Verdis Herzog von Mantua - Ein mieser Charakter ?

  • Liebe Forianer, liebe Opernfreunde


    Ich setze mit diesem Thread eine bereits begonnene Serie fort, wor Inhalte von Opern, bzw Charaktäre quasi "durchleuchtet" werden - was gelegentlich zu neuen Einsichten über das Werk führen kann - vor allem aber macht es Spaß.


    Dieser spezielle Thread wurde angergt, durch ein Statemnt, welches ich neulich in einem Thread dieses Forums gelesen habe. Dort wurde sinngemäß in etwa geschrieben: "Der Herzog aus Verdis Rigoletto ist eine der fiesesten Figuren der Operngeschichte" (leider finde ich derzeit die Stelle nicht mehr)


    Das hat mich denn doch einigermaßen erstaunt - und ich würde gerne wissen, wie IHR den Herzog als Rolle in seiner Bedeutung seht, ich werde mich dann im Laufe des Threads - wenn bis dahin nicht ohnehin schon alles gesagt wurde - einklinken....



    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • "Questa o quella per me pari sono"
    Entlarvend: Der Herzog ist unfähig, in einer Frau ein Individuum zu sehen. Sie sind ihm alle gleich: Mittel zur Befriedigung seiner sexuellen Wünsche ohne menschliche Individualität.
    "Del mio core l'impero non cedo" .Emotionale Bindungen haben für ihn keinen Sinn und sind seinem Lebensstil sogar "abträglich".
    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus "Ella mi fu rapita!". Das ganze ist IMO mehr Ausdruck einer narzisstischen Kränkung als Liebe. Das folgt IMO auch aus der Tatsache, daß der Herzog die Situation sofort ausnutzt und sich kurz darauf mit der Prostituierten Maddalena einlässt "Bella figlia dell'amore". Auch aus Text und insbesondere Musik von "La donna e mobile", das ja gegen Ende nochmal im Hintergrund ertönt, ergibt sich IMO, daß der Herzog der gleiche, oberflächliche und menschenverachtende Charakter geblieben ist.
    An perfider Menschenverachtung in Beziehung auf Frauen kommt ihm IMO nur Pinkerton, eine Art Vorläufer des pädophilen Sextourismus, gleich.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Denke ich an den Herzog, kommt mir als erstes der andere notorische Frauenheld der Opernliteratur in den Sinn: Don Giovanni. Beide eint das unablässige Jagen und Streben nach der Gunst der Frauen und die Tatsache, dass sie zwar jedem Frauenrock hinterherhecheln, der in ihr Blickfeld gerät, sie mit den Frauen an sich dann aber nicht viel anfangen können. Es sind Jäger, deren Welt die Jagd ist, die erlegte Beute ist ihnen nebensächlich wie dem Angler, der zwar stundenlang nach einem Hecht ansitzt, ihn dann aber herschenkt, weil er Fisch nicht riechen kann. ;)


    Dieser Aspekt der Sucht in Kombination mit narzisstischer Selbst"liebe"(in Anführungszeichen, weil keine echte Liebe) ist ihnen also gemein, ebenso die Tatsache, dass die Frauen sie selbst dann noch lieben, wenn sie von Ihnen zurückgestoßen und betrogen werden. Hier kann man meiner Meinung nach durchaus eine Parallele zwischen Donna Elvira und Gilda ziehen, nur letztere zieht es allerdings bis zum tödlichen Schluss mit bitterer Konsequenz durch.


    Damit dürften aber die Gemeinsamkeiten auch schon enden, denn Don Giovanni hat für mich das eindeutig größere Kaliber, bei ihm kommt noch die dämonische Komponente hinzu, die dem Herzog meines Erachtens völlig abgeht. Deshalb hieße es ihn auch in meinen Augen zu sehr ehren, wenn man ihn als "Bösewicht" bezeichnete, er scheint mir eher wie ein unreifes und verwöhntes Kind zu sein, dass alles haben will, was es sich einbildet und laut losplärrt, wenn es das nicht bekommt.


    Wo bei Don Giovanni doch noch so etwas wie Tiefgang und philosophischer Hintergrund im Stile eines Casanovas zu erkennen ist, sehe ich beim Herzog nur Oberflächlichkeit, Leichtlebigkeit und Gedankenlosigkeit. Denken scheint wahrlich nicht seine Stärke zu sein und Gewissen scheint er auch keins zu haben. Aber weniger, weil er durch und durch marode ist wie Jago, sondern weil er nicht in der Lage ist, sein ganzes Tun geistig zu erfassen und die möglichen Konsequenzen zu erkennen.


    Die angesprochene Menschenverachtung dagegen sehe ich eher bei Rigoletto, der hasst die Höflinge und alle die schöner und erfolgreicher sind als er bis aufs Blut, dem Herzog dagegen sind sie egal, der ist vollauf damit beschäftigt, an sich und seine nächste Eroberung zu denken.


    Ich habe mich schon öfter gefragt, ob seine Gefühle zu Gilda tiefer sind als bei seinen übrigen "Eroberungen", und ich vermute schon, dass es ihm diesmal näher geht als üblich. Das dürfte schon allein daran liegen, dass diese Jagd besonders schwer und langwierig war, allerdings kommt auch hier der alte Mechanismus zum Tragen: Sobald das Wild erlegt ist, interessiert es ihn nicht mehr und er muss weiter zu neuen Zielen.
    Dieser Mensch ist krank, ein Süchtiger, ein Getriebener...



    Ironischerweise sind es dann letztlich die Frauen, die im Zusammenspiel das Leben ihres Lieblings retten: Gilda, die sich für ihn opfert und Maddalena, die ihren Bruder, den Auftragsmörder Sparafucile, so weit bringt, einen anderen anstelle des Herzogs zu töten.
    "...é amabile evvero cotal giovinotto.." "er ist wirklich liebenswert, dieser junge Bursche..:"


    Und jetzt fragt sich natürlich der biedere und anständige Mann in uns, was die Frauen an so einem linken Typen eigentlich so begehrenswert finden. Ist der Erfolg des Herzogs nur eine weitere Bestätigung dafür, dass Frauen "Schweine" bevorzugen?
    Oder erkennen sie das große Kind in ihm und ihr mütterlicher Instinkt erwacht? :D


    Wie auch immer, das Rätsel werden wir wohl kaum lösen können. Im Ende geht es auch in dieser Oper vor allem um die Musik Verdis und was die Handlung betrifft, richtet sich der Fokus der Aufmerksamkeit vor allem auf die Beziehung Vater-Tochter. Der Herzog darf zwar einige schöne Arien und Szenen singen, im Grunde ist er aber nur eine Randfigur was die Charakterisierung der inneren Konflikte betrifft, sein glatter, oberflächlicher Charakter gibt dazu zu wenig her, auch wenn es zwischendurch mal ansatzweise so aussieht, als ob Gilda mit ihrer Liebe etwas in ihm bewegen könnte.


    Ist er also ein fieser Charakter?


    Ein edler Mensch ist er mit Sicherheit keiner, aber auch nicht durch und durch böse. Eher ein armes Schwein, unfähig zu lieben, das von seiner Sucht getrieben und von einer unauslöschlichen Gier verzehrt wird. Ein im Grunde bemitleidenswerter Mensch, in dessen Haut ich sicher nicht stecken möchte.



    Kurt

  • Auch ich bin der Meinung, dass der eigentliche Bösewicht in dieser Geschichte der "overprotective" Vater ist, der seine Tochter zuerst in die Arme dieses "Don Juan" treibt, und diese anschließend aus "Schmach" lieber stirbt, als den Vater zu kränken. Dieser belegte seine Tochter mit einem Schuldgefühl, das aber auch die Gesellschaft forderte. Gilda konnte nicht entkommen!


    Zu jener Zeit war es noch eine Schande "entehrt" zu werden und sie hätte diesen Makel ein Leben lang mit sich schleppen müssen. Für die Männer dazumals war es nur eine "Affäre" mehr und so kann ich den Herzog gar nicht verurteilen.


    Aber wenn ich ihn zwischen meine Finger bekommen hätte, ich hätte ihn zermalmt!!

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

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  • Zitat

    Original von nala
    Auch ich bin der Meinung, dass der eigentliche Bösewicht in dieser Geschichte der "overprotective" Vater ist, der seine Tochter zuerst in die Arme dieses "Don Juan" treibt, und diese anschließend aus "Schmach" lieber stirbt, als den Vater zu kränken. Dieser belegte seine Tochter mit einem Schuldgefühl, das aber auch die Gesellschaft forderte. Gilda konnte nicht entkommen!


    Zu jener Zeit war es noch eine Schande "entehrt" zu werden und sie hätte diesen Makel ein Leben lang mit sich schleppen müssen. Für die Männer dazumals war es nur eine "Affäre" mehr und so kann ich den Herzog gar nicht verurteilen.


    Aber wenn ich ihn zwischen meine Finger bekommen hätte, ich hätte ihn zermalmt!!


    Servus nala,


    irgend etwas muß ich an der Oper falsch verstanden haben..... Rigoletto treibt sie in die Arme...?? sie stirbt aus Schmach?? er gibt der Tochter ein Schuldgefühl?? ich kenne nichts Herzzerreissenderes als das Duett Rigoletto-Gilda.


    LG
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Hallo


    Ich freue mich, daß Ihr meine Einladung zu diesem Thread angenommen habt - und daß einige sogar meinem Gedankengang gefolgt sind.


    Wir müssen nämlich die fiktive Opernfigur von ZWEI verfälschenden Komponenten befreien:


    Im Moment will ich mich der ersten wiedmen - die zweite lass ich noch nunangetastet - vielleicht kommt da noch jemand von Euch drauf - wobei zu sagen ist, daß die erste zur zweiten Komponente NICHT kompatibel ist - man muß sich also entscheiden,welche man als Maßstab nimmt.


    Diese Komponenten Nr 1 ist die Tatsache, daß der Herzog in der Regel zumeist von einem nicht mehr ganz jungen übergewichtigen, aber geschniegelten Sänger gegeben wird, der beim Publikum (offenbar) die Assoziazionen: Alternder Mädchenschänder mit ewas zuviel Pomade am Kopf, hinterhältig und schmierig (und was es dergleichen Vorurteile und Clicheés ansonst noch geben mag) weckt.
    Pfui wie schmutzig - und eine Standesperson noch dazu. !!


    Die Wahrheit ist, daß die Opernnfigur allgemein als - wie schon erwähnt- hübscher junger Bursche beschrieben wird (noch dazu ein Italiener -zumindest in der Oper) der den Mädchen gefällt - und dem die Mädchen gefallen. Einer der sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst ist, der die Welt sieht wie sie ist, sich nicht mit schweren Gedanken oder moralischen Bedenken abquält, sondern einer, der das Leben geniesst -bedenkenlos - und natürlich auch skrupellos.
    Etwas das heute täglich passiert - lediglich nicht mit solch letalen Konsequenzen (zumindest zumeist nicht)


    Gilda bricht- als sie sich ihm hingibt - bewusst ein Tabu ihrer Zeit - und trägt (wenn auch in verminderten Maße - Mitschuld (die sie letzlich (zu) teuer bezahlt)
    Dazu kommt die eigentlich eher negative Figur ihres Vaters - der - so scheints - lediglich für eine Person wirkliche Gefühle empfindet- und das ist eben seine Tochter. Daß er für sie sogar morden will macht ihn nicht sympathischer - daß er dafür so hart bestraft wird - macht ihn zur tragischen Figur.


    Der Herzog von Mantua ist bei diesem Drama eigentlich nur Nebenfigur - er bekommt nämlich gar nicht mit worum es überhaupt geht.


    Weder wird er je von dem Mordkomplott gegen ihn erfahren - noch wie es ausgegangen ist. Gilda war nur eine Episode - wie viele andere. Er wird sein leichtes Leben weiterleben - bis die Zeit ihn einholt - und ihren Tribut für die Jugensünden fordert,. Die grösste Strafe für solche Menschen ist das Alter............


    LG
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Die Wahrheit ist, daß die Opernfigur allgemein als - wie schon erwähnt- hübscher junger Bursche beschrieben wird (noch dazu ein Italiener -zumindest in der Oper) der den Mädchen gefällt - und dem die Mädchen gefallen. Einer der sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst ist, der die Welt sieht wie sie ist, sich nicht mit schweren Gedanken oder moralischen Bedenken abquält, sondern einer, der das Leben geniesst -bedenkenlos - und natürlich auch skrupellos.


    Das mag ja sein, aber eine zutiefst unmoralische Lebenseinstellung wird nicht dadurch besser, daß sie weit verbreitet oder gar sozial akzeptiert ist. Der Herzog ist - anders als Rigoletto - in seiner Entscheidung gut oder böse zu sein auf Grund seiner sozialen Stellung frei und entscheidet sich für ein hedonistisches Leben auf Kosten anderer. Das disqualifiziert ihn als Menschen.


    Zitat

    dass der eigentliche Bösewicht in dieser Geschichte der "overprotective" Vater ist


    Das halte ich für eine falsche Sicht. Rigoletto ist vor allem Opfer. Er ist äußerlich (Krüppel) und sozial ein Außenseiter, der sich seine (kümmerliche) Akzeptanz in der adligen Gesellschaft nur durch seine übertrieben "Anpassung" meint sichern zu können. Seine Befürchtungen bzgl. seiner Tochter sind nur zu berechtigt, also ist er keineswegs "overprotective", er kennt die morbide Adelsschicht nur zu genau. Andererseits ist er - zumindest im Verhältnis zur Tochter - anders als der (innerlich verkrüppelte) Herzog zu echten, tiefen Gefühlen fähig. Außerdem dürfte die ständige Angst vor dem "Fluch" Monterones nichts anderes als die Stimme seines Gewissens sein. Das unterstreicht die Musik. Rigoletto und Gilda: Innigkeit und wahrhaftige Momente - der Herzog selbst in seinen "Liebesbeteuerungen" vordergründig und "leichthin". Auch das "Ella mi fu rapita!"wirkt auf mich äusserlich, aufgesetzt bombastisch. Der Herzog in der Pose des verzweifelteten Liebhabers ohne echte tiefe emotionale Beteiligung.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo


    Ich möchte hier mich zwar nicht als Anwalt für den Herzog betrachten, aber will ein paar Aspekte zu Gunsten des Herzogs in die Diskussion bringen. Klar, ein Edelmann im herömmlichen Sinne ist der Herzog auch für mich nicht, aber die menschen- bzw. frauenverachtende Rolle, die ihm zugewiesen wird, besteht für mich nicht. Er ist ein charmanter, wahrscheinlich sogar gutaussehender junger Mann, der es nicht nötig hat, daß er den Frauen nachläuft, geschweige denn Gewalt anwendet, wenn er sie für sich gewinnen will. Er liebt zugegebener Maße die leichtgewichtigen Abenteuer und umgibt sich mit der Aura hemmungs- und bedenkenloser Lust am Leben. Aber dann entdeckt er in der Beziehung zu Gilda, daß es noch etwas anderes gibt...die 'wahre' Zuneigung, die 'wahre' Liebe....dies kommt schon in der Musik, vor allem im 2.Akt zum Ausdruck, wo schon durch die von Verdi selten verwendete Tonart (Ges-Dur) ausgedrückt werden soll, daß hier etwas Besonderes geschieht, abgesehen von der Arie 'Ah tutto il ciel non mi rapi! Possente amor mi chaima.....', die der Herzog für sich selbst singt und die Tiefe seiner Liebe zu Gilda offenbart. Wohlgemerkt, er singt sie für sich...ein skrupelloser Frauenheld würde so etwas nicht tun, und wenn, dann in einer anderen Art und Weise. Es zeigt von seiner Sensibilität, daß er dies überhaupt wahrnimmt und er erkennt auch recht schnell, daß diese Liebe auf dem Hofe mit der ausschweifenden Lebensart der Höflinge kaum Bestand haben wird, selbst wenn er zum treuen Ehemann wird. So, vielleicht auch um Komplikationen aus dem Wege zu gehen, vielleicht auch, weil er merkt, daß seine Liebe zu Gilda in diesem Milieu zur reinen Sexualität abfallen wird, vielleicht auch, weil er zur echten Liebe aus Angst davor nicht fäihig ist, geht er dieser Liebe aus dem Weg. Gilda ist jedenfalls nicht eine der 'eintausenddrei aus Spanien'.
    So gesehen kann man ihm kaum den 'miesen' Charakter anhaften, wenn auch keinen edlen.....
    All die angeführten Arien kann man auch mit anderen Augen sehen und man soll sie zusammen mit der Musik und der Situation betrachten...'Quella o quella...'-->würde er etwas anderes singen, würde er nur Gelächter ernten und zeigen bei Gott nicht, Abgründe einer Seele auf, zumindestens lässt die Musik, die heiter beschwingt ist, dies nicht zu.
    'La donna e mobile' ---> er singt sie an einem Ort, wo Treue und Liebe nicht gefragt ist und dort über die Treue zu singen, wäre naja...paradox, mehr fällt mir dazu nicht ein.
    So hat auch dieser Herzog, der übrigens bei Victor Hugo viel charakterloser gezeichnet wurde...Verdi hat da einige Modifikationen vorgenommen, obwohl er anfangs die Idee hatte, den Text ohne Änderungen zu übernehmen, seine guten und seine schlechten Seiten....er ist und bleibt ein 'Schwerenöter'


    Griß

    Zu viele Musikstücke enden zu lange nach ihrem Ende (Igor Strawinsky)

  • Hallo,


    Zitat

    Original von Austria

    irgend etwas muß ich an der Oper falsch verstanden haben..... Rigoletto treibt sie in die Arme...?? sie stirbt aus Schmach?? er gibt der Tochter ein Schuldgefühl?? ich kenne nichts Herzzerreissenderes als das Duett Rigoletto-Gilda.


    Wir kommen jetzt ein wenig vom eigentlichen Thema des Threads ab, aber das lässt sich wohl nicht vermeiden, die eigentlich zentralen Figuren der Oper sind eben der Hofnarr und seine Tochter.


    Nala hat schon ganz richtig erkannt, dass da so einiges nicht stimmt im Verhältnis zwischen Vater und Tochter, und zwar von Anfang an. Hauptproblem sehe ich dabei, dass er zwar seine Tochter zu lieben glaubt und dies in gewisser Weise wohl auch tut, dass es sich dabei aber vor allem um eine sehr egoistische und besitzergreifende Form der "Liebe" handelt.


    Ist natürlich im Prinzip durchaus verständlich: Nach dem Tod seiner Frau ist seine Tochter alles, was ihm noch geblieben ist. Seine Frau war seinen Worten nach die einzige, die ihn trotz seines Buckels und der sonstigen Widrigkeiten geliebt hat. Bei *ihr* war es eine freie Entscheidung, bei der Tochter kann davon aber keine Rede sein. Rigoletto kapselt sie total von der Außenwelt ab, vorgeblich um sie vor schlechten Einflüssen und natürlich dem Herzog zu schützen, doch in Wahrheit wohl vor allem, um sie ganz für sich allein zu haben.


    Das kann aber selbst unter optimalen Umständen nicht gut gehen, ich kann ein heranwachsendes Mädchen nicht im goldenen Käfig einsperren und glauben, sie werde dann irgendwann mit meiner Hilfe einen nahtlosen Übergang ins eigene Leben schaffen.


    Rigoletto verdrängt diesen Gedanken natürlich, er will in Gilda immer noch das kleine unschuldige Mädchen sehen, das ihn für den Größten hält und sonst keinen Mann ansieht. Da ist mir zuviel Besitzgier und Herrschsucht dabei, um da von echter Liebe sprechen zu können, mag sein, dass er wirklich das beste für seine Tochter will, aber er denkt da in erster Linie schon auch an sich.


    Natürlich wirkt Gilda ganz schön naiv, vor allem im Vergleich zur abgebrühten Maddalena, aber daran ist vor allem der Vater schuld, der Gilda offensichtlich systematisch von anderen Menschen isolierte und so mögliche Erfahrungen verhinderte. Und dass sie dann arglos auf die Schmalztour des Herzogs hereinfällt, ist unter diesen Umständen kein Wunder, insofern kann sich Rigoletto da in der Tat nicht so ohne weiteres aus der Verantwortung stehlen.


    Der Herzog ist natürlich auch kein Unschuldslamm, er nutzt die romantische und schwärmerische Weltfremdheit des Mädchens aus, um sie mit der rührenden Story des armen, mittellosen Studenten rumzukriegen, weil er sich auf diese Weise mehr Erfolg verspricht, als wenn er etwa mit seinem Geld geprotzt hätte oder dergleichen. Nicht gerade ein feiner Zug von ihm, aber im Grunde tun sehr viele Männer nichts anderes: Sie sagen den Frauen das, von dem sie annehmen, dass sie es hören wollen, um sie auf die Matratze zu bekommen und hinterher ist das dann schnell vergessen.


    Maddalena weiß natürlich, wie das Spiel läuft, Gilda nicht, woher auch?


    Wir sehen Gilda also in einem sehr grundlegenden Dilemma zwischen den unterschiedlichen Gefühlen, die sie bewegen: Die Liebe zum Vater, das Gefühl, ihm zu Dankbarkeit und Gehorsam verpflichtet zu sein, was früher ja noch wesentlich stärker gefordert wurde. Und auf der anderen Seite die Liebe zum Herzog und das Bedürfnis ein eigenes Leben zu leben, ein eigener Mensch zu sein, und nicht nur ein Anhängsel des Vaters, der sie an sich ketten will.


    Diese besitzergreifende Liebe des Narren ist alles andere als gesund, sie droht Gilda zu erdrücken, zu ersticken. Und genau dieses Gefühl, von der väterlichen Liebe erdrückt zu werden, dürfte letztlich die Rebellion in Gilda ausgelöst haben, sie tut nämlich genau nichts von dem, was von einer gehorsamen Tochter der damaligen Zeit erwartet wurde. Sie gehorcht ihrem Vater nicht und lässt sich auch keinen Gatten von ihm aussuchen bzw ausreden, sondern wählt lieber den Tod, um den Geliebten zu retten.


    Wie Alfred schon schrieb, war es ja bereits ein ziemlicher Verstoß gegen die damaligen Regeln, dass sie sich mit dem Herzog einlässt und dann sogar intim wird, wobei aber etwas im Dunkeln bleibt, wie sehr er da mit mehr oder weniger sanfter Gewalt nachhalf. Vermutlich aber eher mit weniger, da sie zwar die Schande beklagt, ihm aber nichts nachträgt.


    Insgesamt also schon ziemlich heftig, was sie da so alles anstellt, gemessen an der damaligen Moralvorstellung, aber ich schätze eben wie schon erwähnt, dass es nicht zuletzt deswegen so kam, weil der Vater sie zu lange von allem fernhalten wollte.


    Natürlich wird Gilda deswegen von Schuldgefühlen geplagt, und im Sterben sprichts sie das ja auch direkt aus: "V'ho l'ingannato... colpevole fui...
    l'amai troppo... ora muojo per lui!..


    "Ich habe Dich hintergangen, ich bin schuldig geworden. Ich liebte ihn zu sehr... Jetzt sterbe ich für ihn."


    Hätte sie allerdings ihrem Vater gehorcht und den Herzog sausen lassen, sie hätte sich in anderer Form schuldig gefühlt, weil sie nicht ihrem inneren Antrieb nach handelte.


    Das ist genau Gildas Dilemma und der Verantwortliche dafür ist Rigoletto, da er seiner Tochter mit seiner alles erdrückenden Liebe etwas aufgebürdet hat, mit dem ein Mensch nicht fertigwerden kann. Letzlich bleibt da nur der Ausweg in die Rebellion, der Gilda aber in letzter Konsequenz versperrt war, da sie ja nur ihren Vater auf der Welt hat und sonst nichts und sie sich ihm gegenüber zu Dankbarkeit verpflichtet fühlt. Also wählt sie die Flucht in den Tod mit dem Gefühl, dabei noch etwas Gutes zu tun.


    Klingt jetzt vielleicht brutal, aber aus ihrer Sicht vielleicht gar nicht mal die schlechteste Lösung. Der eigentlich Leidtragende ist Rigoletto, für den - nicht ohne eigene Schuld - die ganze Welt zusammenbricht.


    Und das Schlussduett, das ist Oper pur, das liegt auf einer ganz eigenen Ebene, spielt in einer eigenen Welt, in der nur die beiden existieren.


    Kurt

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  • .... habe ich doch geschrieben:
    Gilda konnte nicht entkommen!

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  • Hallo,


    Zitat

    Original von Misha

    Das halte ich für eine falsche Sicht. Rigoletto ist vor allem Opfer. Er ist äußerlich (Krüppel) und sozial ein Außenseiter, der sich seine (kümmerliche) Akzeptanz in der adligen Gesellschaft nur durch seine übertrieben "Anpassung" meint sichern zu können. Seine Befürchtungen bzgl. seiner Tochter sind nur zu berechtigt, also ist er keineswegs "overprotective", er kennt die morbide Adelsschicht nur zu genau. Andererseits ist er - zumindest im Verhältnis zur Tochter - anders als der (innerlich verkrüppelte) Herzog zu echten, tiefen Gefühlen fähig.


    Sicher war Rigoletto in mancher Hinsicht Opfer, er war aber auf der anderen Seite auch Täter, und das nicht zu knapp. Dies wird gleich zu Beginn der Oper deutlich, als er erst den Grafen Ceprano böse verspottet, der es natürlich nicht gerade gerne sieht, dass der Herzog sich an seine Frau heranmacht und dann den Grafen Monterone, der wutentbrannt auftaucht, um den Herzog für die verlorene Ehre seiner Tochter zur Rechenschaft zu ziehen .


    Und genau an dieser Stelle zeigt sich die dunkle Seite von Rigolettos Charakter sehr deutlich, denn eigentlich sollte er sich sehr gut im Monterones Lage hineinversetzen können, schließlich passierte dem etwas, wovor er selbst die meiste Angst hat. Aber zeigt er Verständnis, Mitgefühl, Solidarität? Nichts davon, da ist nur beißender Spott und eiskalter Hohn für den leidenden Vater.


    Rigoletto hatte es sicherlich nicht leicht, alleine schon wegen seiner verwachsenen Gestalt, und er war wohl auch oft Ziel von Hohn und Spott, aber irgendwann muss er sich wohl entschlossen haben, nicht nur mit gleicher Münze zurückzuzahlen, sondern noch eins draufzusetzen und von sich aus ohne Not die anderen anzugreifen. Seine sadistische Freude, andere zu verhöhnen, wird in der Oper sehr deutlich und er kann sich das leisten, da er unter dem Schutz des Herzogs steht.


    Dass die erwähnten Vorfälle keine Einzelfälle waren, wird aus der Klage des Herzogs deutlich, dass Rigoletto seine Scherze immer bis zum Äußersten treiben muss. Kein Wunder also, dass der Narr am Hof nicht sonderlich beliebt ist, er hat offensichtlich nichts unversucht gelassen, um sich erbitterte Feinde zu schaffen. Er ist ein sehr gutes Beispiel für die alte Erkenntnis, dass eine scharfe Zunge schlimmere Wunden als ein Dolch verursachen kann, kein Wunder dass das Pendel irgendwann zurückschlägt.


    So gesehen hat er sich auch den grausamen Scherz der Höflinge, nämlich die Entführung der vermeintlichen Geliebten, zumindest zum Teil selbst zuzuschreiben.


    Und was seine Gefühle betrifft: Die mögen durchaus tief und echt sein, für besonders edel halte ich sie nicht. Da dominieren eindeutig der Hass und die Rachsucht, die Verbitterung und der Neid auf die "Gesunden". Schuld daran sind in seinen Augen die anderen und die Natur, die ihn zu dem gemacht haben, was er ist.


    Nur bei seiner Tochter wird er zu einem anderen Menschen, wie er ja selbst singt: "ma in altr'uomo qui mi cangio..."


    Nun, ich bin jetzt versucht zu sagen, dass da viel Selbstverklärung dabei ist. So ganz nehme ich ihm seine selbstlose Vaterliebe nicht ab, da denkt er wohl in erster Linie schon auch an sich. Und wenn er sagt, dass er alle anderen Menschen hasst und nur seine Tochter liebt, dann ist das mit sehr großer Skepsis zu betrachten, denn es läuft dem Prinzip der Liebe zuwider, sie auf einen einzigen Menschen zu konzentrieren und allen anderen gleichgültig gegenüberzustehen oder sie zu hassen.


    Endgültig ungesund wird es dann natürlich, wenn er diese einseitige und ausschließliche Form der "Liebe" umgekehrt auch von Gilda verlangt. Zum Wesen der Liebe gehört es auch, dem anderen Freiheit und Raum für ein eigenes Leben zu lassen, derlei Gedanken sind Rigoletto fremd, er braucht seine Tochter, ist von ihr abhängig, also kann er sie auch mit keinem anderem Mann teilen, weder mit dem Herzog noch mit sonst jemandem. Auch ein Grund, warum der Herzog nur als Nebenfigur zu betrachten ist: Rigoletto hätte *jeden* anderen Mann beseitigt, er hat gar keine andere Wahl, eben weil sie der einzige Halt seines Lebens ist. Also vielleicht durchaus eine gewisse Form der Liebe oder Zuneigung, in erster Linie aber Abhängigkeit und panische Verlustangst.


    Und genau diese panische Angst, Gilda zu verlieren, führt letzen Endes ins Verderben, zusammen mit dem Hass und der Rachsucht, die Rigoletto antreiben. Sein Denken setzt aus und er handelt wie im Wahn, ohne die Folgen noch klar bedenken zu können.


    Ein halbwegs klarer Verstand hätte ihm vielleicht gesagt, dass er durch den Mord am Herzog einen Keil zwischen sich und Gilda treibt, ihr wäre hinterher kein unbefangenes Leben an seiner Seite mehr möglich gewesen.


    So trifft dann die Ironie des Schicksals Rigoletto gleich zweifach: zum einen erleidet er genau das Schicksal, für das er Monterone aufs Heftigste verspottet, und zum anderen sind es nicht die anderen, die ihm seine Tochter wegnehmen, wie er stets befürchtet, sondern er selbst bringt sich durch seinen Hass und seine Rachsucht um das Teuerste, was er auf der Welt besitzt.


    So weit die psychologischen Aspekte, in der Musik Verdis sieht es ganz anders aus, da tönen wirklich reinste und tiefste Gefühle aus den Noten und von den Niederungen der menschlichen Seele und ihren schwarzen Seiten ist wenig zu spüren, gerade zwischen Gilda und Rigoletto. Aber wir befinden uns ja auch auf der Opernbühne und nicht in der Realität. ;)


    mit freundlichen Grüßen
    Kurt

  • Wir können nur hoffen, daß Monterones Fluch den Herzog zu einem späteren Zeitpunkt auch noch getroffen hat - nur, wir werden es nie erfahren!

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    (Maria Callas)

  • Problematisch bei all den vorstehenden Deutungen ist - ich schließe mich ein- IMO, daß mit den Maßstäben unserer Zeit gemessen und analysiert wird, ohne zB patriarchalische und feudale Gegebenheiten in der Welt der Protagonisten oder ihrer Schöpfer zu berücksichtigen.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo.


    Zitat

    Original von Misha
    Problematisch bei all den vorstehenden Deutungen ist - ich schließe mich ein- IMO, daß mit den Maßstäben unserer Zeit gemessen und analysiert wird, ohne zB patriarchalische und feudale Gegebenheiten in der Welt der Protagonisten oder ihrer Schöpfer zu berücksichtigen.


    Klar, aber ich sehe das nicht besonders tragisch, denn im Grunde treiben wir ja nur ganz amüsante Gedankenspielchen, zumindest empfinde ich es so, aber unsere Überlegungen sind im Grunde belanglos und ohne Konsequenzen, höchstens dass sie den einen oder anderen dazu bringen, sich wieder mal genauer mit der Oper auseinanderzusetzen. Und das ist ja nichts Schlechtes. ;)


    In der Oper geht es ja in erster Linie um Musik und es könnte sich natürlich nun jemand auf den Standpunkt stellen, dass die ganze Analysiererei nichts bringe und wir lieber unbefangen den Tönen lauschen sollten. Da muss ich dann aber schon sagen, dass der Text und die Handlung für mich schon auch entscheidend sind, sonst könnten die Sänger ja gleich alles einfach auf lalala und mimimi trällern.


    Ich versuche mich in solchen Diskussionen auch immer in die Personen zu versetzen und frage mich, wie ich die Rolle als Sänger anginge. Und da erscheint mir die Rolle des Rigoletto deutlich reizvoller und interessanter als die des Herzogs, der Bariton hat dabei deutlich mehr Möglichkeiten, die Rolle zu gestalten und zu versuchen, den Charakter und die inneren Kämpfe des Narren darzustellen, reiner Schöngesang reicht da einfach nicht, ist eventuell sogar hinderlich.


    Aber weil Du die unterschiedlichen Strukturen der Gesellschaft je nach Zeitalter ansprichst, greifen wir doch nur mal die Bedeutung der "Ehre" heraus, die heute fast wie ein antiquierter Begriff erscheint, in vergangenen Zeiten aber bis in die Neuzeit herein eine zentrale Rolle im Leben der Menschen inne hatte, und in manchen Kulturen ist das heute noch der Fall.


    Besonders deutlich ist mir dieser Bedeutungswandel an "Ernani" aufgefallen: Da gibt Ernani dem Edelmann Silva, der sich mit ihm wegen seiner Nichte, die Ernani liebt, duellieren will, das Versprechen, er werde sich selbst töten, sobald dieser in ein Horn blase, jetzt aber wolle er an Silvas Seite gegen den späteren Kaiser Carlo V. kämpfen, der zu dem Zeitpunkt ebenfalls ein Nebenbuhler war. Zum Finale der Oper, als alles zu Ernanis Hochzeit mit seiner Geliebten bereit ist und alles im Lot scheint, taucht dann tatsächlich Silva auf und besteht hornblasend auf der Einlösung des Versprechens. So weit, so gut, aber Ernani macht das dann wirklich, und das erscheint aus heutiger Sicht einfach nur abwegig und die meisten werden das schlichtweg nicht nachvollziehen können.


    Einen leicht humorigen Beigeschmack bekommt dieser Ehrbegriff im Rigoletto, nämlich dann, wenn Maddalena ihrem Bruder vorschlägt, doch einen einen anderen an des Herzogs Stelle zu töten, worauf Sparafucile in höchster Entrüstung darauf hinweist, dass er ein "ehrlicher" Auftragsmörder sei, der noch nie einen seiner Klienten betrogen habe: "Un ladro son forse? Son forse un bandito?"


    Also für mich hat das schon etwas sehr Komisches, wie dieser Halunke Sparafucile so gar keinen Spaß mit seiner "Standesehre" versteht, aber die Räuberehre unterliegt eben wieder ganz eigenen Gesetzen.


    Grundsätzlich gilt Mishas Einwand also durchaus, in mancher Hinsicht werden wir uns schwertun, alles so ohne weiteres nachvollziehen zu können, was sich auf der Bühne tut. Andererseits geht es aber gerade in der Oper um fundamentale menschliche Gefühle, die quasi zeitlos sind und ich bin sicher, dass die Menschen heute - nicht zuletzt dank Verdis Musik - auf sehr ähnliche Weise mit dem Vater leiden, der sein Kind verlor, wie die Menschen vor hundert oder noch mehr Jahren. Manche Dinge ändern sich eben (glücklicherweise?) doch nicht so schnell.


    Mit freundlichen Grüßen
    Kurt

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  • Hallo,


    So und nun klinke ich mich erneut in diesen Thread ein.


    Ich habe zu Beginn des Threads erwähnt, daß man den Herzog aus zwei Gesichtspunkten sehen kann:


    Der eine war, daß er im Libretto als schöner junger Bursche dargestellt wird .....


    der andere, daß es sich in Wahrheit um eine reale Figur aus der Geschichte handelte - natürlich durch Literatur verändert.


    Der junge Mann, war weder ein Italiener, noch war er ein Herzog , ebensowenig war er schön - und dabei bin ich noch galant....


    Er war eine historische Figur, ein Franzose, dessen lockerer Lebenswandel im Schauspiel eines Landsmannes auf die Bühne gebracht wurde - Piave griff das Thema auf, bearbeitete es weiter und brachte es in veränderter Form auf die Bühne, weil die österreichise Zensur gegen die Nennung des "eigentlichen" Namen des "Herzogs" Einwände hatte.


    So - und nun lass ich Euch das selbst rausfinden.....wer das Vorbild "für einen der miesesten Charaktäre auf einer Opernbühne" war..... :P


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sagitt meint:


    Das genau war ja das Skandlöse des Stückes. Ein so verderbter König durfte auf der Bühne nicht erscheinen. Deswegen ist das Stück von Hugo auch nicht wiederholt worden und Verdi wurde erheblich von der Zensur gedrängt zu Änderungen- natürlich durfte ein König nicht auftreten. Der Herzog durfte keinen Namen haben, auch nicht den eines längst ausgestorbenen Adelsgeschlechts aus Mantua.
    1851- die Endphase der österreichischen Herrschaft in Italien, nach einer niedergerungenen Revolution. Wäre nicht ein Polizeipräsident gewesen, wir hätten Rigoletto vielleicht nie kennengelernt.