Ich möchte kurz eines meiner Lieblingswerke vorstellen.
Die Sonate für Bratsche ist Schostakowitschs letztes Werk. Für die Komposition der ersten beiden Sätze benötigte er zehn Tage. Am 4. Juli 1975 sagte er dem Bratschisten des Beethoven-Quartetts (Fjodor Druschinin) am Telefon, dass er sich gesundheitlich sehr schlecht fühle und es sein könne, dass er die Arbeit deswegen unterbrechen müsse. Er brachte dann aber doch das Schluss-Adagio in nur zwei Tagen zu Papier, bevor ein Erstickungsanfall In der Nacht vom 6. auf den 7. Juni dafür sorgte, dass er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Gegen Lungenkrebs im Endstadium konnte man leider nicht viel ausrichten. Am 1. August wurde er aus dem Krankenhaus entlassen und führte in den folgenden drei Tagen die letzten Korrekturen an der Partitur der Bratschensonate durch. Am 9. August starb Schostakowitsch. Die Bratschensonate wurde am 25. September in Leningrad uraufgeführt. Druschinin spielte Bratsche, Mikhail Muntian Klavier.
Ich höre die Sonate verdammt gern. Ich mag überhaupt die letzten großen Werke besonders, auch das 15. Streichquartett und die 14. und 15. Symphonie. Die Klanglandschaften sind hier oft karg, die Musik aufs Wesentliche reduziert.
Nun folgt der Versuch, einer subjektiven Beschreibung der drei Sätze. Insgesamt dauert das Stück eine gute halbe Stunde und das Adagio ist fast so lang, wie die beiden ersten Sätze gemeinsam.
I Moderato
Zaghaft und leise schleicht sich die Musik aus dem Nichts, wird aber immer nervöser und rastloser, verbreitet stellenweise großes Unbehagen. Am Ende schleicht sie ins Nichts zurück, als sei nichts gewesen.
II Allegretto
Hier steckt Musik aus dem Opernversuch "Die Spieler" nach Gogol drin. Die Fröhlichkeit der Musik wirkt manchmal trotzig und wird außerdem durch melancholische Musik und ungemütliche Pizzicato-Zupfer durchbrochen. Ein düsterer, humorvoller "Danse macabre".
III Adagio
Hier steckt Musik aus Beethovens Monscheinsonate drin. Die Musik ist lyrisch und traurig, sie trifft einen mitten ins Herz.
Ich besitze zwei Aufnahmen, die ich beide uneingeschränkt empfehlen kann!
a)
Yuri Bashmet, Bratsche
Mikhail Muntian, Klavier
gekoppelt mit Bratschensonaten von Glinka und Roslavets
RCA
b)
Annette Bartholdy, Bratsche
Julius Drake, Klavier
gekoppelt mit Schostakowitschs Cello-Sonate, arrangiert für Bratsche
NAXOS