Die Königin der Nacht: Scheusal oder Betrogene?


  • Attila Csampai schreibt in einer Dokumentation über die Zauberflöte:


    Zitat

    Wir bringen nachfolgend jenen ersten Abschnitt aus dem ‚Lulu’-Märchen [J. A. Liebeskind/Chr. M. Wieland: Lulu oder die Zauberflöte], der praktisch unverändert zum ersten Akt Schikaneders wurde und der, mit der unanfechtbaren Kompetenz der Urquelle, bestätigt, dass die Königin der Nacht aus einer guten Fee hervorgeht.


    …und begründet damit auch die sogenannte Bruchstelle, die es m. E. nicht gibt.


    Abgedruckt ist der [leider nur] erste Teil der Geschichte, die Chr. M. Wieland in seinen 1787 erschienen 2. Band von Dschinnistan wiedergibt:


    Lulu, Sohn des Königs von Korassan, war leidenschaftlicher Jäger. Eines Tages wollte er seinen Mut beweisen und lud die Höflinge zur munteren Jagd, zu der auch der König selbst erschien. Der Königssohn will unbedingt einen Löwen oder Tiger erledigen und dringt weiter als zuvor in den geheimnisvollen Wald ein, als ihm endlich ein ungeheurer Tiger begegnet. Eine [offenbar verzauberte] Gazelle foppte den Tiger, der ihr permanent nacheiferte, so dass Prinz, Gazelle und Tiger immer weiter in den Wald eindringen, wobei der Prinz die Orientierung verliert. Plötzlich sind Raubtier und Gazelle verschwunden und der Königssohn steht vor einem verwunschenen Schloss, in dem die Fee Perifirime wohnt. Sie erscheint in einem strahlenreichen Glanze, der stärker blendete als das hellste Sonnenlicht, öffnet sogleich die Pforten und belehrt ihn nach einigen einladenden Worten, dass er der Auserwählte sei, ein ihr einst von dem bösen Zauberer Dilsenghuin entwendetes Zaubergut wiederzubeschaffen. Der Zauberer – nebenbei erwähnt – habe sich auch um eine Jungfrau gegen deren Willen bereichert. Zum Zwecke der Geschäftsbesorgung erhält Prinz Lulu eine Zauberflöte, welche die Kraft hat, eines jeden Hörers Liebe zu gewinnen und alle Leidenschaften, die der Spieler verlangt, zu erregen oder zu besänftigen. Zudem erhält er noch einen Ring, der – in diesem Zusammenhang unwichtige – Tricks auf Lager hat. „Zur Belohnung ist dem Sieger das Beste, was ich habe, beschieden“, meint die Fee und überlässt Lulu seinem Schicksal.


    O.K. Auffallende Übereinstimmungen mit Schikaneders Machwerk sind:


    - die ‚Zauberflöte’ selbst mit ihren entsprechenden Eigenschaften
    - der Prinz, der in Berührung mit einer Auftraggeberin gelangt
    - der Auftrag, einen „bösen“ Menschen aufzusuchen, um etwas zu erledigen
    - das [offensichtliche] Versprechen, als Entlohnung die Tochter der Auftraggeberin zu erhalten, die sich in den Fängen des „Bösen“ befindet.


    Die Auftraggeberin ist in diesem Falle eine gute Fee, womit Csampai die Bruchstelle in Schikaneders Werk erklärt.


    Meiner Meinung nach hat aber die Königin der Nacht rein gar nichts feenhaftes im ersten Aufzug der Zauberflöte [im zweiten schon gar nicht!] – vielmehr ist sie von Beginn an eine hinterheimtückische, machtsüchtige alte Krähe. Ihr Charakter entspricht vielmehr jenem des Neraor aus dem Märchen Nadir und Nadine aus der Wielandsammlung. Oder noch viel mehr jenem von Schikaneder kreierten Tarkeleon aus seinem Libretto zum Spiegel von Arkadien. Noch häufiger als die Königin der Nacht in der Zauberflöte scheitert Tarkeleon beim Versuch, seine Macht auszubauen bzw. zurück zu erhalten – und das ist zudem mit reizender, beinahe hämischer Schadenfreude gewürzt! Ebenso empfinde ich auch den missglückten Versuch der Königin [im 2. Aufzug], den Sonnentempel zu stürmen.


    Aufgrund dieser Quellenlage – und auch bereits vorheriger Gedanken – ist die Königin der Nacht für mich von Beginn an eine Ausgeburt der Hinterhältigkeit, die ihr wertes Versprechen gegenüber Tamino niemals eingehalten hätte – sie war nur auf die Rückerlangung der Macht aus und hätte – wäre es gelungen – Tamino im Regen stehen lassen. Sie wollte ihre Tochter [ihr lebendes Ein und Alles] sowie den siebenfachen Sonnenkreis [das Instrument der Macht] – niemals hätte sie Pamina herausgerückt! Sie wäre ja vom Regen in die Traufe gekommen.


    Was dem von Csampai angeblich bewiesenen Feenhaften der Königin zudem widerspricht ist, dass sie keineswegs als in einem strahlenreichen Glanze, der stärker blendete als das hellste Sonnenlicht [positiv demnach] dargestellt wird – ganz im Gegenteil: Von Anfang an ist sie die Königin der Nacht, sternflammend – nicht sonnenstrahlenreich. Das nämlich ist wiederum Sarastro! Die KdN wird schließlich auch gleich am Anfang als Herrscherin der Nacht dargestellt, deren Anblick für keinen Sterblichen bisher möglich war. Die Königin erscheint zudem unter Donner, begleitet von einem heftig erschütternden Akkord – Sarastros Erscheinen hingegen ist sehr sanft.


    Somit sind doch die Fronten ganz eindeutig geklärt –


    oder nicht?


    Bei der Gelegneheit kann auch die Eurer Meinung nach überzeugendste Königi-der-Nacht-Darstellerin genannt werden; wer mag, mit Begründung und Einspielungsempfehlung!


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo,
    ich glaube, die Königin der Nacht war in erster Linie eine dankbare
    Rolle,für Mozart's Schwägerin Josepha Hofer.
    Alles andere ist Spekulation.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Dann lasst uns Spekulieren.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Lieber Ulli,


    Für mich hat es - bis jetzt - nur zwei KdN gegeben. Was andere Menschen, sachverständig oder nicht, davon sagen interessiert mich genauso wenig wie Fußball.
    Es geht mir nicht um die Sprache, sondern um wie das Singen mich rührt.


    Deshalb stehen bei mir auf einsame Höhe "Rita Streich" und "Christine(a) Deutekom".
    Komplett andere Weisen um diese so schöne Arien zu bringen. Und bei beiden Sängerinnen wurde ich ins Herz getroffen.


    Streich singt u.a. in Fricsays bejubelte Mono-Ausführung der Zauberflöte. Deutekom u.a. bei Soltis bekronte Zauberflöte.
    Bei Fricsay singt Dieskau (gut) und Solti hat Prey (gut).


    LG, Paul

  • Hallo Paul,


    ich stimme Dir zu. Die 'holländische Nachtigall' (ich habe gelesen, dass dies der Spitzname von Christina Deutekom ist) würde ich spontan als beste oder eine der besten Königinnen der Nacht nennen.


    Die Königin ist eben kein filigraner Sphärenengel. Die Rolle muss darum auch mit Power erfüllt werden.


    Freundliche Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

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  • Hallo Ulli,


    interessantes Thema - ich hab mich nämlich auch immer schon gefragt, warum von so vielen Seiten die Handlung der Zauberflöte als unlogisch bezeichnet wurde, weil die erst dem Anschein nach Guten im Verlauf der Handlung zu den Bösen werden!?!


    Dabei frage ich mich immer, wie naiv der oder die so Argumentierende eigentlich ist? Muss denn von Anfang an direkt eindeutig klar sein, wo in einer Geschichte die Grenze zwischen Gut und Böse zu ziehen ist? Macht nicht gerade die anfängliche Unwissenheit darüber nicht einen erheblichen Teil der Spannung aus, inkl. der oft dramatischen Wendungen, wenn man dann plötzlich mitbekommt, wer der wahre Schurke ist??
    Die meisten Krimis, Hollywood-Thriller, etc., etc. funktionieren nach dem Schema und ausgerechnet ein gewiefter Theaterfuchs wie Emanuel Schikaneder, der die Vorlieben seines unterhaltungssüchtigen Publikums genau kannte, sollte das Prinzip nicht gekannt haben? Kann ich mir nicht vorstellen, ganz ehrlich!


    Die Tatsache, dass Papageno und Tamino zu Beginn von den 3 Damen die magischen (gut gesinnten) Instrumente überreicht bekommen, obwohl die 3 Grazien eigentlich ja zur "Gegenseite" gehören, zeigt ja nur die Vielschichtigkeit der Handlung und eben auch, wie nah Gut und Böse oft nebeneinander liegen können.
    Solches und ähnliches aber als Argument dafür anzuführen, dass Königin & Co. zu Beginn der Oper noch als die Guten eingeplant waren, dies sich aber im Verlauf der Arbeit an der Zauberflöte änderte, zielt daher an der Sache vorbei.


    Als Beweis hierfür mag der einzige Auftritt der Königin im 1. Akt dienen - ein Zeitpunkt, zu dem sie noch als die vermeintlich Gute um Taminos Hilfe bittet:
    Zuerst klagt sie - auch musikalisch sehr glaubwürdig umgesetzt- um ihre entführte Tochter. Ok - aber darf eine böse Person nicht auch ehrliche Muttergefühle entwickeln?
    Dann aber steigert sie sich ja im schnellen Teil der Arie hörbar in ekstatische Begeisterung: "Du! Du! Du - wirst sie zu befreien gehen!"
    Und verfällt dann recht schnell in ihre endlosen Koloraturen (herrlich!!), für mich ein charakterisierendes Stilmittel ihrer Unberechenbarkeit und Wildheit, das ja in ihrer "Rache"-Arie im 2. Akt erneut und diesmal viel unverhüllter eingesetzt wird!


    Da blitzt dann schon im 1. Akt ihr wahres Gesicht durch und wenn sie zum Schluss ihrer ersten Arie wiederholt "...so sei sie dann auf ewig dein!" singt, ist das meiner Meinung nur noch bloße Verstellung, um Tamino für ihre Zwecke zu gewinnen, da gebe ich Ulli Recht.


    Wenn sie sich hier nicht wenigstens noch ein bisschen unter Kontrolle hätte, würde sie bestimmt "... auf ewig mein!" singen und damit das äußern, was sie eigentlich in diesem Moment denkt :]

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    Danke für die Zustimmung!


    Zitat

    Original von MarcCologne
    interessantes Thema - ich hab mich nämlich auch immer schon gefragt, warum von so vielen Seiten die Handlung der Zauberflöte als unlogisch bezeichnet wurde, weil die erst dem Anschein nach Guten im Verlauf der Handlung zu den Bösen werden!?!


    Im Normalfall liesst ja jeder, der in eine Oper geht - oder im 18. JH ging - das Textbuch vorher grob durch, damit er weiß, worum es geht. Also lässt sich ganz schnell erkennen, dass die Königin Tamino [und Papageno] täuscht, um jedenfalls einen von beiden auszunutzen. Einige heutige Spezialisten meinen ja, ein Libretto müsse sich von selbst im Verlauf des ersten Hörens der Oper von selbst schlüssig ergeben - logisch, dass jene dann auch über die anfängliche Irreführung sich entrüsten. :P


    Zitat

    Die Tatsache, dass Papageno und Tamino zu Beginn von den 3 Damen die magischen (gut gesinnten) Instrumente überreicht bekommen, obwohl die 3 Grazien eigentlich ja zur "Gegenseite" gehören, zeigt ja nur die Vielschichtigkeit der Handlung und eben auch, wie nah Gut und Böse oft nebeneinander liegen können.


    Ich sehe es viel einfacher: Natürlich sind diese Geschenke durchaus ernst gemeint und Tamino und Papageno vertrauen ja - mit gemischten Gefühlen - den Drei Damen und der Königin, nachdem sie mit dem Schloß vor Papagenos Schnabel ihre Macht demonstriert hat. Es ist sogar mehr Furcht als wirkliches Vertrauen. Erst später werden ihnen ja die Augen geöffnet - natürlich schlagen sie den richtigen Weg ein und benutzen - warum auch nicht? - aus Hohn die Zaubergeschenke der "Gegenseite" für eigene Interessen. Solches passiert heutzutage täglich...


    Zitat

    Solches und ähnliches aber als Argument dafür anzuführen, dass Königin & Co. zu Beginn der Oper noch als die Guten eingeplant waren, dies sich aber im Verlauf der Arbeit an der Zauberflöte änderte, zielt daher an der Sache vorbei.


    Ganz genau! Ich hoffe, so kam das in meiner Einführung auch rüber.


    Zitat

    Als Beweis hierfür mag der einzige Auftritt der Königin im 1. Akt dienen - ein Zeitpunkt, zu dem sie noch als die vermeintlich Gute um Taminos Hilfe bittet:
    Zuerst klagt sie - auch musikalisch sehr glaubwürdig umgesetzt- um ihre entführte Tochter. Ok - aber darf eine böse Person nicht auch ehrliche Muttergefühle entwickeln?


    Natürlich hat die Königin der Nacht echte Gefühle - oder einfach nur einen Stolz. Gleichzeitig aber bewirkt sie durch ihre Gefühlsäußerungen die Täuschung, die auch notwendig ist: Wäre sie nämlich mächtig genug, könnte sie ja die Angelegenheit selbst regeln, notfalls unter Zurhilfenahme ihrer dämlichen Zauberflöte und dem Glockenspiel.


    Für mich ist die Königin der Nacht sogar eine Stellvertreterin der heutigen [und auch damaligen] Rechtsverdreher, gar ein Sinnbild für den gesamten Unrechtsstaat... irgendeine Ausrede wäre ihr im Erfolgsfalle Taminos bestimmt eingefallen, um die Tochter nicht hergeben zu müssen.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich stimme auch für "Beides". Wenn die Vorgeschichte so korrekt rekonstruiert werden kann, dass Taminas Vater (also der Gatte der KdN) Sarastros Vorgänger war, dieser aber das Sonnenreich seinem Spezi Sarastro und nicht der KdN übergab (aus welchen Gründen auch immer, vielleicht weil er ihren stolzen und ehrgeizigen Charakter kannte), kann man verstehen, dass sie sich betrogen fühlt. Auch wenn sie nicht wirklich betrogen wurde. Scheusal würde ich sie dennoch nicht nennen, auch wenn sie aus Enttäuschung und Eifersucht zu ziemlich miesen Mitteln greift.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Mich wundert immer, daß die Königin der Nacht keinen Namen hat. Gibt es dazu eine Erklärung? Meine liebste Interpretin ist Nathalie Dessay.

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Salut,


    Wie hätte sie denn auch heißen sollen? Caecilia? :D


    Die drei Knaben Tick, Trick und Track?


    :hello:


    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Wie hätte sie denn auch heißen sollen? Caecilia? :D


    So ähnlich: die drei Damen heißen Kimberley, Lou-Anne und Chantale. Die drei Jungs heißen Kevin, Pascal und Justin. Die Königin der Nacht heißt Hiltrud Rickmann. Bevor sie den Job in der Zauberflöte übernommen hat, war sie nach ihrer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau stellvertretende Filialleiterin einer nordrhein-westfälischen Drogeriekette in Unna. Als sie nach der Pensionierung des Filialleiters übergangen wurde, war sie not amused. Das hört man ihrer ersten Arie auch durchaus an, aber zu dem Zeitpunkt ist sie laut Drehbuch noch die Gute. Sie versucht auch, noch ein bisschen nett zu sein und gibt sich tüchtig Mühe. Als dann der plot ein wenig verändert wurde, hatte sie die Nase endgültig voll. Ich finde, das merkt man ihrer zweiten Arie … na ja, jedenfalls hat sie nach ihrer Vertreibung aus dem Tempel die Krone an den Nagel gehängt. Heute betreibt sie ein gutgehendes Sonnenstudio in der Innenstadt von Wilhelmshaven. Es ist nicht das, was sie sich erträumt hat, aber ihr Wahlspruch heißt: „Das Leben ist Fragment.“


    Wer die beste Königin der Nacht ist, darüber muss doch eigentlich nicht diskutiert werden:



    oder?


    Mit freundlichen Grüßen, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Oh Gott, Hiltrud Rickmann..... ich kann nicht mehr.:D:D:D:D:D



    Gibt es hier eigentlich irgendwo einen 'Post des Jahres'-Award ?
    In der Kategorie 'Humor und sonstige Absonderlichkeiten' definitiv eine Nominierung...:jubel:



    Nachtrag: Natürlich IMHO......:beatnik:

    Musik ist die Sprache der Seele. Und der wird man nie müde.(Hille)

    Einmal editiert, zuletzt von Picus ()

  • Salut,


    von der Sprechstimme her gefällt mir wirklich Roberta Peters am besten: Richtig schön zickig! Vom Gesang her bin ich mit dieser Interpretin auch mindestens zufrieden - ob sie aber "die Beste" [für mich] ist, das weiß ich noch nicht.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • :] wie ich feststelle, hast Du auch die wunderbare Böhm-Aufnahme mit Wunderlich, FiDi, Lear & Co.


    Die ist auch meine absolute Lieblingseinspielung! :yes:


    AUCH wegen Roberta Peters!
    Einziges Manko bei ihr (sie ist Engländerin, oder??) - in ihrer Rache-Arie singt sie am Ende "Rachegötter" und das "ch" spricht sie dabei nicht hart, sondern weich wie in "weich" eben :wacky:


    Ich zucke seitdem jedesmal zusammen, wenn ich zur Abwechslung mal eine andere Königin diese Arie singen höre und die Rachegötter dann wirklich nach "Rache" klingen (ganz früher habe ich nämlich dank Frau Peters immer gedacht, es würde "reiche Götter" heißen :D )


    Aber davon abgesehen: Eine Spitzen-Aufnahme mit Spitzen-"Queen of the night"!!!


    Zitat

    Wie hätte sie denn auch heißen sollen? Caecilia?


    Sehr gut! Die böse, berechnende und intrigante Schwiegermutter :jubel::jubel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Hallo Marc,


    Es ist so lange her, aber irgendwann hatte ich in der Schule etwas gelesen/gelernt über eine Griechische Frau die ihre Kindern tötete.
    Es war eine Tragödie selbstverständlich.
    Leider konnte ich es nicht in Wikipedia zurückfinden.


    Vor einigen Wochen schrieb ich Ulli bereits über Paminas Vater, und daß er der Vorgänger Sarastros war. Und Ulli antwortete damals: es gäbe eine Menge Überlieferungen (so ungefähr war seine Antwort).


    Könnte dieses Betragen der KdN nicht als eine modernere Variant dieser alt-griechischen Tragödie betrachtet worden. Das erklärt Eingriffe ins Libretto; die komplette Wandlung ins Gegenteil (O Anna Freud :rolleyes: ) und vielleicht noch mehr Unklarheiten.


    LG, Paul


    PS Auch ich habe jene Aufnahme, aber - abgesehen von Wunderlich - höre ich doch lieber meine Solti-Aufnahme. Und wenn ich mich ärgern will, drehe ich Karajans Aufnahme mit Karin Ott. Nichts gegen Ott, aber gegen HvK.

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  • Salut,


    ich bezog mich mit "Caecilia" natürlich auf die geniale Szene im Film "Amadeus" :D


    Aber Du hast Recht! Mir ist es noch nie so arg aufgefallen - eher war mir immer das "ewich" aus dem ersten Teil der Rachearie im Ohr... gerade habe ich diese Arie noch einmal gehört und dabei festgestellt, dass die Achtelstaccati mit dem Orchester nicht ganz zusammen sind... 8o - ist mir auch noch nie aufgefallen. Vielleicht liegt es daran, dass ich all die Jahre von LP hörte und nun habe ich diese LPs auch auf CDs überspielen lassen, da ich das ständige Plattenwechseln nicht ertragen kann.


    :hello:


    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Paul,


    Medea tötete ihre Kinder.Das gibt es auch als Oper(Cherubini).
    Von HvK.würde ich die Aufnahme aus dem Jahr 1950
    empfehlen.Königin der Nacht:Wilma Lipp.
    Alle anderen Sänger sind auch Wiener Spitzenklasse.



    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Danke Herbert,


    Ja, natürlich Medea. So müde bin ich und so langsam drehen momentan die Räder in meine Haupt, daß ich daran gar nicht dachte.
    Und das, obwohl ich von Cherubini sowohl Médée als Medea habe :O :O


    LG, Paul


    PS Die 1978 LP-Medea mit Sylvia Sass (noch LP) ist die schönste Medea-Ausführung, die ich je gehört habe.

  • ... die Frage lässt mir keine Ruhe:


    Wieso hat die KdN keinen Namen?
    Ihr Gegenspieler Sarastro als Chef derer, die "auf der Sonnenseite" stehen, hat ja schließlich auch einen - ist eigentlich ein bissel ungerecht... aber "Weiber" kommen in der Zauberflöte eh nicht so gut weg - sie "tun wenig, plaudern viel", wozu brauchen sie dann noch einen Namen?? :wacky:


    Dabei wäre so was in der Art wie "Luna", "Notturnia" oder "Astra" doch bestimmt märchenhaft genug...


    Mozart hätte sicher auch nichts gegen "Lotte della Notte" gehabt :D


    Die Hitze macht mich heute ein bissel mürbe im Kopf... ich schreibe gerade nur Unfug, scusatemi! :stumm:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    ebensowenig, wie die Hexe bei Hänsel und Gretel einen Namen hat, sie ist eben einfach die Hexe, haben auch die Königin der Nacht, die drei Damen, die drei Knaben, die beiden Geharnischten und der Oberpriester keine Namen - es gibt eh nur eine Königin der Nacht, und Mamamina wäre wohl etwas unpassend. Berufsbezeichnungen reichen doch im Prinzip aus, um eindeutig zuordnen zu können!?


    Ihre Vorgängerin ist z.B. die Fee Perifirime bzw. der böse Zauberer Neraor. Die von Dir genannten Namen klingen alle viel zu positiv - Astra? Hier gibt es in Wielands Märchensammlung einen Astromonte, der später zu Sarastro wird. Notturina ist wohl zu niedlich und Luna passt auch nicht als Beschützerin der Nacht... ich denke auch, wie Paul, immer an Medea.


    Zu Personen "ohne Namen" entwickelt man auch ein eher unpersönliches Verhältnis, jedenfalls in Relation zu Papageno, Pamina oder Tamino. Auch Sarastro wird ja quasi ins Herz geschlossen, aber die Königin?


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Zu Personen "ohne Namen" entwickelt man auch ein eher unpersönliches Verhältnis, jedenfalls in Relation zu Papageno, Pamina oder Tamino. Auch Sarastro wird ja quasi ins Herz geschlossen, aber die Königin?


    Ok - das Argument überzeugt mich!
    Hätte Monostatos dann nicht besser auch namenlos bleiben sollen? "Chefsklave" oder sowas in der Art hätte ja auch genügt...


    Aber auch wenn man die Königin eigentlich nicht ins Herz schließen soll(te), wer liebt sie nicht, wenn sie ihre Arien wie Sterne funkeln lässt... :jubel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Salut,


    nein, ich liebe sie wirklich nicht - sie lässt mich kalt, vielleicht kalt schaudern. Monostatos muß personifiziert werden, ganz klar: Tut er einem nicht etwa leid? Allein durch seinen Namen: Mono - statos... Alleinstehender, was ja auch unwesentlich mehr als eine "Berufsbezeichnung" bzw. Charakterisierung ist? Aber die Königin der Nacht hat sicher kein Mitleid verdient.


    Cordialement
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Forianer,


    die Wesen der Nacht waren von jeher Gestalten mit zweifelhaftem Ruf.


    Schikaneder / Mozart haben mit dem Namen für die Königin ("Königin der Nacht") bestimmt, dass es eine negativ-belegte Figur sein soll.


    Alle Umdeutungsversuche als gute Figur in persona der Königin halte ich für einen schmerzlichen Eingriff in die Gesamtstruktur des Werkes.


    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Salut,


    ich finde es immer wieder erstaunlich, wie jemand ellenlange Threads und Gedanken in ein paar sinnmachende Silben pressen kann.


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Sehr richtig Liebestraum,


    Die Königin der Nacht verkörpert das Böse
    und Sarastro,das Gute.Da kann man herumdeuteln
    wie man will.Es ist von Schikaneder und von Mozart
    so konzipiert,aus freimaurerischem Gedankengut.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Vielleicht habt Ihr mich falsch verstanden - ich würde nie anzweifeln, dass die Königin der Nacht eine so richtig schön abgrundtief schwarze Seele ist, wie sie Opern einfach brauchen, um "gut" zu sein. ;)


    Mitleid für sie ist da natürlich völlig fehl am Platz, darum ging es mir aber gar nicht.


    Meine Liebe zur KdN ist rein musikalischer Art:
    Ich liebe ihre Arien - sie gehören für mich zu den absoluten Highlights dieser an Höhepunkten weiß Gott nicht armen Oper!


    Und wenn die Sängerin dieser mörderischen Stücke selbige virtuos gemeistert hat, dann lieben die Zuhörer im Opernhaus zumindest sie als Darstellerin allein schon wegen dieser Leistung! :jubel:

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Es ist von Schikaneder und von Mozart
    so konzipiert,aus freimaurerischem Gedankengut.


    Die Thematik von "Gut und Böse" wird aber im Freimaurertum garnicht in diesem Sinne behandelt. Streit, Krieg, Blutvergießen, Verwirrung sind der Maurer fremde Dinge, wie die "alten Pflichten" von 1723 bestimmen. Vielmehr sollen sie sich zu der Religion verpflichten [in welcher alle Menschen übereinstimmen], Freundschaft stiften, ehrhaft und rechtschaffen sein.


    Natürlich gibt es unter den freimaurerischen Symbolen die zwei Säulen, welche für die Bipolarität des Lebens stehen - aber auch hierin sehe ich nicht "Gut" und "Böse", sondern "Glück" und "Pech".


    Der Terminus "Gut und Böse" entstammt ja vielmehr den Märchen bzw. auch der Sammlung von Wielands Märchen, die eigentlich fast alle - wie auch jene der Gebrüder Grimm - dies zum Hauptthema haben.


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von MarcCologne


    Und wenn die Sängerin dieser mörderischen Stücke selbige virtuos gemeistert hat, dann lieben die Zuhörer im Opernhaus zumindest sie als Darstellerin allein schon wegen dieser Leistung! :jubel:


    Naja, wenn Du die Air de la fauvette aus Grétrys "Zémire et Azor" kennen würdest... von wegen mörderisch...


    :rolleyes:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • :D Du wirst lachen: Ich kenne sie - aber die kann man dem Publikum, das einen Abend in der "Zauberflöte" verbringt ja schlecht zum Vergleich direkt noch hinterher liefern ;)


    Sieh das "mörderisch" einfach als zauberflötenimmanente Wertung an :]

    "Es ist mit dem Witz wie mit der Musick, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man."
    (Georg Christoph Lichtenberg, 1773)

  • Zitat

    Original von MarcCologne
    Vielleicht habt Ihr mich falsch verstanden - ich würde nie anzweifeln, dass die Königin der Nacht eine so richtig schön abgrundtief schwarze Seele ist, wie sie Opern einfach brauchen, um "gut" zu sein. ;)


    Das möchte ich doch entschieden bezweifeln; es ist jedenfalls nicht die einzige mögliche Interpretation. Wie gesagt, sie ist enttäuscht, ehrgeizig und vielleicht rachsüchtig, aber kein weiblicher Scarpia. Der Schmerz um ihre entführte Tochter ist echt.
    Es gab übrigens eine zeitgenössische (!) Deutung, die die Königin mit reaktionären Kräften (Assoziation mit Maria Theresia? oder der kath. Kirche?) die gegen die von den Freimaurern begrüßten josephinischen Reformen arbeiteten, identifizierte. Details weiß ich nicht mehr, steht in Braunbehrens' "Mozart in Wien".
    Ich halte eine schwarz-weiss-Deutung der Zauberflöte für oberflächlich. Es ist ziemlich klar, dass der autokratische, frauenfeindliche Sarastro selber "Leichen im Keller" hat; Pamina zu entführen, um sie dem Einfluß der Mutter zu entziehen, ist keine besonders subtile Methode (und sie von dem lüsternen Monostatos bewachen zu lassen kaum sehr weise).


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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