SARASTRO - gütiger Weiser oder scheinheiliger Pharisäer?

  • Wer steckt hinter diesem Tyrannen? Oder war er ein Gott?
    Ein unbarmherziger Entführer? Ein selbstherrlicher Despot oder ein Guru?


    Es gibt fast keine Figur in der Operngeschichte, an der sich sowohl die Experten, als auch alle anderen, die sich mit ihm näher beschäftigen, die Zähne ausbeissen.


    Angeblich gibt es eine Person, die Mozart bzw. Schikaneder auf die Rolle des Sarastro brachte:


    Der Wiener Gelehrte und Freimaurer Nr. 1 Ignaz von Born.


    Die Zauberflöte wurde eine Propagandaoper der Freimaurer. Mit dem märchenhafte „Ägypten“ der Handlung ist nichts anderes gemeint als „Österreich“.


    Mozart war nachweislich Mitglied einer Wiener Illuminatenloge. 1785 wurde in Bayern der Illuminatenorden verboten und in der Folge von Joseph II. auch in Wien mit Gewalt zerschlagen! Von diesem Tag an gingen sie in den Untergrund.


    Persönlich glaube ich, daß Mozart politisch nicht untätig war und sich vor allem gegen den Klerus und den Adel aufgelehnt hat! Was wäre naheliegender gewesen, als einen so erfolgreichen Mitbruder für diese Sache einzuspannen - an Euphorie fehlte es Mozart sicherlich nicht und er war der Ideologie der Freimauer sehr zugetan. Es gibt eine These, nachdem Mozart deshalb so schnell verscharrt wurde, da er exkommuniziert wurde - gar nicht so abwegig - finde ich. Deswegen begleitete ihn auch niemand auf seinem letzten Weg - nicht einmal seine Frau (was mir immer ein Rätsel war und ist).


    Born wurde unter dem Decknamen „Furius Camillus“ Mitglied der Wiener Freimaurerloge Zur wahren Eintracht. Auch Mozart war Mitglied dieser Loge und ihrer Nachfolgerin Zur neugekrönten Hoffnung. Mozarts Librettist Emanuel Schikaneder war 1788 Mitglied der Regensburger Loge Die Wachsende zu den drei Schlüsseln.


    'in diesen Heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht' und 'zur Liebe will ich dich nicht zwingen, doch geb ich dir die Freiheit nicht' .....da ist es schon müssig zu überlegen, was damit gemeint sein könnte. Mozart verehrte den Logenbruder als persönlichen Freund und Vorgesetzten und dessen erzwungener Rücktritt führte zu der hymnischen Huldigung in seiner neuen Oper. Gemeinsam mit Schikaneder setzten sie dem "Meister" ein Denkmal. Die Uraufführung der "Zauberflöte" konnte Born nicht mehr erleben, er starb 68 Tage vorher (Mozart hatte auch nur noch 65 zu leben).


    George Bernhard Shaw sagte: "Wenn Gott Musik wäre, würde er wie Sarastro klingen."


    Auf jeden Fall ist Sarastro eine frauenfeindliche Person. Der Sachwalter des Guten hat eine unheimliche Autorität und strahlt große Güte aus.


    ...und wie seht Ihr nun die Figur des Todfeindes der Königin der Nacht?


    „Das Weib dünkt sich groß zu sein, hofft durch Blendwerk und Aberglauben das Volk zu berücken und unsern festen Tempelbau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht.“__________________

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Liebe Nala


    Seit die Zauberflöte uraufgeführt wurde rätseln Musik- und Literaturfreunde über Sinn und Unsinn des Werkes - über Plattheiten und tiefere Bedeutungen die nebeneineander bestehn konnten.


    Man muß eigentlich gar nicht genau hinschaun um auf zahlreiche Ungereimtheiten zu stoßen - als Beispiel zum einen Isis und Osiris, die Götter des alten Ägypten, zum Andern die Stelle der drei Kanben, die da singen: "Selbstmord strafet Gott an Dir" - was ja eindeutig auf en christlichen Kulturkreis hindeutet.


    Aber erst in den letzten Jahren/Jahrzehnten begann man die Figuren der Oper systematisch "auseinanderzunehmen" und in gewisser Weise blosszustellen.
    Man analysierte die "Königin der Nacht" - gut oder böse" -Eine interessante Frage - der wir bei Gelegenheit einen eigenen Thread widmen werden genauso wie den "Helden" Tamino - der in meinen Augen zumindest den Vorgänger des klassischen "Wendehalses" darstellt - vielleicht mit Schönheit gesgnet - weniger jedoch mit Intelligenz und analytischem Verstand - vom Mut mal ganz zu schweigen
    "ZU Hilfe Zu hilfe - sonst bin ich verloren"- Nicht grade die typische Auftrittsarie eines Helden. Die unverrückbarsten Charaktäre der Oper sind meiner Meinung nach Papageno und - ja man liest richtig - Monostatos.


    Allein Sarastro (abgeleitet von Zoroaster = Zahrathustra ?) war unantastbar -der Gute Allwissende - Deo ex machina - wie man früher sagte. Er bringt allein durch seine Autorität alles zu einem guten Ende.


    http://www.philognosie.net/ind…/article/articleview/183/



    Das alles ist inzwischen ins Zwielicht geraten.
    Genügte es früher als "Heilsgestalt" Erfolg zu haben - ist das heute längst nicht mehr der Fall: Man muß sich dem gestrengen Urteil von
    linken Gruppen, Gutmenschen und dem Vorstand der Emanzengilde
    unterziehen - sonst nutzt alle s nichts.


    Kann Sarastro eine solche Analyse unbeschadet überstehen ?


    Er tritt mit großem Gefolge auf, wie ein mächtiger Potentat. Er ist dogmatisch, aus ihm sprudelt die "Lebensweisheit" (und auch die Frauenfeindlichkeit -) nur so heraus, umgeben von einer Unzahl Priestern.
    Als permanenter Spötter, der ich nun mal bin, glaube ich, auch einige spöttische Botschaften an ein intellektuelles Publikum aus einigen Texten herauslesen zu können, ein impliziter Angriff auf die Freimaurer und ihre übertriebenen Riten und wirklichen Hintergrund, aber tatsächlich auf alle Heilsgestalten und ihre Jünger:
    Hier beziehe ich mich auf jene Textstelle:


    "Es lebe Sarastro, der göttliche Weise,
    Er lobet
    und strafet
    mit nämlichen Preise !!!! " (LOL)


    Hier kann ein wenig Pomp aber nicht schaden, um die Dummheit dieser Aussage (noch dazu ein voller Chor !)
    zu vertuschen oder betonen (ganz wie man es sieht)


    Ich sehe im Ende der Oper den Sieg der Dummheit.
    Wer hat denn gesiegt:


    Papageno: Ganz ohne "Prüfungen" hat er sein "Lebensglück" gefunden, trotz all seines "Versagens" durch die ganze Oper
    Tamino: Ein leichtgläuber junger Mann, dem man eigentlich so ziemlich alles einreden kann, der die Fronten wechselt ohne den Grund zu hinterfragen, wenn man es ihm nur sagt, und der Sarastros Dogmen weiterplappert ohne jede Reflektion. Für schwierige Situationen hat er eine (soeben gelernte) Erklärung bereit: "Sie ist ein Weib, hat Weibersinn....."
    Sarastro: Der dogmatisch erklärt wie die Welt funktioniert:
    "Ein Weib sagt wenig, plaudert viel......."
    oder
    "Ein Mann muß Eure Schritte leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus seinem Wirkungskreis zu schreiten"
    Eine Horde fanatischer Priester, die alles aber auch alles machen würden, was Sarastro befiehlt.


    Uber die Bedeutung des Namens Sarastro ist schon einiges geschrieben worden. ER könnte über Umwege von "Wissen" kommen. Eine andere Auslegung meint Sarastro wäre ein Synonym für "Cagliostro"* und ich halte das für sehr wahrscheinlich, der zu Mozarts Zeiten die gesammte Welt an der Nase herumführte.





    Wie man sieht habe ich Euch eine andere Deutung als jene von nala angeboten - ohne natürlich darauf zu bestehen, recht zu haben. Aber es mag dazu dienen sich wirklich noch weiter mit dieser interessanten Opernfigur zu befassen


    LG
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo,


    Zitat

    Original von nala



    Auf jeden Fall ist Sarastro eine frauenfeindliche Person. Der Sachwalter des Guten hat eine unheimliche Autorität und strahlt große Güte aus.


    ...und wie seht Ihr nun die Figur des Todfeindes der Königin der Nacht?


    Sarastro frauenfeindlich? Doch wohl nicht deswegen:"Ein Mann muß Eure Schritte leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus seinem Wirkungskreis zu schreiten"


    Da weist er einfach nur auf den üblicherweise schlechteren Orientierungssinn des weiblichen Geschlechtes hin, also purer Pragmatismus. :D


    Aber okay, im Ernst: Ich glaube nicht, dass Sarastros Handeln in der Oper wirklich als frauenfeindlich durchgehen kann, trotz der zum Teil markigen Sprüche. Im Grunde erfüllt er Pamina gegenüber so etwas wie die Funktion eines Ersatzvaters in Kombination mit dem Jugendamt, indem er sie dem schlechten Einfluss ihrer Mutter entzieht. Immerhin will sie ihre Tochter dazu missbrauchen, Sarastro auszuspionieren und schließlich gar zu töten und ist am Schluss bereit, sie an Monostatos zu verschachern.


    Ich sehe Sarastro durchaus auch als zwiespältige Person, doch glaube ich nicht, dass uns in diesem Fall das Analysieren seines Handelns weiterbringt, weil es uns meiner Meinung nach vom eigentlichen Kern der Oper, wie ich ihn sehe, wegbringt.


    Für mich zählt die Zauberflöte zu den Werken, die nicht unbedingt wörtlich genommen und seziert werden sollten, sondern bei denen es auf das Ganze ankommt. Bei dieser Oper habe ich den Eindruck, dass sie zwar insgesamt ein harmonisches Ganzes ergibt, doch sehr schnell unlogisch, verworren und wirdersprüchlich wirkt, sobald ich mich an Einzelheiten aufhänge und versuche die schlüssige Logik darin zu erkennen.


    Und damit bin ich auch schon beim Kern: Für mich ist diese Oper so etwas wie eine Metapher des Menschen in all seinen verschiedensten Aspekten und Widerspüchlichkeiten. Da stehen genau die Personen auf der Bühne, die sich in uns zu Wort melden und gegeneinander kämpfen, wenn wir vor einer Entscheidung stehen, als da sind zum Beispiel das Gewissen, das im Großen und Ganzen durch Sarastro verkörpert wird, der innere Schweinehund, der aus der Königin der Nacht, Monostathos oder auch aus Papageno spricht, unser animalischer Anteil, das "Tier" in uns, der durch Papageno verkörpert wird. Tamino ist dann so etwas wie der Möchtegernheld in uns, der Romantiker, der zwar gerne edle Taten vollbringen und dadurch die Liebe erringen will, der aber letztlich dann doch meist von anderen überstimmt wird. Etc..., ich denke es ist jetzt in etwa deutlich geworden, wie ich mir das vorstelle.


    So betrachtet ergibt sich natürlich ein ziemlich chaotisches und verworrenes Bild, aber so sind wir Menschen in unserem Wesen eben angelegt, da läuft es sehr selten nur geradlinig und logisch ab, da mischen eben auch zum Teil sehr archaische Gefühle, Triebe und andere Unwägbarkeiten mit, die dazu führen, dass wir uns unser Handeln manchmal selbst nicht so recht erklären können. Und trotz all dieser chaotischen und verworrenen Aspekte unserer Persönlichkeit, schaffen wir es doch meist in der Synthese aus all den zum Teil widerstrebenden Antrieben und Einflüsterungen ein halbwegs konsistentes und harmonisches Leben zu führen, mit Hochs und Tiefs natürlich, die ja auch in der Oper vorkommen.


    Und beim Begriff "Synthese" komme ich wieder zu Mozart zurück. Er war ja einerseits bekanntermaßen ein Kindskopf, was zum Teil ja auch in der Zauberflöte, seinem reifsten Werk deutlich wird, oder sollte ich schreiben, "gerade" dort?


    Andererseits sehe ich Mozart als großen "Einer", der eher Widersprüche und Unterschiede auflöst, als sie erschafft. Wir hatten ja schon an anderer Stelle davon gesprochen, dass in einigen seiner Werke die hohen Tiere ohne die Diener und Untergebenen ziemlich aufgeschmissen wären und er ist auch intelligent genug, zu erkennen, dass auch die Machtverteilung in der Beziehung der Geschlechter nicht so eindeutig ist, wie die markigen Sprüche der Priester glauben lassen wollen, die Tamino, der alte Opportunist, übrigens sofort übernimmt.


    Bei Mozart sind es eben sehr oft die Frauen, die in Wahrheit die Hosen anhaben, auch wenn die offizielle Stellung anders aussah. In Figaros Hochzeit wird weder der Graf mit seiner Rosina, noch Figaro mit Susanna so richtig fertig, und die Prügel bekommen auch die Männer: der Graf moralisch, Figaro sogar handfest. Und mit diesen Gedanken im Hinterkopf könnte ich mir gut vorstellen, dass sich Mozart selbst am allermeisten über die Chauvie-Sprüche der Priester amüsiert hat. In Mozarts Werken haben die Menschen dann am meisten Erfolg , wenn sie zusammenhelfen und sich gegenseitig ergänzen, und nicht gegeneinander arbeiten oder sich zu beherrschen oder auszunutzen versuchen.


    Fazit für mich also: Sarastro steht in dieser Oper nicht für sich allein, sondern ist nur eine Facette aus dem ganzen Spektrum der menschlichen Persönlichkeit, und deshalb kann er meiner Meinung nach auch nur im Zusammenhang gesehen werden. Unser Wesen, unsere Persönlichkeit, unser Handeln unterliegen eben nicht nur den Gesetzen der Ratio und der Logik, sondern da kommen auch noch andere Einflüsse ins Spiel, die sich nachher nicht immer so ohne weiteres erklären oder zurückverfolgen lassen. Oder anders: Die Zauberflöte ist keine Oper zum Analysieren, sondern zum Hören, Sehen und Genießen, eine Sinnesfreude sozusagen, kein moralisches Lehrstück.


    Dass ich da jetzt trotzdem ein wenig analysieren musste, um zu diesem Schluss zu kommen, ist kein Widerspruch, sondern vielmehr eine Bestätigung meiner obigen These, dass Logik eben nicht alles ist. :D


    Mit unlogischen Grüßen
    Kurt

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Allein Sarastro (abgeleitet von Zoroaster = Zahrathustra ?) war unantastbar -der Gute Allwissende - Deo ex machina - wie man früher sagte.


    Salut,


    sicher nicht. Sarastro wurde "entwickelt" aus "Astromonte", siehe der "Stein der Weisen". Eine Umkehrung des Namens. Zugleich ist Sarastro eine Synthese aus jenem Astromonte und dessen Bruder Eutifronte. Im ersten Akt der "Zauberflöte" wird er aus dem [bewußt] irreführenden Blickwinkel der Königin der Nacht [eine Täuschung des Publikums], im zweiten Akt erst real dargestellt.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von nala
    1785 wurde in Bayern der Illuminatenorden verboten und in der Folge von Joseph II. auch in Wien mit Gewalt zerschlagen! Von diesem Tag an gingen sie in den Untergrund.


    Salut,


    Ist nicht Joseph II. ein "Aufklärungskaiser" gewesen? Konnten sich nicht die Freimaurer in aller Öffentlichkeit nach dessen Amtsantritt - bzw. Alleinherrschaft ab 1780 - etablieren? Warum verbot Joseph II. das Freimaurertum? Weil die österreichischen Logen vom Preußischen Maurertum abhängig war - DAS ging ihm verständlicher Weise gegen den Kragen. Nicht 1785 - bereits am 26. März 1781 erließ Joseph II. das Verbot aller geistigen und weltlichen Orden - auch die Jesuiten mussten dran glauben...


    Infolgedessen brachen die Beziehungen der Preußischen und Österreichischen Landeslogen untereinander ab und am 22.04.1784 wurde die "Große Landesloge Österreich" gegründet - und geduldet.


    1785, genauer am 11. Dezember, wurde in der "Wiener Zeitung" das Edikt Josephs II. veröffentlicht, dass sich alle Logen zu maximal drei Logen zusammenzuschließen haben, was auch in Kürze geschah. Er duldete sie also immer noch. Und selbst nach dem Tode Josephs II. nutzte Leopold II. noch immer die Logen zur Durchsetzung bzw. als Träger seiner politischen Ziele.


    Seit wann spielt die Zauberflöte in Österreich?


    Cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Salut,


    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Man muß eigentlich gar nicht genau hinschaun um auf zahlreiche Ungereimtheiten zu stoßen - als Beispiel zum einen Isis und Osiris, die Götter des alten Ägypten, zum Andern die Stelle der drei Kanben, die da singen: "Selbstmord strafet Gott an Dir" - was ja eindeutig auf en christlichen Kulturkreis hindeutet.


    das ist nicht widersprüchlich:


    Die Freimaurer waren eine Aufklärergemeinschaft, ganz im Sinne Josephs II. Nimm beispielsweise den Text von F. H. Ziegenhagen ["Kleine Freimaurerkantate", KV 619]:


    Die ihr des unermeßlichen Weltalls Schöpfer ehrt,
    Jehova nennt ihn,
    oder Gott,
    nennt Fu ihn,
    oder Brama...


    Zitat

    (und auch die Frauenfeindlichkeit -)


    Frauenfeindlich ist die 'Zauberflöte' niemals gewesen: Das Freimaurertum gründet auf einer Art 'Interessengemeinschaft' der freien Maurer - das sind nun einfach Männer gewesen. Ebenso unsinnig, wie 'Freibüglerinnen' als männerfeindlich anzusehen wären...



    Die 'Dummheit', sorry, liegt bei Dir: Der Text lautet:


    ...und strafet
    in ähnlichem Kreise
    .


    Zitat


    Ich sehe im Ende der Oper den Sieg der Dummheit.
    Wer hat denn gesiegt:


    Papageno: Ganz ohne "Prüfungen" hat er sein "Lebensglück" gefunden, trotz all seines "Versagens" durch die ganze Oper.


    Auch das sehe ich ganz anders: Ich zitiere aus dem Text des göttlichen Schikaneder:


    Es siegte die Stärke
    und krönet zum Lohn
    die Schönheit und Weisheit
    mit ewiger Krohn'.


    ***


    Kurzes Internezzo zu Monostatos:


    'monos' griech. - allein, einzig, nur; einsam, verlassen. 'stadion' griech. - Rennbahn, Laufbahn, Wettlauf, Arena ['stadia' = Nahkampf, 'statos' = stehend]. monos-statos = alleinstehend. Das ist er und wird es [jedenfalls in der Oper] bleiben.


    Zugleich könnte er [hautfarbenbedingt] eine Anspielung auf Angelo Soliman sein, der nach seinem Tode ausgestopft wurde und in einem der zahlreichen interessanten Museen Wiens zwischen diversen ausgestopften Piepmätzen zu betrachten ist.


    ***


    SARASTRO selbst ist zum einen diese Synthese aus Astromonte und Eutifronte aus Wielands Erzählungen zu 'Dschinnistan' - einer von beiden ist Vater der Nadine, der späteren Pamina ['Nadinen'/'Paminen' retten...]. Zudem ist Sarastro sehr deutlich im Zusammenhang mit Joseph zu sehen:


    Lorbeer hat Joseph,
    der Weise zusammengebunden,
    mit Lorbeer die Schläfe dem
    Weisen der Maurer umwunden.


    und vorher:


    Nimm geliebter diese Kron'
    aus unsers ältsten Sohns,
    aus Josephs Händen.
    DAS ist das Jubelfest der Maurer,
    das, DAS der Triumph der Maurer.


    [Text: Franz Petran, "Die Maurerfreude", KV 471].


    maurerische Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli



    Seit wann spielt die Zauberflöte in Österreich?



    Es kann auch sein, daß es gar nicht in Österreich spielt, sondern in Frankreich:


    Vielleicht war es als eine Allegorie auf die Französische Revolution zu verstehen. Eine projakobinische Deutung wurde zum ersten Mal 1794 schriftlich verbreitet und die Personen des Stückes folgendermaßen zugeordnet:


    Die Königin der Nacht: Die vorherige Regierung
    Pamina, ihre Tochter: Die Freyheit, welche immer eine Tochter des Despotismus ist
    Tamino: Das Volk
    Die drey Nymphen der Königin der Nacht: Die Deputirten der drey Stände
    Sarastro: Die Weisheit einer besseren Gesetzgebung
    Die Priester des Sarastro: Die Nationalversammlung
    Papageno: Die Reichen
    Eine Alte: Die Gleichheit
    Monostatos, der Mohr: Die Emigranten
    Sclaven: Die Diener und Söldner der Emigranten
    Drey gute Genien: Klugheit, Gerechtigkeit und Vaterlandsliebe, welche Tamino leiten


    Persönlich bin ich der Meinung, daß weder Mozart noch Schikaneder in eine pro- oder antijakobinische Richtung dachten, obwohl die 'Befreyung des französischen Volkes' damals ein großes Thema in ganz Europa war.

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Salut,


    die Idiome bzw. deren Aussagen der Freimaurer [Brüderlichkeit, Weisheit usw.] entsprechen schon weitestgehend jenen der frz. Rovolution. Beide [die Revolution und das Freimaurertum] sind Aufklärungsbewegungen gewesen, weshalb sie aber nicht zwingend miteinander verbunden werden müssen bzw. nicht unbedingt etwas unmittelbar miteinander zu tun hatten. Es war an der Zeit, dass sich politisch und sozial etwas ändert - in Frankreich wie in anderen Ländern. Joseph II. saß da zwischen mehreren Stühlen, was dem Freimaurertum nicht unbedingt zugute kam.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Frauenfeindlich ist die 'Zauberflöte' niemals gewesen


    Darf ich vorschlagen, dass Du die oben angeführten Textstellen mal versuchsweise in die nächste Diskussion mit deiner dir angetrauten Gattin einflechtest ...


    :stumm: :stumm: :stumm:


    katlow

  • Salut,


    Du hast mich missverstanden - es kann etwas bewußt frauenfeindlich sein, oder nur so wirken. Die Zauberflöte ist nicht frauenfeindlich - es herrschen eben die Männer. Mit meiner Frau brauche ich das garnicht zu diskutieren [ich habe sowieso immer Recht :D ].


    Grüßle
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Frauen und Freimaurerei
    Im Mittelalter gab es keine weiblichen Steinmetzen. Die Freimaurerei entwickelte sich daher aus den Steinmetzbruderschaften als ein Männerbund. Nach dem 3. Hauptstück der "Alten Pflichten" von 1723, das "Grundgesetz der Freimaurerei", sind Frauen von der Mitgliedschaft ausgeschlossen: "The Persons admitted Members of a Lodge must be good and true Men, free-born, and of mature and discreet Age, no bondmen, no Women, no immoral or scandalous Men, but of good Report".
    Da die freimaurerische Denkungsart, also wie Humanität und Toleranz, das Eindringen in die freimaurerische Symbolwelt, die karitative Tätigkeit sowie die Bemühungen zur Persönlichkeitsentwicklung, die Frauen ebenso anspricht, ist nicht einzusehen, warum diesen die freimaurerische Arbeit verwehrt werden sollte. Im Laufe der letzten 100 Jahre ist die Emanzipation der Frau in vielen Bereichen verwirklicht worden. Als einen Angriffspunkt sehen daher vielfach die Gegner der Freimaurerei die Stellung der Frau in der Freimaurerei. Sie stellen die Frage: Ist die Haltung der Freimaurer gegenüber der Frau noch zeitgemäß? Heute gibt es daher schon längst Logen für Frauen, also reine Frauenlogen.


    sagt doch alles, dieses statement einer Hamburger Freimaurerloge oder?
    Michael

  • Ich versuche wieder zum eigentlichen Kern des Threads vorzudringen, nd das wäre die Frage ob Sarastro eine "Heilsfigur" oder ein "Scharlatan" ist.
    Es ist natürlich verlockend alle moralischen Instanzen zu demontieren und sich über sie lustig zu machen - und vielleich ist es auch legitim- wenngleich isch das bezweifle.
    Als jedoch das Libretto der Zauberflöte geschrieben wurde, da galten andere gesellschaftliche Werte, Vaterfiguren , und somit auch das Patriarchat genossen hohes Ansehen. Obrigkeitsdenken und eine autoritäre Gedankenwelt waren an der Tagesordnung, die Gesellschaft war - zumindest formal - von Männern beherrscht -ähnlich wie noch heute in der katholischen Kirche.
    Sarastro ist nicht "frauenfeindlich" sondern er verweist Frauen auf jenen Platz, wo sie nach Ansicht der Gesellschaft des 18. hingehörten - unter die Führung eines Mannes.
    Wobei gesagt werden muß, daß selbst damals die Rollenverteilung nicht immer so streng gehandhabt wurde wie theoretisch erwünscht.


    Siehe: "Frauenzimmer" -Das Frauenbild in Mozart-Opern


    Sarastro ist der Oberpriester - die allerhöchste Instanz - Herr über Leben und Tod. Kann sich jemand vorstellen, daß er unter den Priestern abstimmen lässt ob Tamino in den Bund aufgenommen werden soll oder nicht ?



    mfg
    aus wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Welche klugen Gedanken und Analysen!
    Ich bin da einfacher gestrickt und versuche, den Kinderglauben - oder den des reinen Toren - für mich zu bewahren. Deshalb macht es mir keine großen Schwierigkeiten im Reiche Sarastros das Licht und im Reiche der Königin der Nacht das Dunkel zu erkennen und zu akzeptieren. Dies suggeriert übrigens auch Mozarts geniale Musik.
    Sarastro wäre demnach eine Inkarnation der Güte, Weisheit und des Humanismus. Ich glaube genau so wollten Textdichter und Komponist die Figur auch darstellen und verstanden wissen. Wird bei dieser Beweisführung noch das Gedankengut der Freimaurer berücksichtigt, glaube ich, dass Sarastro tatsächlich der "göttliche Weise" ist - was keinesfalls gottgleich heißen muss, sondern ein von göttlicher Weisheit Erleuchteter sein soll. Mich ergreift es immer wieder, wenn die beiden großen Arien des Sarastro von Bässen wie Frick oder Moll vollendet gesungen werden. Sarastro soll leben, und zwar als Sinnbild des Guten!
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Original von operus
    Welche klugen Gedanken und Analysen!
    Ich bin da einfacher gestrickt und versuche, den Kinderglauben - oder den des reinen Toren - für mich zu bewahren. Deshalb macht es mir keine großen Schwierigkeiten im Reiche Sarastros das Licht und im Reiche der Königin der Nacht das Dunkel zu erkennen und zu akzeptieren. Dies suggeriert übrigens auch Mozarts geniale Musik.
    Operus


    Genauso sehe ich das auch.


    Alfred hat es schon anklingen lassen, wenn auch mit einem Fragezeichen versehen, und ich bin eigentlich von der These überzeugt, daß der Name "Sarastro" aus "Zarathustra" hergeleitet werden kann. Insofern wäre er der Stellvertreter des höchsten Lichtgottes. Vielleicht stimmt ja sogar die These einiger Musikwissenschaftler, die in Sarastro den Pharao Echnaton (um 1375 v. Chr.) erkennen wollen, der die "Vielgötterei" des altägyptischen Himmels zugunsten eines einzigen Gottes, nämlich Aton, abschaffte. In der Literatur zu diesem Herrscher wird immer wieder auf die Tatsache hingewiesen, daß erstmals ein Gott seine Herrschaft nicht auf Rache und Haß, sondern auf Liebe und Freundschaft baute.


    Seine, Sarastros, Äußerungen als frauenfeindlich zu apostrophieren, ist, so denke ich, eine typische Überlegung unserer Zeit, einer Beurteilung des ausgehenden Rokoko aber nicht angemessen. Das hat zwar Alfred in seinem Beitrag schon geschrieben und ich wiederhole insofern ein schon abgegebenes Statement; aber stimme ihm da ausdrücklich zu. Ergänzend könnte man noch anfügen, daß dann auch die Bezeichnung "Weib" für "Frau" bereits eine Beleidigung darstellen würde.


    So nebenbei bemerkt: In Mozarts Musik zu Geblers "Thamos" glaube ich immer schon eine erste "Vorahnung" der Zauberflötenmusik heraushören zu können.


    Was nun Ignaz von Born, der auch hier als Urbild des Sarastro bezeichnet worden ist, angeht, sei hier ein Zitat gebracht, daß ich in einem Theaterheft von 1961 fand:


    Zitat

    Born war Hofrat bei der Wiener Hofkammer für Münz- und Bergwesen, Mineraloge und Erfinder neuer Amalgationsverfahren zur Scheidung von Metallen; Schriftsteller im Sinne der Aufklärung, leidenschaftlicher Freimaurer mit humanitärer Zielsetzung; Gegner der Rosenkreuzer und der Kirche; Meister vom Stuhl der Loge "Zur wahren Eintracht"; Mozart ehrte ihn am 20. April 1785 mit der Kantate "Die Maurerfreude". Aus Protest gegen die Reformen Joseph II. trat er 1786 von jeglicher Logenarbeit zurück. Er bezeichnete Josephs Reformen (wörtlich) als "geistige Diktatur".

    .


    MUSIKWANDERER