Die Familie Bach vor Johann Sebastian

  • Sicher ist es allegemein bekannt, daß Sebastian Bach in einer jahrhunderte alten musikalischen Familientraditon wurzelt.
    Etliche Mitglieder der Familie Bach waren (z. T. bedeutende) Komponisten,
    Stadtpfeifer und Kantoren. Leider ist von den Kompositionen der Bache nur ein verschwindend kleiner Teil erhalten, vom dem sich das meiste im sogen.
    "Alt-Bachischem-Archiv", einer Sammlung von Motetten und Kantaten, die Sebastian anfertigen ließ und die nach seinem Tod in den Besitz seines Sohnes Emanuel überging, befindet. Das Archiv wurde nach 1945 russische Kriegsbeute und kehrte erst vor wenigen Jahren nach Deutschland zurück.


    Nach und nach möchte ich hier die komponierenden Mitglieder der Bachfamilie
    vorstellen. Der früheste uns bekannte Komponist war Johann Bach (1604-1673) der die meiste Zeit seines Lebens in Erfurt tätig war und von dem 2 Motetten überliefert sind.


    Bedeutendster Vertreter der Familie VOR Sebastian war der "Oheim" des Komponisten, Johann Christoph Bach (1642-1703) der als einer der bedeutendsten deutschen Komponisten des 17. Jh. gelten darf, ungeachtet eines nur kleinen überlieferten Werkbestandes. Christoph war der Sohn von Heinrich Bach (1615-1692), der ebenfalls als Komponist hervorgetreten ist.


    Nicht zu vergessen Michael Bach (1648-1684), der spätere Schwiegervater Sebastians, der großartige Orgelwerke, Kantaten und Motetten hinterlassen hat.


    Nicht in direkter Linie mit Sebastian Bach vewandt war der der sog. "Meininger Bach" , Johann Ludwig, ein Komponist den der Thomaskantor ausserordentlich schätzte und mit dem ich meinen "Reigen" heute beginnen werde.




    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Sebastian Bach war nach einem fulminanten Start in Leipzig die Freude an weiteren Kantaten-Jahresproduktionen schnell vergangen und um seinen allsonntäglichen Pflichten gerecht zu werden, konzentrierte es sich stärker als bisher auf bereits
    vorhandenes Repertoire. Neben den musikalischen Nachlässen seiner Amtsvorgänger Kuhnau und Schelle wurde er aber auch im eigenen "Familienumfeld" fündig, so z.b. bei Johann Ludwig Bach, dem "Herrn Vetter" aus Meiningen. Obwohl mit Sebastian eher "um fünf Ecken" als direkt verwandt, schätzte Sebastian die Arbeiten des Meininger Hofkapellmeisters ganz ausserordentlich, was sich darin niederschlägt, daß er Kantaten desselben für seine Aufführungen in Leipzig abschreiben ließ und zum Teil sogar persönlich kopierte. Mit gutem Grund, denn was da die Leipziger in den Jahren 1726-1730 zu hören bekamen, war dem Namen Bach in jeder Hinsicht würdig.


    Johann Ludwig Bach:



    Ludwig Bach, 1677 in Thal bei Eisenach geboren als Sohn des Kantors Jacob Bach, von dem er auch seine Ausbilung erhielt.
    Mit 22 Jahren trat er der Meininger Hofkapelle bei und wurde 1711 zum Hofkappellmeister ernannt. er hinterließ 2 Söhne, die sich durch eine Doppelbegabung als Musiker und Maler auszeichneten, ein Phenomen, das sich später bei Emanuel Bachs
    Sohn Sebastian wiederfindet. Nachkommen der Meininger Bach-Linie leben bis heute und sind noch immer in Thüringen ansässig. Der (leider kleine) überlierte Werkbestand des Meisters liegt nun vollständig auf Tonträgern vor, was mich dazu inspirierte, meine Darstellung der älteren Bach-Linie mit diesem Musiker zu beginnen.


    Die überlieferten Motetten sind nicht mit den Werken Sebastians vergleichbar, sondern sind eher Zeugnis einer persönlichen Auseinandersetzung mit Tod und Vergänglichkeit, häufig in Form einer "Sterbe-Aria" wiewir sie seit Rosenmüller
    und Pachelbel kennen:



    Die klangschöne "Missa brevis" ist ein schönes Beispiel für die im lutherischen Ritus übliche Messform, der sich auch Sebastian und der Jenenser Bach Nikolaus bediente:



    Bach, der ausserordentlich von der französischen Musik seiner Zeit beeinflußt war, hat eine Vorliebe für die Formen der Chaconne und der Passacaglia. Sein ausgeprägter Lyrismus erinnert mehr an die Vokalwerke D. Buxtehudes als an jene Pachelbels, mit dem die Familie Bach vielfach verbunden war. Mit seiner groß angelegten "Trauermusik" für seinen Brotgeber für Doppelchor mit doppeltem Orchester hinterließ er eines der bedeutendesten Funeralia des späten Barock.


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB,


    Danke für diesen thread. Mich haben die Vorfahren und Zeitgenossen von Johann Sebastian immer mehr interessiert als die Söhne. Meine erste kleine Sammlung war eine Box von Rilling, mit herrlichen Werken von Johann Christoph und eine missa brevis von Nikolaus Bach. Die gibt es wahrscheinlich nicht mehr und Bilder kann ich eh keine ins Netz stellen. Alles sehr schöne Werke, für den, der evangelische Kirchenmusik schätzt, einfach ein Hochgenuss,oftmals fast pietitistischer als diejenigen von Johann Sebastian ( zB Johann Michael), durch eine Schlichtheit, die unmittelbarer zu Gemüte geht.Leider stehen diese Komponisten natürlich alle im Schatten des grossen Johann Sebastian. Ich bin zu wenig geschult,um definieren zu können, was die Werke von Johann Sebastian unter allen diesen deutlich heraushebt,sicher die Komplexität der Komposition, aber wenn ich an die Erbarme dich-Arie aus der Matthäus-Passion denke, geht diese, wie viele andere Stücke auch, Choräle der Johannespassion, tief ins Herz.
    Vielleicht könntest Du dazu was ausführen ?


    Schöne Grüsse


    Sagitt

  • Hallo Sagitt, ich habe die Box des von mir ansonsten nicht sonderlich geschätzten Rilling auch und auf die Komponisten und ihre Besonderheiten
    werde ich eingehen, wenn ich sie (einzen) vorstelle. Zumindest bei J.Christoph,
    Michael aber auch Johann Bach ist das notwendig.
    Zum einen unterscheiden diese sich dadurch, daß die meisten von ihnen der "Vorvorgänger-Generation" Sebastians angehören, also im Dunstkreis der Nach-Schützschen Ära ihre musikalische Prägung und Sozialisation erfahren haben. Die herausragende Gestalt war zweifellos Johann Christoph Bach, ein genialer Musiker mit einem fantastischen Klangsinn und überragendem Können begabt. Daß er weder in der wissenschaftlichen Darstellung geschweige im Musikleben jene Stellung einnimmt, die ihm zweifellos gebührt. liegt vor allem an dem geringen überlieferten Werkbestand. Selten waren seit dem Ende des 30jährigen Krieges derartige Verluste zu beklagen und die Chance, daß unser bestehendes Bild gerade dieses bedeutenden Mannes durch neue Funde oder Zuweisungen nennenswerte Korrekturen erfährt, ist als sehr gering einzustufen.


    PS: Übrigens großartig gelang Rilling die Darstellung der Kantate "Die mit Thränen säen" von Ludwig Bach, die leider Hermann Max etwas uninspiriert herunterleiert.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo BBB


    bleiben wir hier die einzigen ? Die Musik ist großartig, aber wirklich nicht bekannt. Ich habe noch wenige einzelne Veröffentlichungen, u.a. von der capalla fidiciana unter Grüss ( Johann Michael,Johann Christoph), vom Rotterdamer Koorprojekt ( Johann Christop, Johann Michael) und vojm clare college ( neben den genannten noch Johann Ludwig). Oftmals sind es die gleichen Stücke,weil das Angebot eben klein ist. Interessant, dass die meisten Aufnahmen aus dem Ausland kommen. Irgendwo habe ich eine ganze CD aus Nancy nur mit Stücken von Johann Michael. Werden die bei uns so wenig geschätzt ?


    Schönen Sonntag


    Sagitt

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  • Salut,


    ich hörte im November 2002 Johann Bach*: Unser Leben ist ein Schatten [im Rahmen einer Aufführung des Fauré-Requiems] und war tief beeindruckt von der ausdrucksvollen Musik. Mehr kann ich leider über das Werk und den Komponisten nicht beitragen, außer daß ich mich noch heute an dieses Werk sehr gerne erinnere...


    Cordialement
    Ulli


    *die von mir nicht beantwortbare Frage: welcher? Irgendein Onkel aus dem Osten...?

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Sagitt. ich bin mir ganz sicher, daß auch Salisburgensis seinen Beitrag hier leisten wird, wenn er aus dem "Wochenende" zurück ist.


    Andererseits gehe ich schon davon aus, daß der Bekanntheitsgrad dieser Komponisten hier im Forum sagen wir mal "nicht der größte" ist. Aber genau dazu habe ich ja diesen Thread gestartet, um das zu ändern.


    Ich habe meine Beiträge hier auf das reduziert, was zu vermitteln mir wichtig scheint. Über Mozart, Schostakowitsch und Beethoven können und sollen andere schreiben. Mir ist wichtig, Aufklärungsarbeit da zu leisten, wo ich daß
    fatale Gefühl habe, daß der für unsere Zeit so typische ungebremste Informationsfluss unterbrochen ist. In solchem Zusammenhang kümmert es mich dann auch nicht, wenn zumindest erstmal temporär die Resonanz ausbleibt.


    Wäre mir an letzeter vordergründig gelegen, müsste ich wohl eher threads wie diese (fiktiven) hier verfassen:


    1. Welche Sopranistin hat die sinnlichsten Lippen ?


    Warum wird Beethovens Sinfonie Nr. 9 häufig zum Jahreswechsel gespielt ?


    Hat Sir Simon Rattles Frisur Einfluss auf die Wiedergabe modernerer Kompositionen, die NACH 1980 geschrieben wurden ?


    Sei gewiss, DA gäbes es sorfort viele Wortmeldungen.
    Aber ich lebe auch ohne dergleichen ganz gut.


    Einen schönen Sonntag

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo Ulli:


    Der von dir gesuchte Komponist wurde gebührend gleich im Eingangsbereich meines Threads erwähnt. Es handelt sich bei ihm um das erste Mitglied der Bach-Familie, von dem Kompositionen überliefert sind, 2 genaugenommen und die eine davon ist "Unser Leben ist ein Schatten".


    Diese Motette ist insofern interessant, daß sie quasi hohe und tiefe Stimmen vertauscht und ausserdem Bibelzitate mit Strophenliedern vermischt werden.


    Diesem Modell folgt Sebastian Bach noch in seinen eigenen Motetten, z.b. in
    BWV 227 (Jesu, meine Freude)
    Die zweite überlieferte Motette Johanns, ein blockartiger einfacher Satz heisst:"Sey nun wieder zufrieden" (doppelchörig) mehr im Stile von Hammerschmidt als von Schütz.


    Hier noch mal mein Selbstzitat:


    Zitat

    Der früheste uns bekannte Komponist war Johann Bach (1604-1673) der die meiste Zeit seines Lebens in Erfurt tätig war und von dem 2 Motetten überliefert sind.

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  • Salut,


    ich war zu blöde, zu kombinieren, Danke.


    Was mich an dieser Kantate beeindruckt hat, war das absolute Übereinstimmen von Wort und Ton bzw. Text und Musik. So habe ich das selten erlebt. Das ganze Werk hatte mich schon bedingt auch an Joh. Seb. erinnert - ich fand es aber "besser"... :stumm: wie immer, fehlen mir die richtigen Worte, das Erlebte zu beschreiben.


    Besteht eigentlich diese Kantate aus mehreren Teilen/Sätzen? Ich habe nur ein zusammenhängendes Chorwerk daraus gehört, vermutlich dann den ersten Theil.



    Liebe Grüße nach Berlin
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ulli:


    Zitat

    Was mich an dieser Kantate beeindruckt hat


    Dat Teil ist KEINE Kantate, sondern eine Motette !!!! Grrrrrrrrrrrrrr :angry:



    Es ist EIN Stück, bestehend aus Bibelzitaten und Strophen eines Chorales.
    Als gesamte Spieldauer dürften höchstens 8 Min. zu veranschlagen sein, war das so ?

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Zitat

    Original von BigBerlinBear


    Als gesamte Spieldauer dürften höchstens 8 Min. zu veranschlagen sein, war das so ?


    Ja, ich hätte es bei 5 bis 6 Minuten anberaumt.


    Zitat


    Dat Teil ist KEINE Kantate, sondern eine Motette !!!! Grrrrrrrrrrrrrr :angry:


    Ich sollte nicht zu so ungewohnten Zeit posten... :wacky:


    Jedenfalls hat mir die Kantette gut gefallen...


    Cordialement
    Ulli

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Sagitt meint:


    Dieses Stück wird ja auch gerne von Kirchenchören gesungen. 7.07 in der Interpretation von clare college.
    Schön, wenn der Mittelteil von einem Favorit-Chor gesungen wird.


    wie heisst es so schön in dieser Motette:


    ach, wie nichtig, ach,wie flüchtig.. sind der Menschen Sachen

  • "Dieser ist der große und ausdrückende Componist" schrieb Emanuel über seinen "Groß-Oheim", den Eisenacher Organisten Johann Christoph. Dieser wurde als ältester Sohn Heinrich Bachs (1615-1692) zu Arnstadt in Thüringen geboren
    und erhielt seine Ausbildung bei seinem Vater, einem über die Landgrenzen hinaus bekannten Organisten, der auch als Komponist, was uns an gegebener Stelle noch beschäftigen wird, hervortrat. 1665 wurde Christoph nach Eisenach
    als Organist und Cembalist der Hofkapelle berufen.


    Schon kurze Zeit nach seinem Amtsantritt daselbst beginnt jene Flut an Eingaben, die bis zu seinem Tod nicht abreissen sollte:


    "ich habe bißhehr, wenn ein quartal fellig gewest, nach diesem Gelde so offt schicken müssen, daß ich mich geschämet". Christoph bemühte sich ständig um freie Wohnung "weil ich sonnst nicht weiß, wie ich mich mit meinen kindern behelfen und fortbringen soll".



    Johann Christoph Bach


    Die Verhältnisse wurden immer zerrütteter und undurchschaubarer, obwohl für mich nicht ganz eruirbar ist, welche denn die wirklichen Ursachen dafür waren. Wenige Tage nach dem Tode seiner Frau starb Christoph am 31. März 1703.


    Die zahlreichen Schulden wurden auf Ratsbeschluss niedergeschlagen, aber als Nachfolger wurde nicht der Sohn des Meisters gewählt, sondern ein anderes Mitglied der weitverzweigten Bach-Familie.


    Christoph Bach zählt, ungeachtet des geringen überlieferten Werkbestandes zu den bedeutendsten deutschen Meistern des 17. Jahrhunderts, vom Stellenwert einem Buxtehude ebenbürtig. War bei Buxtehude mehr das lyrische , weit ausschwingende im Vordergrund, begab sich Bach in die Abgründe der menschlichen Existenz und lotet diese aus.

    Ein Werk wie die Solokantate "Was bist du Gott, in Zorn für mich entbranndt" trägt zweifellos autbiographische Züge, ich gehe davon aus, daß Textautor und Komponist ein und dieselbe Person sind.
    Von Christophs Motetten beeindruckt "Der Gerechte, ob er gleich zu zeitlich
    stirbet" durch nicht aufgelöste Dissonanzen. Höhepunkt des überlieferten Werkes ist die "St, Michaels-Musik" "Es erhub sich ein Streit" a 22 !
    Sowohl Sebastian in Leipzig wie auch Emanuel In Hamburg führten das gewaltige Werk zum großen Staunen des Publikums auf.


    Christoph, der von ganz ungewöhnlichem Klangsinn beseelt war, lieferte auch die Disposition für den Orgelbauer Sterzing für die neue Georgen-Orgel zu Eisenach. Das Werk blieb nicht erhalten und umso mehr hat mich bewegt, daß
    Orgelbauer Gerald Woehl genau jene Dispositon seiner "Neuen Bach-Orgel" an St. Thomae zu Leipzig zugrunde legte, eine schöne Ehrung für den "profonden Komponisten" (J.S.Bach)


    Die "Neue Bach-Orgel" an St. Thomae zu Leipzig:


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)


  • Hallo BBB,


    könntest Du kurz Deine Meinung zu den beiden von Dir gezeigten Zusammenstellungen aus dem Alt- Bachischen Archiv kundtun? Insbesondere Deine Meinung zur Programmauswahl und zur vokalen Ausführung wären mir hilfreich, mich vorerst für eine der beiden Varianten zu entscheiden. Rein intuitiv ( :D ) tendiere ich momentan zur Aufnahme von Cantus Cölln, lasse mich aber gern belehren....!


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Hallo Stefan, wenn ich zwar auf KEINE der beiden Einspielungen verzichten möchte, ist diejenige mit Cantus Cölln einmal schon um des besseren Klangbildes willen zu empfehlen. Auf der "Haben-Seite" der Goebel-Einspielung
    jedoch steht u.a. der Bassist Michael Schopper, der Tonfall und Ausdruck des
    Johann Chistophschen "Was bist du Herr" deutlich besser trifft als Herr Schreckenberger unter Junghänel. Bei diesem fehlt Heinrich Bach, "Ich danke dir, Gott" wogegen er den kompletten Bestand des "Altbachischen Archives"
    einbringt, der ja so in der Form bis vor kurzem garnicht zugänglich war.
    Sollte auch der Preis eine Rolle spielen: die Göbel-Box befindet sich seit kurzem nicht mehr im Hochpreis-Segment.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Danke Dir, BBB!


    Hab grad mal auf die Preise geschaut - da Goebel beim Dreibuchstabenversand für 16, 99 € zu haben ist und Junghänel derzeit bei 2**1 für 19,99 € ( statt 38,99 regulär !!!) könnte man sich tatsächlich beide kaufen! Welch eine beunruhigend befriedigende Möglichkeit... :beatnik:


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Hallo,


    die Hohelied-Vertonung Meine Freundin, du bist schön von Johann Christoph Bach ist mir sehr eindrücklich im Gedächtnis geblieben. Sehr sinnliche Textpassagen hat er ausgewählt und noch sinnlicher vertont. Ich kenne keine erotischere Musik, so sehnsuchtsvoll nach dem Liebsten lechzend, als die Musik zu folgendem Text:


    Mein Freund ist mein und ich bin sein,
    der unter den Rosen weidet,
    und er hält sich auch zu mir.
    Seine Linke lieget unter meinem Haupt,
    und seine Rechte herzet mich.
    Er erquicket mich mit Blumen
    und labet mich mit Äpfeln,
    denn ich bin krank vor Liebe.



    Aber auch das Lamento Ach, dass ich Wassers gnug hätte ist so ein Wunderwerk an Musik. Wiederrum kenne ich keine ausdrucksstärkere Klagemusik, derart versunken in Trauer und Selbstzerknirschung. Johann Christoph war ein Meister darin, Seelenzustände mit Musik wiederzugeben. Gegen diese Stücke ist vieles andere der Zeit nur Larifari.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Zitat

    Original von sagitt
    Irgendwo habe ich eine ganze CD aus Nancy nur mit Stücken von Johann Michael. Werden die bei uns so wenig geschätzt ?



    Hallo sagitt,


    diese CD kenne ich auch. Es singt Le Concert Royal de Nancy unter der Leitung von René Depoutot. Eine wirklich gute Chormusik-CD.


    liebe Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Ein anderer Sohn Heinrich Bachs war Johann Michael, 1648 in Arnstadt geboren
    und 1694 in Gehren in der Nähe der Stadt Ilmenau verstorben.
    Seine sicher profunde Ausbildung als Organist und Komponist erhielt er durch seinen Vater Heinrich aber ausserdem war er als gesuchter Instrumentenbauer
    (Cembali) tätig. Leider konnte bis heute keines seiner Instrumente duch eindeutige Signatur ihm zweifelsfrei zugeordnet werden.


    Im Gegensatz zu Bruder Christoph, dessen Begabung eher eine affekthafte, dramatische war, ging es Michael um die Verinnerlichung christlicher Glaubensinhalte. Dazu bediente er sich vor allem leicht wiedererkennbarer Choralelemente die er mit ausgesprägtem Lyrismus und einer manchmal fast schon die Romantik streifende Klangestalt erfüllte


    Seine Aria "Ach wie sehnlich wart ich der Zeit" vermag in ihrer schlichten Aufrichtigkeit auch heute noch zu bewegen.
    Motetten wie "Nun hab ich überwunden" auf den Tod seiner Mutter oder "Ich weiss , daß mein Erlöser lebet" beeindrucken durch ihre ganz unverstellte Sprache, die unmittelbar und ohne die im Barock sonst üblichen
    Verklausulierungen den Hörer erreicht.


    1984 konnte dank der Publizierung der sogen. "Rinck-Sammlung" der Yale-Univerität der kleine Werkbestand Bachs erheblich erweitert werden, so daß wir jetzt von ihm 72 meist einfache Orgelchoräle besitzen.


    Im Jahr 1707 wurde Michael Bach posthum der Schwiegervater Sebastians, nach dem dieser seine Tochter Maria Barbara im thüringischen Dornheim geheiratet hatte.


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Auf der "Haben-Seite" der Goebel-Einspielung jedoch steht u.a. der Bassist Michael Schopper, der Tonfall und Ausdruck des Johann Chistophschen "Was bist du Herr" deutlich besser trifft als Herr Schreckenberger unter Junghänel.



    Ich stimme BBB voll zu, dass das Lamento Wie bist du denn, o Gott, in Zorn auf mich entbrannt von Johann Christoph Bach von Michael Schopper treffender gesungen wird. Ganz stark ist aber auch die Interpretation von Harry van der Kamp, zu finden auf dieser CD:



    Cantatas for Bass,
    Harry van der Kamp, Ensemble auf alten Instrumenten
    erscheinen bei SONY



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

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  • Ja-, die Wurzeln von JSB und seinem Soli deo gloria!


    Und dann hatte ich Wechmar-, das Bach-Stamm-Haus und seine rührige Darstellung der in der Dorfbevölkerung aufgenommenen Bach-Tradition entdeckt. Das wünschen wir uns doch: dass Bach kein vom Himmel gefallenes Genie, sondern in der Generationen-Folge nachvollziehbarte Wurzeln habe. Wechmar und seine engagiereter Bürgermeister hatten dies im Bachjahr 2000 einsatzfreudig dargestellt.


    Damit begann meine Samnmelwut aller Bach-Vorfahren und ich kann gewiss über viele CD-Aufnahmen und -Seitenlinien etwas sagen. Doch was soll's. Entscheidend bleibt die Vertonung von Gottes Wort, was wohl für alle Komponisten das Wichtigste war. Und das ist auch für mich heute beim Bach-Hören das Entscheidende. Kann Musik Erhabenes uind Majestätisches weitergeben, oder nicht? Reisst es mich mit? Sage ich: Ja-, da kann ich was nachvollziehen, was JSB zur Vollendung gebracht hat? Darum geht es doch, bei aller Sammelwut.




    Gruß


    Wolfgang

    Magnificat anima mea

  • Guten Abend


    hier möchte ich noch auf diese



    CD hinweisen.
    Die "musica antiqua köln" spielt Werke von Joh. Ludwig Bach, Heinrich Bach, Joh. Christoph Bach, Cyriacus Wilche, Signr. Pagh und auch J.S. Bach.
    Hörenswert :jubel: :jubel:


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo, BBB!


    Zitat

    Original von BigBerlinBear


    Mit seiner groß angelegten "Trauermusik" für seinen Brotgeber für Doppelchor mit doppeltem Orchester hinterließ er eines der bedeutendesten Funeralia des späten Barock.



    Durch dieses knappe statement sah ich mich vor bereits längerer Zeit zum kauf der CD beeinflußt. Obwohl mich das Werk von Anfang an begeistert hat (ich schätze es mehr als z.B. die beiden Trauerkantaten von Johann Sebastian!), kam ich irgendwie nie dazu, hier etwas zu schreiben.


    Nun denn: J.L. Bachs Trauermusik ist dreiteilig angelegt. Der erste Teil ist eher düster und beschreibt die Welt der Lebenden als Kerker, in dem wir Menschen bis zum Tode angekettet sind, um durch diesen dann befreit zu werden. Im triumphalen Schlußchor "Meine Bande sind zurissen" wird die Seele endlich von irdischen Qualen befreit (echt barocke Lebenslust eben...).
    Im zweiten Teil steigt dann die Seele gen Himmel auf, auch hier mündet die Musik in einen gewaltigen, beeindruckenden Schlußchor.
    Der dritte Teil ist dann Klangpracht pur - drei Trompeten nebst Pauken, die beiden bislang getrännten Chöre I und II singen nun zusammen - dafür aber weniger dramatisch. Inhalt ist ein Dankesgesang der aufgestiegenen Seele(n) an Gott - eine Art protestantisches Te Deum.


    Der Text ist übrigens größtenteils vom verstorbenen Widmungsträger und Dienstherren Hezog Ernst Ludwig von Sachsen-Meiningen zu Lebzeiten selbst verfaßt worden (eine gewisse Parallele zu Schütz' Exequien und Heinrich von Reuss, der ja auch genau festlegte, was zu seinem Begräbnis gesungen werden soll).
    Zudem finde ich im Aufbau der Trauermusik gewisse Parallelen zu den drei Teilen von Dantes Göttlicher Komödie (Hölle-Fegefeuer-Paradies); das mag weit hergeholt sein, aber eine Dante-Vertonung könnte ich mir dergestalt vorstellen.


    Auf daß das Werk noch mehr begeisterte Hörer findet! :jubel::jubel::jubel::jubel:


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Meine erste Begegnung mit Werken aus dem "Alt-Bachischen Archiv" war eine Box der Musica Antiqua Köln und Reinhard Goebel, "Die Familie Bach vor Johann Sebastian - Die Kantaten" bei der Archiv Produktion, die es auf 2 LPs oder CDs gab - kann leider bei amazon kein Bild finden, im Januar 1986 war das alles aufgenommen und noch im gleichen Jahr veröffentlicht worden. Die Sänger waren Maria Zedelius, Ulla Groenewold, David Cordier, Paul Elliott, Hein Meens, Michael Schopper und Stephen Varcoe. Das war eine Pioniertat auf diesem Gebiet.
    Die meisten Stücke sind von Johann Michael Bach und Johann Christoph Bach; je eines stammt von Heinrich Bach und Georg Christoph Bach.
    Später kamen u.a. Aufnahmen des Ricercar Consort.


    Beide waren so ziemlich die ersten, die dieses Repertoire erforschten, wenn ich mich nicht zu sehr irre, zumindest sind dies die ältesten in HIP die ich seinerzeit kaufte.


    Hat hier noch jemand die Goebel-Box?

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  • Guten Abend


    Zitat

    Original von miguel54


    Hat hier noch jemand die Goebel-Box?


    "Fingerhochzeig :D"


    Mit diesem Album lernte ich damals viele dieser Werke erstmals kennen, imponiert haben mir besonders die Kantaten "Siehe wie fein und lieblich", "Meine Freundin, du bist schön" und die großartige Michaelskantate "Es erhub sich ein Streit".
    Diese "Goebeleinspielung" ziehe ich der ähnlich gelagerten Aufnahme mit dem "Cantus Cölln" vor, sie hat für mich Referenzcharakter.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Bernhard
    Diese "Goebeleinspielung" ziehe ich der ähnlich gelagerten Aufnahme mit dem "Cantus Cölln" vor, sie hat für mich Referenzcharakter.


    Das geht mir genauso! :hello:

  • Zitat

    Original von miguel54
    Meine erste Begegnung mit Werken aus dem "Alt-Bachischen Archiv" war eine Box der Musica Antiqua Köln und Reinhard Goebel, "Die Familie Bach vor Johann Sebastian - Die Kantaten" bei der Archiv Produktion, die es auf 2 LPs oder CDs gab - kann leider bei amazon kein Bild finden, im Januar 1986 war das alles aufgenommen und noch im gleichen Jahr veröffentlicht worden. Die Sänger waren Maria Zedelius, Ulla Groenewold, David Cordier, Paul Elliott, Hein Meens, Michael Schopper und Stephen Varcoe. Das war eine Pioniertat auf diesem Gebiet.
    Die meisten Stücke sind von Johann Michael Bach und Johann Christoph Bach; je eines stammt von Heinrich Bach und Georg Christoph Bach.
    Später kamen u.a. Aufnahmen des Ricercar Consort.


    Beide waren so ziemlich die ersten, die dieses Repertoire erforschten, wenn ich mich nicht zu sehr irre, zumindest sind dies die ältesten in HIP die ich seinerzeit kaufte.


    hip schon, aber Rilling hat in den 70ern (?) auch schon eine Doppel-LP mit ähnlichem Repertoire herausgebracht und war damit erst einmal konkurrenzlos.


    Das hier ist übrigens ebenfalls eine hochanständige Einspielung:


    Zitat

    Hat hier noch jemand die Goebel-Box?


    Gehört zum eisernen Bestand, aber manchmal gefällt mir die andere Cöllner Truppe ein Quentchen besser.

  • Zitat

    Gehört zum eisernen Bestand, aber manchmal gefällt mir die andere Cöllner Truppe ein Quentchen besser.


    Aufnahmetchnisch ist die "andere" Box ganz eindeutig besser, was insbesondere bei "Es erhub sich ein Streit", das mit einer Akustik aufwartet, die der Georgskirche zu Eisenach, für die das Werk entstand, einfach gerechter wird als Goebels hier von mir als "zu trocken" empfundener Klangraum. Beiden einzelnen Werken muss man einfach das Für- und Wider gegeneinander abwägen; MISSEN möchte ich jedoch KEINE der Einspielungen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Das hier ist übrigens ebenfalls eine hochanständige Einspielung:


    Die ganze Reihe "Deutsche Barockkantaten" des Ricercar Consort und was sie dazu am Rande aufgenommen haben an Vokal- und Kammermusik, schätze ich sehr! Irgendwas von den Bach-Familie CDs muß ich auch haben ...

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