Salome, die Tochter der Herodias, Prinzessin von Judäa.

  • Hallo Forianer,


    da ich Salome von Richard Strauss für eines der größten und gelungensten Musikdramen halte, möchte ich diesen
    Thread eröffnen. In diesem Werk gehen Text und Musik eine einzigartige Symbiose ein. Strauss vertonte das Drama von Oskar Wilde, in der Übersetzung von Hedwig Lachmann fast wörtlich. Zwar nahm er einige Striche zur Straffung der
    Handlung vor, aber der herrliche poetische Text erlitt dadurch keinen Schaden.Der Inhalt ist ja bekannt.Mich würde interessieren, wie Ihr die Hauptfiguren der Oper charakterisiert.


    Hier noch einige Daten der Uraufführung:
    Hofoper Dresden,
    am 9.12.1905.
    Salome: Dramatischer Sopran, Maria Wittich,
    Herodias: Dramatischer Alt, Irene von Chavanne,
    Jochanaan: Heldenbariton, Karl Perron,
    Herodes: Heldentenor, Karl Burrian,
    Narraboth: lyrischer Tenor, Rudolf Jäger,
    Page der Herodias: Alt, Riza Eibenschütz,
    Dirigent: Ernst von Schuch.


    Dazu ist noch zu sagen: Strauss wollte für die Salome Annie Krull
    (M. Wittich war eine Wagnerheroine, auch figürlich, aber sie hatte vertragsmäßig das Vorrecht auf die Rolle).
    Karl Burrian war ein großer Wagnertenor. Er hat auch an der"Met"gesungen.
    Karl Perron war Bassbariton. Er hat später auch den"Ochs" im Rosenkavalier gesungen. Die Partie der Salome fand erst 1944
    die ideale Interpretation durch Ljuba Welitsch.


    Herbert Henn.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo, liebe Forianer,


    auch "Salome" gehört zu meinen Lieblingsopern...
    was ich meiner verstorbenen Gesanglehrerin, der "Salome" der ersten Berliner Nachkriegsaufführung an der Städtischen Oper Berlin verdanke.
    Richard Strauss, der sie in dieser Partie hörte, war von ihrer Leistung derart angetan, dass er von der "idealen, großartigen Salome" sprach.
    Die Presse war ebenso des Lobes (über das gesamte Ensemble) voll.


    Hier die Besetzung der Première vom 8.12./10.12.1946:
    Dirigent: Artur Rother
    Insz.: Dr. Werner Kelch
    Salome: Karina Kutz
    Herodias: Emmi Hagemann
    Herodes: Fritz Soot a. G.
    Jochanaan: Hanns-Heinz Nissen
    Narraboth: Friedrich-Wilhelm Perr a. G.


    Die Aufführung wurde im Auftrag der Englischen Kulturbehörde gefilmt;


    Eine andere, ebenso hervorragende Darstellerin der Titelpartie war Maria Cebotari, nicht zu vergessen Ljuba Welitsch...


    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo Heldenbariton,


    leider kenne ich die Sängerin Karina Kutz nur aus meinem Sängerlexikon. Die Salome wird dort auch als ihre Glanzrolle angegeben. Es gibt leider keine Aunahmen von ihr.
    Die besten Salomes von denen es Gesamteinspielungen auf CD's gibt, sind für mich: Ljuba Welitsch, Maria Cebotari, Inge Borkh, Birgit Nilson und Walburga Wegner, die ich als einzige in der Partie auf der Bühne erlebt habe.


    Gruß Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • ich hab bei den lieblingsopern salome auf den zweiten platz gesetzt.


    salome:
    richard strauss hat sich bei der hauptfigur selbst ein ei gelegt:
    salome ist laut handlung so zwischen 16 bis 18 jahre alt. dazu schrieb er aber eine partie, die erst von sängerinnen höheren alters zu bewältigen ist. diese oper könnte also nur per film mit schauspieler-double halbwegs (text)getreu dargeboten werden:
    - im orient waren damals die frauen (eher mädchen) früh verheiratet
    - der verführungs-versuch der salome an jochanaan erinnert mich auch eher an eine junge 'lolita', denn an eine frau von 30-40 jahren.


    herodes
    ein sexuell frustrierter möchte-gern-dom, der versucht vor seiner frau seine stieftochter zu verführen. gibt es was blöderes? kann er nicht eine situation abwarten, bis er mit ihr alleine ist?


    herodias
    eine selbstbewusste, sexuell emanzipierte frau - die eigentliche gewinnerin des stücks (trotz des verlustes ihrer geheimwaffe salome). es macht spass sich die fortsetzung (so a la seifenoper) vorzustellen, wie sich diese ehe weiterentwickelt ,-)


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Hallo Herbert,


    danke für deine Antwort.
    Aufnahmen von Karina Kutz liegen im Keller beim rbb und evtl. im DRA.
    Vielleicht irgendwann einmal....


    Gruß Heldenbariton :hello:

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

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  • Hallo Faun,


    es gab schon oft Sängerinnen, die eine mädchenhafte Stimme auch noch in mittlerem Alter hatten, z.B.:Welitsch u. Cebotari. Vieleicht schadeten sie ihrer Stimme aber mit Salome? Der Herodes soll laut Strauss nicht den"Komiker"spielen. Er soll sich mäßig bewegen, immer den Cäsar nachahmend.
    Die einzige komische Figur ist laut Strauss Jochanaan.
    Die Herodias ist auch nicht so alt, wie die Sängerinnen, die sie meist auf der Bühne darstellen.


    Gruß,Hebert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Die einzige komische Figur ist laut Strauss, Jochanaan.


    Dann hat er ihn aber falsch komponiert.
    Wie ich überhaupt glaube, daß man Äußerungen von Richard Strauss nicht zu wörtlich nehmen sollte. Seine ironische Distanz zum eigenen Werk kann die Optik etwas verzerren.


    Zur "Salome": Faun hat die Problematik IMO gut dargestellt. Ich habe die Nilsson auf der Bühne erlebt - es war grauenhaft! Wie soll man sich denn bei diesem Heroinengebrüll eine verführerische Prinzessin vorstellen? Beim Schleiertanz ging die Nilsson auffällig unauffällig zur Seite ab und eine Tänzerin kam auf die Bühne, absolvierte den Tanz, trat auffällig unauffällig ab, die Nilsson kam wieder hervor und brüllte weiter. Es war wie eine Parodie.


    Gwyneth Jones war darstellerisch besser, aber auch sie glänzte mit hochdramatischer Attacke - und den bei ihr üblichen angeschliffenen Tönen. Irgendwie verstehe ich Jochanaan, daß er da lieber zölibatär lebt.


    Das einzige Mal, als es für mich funktioniert hat, war mit Catherine Malfitano, die nicht nur so aussah, daß man sich Herodes Gefühle vorstellen konnte, sondern auch mit gespielt mädchenhafter Unschuld weich und zugleich verlockend sang. Das war kein Heroinenkreischen, sondern ein elegantes, lockendes, kokettes Singen von einem kleinen Luder, das mit seinen Reizen spielt. Ich fand's um Klassen besser als die Tonkanonaden der Wagner-Schlachtschiffe.

    ...

  • Hallo Edwin,


    ich bin nicht der Meinung, daß Strauss die Figur des Jochanaan im Sinne von Komik, falsch komponiert hat. Er wird dargestellt als Eiferer, der immer die gleichen Sprüche herunter leiert. "Tochter der Blutschande, Tochter der Sünde"u.s.w. Wenn er an einer Stelle lyrisch, schwärmerisch wird, ist es sentimental: "Er ist in einem Nachen auf dem See von Galilea und redet zu seinen Jüngern", u.s.w.
    Das sind alles Phrasen. Ich kann mich ja auch nur daran orientieren, was Strauss über die Interpretation seiner Rollen geschrieben hat, und warum sollte ich das anzweifeln. Er hat sich selber als Antichrist bekannt. Vielleicht hat er aus dieser Sicht die Rollen angelegt.


    Nun zu Birgit Nilson, Sie war wohl kaum eine Sängerin, deren Gesang man als Heroinenkreischen bezeichnen kann. Außerdem sprechen wir hier ja vorwiegend über Tonträger-Aufnahmen, bei denen das Aussehen weniger wichtig ist.


    Gruß Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert!


    Auch bei den Tonträgern habe ich leider immer das Bild vor mir, wenn ich die Person in natura erlebt habe. Und glaube mir: Die Nilsson als "Salome" war geradezu grotesk. Abgesehen davon, daß sie mit ihrer schweren, unbeweglichen Stimme (bekanntlich konnte sie beispielsweise keinen Triller singen) eine Fehlbesetzung war. Als Elektra - gigantisch! Aber jeder Zoll keine Salome.

    Natürlich kann es sein, daß Strauss den Jochanaan so komponiert hat, wie Du es auslegst. Nur erscheint mir Strauss nicht gerade als ein Meister des doppelten Bodens. Er hat Jochanaan geradlinig salbungsvoll vertont. Eine groteske Figur wird der Täufer am ehesten dadurch, daß er lieber sein Leben opfert, als sich mit der hübschen Herrscherstochter zu vergnügen.
    Ich habe das Gefühl, daß bei Wilde die ganze Sache wirklich ironisch gemeint ist: Alle Männer erliegen Sarah Bernhardt - und wer's nicht tut, ist kopflos. Bei Strauss hingegen kann ich keine Ironie entdecken. Und Jochanaans Phrasen sind auch nicht abgedroschener als die Aufzählungen von Edelsteinen bei Herodes oder die Liebes- oder wohl eher Lustbezeugungen Salomes.


    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    die Ironie, oder das Groteske muß natürlich auch der Interpret in die Rolle einbringen. Für mich kommt das am überzeugendsten bei Josef Metternich zum Ausdruck, vielleicht unfreiwillig?
    Noch kurz zur Nilson. Wenn Du Donna Anna, Fidelio, Aida, Amelia, Tosca, etc. in denen sie große Erfolge hatte, alle zu den "Heroinen" zählst, dann mag ich Heroinen.


    Gruß Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Laut eigener Aussage hätte Strauss den Jochanaan gerne "als Hanswurst componiert", aber "nur weil ich die 5 Juden schon persifliert habe und auch Vater Herodes reichlich karikiert habe, mußte ich mich nach den Geboten des Ganzen auf den 4 Hörner-Schulmeister-Philisterton beschränken."


    Jochanaan ist sicherlich die Figur, die bei Strauss am weitesten von den Intentionen Wildes entfernt ist. Alfred Kerr schrieb einmal: "Bei Strauss wird er zu einer Dur-Gestalt. Fast ein Kreuzritter mit Marschmotiv; ein Gottesmann in B-Dur, ein deutscher Jochanaan; im Kern ein blonder Prophet. Während beim Oscar der Prophet mit starrem Sehergraus mehr in Wildheit, in Düsternis lebt."


    Ich persönlich finde den Jochanaan bei Strauss sehr gelungen, sehr wild und auch nicht unkomisch, wie er da ständig rumposaunt. Bei Wilde wie bei Strauss ist Jochanaan für mich alles andere als ein "Gottesmann", eher ein fundamentalistischer, radikaler Moralist, der Gottes Wort verkündet, von Liebe aber genauso wenig Ahnung hat, wie die ganze übrige "Salome"-Gesellschaft. Und das ist für mich auch der eigentliche Kern dieser Oper: das gänzliche Fehlen von Liebe. Selbst in der "Elektra" gibt es noch Liebe, wenn auch mindestens so tief verscharrt wie das Beil. In der Salome-Welt kommt Liebe aber praktisch überhaupt nicht mehr vor. Und so Unfähig alle Figuren zur Liebe sind, so unmöglich ist es ihnen, miteinander zu kommunizieren. In dem ganzen Stück wird permanent aneinander vorbei geredet. Schon der erste Dialog zwischen Narraboth und dem Pagen zeigt das sehr deutlich. Auch Herodes und Herodias haben sich inhaltlich eigentlich nichts zu sagen und führen einen ständigen Ehe- und Machtkampf, der dem Religionskrieg zwischen den Juden und den Nazarenern in nichts nachsteht. Ein Kind wie Salome, daß in eine solche Welt geboren wird, ohne Liebe, ohne Zuneigung, ohne Kommunikation, muss zwangsweise pervertieren und seelisch verkümmern. Die einzige Art von Zuwendung, die Salome scheinbar erfahren hat, ist sexueller Natur. Daher finde ich es sehr Folgerichtig, auf welche Art sich Salome dann Jochanaan nähert - sie kennt es nicht anders, hat es selbst nie anders erfahren. Auffällig ist auch, daß Salomes Interesse an Jochanaan zuerst durch seine Stimme - und nicht durch körperliche Eindrücke - geweckt wird. Da ist plötzlich jemand in ihrem Umfeld, der etwas inhaltliches zu sagen hat - auch wenn ihn niemand versteht. Und weit vor dem Wunsch ihn zu berühren, ihn zu küssen, steht der Wunsch: "Ich möchte mit ihm sprechen!" Das der Prophet an Kommunikation aber ebenso desinteressiert ist, wie die übrigen Figuren, ist katastrophal. Und je größer die Ablehnung des Propheten wird, desto verzweifelter versucht Salome, seine Zuneigung, sein Interesse über die sexuelle Schiene zu gewinnen - denn bislang war das ja auch die einzige Art von Interesse, die Männer an ihr gezeigt haben. Indem sie Jochanaan immer wieder sagt, wie schön er sei, wendet sie die gleichen Floskeln an, die man auch von Herodes oder Narraboth hört. In diesem Sinne empfinde ich die Salome. Und nicht als Vamp oder femme fatal.

  • Hallo Edwin


    Zitat

    Ich habe die Nilsson auf der Bühne erlebt - es war grauenhaft!


    Jetzt machst du mich neugierig. Wie lange etwa hat Birgit Nilsson die Salome denn auf der Bühne gesungen?

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Herbert


    Zitat

    Vieleicht schadeten sie ihrer Stimme aber mit Salome?


    Das Fragezeichen kannst du getrost weglassen. Das heisst, bei Maria Cebotari weiss ich nicht, ob sie die Rolle (zu) oft gesungen hat, und zu einer Beeinträchtigung konnte es leider gar nicht mehr kommen. Aber Ljuba Welitsch hat (entgegen der Warnung von Gesangslehrern) den lukrativen Angeboten nicht wiederstehen können oder wollen, und hat sich mit der Salome ihre Karriere dramatisch verkürzt. Dazu kommt noch, dass sie dabei ihre Stimme bis zum Letzten gefordert hat. Die Nachwelt hat zwar eine fast nicht mehr überbietbare Referenz, aber sowohl für ihre Stimme als auch für ihre Nachfolgerinnen war dies eine zusätzliche Hypothek.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus!


    Ich muß sie knapp nach 1975 gehört haben. In Wien alternierten als Salome Nilsson und Jones, wobei man bei der Nilsson wenigstens die richtigen Töne bekam.
    Wesentlich später sah ich dann - als Alternative zur unverwüstlichen Jones - Julia Migenes. Ich bitte zu beachten, daß ich "sah" schreibe, denn gehört habe ich sie nicht. Nettes kleines Stimmchen, in Wien natürlich verloren.


    Überhaupt habe ich den Eindruck, daß man in Wien entweder die Wagner-Schlachtschiffe zum Einsatz brachte oder junge Sängerinnen, die nicht abschätzen konnten, was auf sie zukommt.


    LG

    ...

  • Hallo wonniger Laller.


    ich glaube,du hast die psychische Situation richtig beschrieben. Sie ist ja durch Oscar Wilde auch schon vorgegeben. Salome wird natürlich von Narraboth geliebt, aber für diese Art Liebe hat sie wohl kein Verständnis. Sie ist ja auch nicht betroffen, als er sich umbringt. Durch ihren familieren Umgang,hat sie nur dieses pervertierte Verhältnis zur Liebe, das dann am Schluß der Oper eskaliert, so daß selbst Herodes entsetzt ist.


    Gruß Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Hallo Edwin


    Zitat

    Ich muß sie knapp nach 1975 gehört haben.


    Ich bin beeindruckt. So viele knapp 60-jährige wird es noch nicht gegeben haben, die die Salome noch singen konnten. Aber bei allem Wohlwollen war die Nilsson zu diesem Zeitpunkt zumindest für diese Rolle weit über ihren Zenith hinaus und hat womöglich mit Lautstärke die fehlenden Nuancen kompensiert (oder kompensieren müssen; ich bin aber sicher, dass die Wiener ihr das nicht Übel genommen haben). Ich habe sie 76 oder 77 als Tosca gehört, und die ging noch ziemlich gut (in der Erinnerung wars ganz toll, aber objektiv könnte es vielleicht ein paar Abstriche gegeben haben).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Herbert,


    mir fällt es schwer, in Narraboth jemanden zu sehen, der liebt - mag er ein lyrischer Tenor sein, wie er will. ;) Ich denke, daß auch Narraboth in Salome nur ein erotisches Objekt sieht, denn er spricht immer nur über Äusserlichkeiten, die Person Salome, ihr Wesen, interessiert ihn nicht im geringsten. Da kann er seine blumigen Worte in noch so schwelgerischen Tönen verpacken, seine Intention ist die gleiche wie bei Herodes. Er wird ja auch - ebenso wie der Tetrarch - vor seiner Neigung gewarnt (Page: "Sieh sie nicht an" / Herodias: "Du sollst sie nicht ansehen" - den Begriff "ansehen" finde ich in der Salome überhaupt recht wichtig). Wenn da etwas mehr als das sexuelle Interesse wäre, dann hätte Salome sicherlich Verständnis für seine Zuwendung.



    Zitat

    Durch ihren familieren Umgang,hat sie nur dieses pervertierte Verhältnis zur Liebe

    Ich glaube, es ist sogar noch schlimmer: durch ihren familiären Umgang hat sie überhaupt kein Verhältnis zur Liebe. Und genau nach der sehnt sie sich ja. Da sie aber in einer kalten, lieblosen, machtorientierten Umwelt aufwächst, kennt sie keine anderen Methoden, als sich zu nehmen, was man will - ich könnte mir gut vorstellen, daß sie das auch am eigenen Leib erfahren hat. Diese Rechnung geht natürlich nicht auf, denn das Erleben der Liebe bleibt Salome fremd - was für mich auch den Schlussmonolog zu einer sehr einsamen, bitteren und traurigen Angelegenheit werden lässt.

  • Hallo Theophilus!


    Ich habe sie um diese Zeit (also 1975 +/- 3 Jahre) sogar noch als "Götterdämmmerungs"-Brünnhilde und natürlich als "Elektra" gehört. Imponierend - selbst dann, wenn man das Alter nicht bedenkt.
    Als Salome finde ich sie allerdings auch in der Solti-Einspielung (die ja die Nilsson auf ihrem Höhepunkt abbildet) nicht ideal.
    Die Sängerinnen, die mir auf CD gut gefallen, sind von den "historischen" Goltz, Welitsch und Varnay, von den jüngeren eine gewisse Inga Nielsen, die meinem Geschmack mit leichterer, lyrischerer Stimme entgegenkommt.


    :hello:

    ...

  • Hallo Waldvogel


    Zitat

    mir fällt es schwer, in Narraboth jemanden zu sehen, der liebt - mag er ein lyrischer Tenor sein, wie er will. Augenzwinkern Ich denke, daß auch Narraboth in Salome nur ein erotisches Objekt sieht, denn er spricht immer nur über Äusserlichkeiten, die Person Salome, ihr Wesen, interessiert ihn nicht im geringsten.


    Nein, so einfach ist es nicht. Für Narraboth ist Salome weit mehr als nur ein erotisches Objekt. Er empfindet äußerst tief für sie. Man kann darüber debattieren, ob es Liebe oder eine andere ungesunde Leidenschaft ist, oder eine Mischung davon. Aber er bringt sich um, als er erkennt, dass Salome ein fundamentales Interesse an Jochanaan entwickelt, mit dem er sich nicht vergleichen kann. Wäre sie nur ein Objekt der sexuellen Begierde, hätte ihn diese Tatsache nicht groß gekratzt, da Jochanaan auf dem Gebiet kein ernsthafter Konkurrent war.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo Edwin,


    Astrid Varnay ist für meine Ohren daß genaue Gegenteil von Salome. Eine Schwerfällige, blecherne, matronenhafte Stimme
    mit weitem Vibrato, fast Tremolo. Das ist so eine Stimme, wie Du sie bei den Heroinen beschrieben hast. Wahrscheinlich ist
    sie, (wie A.Silja) durch ihren Gatten zu der Rolle gekommen.
    Goltz ist auch von diesem Kaliber. Die klangen nicht nur für Salome, sondern selbst für Herodias zu alt. Mit L.Welitsch
    liegen wir allerdings auf einer Linie. Sie sang nicht Salome, sie war Salome.


    Gruß Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Eine sehr umfassende Besprechung offizieller und inoffizieller "Salome"-Aufnahmen kann man unter wehwehweh.classicalcdreview.com/salome.html einsehen.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Edwin


    Zitat

    Als Salome finde ich sie allerdings auch in der Solti-Einspielung (die ja die Nilsson auf ihrem Höhepunkt abbildet) nicht ideal.


    Ähnliches habe ich mir schon vor deiner Zeit zu bemerken erlaubt, allerdings nur als Verwahrung gegen Meinungen, die Birgit Nilsson wegen ihrer Salome in den Sängerinnen-Olymp hieven wollten. Aber bei Solti kann man gesanglich eigentlich nichts aussetzen, außer dass sie die Tetrarchen-Tochter mehr im Nilsson-Stil als im Salome-Stil bringt.


    Das Hauptproblem für Birgit Nilsson und Co ist natürlich die Tatsache, dass wir alle Salome persönlich hören können (unter dem Pseudonym Ljuba Welitsch).


    Catherine Malfitano ist insgesamt eine recht gute Salome, aber doch stimmlich keine Konkurrenz zu Größen der Vergangenheit. Auf ähnlichem Niveau könnte sich Sylvie Valayre bewegen, doch habe ich sie schon einige Jahre nicht mehr hören können.


    :hello:

    Ciao


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  • Hallo Theophilus!

    Zitat

    aber doch stimmlich keine Konkurrenz zu Größen der Vergangenheit.


    Ich bitte Dich - wer ist schon eine Welitsch...!!! Das geht ja aus den technisch unperfektesten Aufnahmen noch hervor, was das für eine einzigartige Interpretation war!
    Die Malfitano ist keine Konkurrenz für die Sängerinnen von früher, war aber zu ihrer Zeit (ist ja auch schon ein Weilchen her) für mich ziemlich unübertroffen, weil sie auch schauspielerisch gut gestalten konnte. Auf jeden Fall war sie mir lieber als die Studer.
    Die Valayre habe ich selbst nie gehört - leider, ich kenne einige Leutchen, die von ihr schwärmen.
    :hello:

    ...

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  • Hallo,


    ich finde, man müßte sich auch einmal mit der männlichen Hauptrolle der Oper beschäftigen. Warum wollte Strauss einen Heldentenor für den Herodes (Karl Burrian)?
    Welches waren und sind die bedeutensten Interpreten?
    Warum war Julius Patzak, der von einem Heldentenor weit entfernt ist, auf Tonträgern der häufigste Interpret der Rolle?
    Hier einige der anderen: B.Aldenhoff, R.Vinay, J.Vickers, H.Hopf, F.Uhl, H.Beirer, M.Lorenz, etc. Heute wird die Rolle vorwiegend von Buffo-Tenören gesungen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Theophilus


    Nein, so einfach ist es nicht. Für Narraboth ist Salome weit mehr als nur ein erotisches Objekt. Er empfindet äußerst tief für sie. Man kann darüber debattieren, ob es Liebe oder eine andere ungesunde Leidenschaft ist, oder eine Mischung davon. Aber er bringt sich um, als er erkennt, dass Salome ein fundamentales Interesse an Jochanaan entwickelt, mit dem er sich nicht vergleichen kann. Wäre sie nur ein Objekt der sexuellen Begierde, hätte ihn diese Tatsache nicht groß gekratzt, da Jochanaan auf dem Gebiet kein ernsthafter Konkurrent war.


    Aber was ist es denn dann? Für wahre Liebe kann ich weder im Text noch in der Musik Anhaltspunkte finden. Und das Narraboth für Salome "äußerst tief empfindet" will ich gar nicht bestreiten. Geilheit kann ja durchaus eine sehr tiefe Empfindung sein. ;)

  • Der Punkt ist, daß wir von Narraboth selbst nichts über seine Empfindung erfahren - er hat nur ein paar schwärmerische Sätze.
    Ich frage mich, ob das nicht auch eine Geschichte von einseitigen Liebesbeziehungen ist:
    Page -> Narraboth
    Salome -> Jochanaan
    Herodes -> Salome
    Abgesehen davon finde ich es interessant, daß Liebe (wenn es denn überhaupt eine ist) in diesem Stück durch Aufzählungen von Leidenschaftsbezeugungen und Schwärmerei geäußert wird, nicht durch direktes Ansprechen des Gefühls.

    ...

  • Genau! Aber bei Wilde sind die Jungs, mit den schwärmerischsten Sätzen, doch meist auch die Ich-Bezogensten.
    Salome ist auf alle Fälle ein Stück von einseitigen (Liebes-)Beziehungen! Das zeigt ja schon Deine Aufzählung. Niemand redet miteinender, niemand hört zu, niemand schaft auch nur die Spur von Komunikation. Das ist die schrecklichste Welt, die ich mir denken kann.

  • Zur Problematik des Tanzes in der Salome. Mittlerweile habe ich mehrere Produktionen geshehen, in denen die Hauptdarstellerin tatsächlich den Tanz selber aufführt, z.B. Evely Herlitzius in Stuttgart oder bei der Augsburger Inszenierung.
    Morgen gibt in München Angela Denoke ihr Rollendebüt - und sooviel ich gehört habe, soll sie auch selber tanzen. Ich bin gespannt, da sie stimmlich eben keine Walküre ist und optisch sehr gut zur Rolle passen sollte...
    Am Montag bilde ich mir dann live mein eigenes Urteil, der BR überträgt morgen bereits die Premere...

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