich Südungarn – Kroatien- Rumänien entspricht. Joseph Haydns Sinfonie Nr. 31 (September 1765) wird in den ersten Ausgaben auch als konzertante Sinfonie bezeichnet. Als Soloinstrumente spielen neben den Hörnern auch andere Instrumente eine hervorgehobene Rolle. Der zweite Satz wird neben den Hörnern auch von Solovioline und Solovioloncello geprägt. Im dritten Satz sind die Hörner wieder tonangebend. Im vierten Satz übernehmen sie eine der Variationen, in denen auch z.B. Flöte, Violoncello und Violine solistisch hervortreten. Besonders interessant ist die siebte Variation für den Kontrabaß. Danach kommt ein überraschender Schluss, der noch einmal den Anfang der Sinfonie aufnimmt.


    Ich weise auf drei sehr gute Einspielungen unterschiedlichen Charakters hin:


    - Harnoncourt/Concentus musicus als sehr profilierte HIP-Einspielung mit Natur- Hörnern, die sich nicht in die Musik einkuscheln, sondern diese Einspielung prägen:



    - als Non-HIP-Einspielung die hervorragende NAXOS CD mit der Sinfonia Varsovia und dem American Horn-Quartett mit festlichem, charaktervollem Hörnerklang:



    - als Aufführung in eher gemäßigter HIP: Hanover Band unter Leitung von Goodman. Die Hornkonzerte auf der CD werden von Halstead als Solist auf dem Naturhorn musiziert:



    Alle drei Aufnahmen begeistern mich. Die Goodman/Hanover Band/Halstead – Einspielung rangiert in meinem subjektiven Geschmack mit dem winzigsten Hauch eines Vorsprungs noch vor Harnoncourt … Sie ist eine meiner absoluten Lieblings-CDs :yes:. Ich habe gelesen, dass diese unglaublich gute CD in diesem Jahr wieder neu aufgelegt wird.


    Lieber Pius, vielleicht wird Haydns Konzert Dich in dieser Einspielung begeistern :hello:


    Freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Zitat

    Original von Andrew
    Schmetternde Hornakkorde und darauf folgende Hornsignale eröffnen die Sinfonie Nr. 31 D-Dur und geben ihr gleichzeitig den Beinamen „Mit dem Hornsignal“


    Salut,


    dann erinnere ich mich falsch. Ich war der Meinung, der letzte Satz sei für den Werkbeinamen massgebend. ?(


    Grüßle
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli


    dann erinnere ich mich falsch. Ich war der Meinung, der letzte Satz sei für den Werkbeinamen massgebend. ?(


    Was Du im Kopf hast, dürfte #73 "La Chasse" sein, in #31 ist das Finale ein Variationensatz, in dem die Hörner erst später brillieren dürfen (die Signale vom Beginn des Werks kehren IIRC ganz zu Ende wieder).
    Auch in #59 beginnt das Finale mit einem Signal.


    viele Grüße

    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Ulli:
    Ich war der Meinung, der letzte Satz sei für den Werkbeinamen massgebend.


    Hallo Ulli, Deine Meinung ist richtig, nur die Nummer der Sinfonie ist nicht ganz korrekt.


    In der Sinfonie Nr. 73 "La Chasse"/"Die Jagd" ist der letzte Satz ausschlaggebend für den Beinamen geworden. Ursprünglich hat Haydn diesen Satz, auf den sich der Beiname bezieht, als Ouvertüre für seine Oper La Fedeltà premiata geschrieben. In dieser Oper, die Haydn für die Wiedereröffnung des Eszterhazaer Opernhauses (1781) komponiert hat, tritt die Jagdgöttin Diana auf.


    Mehr weiß ich jedoch nicht. Ich kenne weder die Oper noch die Ouvertüre ... :no:



    Freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Salut,


    ich meinte schon die "mit dem Hornsignal" und ich bin ziemlich sicher, habe aber keine Einspielung derzeit. Vermutlich hat Johannes Recht, dass sich die "unausgegorenen" Themen des ersten Satzes im vierten wiederholen - hier markanter und auffälliger sind. Jedenfalls blieb nur der vierte von der "mit dem Hornsignal" bei mir haften, warum auch immer.


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Die Hornfanfaren, die die Sinfonie Nr. 31 eröffnen, werden nach den Variationen des des 4. Satzes im Presto wieder aufgenommen und beschließen die Sinfonie IMO etwas rasanter, als sie begonnen wurde.



    MFG Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“


  • Diese CD hat Andrew zwar anderswo erwähnt, in diesem thread aber noch nicht. Ich habe sie neulich, nachdem ich seit langem mal wieder in einem 2001-Laden gelandet war, erworben. Enthalten sind das unzweifelhafte Hornkonzert, zwei Divertimenti für Streichquartett und 2 Hörner, die auch in nichtauthentischen reinen Quartettfassungen in den frühen Quartettdivertimenti (als op.2, Nr. 3 und 5)auftauchen, ein Trio-Divertimento (Horn, Violine, Cello) und eine Cassatio für 4 Hörner, Vl., Va., Bass. Außer dem Hornkonzert alles ziemliche Raritäten. Das letztgenannte Werk fehlt sogar im Hob. Verz. (Robbins-Landon, von dem der Beitext zur CD stammt, hat es Ende der 1950er in Prag entdeckt und hält es anscheinend für authentisch.)
    Natürlich sind das alles frühe Werke, die beiden Divertimenti à 6 noch aus der Vor-Eszterhazy-Zeit, die anderen wohl aus der ersten Hälfte der 1760er. Dennoch sehr unterhaltsam und klanglich durch die Naturhörner berückend, die auch gar nicht dominieren, obwohl die Streicher, außer im Konzert solistisch besetzt sind.
    Eigenartigerweise ist diese CD nach wie vor im Katalog, während andere maßstäbliche Aufnahmen von Archibudelli und Co, meist mit gewichtigerer Musik aus Klassik und Frühromantik schon lange verschwunden sind...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Und sie ist noch immer im Katalog (wenngleich derzeit zum Abverkaufpreis)
    Das mag zum einen am Interpreten Ab Koster liegen, zum anderen aber auch an den Divertimeni und der Cassaton, die eigentlich relativ selten auf CD zu hören sind. Ich werde über diese CD heute auch einige Zeilen im allgemen Horn-Thread schreiben - einfach weil sie DORTHIN AUCH gehört. Sie wird seit Jahren hier im Forum immer wieder lobend erwähnt und empfohlen . und das mir gutem Grund.
    HIER sollten wir uns aber auch mit den zweifelhaften Hornkonzerten Haydns befassen. Nicht erst einal in der Musikgeschichte wurde ein zweifelhaftes Werk (vor allem bei Gemälden) letztlich doch als eindeutig dem im Zweifel zugeschriebnen Komponisten zugehörig erkannt.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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