Musikalische Reife, Musikverständnis

  • In einem anderen Thread wurde erwähnt, dass es einer gewissen musikalischen Reife bedürfte, um z. B. Bach zu verstehen. Das wollte ich nicht so unkommentiert dastehen lassen, auch auf die Gefahr hin, dass dieser Thread rasch in den Tiefen des Forums wieder verschwindet.


    Ist es Eurer Meinung nach so, dass man speziell klassische Musik nur begreifen, lieben und hören kann, wenn man über musikalische Kenntnisse theoretischer und praktischer Natur verfügt? Ist das Anspruch klassischer Musik? Setzt Genuss klassischer Musik Bildung voraus - ist sie gar nicht für jedermann? Oder ist es nicht so, dass sie jeden erfreuen kann? Dass man durch reines Hören die abgründigen Tiefen einer Komposition ausloten kann? Braucht es dazu Erfahrung oder nur Liebe ander Musik? Was meint Ihr?

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Salut,


    das Thema ist sehr heikel. Trotzdem behaupte ich - ohne Antrengung einer Wertung - dass der Genuß klassischer Musik in jedem Fall "bildet".


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Nach meiner Meinung gilt folgender Grundsatz: Je mehr Kenntnisse theoretischer und praktischer Natur dem Hörer zur Verfügung stehen, desto mehr Voraussetzungen besitzt er, die Musik besser begreifen und tiefer lieben zu können. Ich glaube, dass Liebe zu etwas Verständnis der Sache gegenüber voraussetzt, und zwar im dynamischen Kausalzusammenhang.


    Das gilt jedoch nicht nur für die klassische Musik, sondern generell. Für die klassische Musik ist jedoch die Hürde zum Eindringen und Verstehen häufig höher als zum Beispiel für Balladen von Bob Dylan.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Vielleicht ist das etwas arg hochgegriffen, ich würde das nie so formulieren, "man müßte erst eine gewissen musikalische Reife erlernen um Bach zu verstehen..."


    Es liegt wohl in der Natur des Menschen aus allem eine Wissenschaft machen zu wollen und sei es nur das eigene Hobby...


    Ich würde das einfach als "einhören" bezeichnen.
    Man muß eigentlich nur lernen sich auf eine bestimmte Sache einzulassen.
    Das beinhaltet nicht nur jetzt Musik sondern Kunst im Allgemeinen. Wenn man alles erstmal ablehnt weil es dem eigenen Geschmack nicht entspricht kann man sich die schönsten Werke anhören, ansehen, lesen, es wird einem nichts bringen.


    Eine gewissen Unvoreingenommenheit und Neugier reichen vielleicht schon. Jede Epoche hat ihre ganze eigenen Ausdrucksmittel, auf die gilt es sich erstmal einzustellen, was aber für einen denkenden und fühlenden Menschen kein Problem darstellen sollte.


    Ob man eine gewisse Bildung braucht um klassische Musik zu hören bezweifle ich auch, denn in erster Linie spricht die Musik doch die Seele, das Gefühl an, das hat nichts mit Bildung zu tun.
    Schönheit kann man auch ohne Abitur wahrnehmen.
    Zu verstehen was Liebe ist hat auch noch niemand studieren müssen.


    Ich meine klassische Musik spricht grundsätzlich jeden an und vermag jeden Menschen zu bewegen (es sei denn dieser Mensch geht schon Vorurteil behaftet an diese Sache) Die Sprache der Musik ist universell und wird überall verstanden, es ist vielmehr so, dass wenn man sich zusehr mit dem was "dahinter" steht befaßt einem vielleicht die ganze Sinnlichkeit der Musik - und nur darauf kommt es an, verloren geht.
    Dann wird nur noch darauf geachtet wie jene Kadenz gespielt wird, welche Instrumente nun wirklich korrekt sind, ob das Orchester zu schnell oder zu langsam spielt etc.


    Musik zu hören ist eine Sache des Herzens, nicht des Verstandes, ist sie nur für den Intellekt, dann ist sie für mich so tot wie eine mathematische Gleichung.

  • Bei Bob Dylan dürfte wohl die Hürde in seiner manchmal verworrenen Poesie liegen :D Auch musikalisch würde ich Dylan niemals abwerten!


    Sicherlich muss man bei klassischer Musik genauer hinhören, als bei Popmusik welches uns das Radio unermüdlich entgegendudelt, aber ich stelle mich gegen die Auffassung, dass klassische Musik nur der begreifen mag, der bspw. über Notenkenntnisse verfügt. Musik verlangt nicht immer danach auf theoretischer Ebene analysiert zu werden, auch wenn dies natürlich eine überaus faszinierende Wissenschaft ist, es gibt soviel Musik, die da ist um zu gefallen und die Sinne zu betören. Ich besitze auch keine Notenkenntnisse mehr und begreife diese Musik auch durch (mehrmaliges) Hören, auch wenn ich Ambitionen hege, zum gegebenen Zeitpunkt wieder Noten und ein Instrument zu lernen.


    Edit: @derLullist: Du sprichst mir aus der Seele!

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

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  • Lieber Masetto,


    durch Dein Ausrufezeichen fühle ich mich genötigt zu sagen, dass mit keinem Wort meinerseits von der musikalischen Abwertung Bob Dylans Musik die Rede war.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Um des Fleckes auf Deinem Saxophon, Nein, das wollte ich damit nicht sagen!

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Salut,


    Zitat

    Original von der Lullist
    Schönheit kann man auch ohne Abitur wahrnehmen.
    Zu verstehen was Liebe ist hat auch noch niemand studieren müssen.


    ich stimme zwar uneingeschränkt zu - aber Letztgenanntes darf ich doch gelegentlich empfehlen...


    Zitat


    Musik zu hören ist eine Sache des Herzens,


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    V

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Da ich Andrej Tarkowskijs Auffassung von Kunst teile, stehe ich auf dem Standpunkt, daß sich kein Kunstwerk über eine rational-analytisch verfahrende Betrachtungsweise voll erschließt. Kunst erfährt man letztlich immer als subjektives, nicht zu dechiffrierendes Erlebnis.


    Es hilft zwar, wenn man Noten- oder andere theoretische Kenntnisse besitzt, wenn man ein Instrument spielen kann, weil es das Verständnis des Werkes fördert, aber das subjektive Erlebnis wird dadurch nicht ersetzt. Umgekehrt reicht aber das Erlebnis aus, man kann ohne das andere auskommen.

  • Zitat

    Original von Masetto
    In einem anderen Thread wurde erwähnt, dass es einer gewissen musikalischen Reife bedürfte, um z. B. Bach zu verstehen. Das wollte ich nicht so unkommentiert dastehen lassen,...


    In meinen Augen bedarf es definitiv musikalischer Reife, um die Zwölftonmusik zu verstehen :D Aber wie der Lullist schon sagte: man muß sich darauf einlassen......


    Zitat

    Ist es Eurer Meinung nach so, dass man speziell klassische Musik nur begreifen, lieben und hören kann, wenn man über musikalische Kenntnisse theoretischer und praktischer Natur verfügt?


    Nein.


    Zitat

    Dass man durch reines Hören die abgründigen Tiefen einer Komposition ausloten kann? Braucht es dazu Erfahrung oder nur Liebe an der Musik? Was meint Ihr?


    Jein. Wenn Du nichts über den Komponisten weißt, sein Gesamtwerk und das gehörte Stück im Speziellen, über die Zeit, in der er gelebt hat, kannst Du "nur" auf Deine eigenen Empfindungen zurückgreifen, Du befindest Dich also im ausschließlichen Dialog mit Dir selbst. Das wird dem Einen genügen (was auch völlig OK ist).


    Der Andere wird wissen wollen: in welchem Umfeld, unter welchen Voraussetzungen, wo positioniert sich das Stück im Werk des Komponisten, wo im Schaffen seiner Zeitgenossen, usw. - also WIE ist diese Symphonie z.B. entstanden? Man begibt sich damit in den Dialog mit dem Komponisten und seiner Zeit.


    Und über diese Schiene auch gleich in den Dialog mit anderen Klassikliebhabern. Denn - was ist denn das Interessante an diesem Tamino-Forum? Denen zuzuhören und sich mit denen auszutauschen, die etwas zu sagen haben, weil sie etwas WISSEN.


    LG
    Austria


    Und PS: Klassische Musik bildet - natürlich, da gebe ich Ulli recht.

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

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  • servus masetto


    die zentrale frage ist - willst du
    a) musik verstehen oder willst du
    b) dich an musik erfreuen, mit musik trösten, musik er-, mitleben, ....


    ich höre jeden tag mehrere stunden klassische musik, aber ich will sie gar
    nicht begreifen oder verstehen. das ist in dem sinne gemeint, dass mir die
    reine musik ohne erläuternde texte, analysen, kritiken, etc. etwas geben
    muss, das mich interessiert.


    ich lese praktisch keine texte (bücher, inhaltsangaben, programmhefte, ...)
    über musik. für den genuss und die erbauung ist das, zumindest für mich,
    nicht nötig. wenn ich etwas anderes empfinde, als der komponist (interpret)
    im sinne hatte, dann hat er es eben für mich nicht richtig über die rampe
    gebracht.


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Auch der Komponist selber kann dem Hörer helfen, die Musik zu begreifen. Zappa, der auch zu den Komponisten von 12-Ton Musik zählt und mit Schönberg und Stravinsky und anderen genannt wird, hat mir diese Art von Musik über Humor und Pointen in der Musik selbst beigebracht. (JaJa, der und sein Zappa :D )


    Dass klassiche Musik generell bildet ist sehr richtig. Man lernt viel über Geschichte.

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Meine bisherige Erfahrung ist: Umso mehr ich mich mit meinem Hobby beschäftige - und damit meine ich sowohl theoretisch wie auch praktisch, letzteres meint also die pure Quantität, die Hörerfahrung - , desto mehr Freude habe ich daran.


    Das betrifft z.B. auch das Rotweintrinken, Kochen, aber auch Literatur und Karate - und letztendlich halt auch die Musik.


    faun schrieb

    Zitat

    ich höre jeden tag mehrere stunden klassische musik, aber ich will sie gar
    nicht begreifen oder verstehen. das ist in dem sinne gemeint, dass mir die
    reine musik ohne erläuternde texte, analysen, kritiken, etc. etwas geben
    muss, das mich interessiert.


    Bei mir ist es fast genau anders herum - ich dränge sozusagen nach dem theoretischen Unterbau. Ich halte aber diese beiden unterschiedlichen Herangehensweisen nicht für qualitativ wertbar. Jeder genießt auf seine Art, ich suche die theoretische Unterfütterung eigentlich auch nur, um noch mehr Freude und Lust aus dem Musikhören zu schöpfen. Das Ganze birgt aber natürlich die Gefahr, einen - im besten positiven Sinne gemeinten - "naiven" Zugang zur Musik zu verlieren. Vor allem kann dann ein strenger Tunnelblick gegenüber vermeintlich falschen Interpretationen auftreten - die man auch als Verschlossenheit gegenüber Neuem auffassen kann.


    Wie auch immer, auf den Punkt gebracht bin ich der Meinung, theoretische Bildung kann, Erfahrung aber muss meist sein. Womit ich meine, dass die Liebe Zur Musik ungemein von der "Bildung" profitiert, die man schon alleine durch das bloße Hören erlangt hat.
    Ich erinnere mich noch gut an ein Konzert, das (leider :( )vollkommen an mir vorbei ging: Mahlers 6. Sinfonie, Abbado und die Berliner Philharmoniker. Die 6. Sinfonie halte ich für eines der größten Werke überhaupt, damals hat sie mich aber - magels Erfahrung - einfach überfordert. So war auch mein Eindruck nach dem Konzert: Ich konnte nicht sagen, dass ich das nicht gemocht hätte - ich war einfach -genußlos :D - erschlagen worden. Ähnlich dem ersten Kontakt mit einem sehr jungen, schweren Bordeaux.


    Darüberhinaus mag es natürlich musikalischere Naturen geben, die man auch als erstes Konzert in den Tristan schicken kann, und die weder Theoretische noch praktische Erfarhungen brauchen, um das vollends würdigen zu können.


    Gruß
    Sascha


  • Salut Faun,


    ich finde die Aussage sehr gut. Ich finde zudem, dass es eigentlich Ziel der Musik sein sollte, pure Empfindung beim Hörer hervorzurufen, was sie ja bei Dir auch bewirkt. Erklärungsbedürftige Musik ist das, was ich ablehne.


    Ich finde es auch nicht schlimm, wenn Du etwas anderes empfindest, als der Komponist im Schilde führte... allerdings stellt sich mir die Frage: Woher weißt Du das, wenn Du keine Texte über Musik liest?


    Es ist ja jedem selbst überlassen, sich weitergehender [tiefgründiger] mit der Musik auseinanderzusetzen - das meiste davon ist ohnehin Spekulation oder subjektive Erfindungsgabe...


    Zudem weckt Musik allein ja auch gelegentlich das Interesse - an einem Komponisten, ein einem mythologischen Thema [das man sich dann zu eigen macht], an Zeitgenossen des Komponisten, an Vergleichen, an einem bestimmten Instrument [dem man dann vielleicht den Vorzug gibt]...


    Für mich kann ich grundsätzlich auch Antracis zustimmen - der theoretische Unterbau, bei mir allerdings mit dem Ziel verbunden, zu verstehen, warum Musik Empfindungen auslöst bzw. wie man das ggfs. "steuern" - und dann umsetzen - kann.


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich glaube, dass der Zusammenhang zwischen Klassik und "musikalischer Reife"
    etwas überbewertet wird.


    Was interessiert es mich zum Beispiel, ob Bach in dem dritten Contrapunctus der KdF dreißig
    Krebse und 12 Umkehrungen eingebaut hat, die symbolisch an einen christlichen Feiertag
    erinnern sollen. Das interessiert doch nur Spezialisten wie Ulli B. :D


    Es soll meines Erachtens einfach vernünftig klingen. Dieser intellektuelle Aspekt ist zwar
    schön und gut, aber meines Erachtens eher zweitrangig.


    Letztlich bleiben doch nur Melodien, die je nach Epoche anders miteinander verknüpft werden.


    Wie faun kann ich deshalb auch viele Schriften nicht ertragen.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

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  • Zitat

    Original von Ulli
    Ich finde es auch nicht schlimm, wenn Du etwas anderes empfindest, als der Komponist im Schilde führte... allerdings stellt sich mir die Frage: Woher weißt Du das, wenn Du keine Texte über Musik liest?
    Ulli


    servus ulli


    unter anderem, weil meine frau diese sachen (programme) liest und wir darüber
    sprechen. z.b. hat sie bei messiaen - turangalila-sinfonie - im programm-heft
    gelesen und die vögel in der musik gehört - ich habe keinen vogel gehört, auch
    nicht andeutungsweise, nicht einen einzigen ,-)


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Zitat

    Original von SMOB



    Was interessiert es mich zum Beispiel, ob Bach in dem dritten Contrapunctus der KdF dreißig
    Krebse und 12 Umkehrungen eingebaut hat, die symbolisch an einen christlichen Feiertag
    erinnern sollen. Das interessiert doch nur Spezialisten wie Ulli B. :D


    Widerspruch!


    Natürlich interessiert es mich, keine Frage, aber das Ziel ist ein anderes - mir geht es nicht um das Zählen, die Symbolik hingegen ist interessant, aber nicht das A und O - schließlich ist sie ja auch für "Spezialisten" :P gemacht, die die Musik ansonsten als langweilig empfinden könnten...


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)


  • Gut!


    Das heißt, Du liest es nicht selbst, aber es interessiert Dich dennoch. Würde Austria nicht die unendliche Gnade haben, Dir vorzulesen [wie einst Constanze ihrem Mozart Märchen vorlas] oder Dir frei zu berichten - was dann?


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Masetto
    Wenn der Komponist will, dass man Vögel hört, dann hört man die auch.


    Fraglich. - Wenn er nur das Aufpicken eines Wurmes darstellt? Oder den Flügelschlag? Oder das Aufplustern, Baden, Sch...


    ?(


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • servus ulli


    mich interessiert meine frau und ich höre ihr zu. ein kleiner, aber feiner
    unterschied. ich würde lieber ein kapitel der 'geschichte der O' oder
    ähnliches vorziehen ,-)


    faun

    die kritik ist das psychogramm des kritikers (will quadflieg)

  • Zitat

    Original von faun


    servus ulli


    mich interessiert meine frau und ich höre ihr zu. ein kleiner, aber feiner
    unterschied. ich würde lieber ein kapitel der 'geschichte der O' oder
    ähnliches vorziehen ,-)


    Salut,


    ich finde den Unterschied keineswegs klein - vielmehr riesengroß [wer hört schon seiner Frau zu und lernt dabei vielleicht noch was? :stumm: ] , dennoch fein :)


    :jubel:


    LG
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ulli solch Bildersprache in der Musik lernt man mit der Zeit und während ein Werk im Geiste heranreift und man es immer mehr kennenlernt. Ich höre gerade zum zweiten Mal am heutigen Tage die Schöpfung von Haydn, die ist voll solcher Bilder - unbeschreiblich schön!

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Zitat

    Original von Masetto
    Ulli solch Bildersprache in der Musik lernt man mit der Zeit und während ein Werk im Geiste heranreift und man es immer mehr kennenlernt. Ich höre gerade zum zweiten Mal am heutigen Tage die Schöpfung von Haydn, die ist voll solcher Bilder - unbeschreiblich schön!


    Salut,


    ja, natürlich! Gerade in der "Wiener Klassik" ist das anfänglich besonders "anstrengend" solche "musikalischen Bilder" zu verstehen, vgl. hier [mal abgesehen von einer Kuckucksterz...].


    Ich habe das natürlich auch erst sehr viel später entdeckt - mich hat es fasziniert, ich sehe vieles ganz anders als vorher, aber weder "besser" noch "schlechter" i.S. einer Transparenz. Die Musik spricht für sich - man kann sie auch ohne diese Erkenntnisse heiß und innig lieben, wie ich das lange tat. Nur bringt es mich persönlich eben bei meinem "Wie erreiche ich mein ziel" sehr viel weiter...


    Was haben denn andere "Entdecker" auf diesem Gebiet für Vorteile daraus?


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Bei Haydn, explizit bei der Schöpfung und den Jahreszeiten ist soetwas dank der - meiner Meinung nach wunderschönen - Libretti sicherlich noch vergleichsweise Einfach...


    Hast Du solche Sachen über die Theorie (ich gehe mal davon aus, Du (Glücklicher) hast eine klassische musikalische Ausbildung genossen) oder anhand des Hörens erschlossen?

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

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  • [Angebmodus an]


    Ich habe nur eine ganz geringfügige klassische Musikausbildung erhalten bzw. später geduldet, d.h. über Klavier- und Orgelspiellernen ~ 5 Jahre ging es mit Ausnahme eines kurzen Exkurses in die Grundzüge der Harmonielehre nie hinaus. Ich habe mir das alles selbst beigebracht, weshalb es mir auch oft an terminus technicus fehlt... [/Angebmodus aus]


    Es war für mich aber alles sehr logisch, weshalb ich es absolut ohne Mühe quasi aufsaugen konnte... ich habe extrem viel Musik gehört, gespielt und abgeschrieben - das Leben drumherum war mir völlig gleichgültig [und ist es heute erst recht!]. Ich wurde allerdings zweimal bisher auf etwas unschöne Weise auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt - was interessiert mich der Boden der Tatsachen?*


    Sicher streift das Thema "Musik" mein Leben nicht nur peripher - ich bin besessen von Musik. Alles andere ist mir - mehr oder weniger - egal. Ich würde sogar für Musik sterben [womit ich auch rechne]. Das ist sicherlich nicht nachahmenswert, aber Musik ist mein Leben [egal, ob man das, was ich tue, für gut empfindet oder nicht].


    LG
    Ulli


    *Liebe kleine Kinder, macht das bitte nicht nach...

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Moin,


    grundsätzlich bin auch ich der Auffassung, das Kunstwerke sich aus sich selbst erklären müssen. Gemeinhin wirkt das Werk ja auch unmittelbar auf mich - im Museum oder im Konzertsaal. Da nützt es dann herzlich wenig, wenn sich der Komponist jede Menge Vögel vorstellt, ich aber keinen einzigen entdecken kann (es sei denn, mir ist völlig wurscht, ob da irgendwelche Vögel im Spiel sein sollen, weil die Stimmung mich auch so vollstens erfasst).


    Ich glaube eben, dass es ein merkwürdiger Ansatz ist, ein Werk "verstehen" zu wollen. Was dem jeweiligen Schöpfer durch den Kopf ging, werde ich sowieso nicht ernsthaft in allen Verästelungen nachempfinden können - man hat ja ganz unterschiedliche Leben.


    Wenn ich mir also die "Straßenbahnhaltestelle" von Joseph Beuys angucke, muss es mir rein gar nichts nutzen, mich durch seine mehrseitigen Erläuterungen durchzuwühlen - denn das Kunstwerk spricht mich an, berührt mich - oder tut es eben nicht. Beschäftige ich mich damit, ohne tatsächlich berührt zu sein, ist mein Interesse wohl eher akademischer Natur.


    Allerdings habe ich mich mittlerweile in Sachen Musik dabei ertappt, dass ich mich mit Sekundär-Literatur befasse. Auch auf Anregungen hier im Forum habe ich mir Pahlen'sche Bücher zu Wagner-Opern gekauft, die ich nun mit großem Gewinn studiere. Manches, was mich wegen so empfundener Redundanz nervte, die Leitmotive, sehe ich nun anders. Wobei ich nicht recht zu sagen weiß, ob es mehr daran liegt, dass ich mich mit dem Buch auf dem Schoß automatisch mehr auf die Musik fokussiere oder mir einfach durch Erläuterungen die Augen/Ohren geöffnet wurden.


    Doch auch hier ist für mich entscheidend, dass ich persönlich angesprochen bin. Und das wiederum ist für mich weniger eine Frage der Reife, der Bildung, des Wissens, das bleibt für mich eine Frage des Gefühls.


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Bei mir wars jedenfalls so, dass um so mehr mein theoretisches verständnis gewachsen ist, dass um so umfassender auch Hörreportior geworden ist.
    Z.B. als ich ganz am anfang stand hab ich mir immer gedacht, wie kann man sich nur die patetique anhören? Und jetzt liebe ich die patetique.
    Und ich denke mal z.B. das ich alle Fugen nur halb so schön fände wenn ich nicht wüssete was da passiert. Weil so, wenn ich jetzt z.B. ne Fuge von Bach höre, da freu ich mich manchmal richtig für Bach was er da doch wieder für einen genialen themeneinsatz zwischengezaubert hat.

  • Ich denke, dass mir theoretische Musikkkenntnisse dabei helfen können, einem Musikwerk intensiver zuzuhören, mehr seine Schönheiten, auch in Kleinigkeiten, zu entdecken.


    Ich höre daher gerne ein Werk anhand einer guten Beschreibung - manchmal aus dem Forum oder aus dem CD-Booklet oder einem Konzertführer. So kann ich ein bestimmtes Thema (oder mehrere)besser verfolgen; besser erkennen, wie es variert wird. Dabei sind Grundkenntnisse der verschiednen musikalischen Formen wie vor allem der Sonate eine Unterstützung.
    Auch gibt es bei diesen Beschreibungen immer mal wieder Fachbegriffe, die ich verstehen möchte. So wächst die "Bildung". Öfters sind auch Notenbeispiele dabei; daher möchte ich auch das Noten lesen noch besser lernen. Und vor allem fähig werden, die Verbindung zwischen Noten und gehörter Musik herzustellen.


    Auch die Instrumente bei Orchesterwerken möchte ich gerne erkennen - und damit auch wieder erkennen. Immer mehr merken, welche mich besonders ansprechen. Und dann gezielt nach Werken suchen, in denen die eine besondere Rolle spielen.


    Auch die Einordnung in den historischen Kontext finde ich interessant und wichtig auch fürs besser Hören. Z. B. wo sich der Komponist dem Zeitgeschmack angepasst hat und wo er eigenständig ist. Was "neu" ist bei romantischen Werken - verglichen mit der Klassik. Wieso heute bestimmte "Dissonanzen" nicht mehr ungewöhnlich oder gar "verboten" wirken. Ich höre ja nicht einfach nur als "Mensch", sondern in Wechselwirkung mit meiner Zeit und meiner Gesellschaft.


    Auch ich muss achten darauf, dass nicht vor lauter Analyse der Genuss und die Freude an der Musik zu kurz kommt. Ich höre mir daher ein Werk nach intensiverem Studium mit Hilfsmitteln meistens noch einmal ganz ohne an und ohne mich bewusst an das Gelesene zu erinnern. Der Höreindruck ist dann meistens wesentlich intensiver als beim ersten Mal. Und auch intensiver als mehrmaliges Hören ohne Hilfsmittel.

    Anna-Beate

  • Hallo ihr Lieben.


    Meine Erfahrung mit der Klassik hat sich so geprägt: Wenn über eine Sache geredet wird, kann auch das Verständnis wachsen. Wir hatten in der Jugend einen Jugendleiter in unserem Jugendheim, der verschiedene Themen Vorurteilsfrei und Wertneutral diskutieren ließ. Dabei ging es natürlich auch um Musik. Da hatte ich den ersten Zugang zu klassischen Musik. Damals holte ich mir meine erste Klassik LP, es war Beethovens 5te Klaviersonate. Nicht weil mir die Musik besonders zusagte, sondern der Preis war eher Ausschlag gebend (3,- DM). Mit der Zeit habe ich sie lieben gelernt. So bin ich auch offen geblieben für jede art Musik. Natürlich haben sich vorlieben entwickelt. Auch unterliegt mein Geschmack gewissen Lebensabschnitten die man zwangsweise durchläuft. Zurzeit dominiert ganz klar die Klassik.


    LG Detlef

    Werden im Wirken - Großes braucht seine Zeit

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