Wer zuletzt lacht - Giuseppe VERDI: FALSTAFF

  • Diese Oper höre ich gerade in der Einspielung unter Claudio Abbado.


    Gelobt werden besonders Bryn Terfel als Falstaff und Thomas Hampson als Ford. Beide Namen halten, was sie versprechen. In einer Rezension wird zumindest rhetorisch angefragt, ob Terfel nicht noch zu jugendlich und zu frisch für den ältlichen und vitalen Playboy Falstaff ist. Aber allein diese Aufnahme zeigt die breite Palette seiner Möglichkeiten.



    Die Rolle der Alice wird von Adrianne Pieczonka gesungen, die der Nanetta von Dorothea Röschmann - diese und auch die anderen Rollen werden traumhaft gesungen.


    In einer Kritik habe ich das Resümee gefunden: "Abbados "Falstaff"-Einspielung ist eine Meisterleistung, bei der die Berliner Philharmoniker furios aufspielende Partner einer Sänger-Crew sind, die Verdis Alterswerk ebenfalls rasant aufzuwirbeln versteht."



    So ist es.


    Mich interessiert, welche Aufnahmen von anderen Taminos und Paminas empfohlen werden.


    Mit freundlichen Grüßen von der Nordseeküste


    Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Versehentlich habe ich einen Beitrag über die oben genannte Einspielung von Verdis ‚Falstaff’ an falscher Stelle gepostet. Nun will ich es auch gern als neuen Thread starten und hoffe auf Interesse.


    Verdi und der Dichter Boito waren seit ihrer Zeit in Paris freundschaftlich verbunden. Beide beteiligten sich an der italienischen Nationalbewegung und an den Einigungskriegen.


    Im Alter fanden beide noch einmal zu einer sehr fruchtbaren Zusammenarbeit. Verdi und Boito verständigten sich darauf, das Opernprojekt 'Falstaff' zunächst im Geheimen voran zu bringen.



    Verdi war sich nicht sicher, ob er in seinem Alter dieses Projekt zum erfolgreichen Abschluss bringen könne. Schließlich begann er mit der Komposition – wie er schreibt: „nur zu seinem eigenen Vergnügen“. 1889/90 erstellt Boito das Libretto anhand der beiden Shakespeare-Dramen Heinrich IV. und ‚Die lustigen Weiber von Windsor. 1890-1892 komponiert Verdi die Oper.


    Am 9. Februar 1893 findet dann die Uraufführung von Verdis letzter Oper in der Scala statt. Es ist seine einzige große komische Oper, die erste erfolgreiche komische Oper in Italien, nach dem ein halbes Jahrhundert seit Donizettis ‚Don Pasquale’ vergangen ist. Veri hatte mit seiner errsten komsichen Oper ‚Giorno di Regno’ gut fünfzig Jahre zuvor weniger Glück und Erfolg.


    Verdi selbst wusste, dass dies seine letzte Oper war. Sie war ein Erfolg. Sie ist ein wunderbarer Abschluss mit einem Bühnenstück, das es in sich hat, vor allem: mit herrlicher Musik und mit einem versöhnlichen Abschluss.


    Toscanini findet in Verdis Noten den folgenden Text aus Verdis eigener Hand: „Die letzten Noten des Falstaff. Alles ist zu Ende! Geh, geh, alter John. Lauf dahin auf deinem Weg, so lange du kannst ... Lustiges Original eines Schurken; ewig wahr, hinter jeglicher Maske, zu jeder Zeit, an jedem Ort!! Geh .... Geh .... Lauf Lauf ... Addio!!!“


    Eine musikalische Besonderheit sind die vielen Szenen für Sänger/innen-Ensembles. In einer Beschreibung der Oper wird sie als „Kammermusik für großes Orchester und Solistenensemble“ bezeichnet (Batta).



    Hinweisen möchte ich auf den Thread im Tamino-Opernführer: VERDI, Giuseppe: FALSTAFF


    Interessant sind hier viele Aspekte, z.B.

    - Die Geschichte der Interpretationen der Falstaff-Figur von Shakespeare bis zu den vielen Vertonungen: Nicht nur Verdi (und Otto Nicolai) haben Falstaff zur Hauptperson einer Oper gemacht. Falstaff-Opern gibt es auch von Salieri, von Dittersdorf, Holst und Vaughan Williams. Vielleicht kann hier jemand etwas beitragen.



    - Die Persönlichkeit Falstaffs: Auch bei Shakespeare ist Falstaff keine eindeutig lustige Figur. Am Ende fällt er in Ungnade. Im Epilog des ersten Teils von ‚Heinrich IV’ hat Shakespeare dem Publikum zugesagt, ,,die Geschichte fortzusetzen mit Sir John Falstaff drinnen und der schönen Katharina von Frankreich". Am Ende des zweiten Teiles muss Falstaff verschwinden, er fällt in Ungnade und wird am Feldzug nicht mehr teilnehmen. Das Publikum ist enttäuscht. Nach einer Anekdote hat die Queen selbst Shakepeare gedrängt und ihm befohlen, Falstaff weiterleben zu lassen, und so ist das Stück „Die lustigen Weiber von Windsor“ entstanden.


    - In der Literatur habe ich einige Male den Hinweis gefunden, Verdis ‚Falstaff’ weise schon auf die Musik des 20. Jahrhunderts hin. Das können Teilnehmende des Forums sicher erklären.


    - Welche Einspielungen kennen und empfehlen die Paminas und Taminos?


    Es wäre schön, wenn aus dem Missgeschick ein interessanter thread entstehen könnte. Falls nicht, halte ich mich an den Text von Boito und Verdi:


    Alles ist Spass auf Erden,
    Der Mensch ein geborener Tor;
    Und glauben wir weise zu werden,
    Sind dümmer wir als zuvor.


    Lauter Gefoppte! Weil Einer
    Den Andern zum Narren macht.
    Doch besser fürwahr lacht Keiner
    Als wer am Ende lacht.


    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Verdis Falstaff ist mir eine seiner liebsten Opern. Nicht nur enorm unterhaltsam und komisch sondern es ist auch Verdis musikalisch dichteste Oper.


    Bernstein lässt gleich zu Beginn seiner CBS-Studioaufnahme mit den Wiener Philharmonikern von 1966 einen turbulenten Wirbelsturm los, der einen ein Dauergrinsen aufs Gesicht zaubert. Über Fischer-Dieskau als Falstaff ist die Welt wohl gespaltener Meinung, aber ich mag ihn recht gerne als Falstaff - benötige für mich aber eine Alternativeinspielung mit einem echten italienischen Spitzbuben als Falstaff. Und da sind wir bei meiner Alternativaufnahme von Giulini. Renato Bruson ist mir als Falstaff dann vielleicht doch etwas lieber als DFD. Ansonsten ist die Giulini-Aufnahme (die auf Livemitschnitten basiert, was man allerdings kaum hört) etwas behäbiger, aber trotzdem stimmig. Das Sängerensemble bei Giulini ist auch wunderbar homogen.


    Auf meinem Wunschzettel steht noch die EMI-Karajan-Aufnahme aus den Fünfzigern und vielleicht noch die DG-DVD mit dem Götz Friedrich-Film zum Solti-Soundtrack.



  • Hallo,


    als Liebhaber des Belcanto und der langgezogenen Kantilenen mit Melodien zum Dahinschmelzen zählt Falstaff nicht zu meinen Lieblingen, zu schrill, zerrissen, chaotisch. Nichtsdestotrotz natürlich wunderbare Musik, dicht, temperamentvoll und ohne Längen.


    Spricht man von Verdi, kommt man an Toscanini schwer vorbei. Von ihm sind zwei Aufnahmen des Falstaff im Umlauf, die eine mit Mariano Stabile, die andere mit Guiseppe Valdengo, die ich selbst auf Platte besitze.


    Nun, ich halte nicht viel von Toscanini als Dirigenten heiterer oder lyrischer Opern, er ist mir zu zackig, zu forsch, zu unsensibel. Ist natürlich nur mein Eindruck. Und auch mit Valdengo kann ich nicht viel anfangen, sein heller Bariton hat mir zu wenig Fülle und Resonanz, für Mariano Stabile gilt Ähnliches. Abgesehen davon sind beide natürlich großartige Sänger, andernfalls hätte der Majestro gar nicht mit ihnen gearbeitet.


    Für mich gibt es im Grunde nur einen Falstaff, und das ist Tito Gobbi. Ich besaß die Aufnahme mit Karajan, in der auch noch Elisabeth Schwarzkopf, Nan Merriman, Rolando Panerai sowie Anna Moffo und Luigi Alva als Liebespaar mitwirken. Alleine wegen der Szenen zwischen Gobbi und Panerai ist die Aufnahme schon ihr Geld wert, keiner von beiden gerät zur Witzfigur oder gleitet in den bloßen Klamauk ab.


    Großen Erfolg in der Rolle des Falstaff hatte auch Guiseppe Taddei, in gewisser Weise ist sie ihm ja auch den Leib geschneidert. Ich habe ihn allerdings nie am Stück erlebt, nur in Ausschnitten, und die derzeit auf dem Markt befindliche Aufnahme kenne ich überhaupt nicht.


    Falstaff ist auch so ein Fall wie Don Pasquale: Offiziell eine Komödie, aber die Tragödie blitzt quasi an jeder Ecke durch. Und im Grunde ist es bewundernswert, wie der alternde Ritter, dem zum Teil ganz schön übel mitgespielt wird, nicht ohne eigene Beteiligung natürlich, sich bis zum Schluss seinen Humor bewahren kann und und dann souverän die Schlussfuge anstimmt: Alles ist Spaß auf Erden...


    Mit freundlichen Grüßen
    Kurt

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  • Meine persönlichen "Falstaff"-Favoriten sind:


    Mariano Stabile unter Toscanini und de Sabata,
    Fernando Corena unter Giulini,
    Fischer-Dieskau unter Maazel.
    Die Krone gebührt STABILE, der in dieser Partie Maßstäbe setzte, die auch heute noch Gültigkeit haben (Gestaltung dieser schwierigen Partie, die leicht zur Klamotte werden kann; alles eine Sache der musikalischen- und szenischen- Gestaltung. :hello:

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo,hier meine Spitzenreiter in Sachen Falstaff.
    Einige alte Aufnahmen lasse ich aus;weil es bei diesem Werk auf
    kammermusikalische Durchsichtigkeit ankommt.
    Am Anfang steht die jüngste Toscanini-Aufnahme (1950 );
    dann Karajan(1956) und Solti(1963).


    Herbert Henn.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert,


    was Toscanini und Karajan angeht, stimme ich dir vollends zu.
    Die Solti-Aufnahme habe ich nicht (aber gehört), das Problem heißt für mich Solti, den ich, das ist meine Meinung, obwohl ich, der Besetzung wegen, auch Aufnahmen unter ihm habe, für einen überschätzten Dirigenten, der sich in den Vordergrund spielt, halte.


    Gruß Guido :hello:

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo Guido,
    ich denke, daß Toscanini und Karajan auch ganz schön im Vordergrund
    stehen, was bei diesem Werk sicher legitim ist. Toscanini hat beispielsweise
    Sänger verpflichet, die ihm bedingungslos ergeben waren; auch wenn sie
    aus der zweiten Reihe kamen, hat er sie "dressiert".


    Gruß Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • So großartige Dirigenten wie Solti, Karajan und Toscanini dürfen sich aber auch in den Vordergrund stellen! Nur dadurch haben sie Aufführungen und Aufnahmen auch individuell prägen können!

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  • Dieser Verdi ist unmöglich. Ich hatte schon 6 Opern von ihm, aber wegen des Genua-Besuchs im Frühjahr musste ich zwei weitere anschaffen: Simon Boccanegra (weil das in Genua spielt) und La Forza del Destino (weil das zu der Zeit in Genua aufgeführt wurde).


    Nun hab ich also 8 Stück von ihm und glaubte mich damit gut ausgerüstet für einen Mailand-Besuch. Erster Schock: In der Scala fängt die Saison erst an meinem vorletzten Tag an (Così fan tutte, und schon ausverkauft). Zweiter Schock: In Turin spielen sie Falstaff. Also muss diese Oper auch her. Ich habe mich fast schon für diese Aufnahme entschieden:



    Sie ist leider schon etwas betagt und klingt vielleicht nicht so gut. Immerhin, die Kempe-Aufnahme vom Lohengrin aus der selben Reihe "Great Recordings of the Century" klingt gut genug. Die ist allerdings von 1964.


    Wer kann etwas zur Aufnahme-Qualität der o.g. Falstaff-Aufnahme sagen? Gleichwertige Alternativen zu den Sängern wird's wohl keine geben, oder?



    Thomas Deck

  • Hallo Thomas,


    falls du noch Zuspruch brauchst, um die Karajan-Aufnahme anzuschaffen, will ich den gerne liefern. Der Trumpf der Aufnahme ist ein sehr gutes Sängerensemble, das nicht einen einzigen Ausfall hat. Herausheben möchte ich auch noch einmal Tito Gobbi und Rolando Panerai. Das Aufeinandertreffen von Falstaff und Ford alias "Signor Fontana" im zweiten Akt ist sicher einer der Höhepunkte der Aufnahme. Karajans Dirigat gefällt mir in dieser Aufnahme sehr gut: Leicht, federnd und mit viel Gespür für die Schönheiten der Partitur. Herbert von Karajan wurde 1956 Leiter der Salzburger Festspiele und brachte in diesem Jahr auch den Falstaff zur Aufführung. Es existiert ein Mitschnitt mit fast identischer Besetzung wie diese Studioaufnahme. Karajan hat in der Folge immer gern Studioaufnahmen der Opern gemacht, die er im selben Jahr in Salzburg aufführen wollte. Der Falstaff steht am Anfang dieser Entwicklung. Insgesamt ist Karajans Aufnahme für mich allererste Wahl.


    Zur Tonqualität: Die Aufnahme klingt gut. Sie ist von 1956, aber immerhin in Stereo. Sicher war das Stereoverfahren damals noch nicht völlig ausgereift, aber doch ist zum Beispiel gegenüber der nur drei Jahre älteren Mono-Tosca unter de Sabata eine deutliche Verbesserung erkennbar. Im Vergleich mit den zehn Jahre jüngeren Aufnahmen von Bernstein oder Solti, die eventuell als Alternativen in Betracht kämen, sind die technischen Unterschiede allenfalls marginal. Ich sehe daher wirklich keinen Grund, nur wegen der Tonqualität von dieser erstklassigen Aufnahme Abstand zu nehmen.


    Annähernd gleichwertige Alternativen: Mir gefällt die Bernstein-Aufnahme (1966) noch recht gut, auch wenn sich an Fischer-Dieskau als Falstaff und dem reichlich extrovertierten Dirigenten die Geister scheiden. Karajan und Bernstein beweisen, wie unterschiedlich man an diese große musikalische Komödie herangehen kann: Karajan bietet mehr einen feinsinnig lächelnden Falstaff, während Bernstein wild grimassierend daherkommt. Mir gefällt beides.


    Carlo Maria Giulinis Live-Aufnahme aus Los Angeles (1982) kann mit moderner Technik und dem Dirigenten punkten, der ähnlich wie Karajan unnötige Extreme vermeidet, ohne dabei oberflächlich zu werden. Das Sängerensemble ist homogen, aber insgesamt etwas schwächer als bei Karajan.


    Georg Soltis vor nicht allzu langer Zeit neu aufgelegte Aufnahme (1963) wirkt dagegen auf mich ziemlich steif und lässt trotz nominell guter Besetzung einiges an Humor und Spielfluss vermissen. Geraint Evans als Falstaff mag ein guter Singdarsteller gewesen sein, auf CD gefällt mir seine Stimme aber nicht besonders. Außerdem neigt er meines Erachtens zum Überzeichnen des Titelhelden. Solti bereichert die Aufnahme mit Aida-erprobten Knalleffekten, die mir in dieser Oper aber doch etwas zu grob sind. Ansonsten ist die Aufnahme in Ordnung.


    Unter den historischen Aufnahmen besticht die oben abgebildete Aufnahme von Mario Rossi mit einem ausgezeichneten Ensemble, insbesondere dem jungen Giuseppe Taddei, der über Jahrzehnte als Falstaff Maßstäbe setzte. Die Tonqualität ist hier allerdings selbst für 1949 grässlich. Als Referenz gilt wohl immer noch Toscanini mit seinen Aufnahmen. Auch wer Toscaninis rasanten Zugriff auf das Werk mag, muss wohl doch zugestehen, dass die meisten Sänger nicht allererste Wahl sind.

  • Dir macht er's leicht, uns macht er's schwer. Zauberton hat in der Tat alle wesentlichen Argumente für und gegen die wichtigsten Falstaff-Einspielungen gebracht, von denen ich alle (und noch einige mehr) kenne, weil ich sie für mindestens eine der großartigsten Opern halte, die je geschrieben wurden. Vor zehn Jahren hätte ich seinem Votum und seinen Prioritäten absolut nichts hinzuzufügen gehabt.


    Lediglich sein Urteil über die erste Solti-Aufnahme finde ich etwas zu hart, aber das liegt vielleicht auch daran, dass ich unter dem Gesichtspunkt einer zeitgemäßen Klangqualität auch auf Soltis zweite Aufnahme hinweisen möchte, die definitiv ihre hochachtbaren Meriten hat, obwohl van Dam zwar ein sehr guter, aber nicht herausragender Falstaff ist. Das gilt trotz leichter Unausgeglichenheit des Sängerensembles noch mehr für die Aufnahme unter Abbado, weil ihm mit Bryn Terfel ein herausragender Falstaff zur Verfügung stand. Für mich ist diese Aufnahme eine ernsthafte Alternative zu der ersten Karajan-Aufnahme und steht hinter der Karajans nur deshalb zurück, weil diese auf ALLEN Positionen optimal besetzt ist. Karajans zweite Einspielung kann trotz eines subtil komischen, aber stimmlich schon recht angestrengten Giuseppe Taddei auf keiner Ebene mit seiner ersten mithalten, am wenigsten, was die Ausgeglichenheit des Ensembles auf höchstem Niveau betrifft, welche die erste Aufnahme Karajans zum bleibenden Maßstab aller anderen macht. Für mich wäre derzeit Abbado die Nr. 2 noch vor Giulini, bei dem mich manchmal etwas langsame Tempi irritieren, die allerdings für sehr viel hörbares Detail sorgen. Das gilt auch für die DVD, auf der mir Renato Bruson sehr gut, dennoch nicht so sehr gefällt wie Terfel.


    Wer Terfels Falstaff Bryn Terfels voll genießen will, der sollte nicht vergessen, dass FALSTAFF eine Oper ist, die auch dargestellt werden will, und da steht mit der DVD unter Bernard Haitink eine erstrangige Einspielung zur Auswahl, die auch von der Inszenierung her höchsten Ansprüchen gerecht wird. Ausschließlich unter dem Aspekt der zusätzlichen Bildinformation bei sehr hohem musikalischem Niveau würde ich dem Einsteiger heute zu dieser Aufnahme raten:



    Daneben ist die sehr ordentliche, aber stockkonservative Inszenierung der Mailänder Scala unter Muti trotz des - in dieser Oper weniger entscheidenden - Juan Diego Florez deutlich dritte Wahl, obwohl auch sie ihre Meriten hat.


    Insgesamt muss man feststellen, dass jeder Dirigent und Sänger, der sich an FALSTAFF wagt, sich offensichtlich bewusst ist, dass man es hier mit einem, wenn nicht dem Spitzenwerk der Gattung zu tun hat, das an sein Ensemble (und es ist trotz der Prominenz Falstaffs vor allem die Ensembleoper par excellence) höchste Anforderungen stellt. Obwohl ich die Oper oft gesehen habe und aus mindestens einem Dutzend Einspielungen kenne, habe ich noch keine Darbietung erlebt, die dem Stück nicht mindestens weitgehend gerecht wird. Lediglich die Glyndebolurne-DVD mit Donald Gramm unter John Pritchard fällt da merklich ab ohne wirklich schlecht zu sein. Von dieser Einspielung und der außer Wettbewerb laufenden alten Schwarzweißfassung mit einem brillanten Giuseppe Taddei sowie Luigi Alva, Anna Moffo, Ronsanna Carteri u.a. unter Tullio Serafin, die aber von der Bild- und Tonqualität her nicht mithalten kann) abgesehen, kann man also nicht einmal dann ganz schlecht fahren, wenn man seinen ersten FALSTAFF einzig unter dem Kostenaspekt auswählt. Das lässt sich wohl von keiner anderen Oper sagen.


    Vielen wird es allerdings nach der ersten Aufnahme so gehen wie mir, dass man dieses Juwel gerne auch in anderem Licht funkeln sehen und hören möchte. Ich möchte jedenfalls keine einzige dieser Aufnahmen missen.


    :hello: Rideamus

  • “Falstaff” oder: “Das Geschenk des Lebens”



    “Ein alter Herr wird geprellt. Verdientermaßen. Denn sein Lebenslauf ist Saufen, Fluchen, Nichtstun und das Herumkriegen von anderer Leute Weiber. Und trotzdem und obgleich er die Weiber nebenbei auch gebraucht, an dem Geld ihrer Männer nutzzunießen, hat der Ritter Falstaff nicht nur unsere Sympathie, sondern unsere Liebe.”


    Alfred Polgar



    “Keine Erlösung, kein tragischer Rest, nichts als schlichte Dankbarkeit für das Geschenk - theologischer: die Gnade - des Lebens.”


    Ulrich Schreiber



    Zwei Musikschriftsteller erhalten das Wort. Zum einen: Oskar Bie ( 1864 -1938 ), einflußreicher Feuilletonist, der 1913 ein berühmt gewordenes Buch über das “unmögliche Kunstwerk Oper” veröffentlichte. Zum anderen: Dietmar Holland (geb. 1949), Musikkritiker, Schallplattenrezensent sowie Herausgeber von Konzert-, und Opernführern. Beide beleuchten in ihrer teilweise recht subjektiven Art wichtige Facetten dieses Meisterwerkes wissenden Lachens.




    Oskar Bie



    Falstaff



    Das Ende ist der Falstaff. Ein Ende im Geiste, der alle irdischen Versuchungen überwunden hat. Nicht ein Versinken in die Tiefen der Sentimentalität oder Religiosität, sondern ein Hinaufführen in die freudige Höhe, in die Höhe, da man dankbar auf das Leben zurückblickt und von ihm genesen ist zu jener großen Weisheit, die Humor heißt. Der Herbst neigt zum Winter, alles wird fein, klein, alles wird Gehirn und Anschauung, Behaglichkeit der Erinnerung, Schellenklingen und Gelächter am Kamin. Die Augen leuchten, der Witz sprüht und das Herz bleibt ruhig. Welche innere Güte gehört zu dieser Leidenschaftslosigkeit, welcher ausgeglichene Ernst zu diesem Humor. Das ist ein Werk, das ihn wirklich besitzt, diesen viel beredten Humor, den tausend andere um ihn herum durch Springen und Grinsen zu erreichen suchen. Es sucht ihn nicht, es hat ihn; es doziert ihn nicht, sondern es gibt ihn zu. Es nimmt sich selbst lustig und befreit ohne Widerstand alle Sentiments. Es ist ein Wiederaufleben des alten Buffotums aus dem Intellekt des modernen Menschen. Nicolai war mit demselben Stoff aus dem Buffotum ins Romantische gesunken. Verdi steigt aus jeder Romantik in das Buffotum. Boito hat ihm den Text sehr glücklich zurechtgemacht. Er scheidet die Verkleidungsszene aus und beschränkt sich auf den Waschkorb. Er setzt die Paraphrase auf die Ehre aus Heinrich IV. in die lustigen Weiber ein. Alles ist knapp und spritzig. Der Übermut Shakespearscher Worte bleibt nackt, für leichte Hüllen der Musik. Und es wurde so neu, durchsichtig, spielend, verwegen und voll letzten Geistes, dass es niemals dem Publikum sonderlich gefallen hat und überall die Kenner zu einem Entzücken ohnegleichen führte. (...) Laßt uns leben, erlösen wir uns, reißen wir uns die Masken herunter, seien wir fröhlich und guter Dinge, und um dieser Wahrheit dieselbe Ehre zu geben wie unserer vortrefflichen alten musikalischen Schule, verbindet zum Schluß ein Zukünftiges mit einem Vergangenen, singt eine große, richtige, feierlich-unfeierliche Ensemblefuge auf den Inhalt “Tutto in mondo è burla”. Und Verdi singt eine Stimme mit: ridi ben, chi ride la risata final.


    (aus: Oskar Bie, “Die Oper”, 1913, S. 415 ff.)




    Dietmar Holland


    Die Welt ist ein Irrenhaus oder:
    Die Obertöne Shakespeares


    (...)


    Ende gut, alles gut?


    (...) Wie wäre nun also zu schließen? Von einem guten Ende kann keine Rede sein (außer für Nanetta und Fenton, aber sie haben es ja von Anfang an gewusst), von einer Lösung der Konflikte auch nicht. Die Bühne ist weiterhin offen für die Welt als Irrenhaus, diese Botschaft ist das Fazit, das Verdi mit dem einzigartigen Fall zieht, noch ein Stück nach der Handlung zu schreiben, jenes unvergleichliche Wort des Musikers an das Publikum, nein, an die ganze Menschheit aller Zeiten, das zugleich ein Abschied vom Theater ist: die Schlussfuge. Wie könnte besser das Chaos der Welt in Ordnung gebracht werden, als in der strengsten musikalischen Gattung, die es überhaupt gibt? Und hätte Verdi sein Lebenswerk besser abschließen können als mit den Klängen jener “Banda” am Ende der Fuge, mit der er einst seine Laufbahn begonnen hat? Wo der letzte Wagner nur “Verklärung” will, da steht Verdi auf dem festesten Boden, der überhaupt denkbar ist. Und der Musiker merkt, dass das Thema der Schlussfuge das heimliche Integral der gesamten Oper ist. Die hermetische Kunstwelt des “Falstaff”, des Textbuchs wie der Musik, gipfelt in dieser Fuge als ausdrückliche Demonstration des Kunstcharakters, und es ist Boitos letzte Hommage an Shakespeares Welttheater, von dem Goethe sagte, es drehe sich um den geheimen Punkt, den noch kein Philosoph gesehen und bestimmt habe, in dem das Eigentümliche unseres Ichs, die prätendierte Freiheit unsres Willens, mit dem notwendigen Gang des Ganzen zusammenstoße: Der Text der Fuge ist zwar Boitos Erfindung, aber die Anregung stammt aus Shakespeares Komödie “As you like it”. Es sind Jacques´ Worte vom Schluss des zweiten Aktes: “Die ganze Welt ist Bühne, und alle Fraun und Männer bloße Spieler.” Damit schließt sich der Kreis. Verdis Kunst hat die Obertöne Shakespeares für uns hörbar gemacht.


    (aus: Attila Csampai / Dietmar Holland (Hrsg.), “Giuseppe Verdi - Falstaff - Texte, Materialien, Kommentare”, 1986, S. 31)



    Nachbemerkung: Dies ist die etwas veränderte Fassung eines Artikels, den ich im Dezember 2005 für den TAMINO-Adventskalender geschrieben habe.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Beim Falstaff gibt es scheinbar eine große Zahl sehr guter Aufnahmen - welche sollte man sich als erstes zulegen?


    Karajan, Bernstein, Giulini ...? ?(

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Original von Felipe II.
    Beim Falstaff gibt es scheinbar eine große Zahl sehr guter Aufnahmen - welche sollte man sich als erstes zulegen?


    Karajan, Bernstein, Giulini ...? ?(


    Lies einfach mal den ganzen Thread. Da wirst Du eine ganze Reihe von Argumenten für und gegen die einzelnen Aufnahmen finden. Meine Empfehlungen habe ich ja weiter oben schon gegeben.


    :hello: Rideamus

  • @Felipe II


    Hallo,
    die gleiche Frage habe ich mir vor einiger Zeit auch gestellt. Irgendwie konnte ich mich nicht entscheiden. Das ist dabei herausgekommen:


    FALSTAFF
    Wien 1937 Stabile, Borgioli, Biasini, Somigli, Vasary – Toscanini
    Leipzig 1939 Hotter, Schellenberg, Rasp, Wulf – Weisbach (dt.)
    Köln 1950 Reinmar, Cunitz, Fischer, Peter, Lasser, Lipp, Holm – Solti (dt.)
    London 1956 Gobbi, Panerai, Alva, Schwarzkopf, Moffo – Karajan (Qu.)
    Düsseldorf 1957 Imdahl, Bak, Ruzdak, Georgiou, Ludwig, Francl – Erede (dt.)
    Köln 1959 Dieskau, Cordes, Wilhelm, Lipp, Hoffmann – Rossi (dt.)
    Rom 1963 Evans, Merill, Kraus, Freni, Ligabue – Solti
    London 1964 Corena, Ligabue, Alva, Resnik, Capecchi – Downes (Qu.)
    Wien 1966 Dieskau, Resnik, Ligabue, Panerai, Sciutti, Oncina – Bernstein
    Glyndebourne 1976 Gramm, Luxon, Cosotti, Griffel, Gale – Pritchard (DVD)
    Wien 1980 Taddei, Panerai, Araiza, Ludwig – Karajan
    Los Angeles 1982 Bruson, Nucci, Ricciarelli, Hendricks – Giulini
    London 1983 Bruson, Riccarelli, Nucci, Hendricks – Guilini (VHS)
    Aix 1987 Dam, Stone, Madra, Budai, Dale, Pecchioli – Cambreling (DVD)
    Budapest 1996 Trimarchi, Servile, Faulkner – Humburg
    Watford 1998 Lafont, Michaels-Moore, Palombi, Martinpelto, Evans – Gardiner
    London 2001 Shore, Kenny, Banks, Holland, Gritton – Daniel (engl.)
    München 2001 Weikl, Gallo, Trost, Futral, Lipovsek, Reiss – Metha §
    Aix 2001 White, Jupither, Beuron, McGreevy, Persson – Mazzola (DVD)
    Busseto 2001 Maestri, Frontali, Florez, Frittoli, Mula – Muti (DVD)


    Ich kann mich bis heute immer noch nicht entscheiden, welches die richtige ist, als sammle ich weiter!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Irgendwie finde ich immer etwas Neues zum Thema:


    Diesen Film auf DVD habe ich soeben bei ebay ersteigert:



    Aufnahme: 9.5.1956, live, konz., Milano, (Film)
    Spieldauer: 118'
    Dirigent: Tullio Serafin
    Orchestra della RAI di Milano
    Coro della RAI di Milano
    Inszenierung: Herbert Graf
    VAI/Codaex 4333 (1 DVD) s/w


    Alice Ford: Rosanna Carteri
    Bardolfo: Renato Ercolani
    Dr. Cajus: Mario Carlin
    Falstaff: Giuseppe Taddei
    Fenton: Luigi Alva
    Meg Page: Anna Maria Canali
    Mr. Ford: Scipio Colombo
    Mrs. Quickly: Fedora Barbieri
    Nanetta: Anna Moffo
    Pistola: Franco Calabrese



    Und aus dem Rundfunkarchiv habe ich folgende - historische - Aufnahme in deutscher Sprache ergattert:


    Falstaff - Rudolf Gonszar
    Ford - Horst Günter
    Fenton - Christo Bajew
    Alice - Annelies Kupper
    Ännchen - Friederike Sailer
    Mrs. Quickly - Res Fischer


    Südfunk Stuttgart
    Dirigent: Hans Müller-Kray (2 CD)


    Kennt jemand diese Aufnahme (Herbert?)


    LG


    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Von einer zweiten Karajan-Studio-Aufnahme (es soll noch eine DVD-Live-Aufnahme geben) wußte ich bisher gar nichts - betrachtet man diverse Rezensionen, verpasst man aber (angeblich) auch nichts.


    Kann das jemand bestätigen oder widerlegen?


    Die Namen der Sänger, das Orchester und der Dirigent sprechen ja eigtl. eher für diese Aufnahme.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Mein eigentlich immer zuverlässiger Hermes sagt:


    Die insgesamt beste Aufnahme des Stücks: Karajan und das Wiener Orchester bieten eine von Wissen, Weisheit. Können, Lächeln und Witz getragene, organisch gewachsene, keinen Moment sterile Wiedergabe. Taddei balanciert virtuos zwischen Dreistigkeit, Zorn und Resignation, seine Partner ergeben ein homogenes, gutes Ensemble


    (Hermes Handlexikon: Opern auf Schallplatten. Düsseldorf 1983)


    LG Peter

  • Vielen Dank für die schnelle Antwort! :hello:


    Würde meine eigene Vermutung bestätigen.
    Wieso sollte der als grandioser Falstaff-Dirigent (erste Aufnahme) gehandelte Karajan auch in der zweiten total danebenliegen?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Naja, der Hermes (also vor allem der Wiener Kritiker Karl Löbl) findet im Prinzip fast alles toll, was aus Wien kommt. Mir ist dieser "Falstaff" zu wenig spritzig, zu lendenlahm und allzu abgeklärt. Taddei ist zwar als Charakter großartig, muss aber manche Note fingieren (besser hört man ihn in der Rossi-Aufnahme), das Ensemble ist zwar gut, aber nicht erstklassig (Araiza sehr schön, Panerai in seiner Abo-Rolle als Ford zuverlässig wie immer, Kabaivanskajas bessere Tage sind schon vorbei und Janet Perry bleibt gesichtslos). Insgesamt eine Aufnahme, die man erst erwerben sollte, wenn man schon die besseren gehört hat: Toscanini, Karajan I, Solti I, Bernstein, Abbado...


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Nachdem wir laut Giselher nun wissen, wie der Falstaff wirklich dirigiert gehört (oder besser, wie er nicht dirigiert gehört - was nicht ganz das Gleiche ist), und ich meine bisherige Meinung - dass nämlich Karl Löbl etwas von Oper versteht - revidieren muss (er ist nämlich in Wirklichkeit ein chauvinistischer Ahnungsloser), können wir ja wieder zur Tagesordnung übergehen.


    Doch halt! In gewissem Sinne kann ich sogar der Meinung zustimmen, Karajans 2. Einspielung nicht unbedingt kaufen zu müssen. Es gibt nämlich davon die wunderbare Verfilmung aus Salzburg. Warum nur den Ton, wenn man eine ganze - und sehr schöne - Aufführung haben kann? (Natürlich nichts für Regielis, dafür aber herrlich "bebildert"!).


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Ich bilde mir nicht ein zu wissen, wie man meine Lieblingsoper, die ich bestimmt schon weit ueber 100 mal in mindestens 25 verschiedenen Versionen gehoert habe, dirigieren muss und bin mit Sicherheit frei von jedem Lokalpatriotismus und trotzdem oft mit Herrn Loebl einer Meinung, ABER ich kann Giselher HH in allen Punkten nur zustimmen, ausser darin, dass er die Giulini-Aufnahme uebersah, die fuer mich auch in die von ihm aufgefuehrte Spitzengruppe gehoert, und das ziemlich weit vorne.


    M. E. gibt es zum Glueck keine wirklich schlechte FALSTAFF-Aufnahme (jedenfalls kenne ich keine), und Karajan 2 ist da keine Ausnahme. Aber hier verhaelt es sich ebenso wie mit seinem ROSENKAVALIER, den er (mit Recht) lange fuer (sogar von ihm selbst) unerreichbar hielt, dann aber doch noch einmal einspielte, weil er auch noch (s)ein Bild dazu haben wollte. Gaebe es die mit gutem Grund legendaere Ersteinspielung nicht, die zweite Einspielung haette wahrscheinlich einen besseren Ruf. Trotzdem steht sie nicht nur eindeutig in deren Schatten, sondern in Bild wie Ton eindeutig auch in dem der Abbado-Fassung, von den uebrigen von Giselher genannten ganz abgesehen. Insofern ist sie eher etwas fuer Vollstaendigkeitssammler oder Karajan-Fetischisten, wird aber, wenn man ein(ig)e der anderen Aufnahmen hat, eher nicht diejenige sein, die man am liebsten und in der Regel hoert. Das ist bei mir ganz klar Karajan I, gefolgt von Giulini.


    :hello: Rideamus

  • Lieber Theo,


    Chauvinismus ist eine Eigenschaft, die nicht nur in geographisch groß bemessenen Ländern vertreten ist. Aber lassen wir das. Herr Löbl ist sicher ein kenntnisreicher Kritiker, wenngleich er für meinen Geschmack Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern einen etwas zu großen Heimvorteil einräumt. Außerdem ließe sich trefflich darüber diskutieren, ob man Mozart tatsächlich - wie Löbl meint - "nur so" instrumental singen soilte wie das berühmte Wiener Nachkriegsensemble (besonders die Damen). Aber auch darum geht es nicht. Du bist mal wieder verbal grundlos drauflos geprescht. Ich habe zur Karajan II-Aufnahme ja bewusst gesagt, dass sie mir zu wenig spritzig etc. ist, also meine Meinung im Gegensatz zu Deiner Behauptung nie verabsolutiert. Zudem habe ich ein paar Gründe dafür angegeben, weshalb sie meiner Meinung nach zwar eine recht gute Einspielung ist (richtig schlechte gibt es, da hat Rideamus vollkommen recht, nicht), aber eben keine der Spitzenaufnahmen.


    Lieber Rideamus,


    der Giulini-Falstaff besitzt für mich zuwenig von dem, was Bernsteins Aufnahme im Übermaß hat: Witz, Charme, Drastischer Schwung. Giulini ist mir ein bissel zu ernst und verschiebt die Gewichte mehr in Richtung Tragödie, was allerdings eine durchaus mögliche Interpretation ist. Und Bruson finde ich bei allem Schöngsang denn doch zu farblos.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Dankesehr für die vielen Reaktionen!


    D.h. quasi: Auf CD Karajan I, auf DVD Karajan II. :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Für alle, die sich die DVD nicht kaufen wollen, gibt es die Möglichkeit, den Salzburger Karajan- "Falstaff" jetzt auf 3sat (quasi zum Abschluss der Jubiläums-Hype) zu sehen (und aufzuzeichnen):


    Sonntag, 27. April 2008 - 03:05 Uhr
    (eigentlich ist es schon der 28.4.)

    Phänomen Karajan
    Falstaff
    Lyrische Komödie in drei Akten von Giuseppe Verdi
    Libretto von Arrigo Boito nach William Shakespeares Drama
    "Die lustigen Weiber von Windsor"
    Es singt die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
    Mit den Mitgliedern des Wiener Staatsopernballetts und Kindern
    der Ballettschule des Salzburger Landestheaters
    Es spielen die Wiener Philharmoniker unter der
    Leitung von Herbert von Karajan
    Aufzeichnung aus dem Großen Festspielhaus Salzburg, 1982
    (In italienischer Sprache)


    Sir John Falstaff Giuseppe Taddei
    Ford Rolando Panerai
    Fenton Francisco Araiza
    Dr. Cajus Piero de Palma
    Bardolfo Heinz Zednik
    Pistola Federico Davia
    Mrs. Alice Ford Raina Kaibaiwanska
    u.a.


    Kostüme: Georges Wakhevitch
    Bühnenbild: Günther Schneider
    Bildregie: Ernst Wild


    Zitat

    Um sich neue Geldmittel zu beschaffen, schreibt der Ritter Sir John Falstaff zwei gleich lautende Briefe an die reichen Bürgersfrauen Alice Ford und Meg Page. Falstaff hofft, dass sie seinem Charme erliegen und ihm die Kassen ihrer Ehemänner öffnen. Die beiden Frauen kommen ihm jedoch auf die Schliche und beschließen, Falstaff für seine Frechheit büßen zu lassen: Sie laden ihn zu einem heimlichen Rendezvous bei Alice ein. Doch die erhoffte Liebesnacht findet ein plötzliches und unerwartetes Ende: Falstaff landet im Wäschekorb in der Themse. Auch ein zweites Rendezvous geht für Falstaff nicht gut aus.
    Im Sommer 1889 stellte Arrigo Boito Giuseppe Verdi (1813 - 1901) einen Entwurf für die Lyrische Komödie "Falstaff" vor. Der Meister musste nicht lange zur Komposition überredet werden: Boitos Textbuch wurde im Februar 1890 fertig, Verdi beendete die Partitur im September 1892. Die Premiere in Mailand am 9. Februar 1893 wurde stürmisch bejubelt. 3sat zeigt eine Aufführung der Oper aus dem Großen Festspielhaus Salzburg im Jahr 1982. Es singen und spielen die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor und die Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Herbert von Karajan. In der Titelrolle ist Giuseppe Taddei zu sehen und zu hören, für Regie und künstlerische Gesamtleitung zeichnet ebenfalls Herbert von Karajan verantwortlich.


    (ORF Musiktheater )


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Dabei ist "Giorni di Regno" gar nicht so schlecht, habe da die CD Gesamtaufnahme,
    ja nach "Oberto" vielleicht schon schwächer, aber die Auspfiffe hat Verdi nicht verdient.


    Liebe Grüße Peter aus Wien.

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