Musik und ihre Wirkung auf unsere Gefühle...

  • ...oder unser Leben.


    Nennt mir hier mal eure Musik (mehr auf klassische Musik bezogen),die euch persönlich verändert hat.


    Welche Musik(art/form/etc.) kann allgemein Veränderungen bei Menschen hervorrufen?


    Welche Musik ist lebensgefährlich (wie das Lied vom traurigen Sonntag) und welche Musik ist lebenserhaltend?


    Könntet ihr ohne Musik(allgemein;alle Arten von Musik) leben?

  • Hallo Daniel,


    diese Frage ist schwer zu beantworten, wahrscheinlich hat es deshalb bisher noch niemand hier versucht. :stumm::D


    Man kann davon ausgehen, daß jeder Musik anders empfindet, sehr schön ist das ja auch an Hand von unterschiedlichenInterpretationen zu sehen. Jeder bekommt die gleichen Noten, jeder empfindet anders, der eine spiel verhaltener, introvertierter, lyrischer , der ander neutral Sachlich, ein dritter beton das Aufbrausende, Zerrissene, ein Vierter legt alles auf schönen Klang an. Sehr gut zu beobachten, beispielsweise bei Schuberts "Die schöne Müllerin", der ich demnächst einen Thread spendieren werde.....


    Ich weiß, es geht hier nicht um Interpretationen sondern um das subjektive, passive Empfinden beim Hören von Musik, ich habe die Interpretationen lediglich herangezogen, um zu erläutern, was ich meine


    Subjektiv habe ich mir speziell in der Jugend "positive" Musik ausgesucht, oder hjene die mir "positiv" vorkam. Da war auch Beethoven mit seinen "heroischen" oft "triumphierenden" Sinfonien mit vorn dabei, unterstützt von Mozarts oft tänzerisch leichten, gelegentlich aber auch "auftrumpfenden" Stil (Jupiter-Sinfonie Krönungskonzert)
    Ditto Schuberts "große" (die man allersdings doppelbödig sehen kann, nur wusste ich das damals noch nicht)


    Ich wich allen langsamen und traurigen Werken bewusst aus, ebenso wie allem verstörenden und sperrigen.


    Im Laufe der Jahre hat sich da einges geändert, allerdings meide ich, tendentiell depressiv veranlagt, Totenmessen, und jegliche Art vom Musik die "beunruhigt". Musik soll mich "erfreuen" und, wer so will "unterhalten" nicht Ängste und Zweifel wecken.


    Nun kommt gewöhnlich der Angriff aus der progressiven Ecke, der solche Leute als "musikalische Kleingeister" etc tituliert, die lediglich Mainstream kennen und hören. Das pariere ich kühl, weiß ich doch, daß ich ein ziemlicher Spezialist der Musik der Vorklassik und Klassik, weit über das Allgemein bekannte hinaus bin, und dort liegt auch der Schwerpunkt meiner Sammlung.


    Näher zum Thema:
    Es gibt auch Musikstücke die Emotionen erzeugen, die mit dem Musikstück nur indirekt etwas zu tun haben. So erinnere ich mich gerne an eine Nacht vor vielen Jahren, die ich nicht daheim verbracht habe.
    Eigentlich sollte lediglich die damalige Neuaufnahme des "Barbier von Sevilla " von Abbado vergleichend abgehört werden, aber aus irgendwelchen Gründen kam es nur rudimentär dazu... Am nächsten Tag hab ich diese Gesamtaufnahme dann selbst erstanden, und noch heute erinnere ich mich gerne an diesen "musikalischen Abend"........... :stumm:


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    nein, noch nie gefunden... um so besser, dass dem Thread jetzt Leben eingehaucht wird, nachdem er im Prinzip wohl einige "Übungs-Threads" gebraucht hat.


    Fest steht für mich ganz klar, dass ich ohne Musik niemals Leben könnte. Hätte ich die Wahl zwischen Erblinden oder Ertauben, würde ich Ersteres wählen.


    Es kommt natürlich ganz auf den physikalischen und psychischen Zustand an, ob Musik lebensgefährlich sein kann, oder nicht. In gewissen depressiven Zuständen plus ausgesprochener Labilität könnte eine 10. von Mahler absolut tötlich enden, ebenso ein Requiem von Mozart. Es gibt schon Momente, wo man sich hineinsteigert und aus dem Heulen [vor Selbstmitleid] nicht mehr heraus kommt.


    Sehr schön auch Kraus' Sinfonie funêbre [Trauermusik für Gustav III.] oder Mozarts Maurerische Trauermusik. Ich liebe all diese Klänge, weil man so schön darin zerfliessen kann. Früher, so vor etwa 10 Jahren, habe ich ebenfalls diese traurigen Musiken - vor allem aber die langsamen Sätze - gemieden. Heute sind es für mich die Kernstücke der Werke, das Zentrum, der Ruhepunkt, um den sich alles dreht.


    Ich vermute, dass jede Art und Form der Musik Veränderungen im Menschen hervorrufen kann: Eine Tante von mir ist z.B., als ich nichtsahnend wahllos ein Klavierkonzert von Bach auflegte, in Tränen ausgebrochen. Ich sagte noch: "Na, sooo schön ist's ja nun auch wieder nicht... ;)" - der Grund lag jedoch ganz woanders. Sie hatte das Konzert offenbar während eines bestimmten Ereignisses merfach gehört und wurde nunmehr in Erinnerung daran derart erschüttert. Mir geht es ziemlich ähnlich beim Gefangenenchor aus Nabucco, oder auch bei der Ouvertüre dazu - mir dreht sich jedenfalls der Magen dabei um, ohne dass dies mit der Musik etwas zu tun hätte.


    Doch, Musik kann auch "der beste Freund" sein - sie widerspricht nicht, kann Geborgenheit geben, erfreuen, nachdenklich stimmen - all dies hat erheblichen Einfluß auf meinen Tagesablauf. Frei nach dem Motto "Welche Laus ist dem heute wieder über die Leber gelaufen", könnte man von mir sagen "Welchen Mist hat der wieder zum Frühstück gehört...".


    ...könnte fortgesetzt werden...


    bien cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Gerne möchte ich dieses Thema wieder nach oben holen.


    Mich hat im letzten Jahr Tschaikowskys 6. Sinfonie wieder ins Lot gebracht. Diese Melancholie fand und finde ich einfach wunderbar.


    LG Uwe :hello:

  • Ein sehr schönes Thema.


    Mir geht es so bei dem Oratorium Elias. Wenn ich mal tief unten bin, höre ich mir den Elias an und dann kann ich mich lösen, meinen Tränen freien Lauf lassen. Es befreit die Seele und gibt mir Mut, Hoffnung und Kraft.
    Die Texte berühren mich sehr und geben mir bei vielen Dingen im Alltag Trost. Wenn im Leben mal Irrungen und Wirrkungen kommen, Schicksalschläge, wenn man nicht mehr weiter weiß, wenn man krank ist, mutlos, richten mich die Texte wieder auf und es geht besser.


    Sie haben mir in manchen Situationen sehr geholfen und tun es noch immer.



    :angel:

  • @ liebe musica...


    ich habe mir Auszüge aus dem Elisa Oratorim gerade bei amazon angehört. Schöne Musik! Habe ich erst einmal auf meine Wunschliste gesetzt. Wahrscheinlich muss ich noch einige Vergleichs - CD anhören um die "Richtige" zu holen.


    Ihr Lieben


    Auch die anderen Beiträge fand ich sehr interessant. Wie Ulli schon erwähnt, kommt es mit unter auf den Funken an, unter welchen Umstände ich eine Musik in Verbindung mit dem entsprechenden Ereignis gehört habe.


    Mir gefallen The Rubinstein Collection Vol. 49 (Chopin: Nocturnes) wenn ich Kraft schöpfen will. Funktioniert meistens. Ich bin gespannt welche aufheiternden Musikkompositionen hier noch genannt werden.


    Erwartungsvolle Grüße
    Detlef

    Werden im Wirken - Großes braucht seine Zeit

  • Zitat

    Original von Detlef
    @ liebe musica...


    ich habe mir Auszüge aus dem Elisa Oratorim gerade bei amazon angehört. Schöne Musik! Habe ich erst einmal auf meine Wunschliste gesetzt. Wahrscheinlich muss ich noch einige Vergleichs - CD anhören um die "Richtige" zu holen.


    Detlef


    Lieber Detlef,


    wenn du das ganze Oratorium ganz für dich alleine hörst, dann ist die Wirkung noch viel extremer, es hat ja eine Handlung und die ist einfach sehr schön.


    :hello:

  • Wenn ich mal ein Befindlichkeitstief habe, dann ist Schuberts Winterreise mein Seelenbalsam!
    Das geht mitunter soweit, dass ich o. g. Musik mindestens 3x täglich mehrere Wochen lang hören kann. :untertauch:
    Abgesehen davon geht es mir ähnlich wie Ulli, ein Leben ohne Musik kann auch ich mir nur sehr schwer vorstellen.
    Mit lieben Grüßen,
    Diotima. :hello:

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  • diotima.
    Für mich ist das überhaupt nicht nachzuvollziehen.
    Nach dem hören der Winterreise hatte ich,wie ich im "Winterreisen Thread" bereits geschrieben habe,ein solches Stimmungstief ungeahnten Ausmasses,dass ich für mich beschlossen habe,diese CD für lange Zeit im Schrank liegen zu lassen.
    Diese Musik hat aber auch so gar nichts tröstliches.


    Greetz


    hörer


    :hello:

    ARROGANZ IST DIE PERÜCKE GEISTIGER KAHLHEIT.

  • hörer:
    nein, tröstlich ist sicher was anderes. Aber gerade in Stimmungstiefs kann man sich doch berührt fühlen, wenn da sozusagen eine verwandte Seele singt - dann weint man ein wenig zusammen, und vielleicht ist es nachher schon wieder besser, ein bißchen jedenfalls - s. den Beitrag von MosesKR1 weiter oben.


    Mir geht es so, wenn ich Lieder von Hugo Wolf höre - wahrlich ein komplizierter Charakter mit seinem ganz eigenen Päckchen an Tragik. Aber seine Musik schwingt -idealerweise, nicht auf Bestellung natürlich- mit meinen jeweiligen Seelenzuständen sozusagen auf der gleichen Länge :jubel:.


    Abendliche Grüße!
    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Ich muss mich hier auch mal outen!


    Ich gestehe, daß ich schon öfter beim Musikhören mit den Tränen zu kämpfen hatte.:angel: Ich schäme mich auch nicht dafür. Warum soll ein Mann nicht weinen können? :D


    Ob bei Opern (La Traviata) Oratorien (Händel - der Messias) oder Messen (Mozart ) es sind Momente großer Musik die mich sehr berühren.
    Es muss nicht unbedingt eine traurige Musik sein. Schöne Musik kann ebenso ergreifen.
    Eine großartige Singstimme löst oft eine ebensolche Bewegung aus.


    Ich habe durch Musik, speziell Barockoper wieder gelernt herzhaft zu lachen Hat mich auch von meiner seelischen Grundhaltung - depressiv - geheilt!


    Fazit: Ohne Musik könnte ich nicht leben. Ist für mich reine Seelennahrung :]
    Eine Barockoper wie "Platée" von Ramée ist beste Medizin.
    Die Salzburger Domfestmesse von H.I.Franz Biber ist gigantisch und bestens geeignet
    zum berühmten "Kloss im Hals"


    Diese Beispiele könnte ich unendlich fortführen, aber jeder von euch hat wahrscheinlich schon ähnliche Erfahrungen gemacht!


    Gruß aus der Diaspora 40km westlich von München :hello:


    principae


    wer Tippfehler findet, kann sie behalten

    Alles was du sagst, sollte wahr sein. aber nicht alles was wahr ist, solltest du auch sagen!

    Voltaire, (1694 - 1778),

  • @Honoria.
    Vielen Dank für deine Antwort.
    Bei mir war es so, dass ich einige Tage gar nicht mehr "runtergekommen" bin.
    Ich kenne jemanden, dem es ähnlich ergangen ist.
    Diese Musik hat mich nicht nur berührt, sie hat mich an-und aufgekratzt.
    Selten bin ich so deprimiert gewesen.


    Grüsse


    :hello:

    ARROGANZ IST DIE PERÜCKE GEISTIGER KAHLHEIT.

  • Zitat

    Original von Ulli
    Fest steht für mich ganz klar, dass ich ohne Musik niemals Leben könnte. Hätte ich die Wahl zwischen Erblinden oder Ertauben, würde ich Ersteres wählen.


    IDEM :yes: :yes:


    Wenn ich nur denke an meine Händelschnipsel. Schon Monate lang sind die in meinem mp3-Spieler. Als mp3 sind es schon über 6 Meg. Alle rühren sie mich unglaublich.
    Geschweige denn Haydns Volkslieder. Und Dein eigenes Kyrie. ;( ;( ;(:jubel:


    LG, Paul

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  • Zitat

    Original von diotima
    Das geht mitunter soweit, dass ich o. g. Musik mindestens 3x täglich mehrere Wochen lang hören kann.


    :hahahaha:
    :jubel:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Wie sehr die Musik meine Gefühle beeinflusst, merke ich schon an der Auswahl dessen, was ich höre. Das ist völlig abhängig von meiner momentanen Stimmung und Verfassung.


    Ich gehöre zu den Menschen, die nicht gut weinen können, insbesondere dann nicht, wenn es mir seelisch ganz schlecht geht. Das führt dann zu einer kolossalen inneren Anspannung.


    Vor Jahren habe ich herausgefunden, dass es eine Arie gibt, die es schafft diesen Block zu lösen und mich zum Weinen zu bringen.


    Es ist eine Arie, die Carreras singt ( 1976), und zwar aus "Il giuramento" von Mercadante: La Dea di tutti i cor......


    Danach geht es mir meistens erheblich besser. Zum Glück habe ich sie schon lange nicht mehr gebraucht.



    Könnte ich ohne Musik leben? Mit Sicherheit nicht.


    Vor Jahren machte ich mit meinem Mann einen Wanderurlaub in den Alpen. Es gab dort keinen Radioempfang, mp3 Player gab es noch nicht, meinen Cassettenrecorder hatte ich vergessen. Nach drei Wochen hatte ich die größten Entzugserscheinungen. Eine Ouvertüre, die im Autoradio auf der Heimfahrt erklang, war für mich wie eine Erlösung und tagelang war ich vom CD-Spieler kaum noch wegzubringen.


    Viele Grüße
    :hello:
    Jolanthe

  • Musik ist lebenswichtig für mich, ist Seelennahrung und oft das Ventil für Gefühle aller Art, von tiefster Traurigkeit bis zu jubelndem Glück.
    Wichtig für mich ist vor allem die Verbindung von Musik mit der menschlichen Stimme, die ich für das herrlichste aller Instrumente halte und die mir tagtäglich reines Glück schenkt.
    Was geht über "Niun mi tema" oder die herrliche Verbindung von Orchester, Chor und Solostimmen in Verdis Requiem?
    Verdi überhaupt...seufz...aber auch Puccini, Wagner, seltsamerweise weniger oder nur in Ausnahmefällen Mozart und R. Strauss geht auch nur dann und wann.


    Ich könnte so viel berichten...aber es soll ja noch Stoff für weitere Beiträge übrig bleiben.


    Liebe Grüße an alle


    Fides :)

    La vita è bella!

  • hörer
    Ich möchte meiner Vorliebe für die Winterreise damit erklären, dass ich ein absoluter Winterfan bin! :yes: Somit kommt mir sowohl die Musik, als auch der Gesang ganz und gar entgegen.
    Wenn ich hier in Kassel in eine unserer Gemäldegalerien gehe, schaue ich zuerst die Wintergemälde an. :D
    Mit frühlingsfrischen Maiengrüßen aus Kassel,
    Diotima. :hello:

  • Liebe Freunde , die Ihr Euch zu Euren Gefühlen bekennt !



    es gilt seit einigen Jahren als "cool" keine gefühle zu zeigen, obwohl wir wissen , dass unter dieser künstlichen und gekünstelten Glätte vieles an an Affektivem aufgestaut ist und es richtig brodelt in zu vielen Menswchen .


    Und dann "gefühle" zeigen? Sich zu all dem zu bekaennen , was exitentieller Teil unseres Lebens ist auch gerade in schwierigsten Grenzsituationen im Sinne von Gaetano Benetti .


    Der Mensch braucht idealerweise kompetente mit - ud einfühlende Hilfe .


    Mir geht es wie dies Jolanthe oben beschrieben hat : Je nach dann aktueller Verfassung suche ich mir Musik aus , von der ich recht sicher bin , dass sie mir helfen wird , diese inneren Krisen zu überwinden .


    Einige Werke seien hier aus meiner Erfahrung genannt :


    > J S Bach : Konzert für zwei Violinen und Streichorchester .


    David und Igor Oistrach / Eugene Goosens ,
    Royal Philharmonic Orchestra London . DGG ( 1961 )


    "...doch die gegenseitige Zuneigung , am deutlichsten zu spüren in dem sanften Largo , hebt alle Unterschiede in Alter und Ansichten auf . Dies ist ein Musterbeispiel an musikalische verständigung , eine Schallplatte , die man in leidvollen und einsamen Augenblicken spielen sollte . Sie erzählt davon , dass kein Mensch eine Insel ist , dass man immer eine Musi finden kann , mit der man die berührt , die man kennt und liebt , und das Verständigung nur einen Bogenstrich entfernt ist" .


    Norman Lebrecht ( 2004 und 2007 , 256 ) .


    > Der grosse Jascha Horenstein , in den 1920er Jahren auch Musikchef in Düsseldorf , hat einmal auf die Frage , was am so er dies könne , als seine letztes Musikstück in seinem Leben hören möchte .


    Ohne zu zögern antwortete er :


    Mahler : Das Lied von der Erde " .


    Ich empfehle die Aufnahme unter Otto Klemperer mit Christa Ludwig und Fritz Wunderlich und em Philarmonia Orchestra London (EMI).



    > Johannes Brahms :


    Intermezzo Opus 118 Nr. 2 .


    Die Interpretation durch Alexis Weissenberg ( EMI , 2004 , veröffenlticht auf CD ) halte ich für einen Juwel unter den Interpretationen .



    > J S Bach / A Siloti :


    Praeludium h - Moll .


    Der Titan des Klavierspieles hat diese kurze Stück oft , als spiele er für sich selbst , an das Zugebenende sein er Programme gesetzt .


    Diese Ruhe , die darin liegt , gibt Kraft , Halt , Zuversicht - und für den , der mag , auch einen Glauben .



    > Robert Schumann :


    "Kinderszenen" , Opus 15 .


    Dieser Rückblick gipfelt in "Der Dichter spricht" auf eine der entscheidenden Lebensphasen . Man mus s Kinder lieben , um dieses kostbare Werk spielen zu können .


    Man muss aber auch in einer distanzierten Rückbetrachtung sic diese ganzen inneren Spannungen noch einmal vor Augen halten .


    Drei Aufnahmen halte ich für herausragend :


    > Martha Argerich ( DGG )


    > Vladimir Horowitz in seiner Alterssicht auf das Werk


    > Alexis Weissenberg ( EMI ; jetzt Toshiba-EMI / CD ) .



    Herzlich ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Es ist ja schon beachtlich, wer sich hier seelisch outen mag. Bezeichnenderweise lese ich hier viele Beiträge von Damen. Männer tun sich bekanntlich etwas schwerer damit über ihre Gefühlslagen offen zu reden. Ich frage mich manchmal, ob man anhand von Vorlieben auch weiter in den jeweiligen Menschen hereinsehen kann. So nach dem Motto: "Sag mir was Du gern hörst und was Du damit verbindest und ich sage Dir wer Du bist". Kann man auf einen melancholischen Mitmenschen schliessen wenn er vorgibt, gern langsame Cellomusik zu hören oder feierliche Chöre? Oder wird da nur etwas ein- oder durch entgegengesetzte Musik ausgeschaltet, was nur unterschwellig vorhanden ist? Kürzlich wurde an mir nur so zum Spass ein Persönlichkeitstest durchgeführt, der sich nur auf geschmackliche Vorlieben aus Farben gründete. Natürlich war die Auswertung ähnlich oberflächlich und allgemein gehalten wie bspw. Horoskope es sind. Aber die Treffgenauigkeit war doch verblüffend. Ich denke ja, dass man anhand des Musikgeschmackes durchaus auch ein menschliches Profil gewinnen kann.


    Nun konkret zu mir: mental berühren mich feierliche Messen besonders. Vielleicht auch so besonders stark weil ich weder getauft bin, geschweige denn regelmäßiger Kirchgänger bin. Tendenziell zieht es mich mehr zum Buddhismus als zur abendländischen Religion. Ich liebe die getragene Stimmung in den Messen, das Andächtige und Feierliche. Je nach Verfassung kann die Skale von Trauer bis schöne Feierlickeit in mir bewirken.


    z.Z. ertönt hier das Credo aus Dvoraks Messe op.86 :jubel:


    :hello:
    Steffen

  • warum sollten Männer nicht weinen und Gefühle zeigen? Früher sagte man immer zu Söhnen, "Männer weinen nicht", nur Mädchen weinen, du bist doch ein Junge"!


    Brahms Requiem "Ihr habt nun Traurigkeit" bringt meinen Mann immer zum Weinen und er schämt sich nicht für seine Tränen.


    Das Problem "weinen" wenn man selber dies Literatur singt ist nicht so einfach zu bewältigen. Ich hatte diese Probleme sehr stark in der Brahms Rhapsodie und bei den Altpartien in einigen Oratorien, "es ist vollbracht" Johannespassion und anderen. Ich musste praktisch kämpfen und mich zusammenreißen, damit die Stimme nicht weg blieb, der Kloß im Hals sich löst.
    Die Kritiken in der Zeitung sprachen dann auch von sehr emotionsvoll....


    Wenn man Kummer hat und sich bestimmte Musik sucht die tröstet, so bei mir "Denn er hat seinen Engeln befohlen" und "sei stille dem Herrn".

  • Zitat

    Original von musica
    Das Problem "weinen" wenn man selber dies Literatur singt ist nicht so einfach zu bewältigen. Ich hatte diese Probleme sehr stark in der Brahms Rhapsodie und bei den Altpartien in einigen Oratorien, "es ist vollbracht" Johannespassion und anderen. Ich musste praktisch kämpfen und mich zusammenreißen, damit die Stimme nicht weg blieb, der Kloß im Hals sich löst.
    Die Kritiken in der Zeitung sprachen dann auch von sehr emotionsvoll....


    Das glaube ich sehr wohl, liebe musica, dass es für Sänger/innen sehr schwer zu beherrschen ist wenn man Stücke singt, die einen selbst sehr anrühren. Umso schöner wenn Kritiker es auch mitbekommen und es nicht herablassen 'unprofessionell' bezeichnen sondern schöne Worte wie 'emotionsvoll' finden.


    :hello: Steffen

  • Lieber Steffen ,


    als "outen" möchte ich es nicht bezeichnen , wennjemand offen übder den Zusammenhang zwischen seinem subjektiven Erleben und bevorzugter Komposition eine verbindung herzustellen in der Lage ist .


    Sehr viel problematischer finde ich es , wenn jemand dies nicht kann . Dabei betone ich ausdrücklich , dass ich zu dieser Musik auch Unterhaltungsmusik zähle .


    FARBENLEHRE . Es ist nur ein kleiner Baustein i der Persönlichkeitsdiagnostik seit Jahrzehnten . Es kommt dabei primär darauf an , farben unter abstrakten Präferenben auszuwählen ( etwa Rot als Lieblingsfarbe vor Gelb und am Ende Schwarz ) und nicht in der verbindung "Welche Farbe bevorzuge ich beim Autokauf?" oder "Welche Farbe sollte meine neue Bluse haben?" .


    Viele Grüsse ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Ja, liebe musica, da bin ich ganz Deiner Meinung: Warum sollten Männer nicht auch mal Gefühle zeigen und weinen, ich finde das jedenfalls keineswegs unmännlich! Vielmehr erkenne ich darin einen sehr sensiblen Mensch mit feinen Empfindungen. Und das ist mir allemal angenehmer, als ein total cooler Typ den so gar nichts wirklich berührt.
    Mit lieben Grüßen aus Kassel,
    Diotima. :hello:

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  • Liebe Taminos !


    Auch ich muß mich einmal outen :


    Vor vielen, vielen Jahren war ich in der VOP bei der GP von "Caroussel" -
    Debüt von Bernd Weikl und Hans Kraemer - und haben bei der Sterbeszene zu weinen begonnen und in der Schlussszene beim Choral nochmals.


    Wenn ich ganz schlecht draufbin, kommt die Winterreise zum Einsatz - bei Katastrophen greife ich in die Requien - Abteilung : Mehrer Male Brahms und Mozart - dann Verdi ! Das hat noch immer geholfen !!!


    Liebe Grüße -


    vom Operngernhörer :hello:

  • Hallo, habe diese sehr interessante Rubrik gefunden,


    dieses Thema ist für mich in den Vordergrund gerückt, da ich zum Ende der Corona-Isolation persönlich unbegründete, für mich völlig unübliche Stimmungstiefs erlebte. In dieser Zeit war es für mich wichtig, fröhliche Musik zu hören und ich bemerkte in dieser Zeit, daß Musik, die ich bisher staunend betrachten und erleben konnte (z.B. Brahms und Manches von Beethoven) und mir bisher nie aufs Gemüt geschlagen war, nun meine Stimmung beschweren konnte. Ums kurz zu machen: die von mir bisher recht stiefmütterlich behandelten Haydn und Mozart (und Händel) entdeckte ich als "Medizin" und Brahms und Beethoven (und Bach) traten zurück. Seitdem liebe ich Haydns Musik und lerne sie genauer kennen, denn es klappt gut. Was mach ich nun mit den Requiem-CDs verschiedener Interpreten, mit den melancholischen Sonaten und den tiefgründigen Streichquartetten Beethovens, Brahms, z.B. ? Ich traue mich nun grade nicht mehr, sie aufzulegen und weiche ihnen, ähnlich, wie es Alfred oben beschrieben hat, grade ein bißchen aus. Es war für mich also in diesem Fall nicht wichtig, diese Stimmung zu spiegeln und Trost in Musikstücken zu finden, die ähnliche Gefühle enthalten.


    Allerdings habe ich (wie hier von Uwe 2009 schon geschrieben) mit der Pathétique von Tschaikowsky ähnliche Erfahrungen gemacht, vor etwa 35 Jahren war sie für die Verarbeitung meines ersten und einzigen großen Liebeskummers Wertherschen Ausmaßes ein großer Trost und einer der Gründe, warum ich klassische Musik damals so schätzen gelernt habe.


    Es gibt also diesbezüglich mindestens zwei verschiedene Wirkungsarten von Musikstücken, manchmal muß man Trauriges hören um getröstet zu werden, manchmal Fröhliches um aus der Trauer rauszukommen. Das wird für viele anders differenzierten Gefühlslagen und Ideen, die vom Komponisten in Musik umgesetzt wurden, auch so unplanbar widersprüchlich gelten und also kann man nur mutig ausprobieren und im Einzelfall entscheiden, und erkennen, was die Musik bewirkt und zwar nicht nur auf die Gefühle, sondern auch auf den Geist. Es ist bestimmt wichtig, gut auszuwählen, welche Musik man auf sich einwirken läßt. Der Hörsinn soll einer der ältesten Sinne sein und soll direkt mit den tiefsten Tiefen des Gehirns verbunden sein, was z.B. beim Sehsinn nicht derart sein soll, wenn ich mich nicht irre.


    Etwas Anderes für mich war die Erfahrung bei Beethovens Symphonien: Die ersten 8 "erarbeitete" ich mir geduldig in 1-2 Jahren und lernte sie schätzen, lieben und verstehen. Die 9. kannte ich von Weitem in Teilen natürlich aber sie schob ich vor mir her und als ich sie dann zum ersten Mal voll konzentriert anhörte, wühlte sie mich so sehr auf, daß ich auch einen Tag später noch unruhig mich fühlte und deshalb ein bißchen mißtrauisch ihr gegenüber geworden bin.

    Weckt sie Dinge, die lieber nicht geweckt werden sollten? Sie ist so bedeutungsvoll und thematisch mächtig, wie ein Musikstück nur sein kann und ich glaube, es ist normal, sich auch ein bißchen vor ihr zu fürchten, bei allem Staunen über diese große Kunst. Aber was bewirkt diese Musik in den Menschen, macht sie sie größer oder größenwahnsinnig? Ich gehe nun ein klein bißchen vorsichtig-kritisch mit der 9. und Beethovens heroischen Musikstücken um (es gibt ja zum Glück noch genügend nicht-heroische) und merke zunehmend, daß mir die Philosophie eines Haydn, der die Schattenseiten und großen Probleme des menschlichen Daseins vorsichtiger oder nicht darstellt, derzeit für mich sinnvoller erscheint. Wieso soll ich mir den Kampf eines Komponisten mit den Geistern, die er rief, anhören? Am Ende färbt noch etwas ungünstig auf mich ab? Für mich noch überhaupt nicht beantwortet, diese wichtige Frage. Man kann aber vorsichtig damit umgehen.

    Einmal editiert, zuletzt von DerGerd ()

  • Es gibt also diesbezüglich mindestens zwei verschiedene Wirkungsarten von Musikstücken, manchmal muß man Trauriges hören um getröstet zu werden, manchmal fröhliches um aus der Trauer rauszukommen. Das wird für viele anders differenzierte Gefühlslagen und Ideen, die vom Komponisten in Musik umgesetzt wurden auch so unplanbar widersprüchlich gelten und also kann man nur mutig ausprobieren und im Einzelfall entscheiden, und erkennen, was die Musik bewirkt und zwar nicht nur auf die Gefühle, sondern auch auf den Geist.

    Das ist naturgemäß keine leicht zu beantwortende Frage.


    Bei mir ist es so, dass ich Musik und die hörend reflektierende Auseinandersetzung mit ihr einfach liebe. Sie entzieht einen dem Alltag und bietet gleich einen neuen Blick auf ihn. Ich brauche dafür etwas Muße und bin nicht notwendigerweise in trauriger Stimmung.


    Dieser neue Blick ist eine Art Befreiung. Allerdings funktioniert da verschiedene Musik auch verschieden. Wie Du oben schon sagst, ist Haydns Musik humorvoll und klug und Beethovens Musik eher nicht, sie transzendiert. Platt gesagt bringt Dich Haydn zum Schmunzeln und Nachdenken und Beethoven zum Staunen ... ;) Das sind natürlich nur extrem bequeme Schubladen. Musik ist eine sehr subtile Kunst und so sind dann auch ihre Ergebnisse.

  • Als Mathematiker und Ingenieur sehe ich das rationaler. Wobei ich das natürlich(!) auch schon getestet habe. Rational heißt: Auch potenziell "irrationalen" Thesen nachgehen. In meinem Fall erschien es aber rational: "Passende" Bach-Kantaten nach dem Tod meines Vaters. Funktionierte nicht.


    Mir ist mittlerweile klar:


    - Für akute Probleme hilft eine "geeignete" Methode der Verarbeitung. Wobei man leider keine allgemeingültige Tipps geben kann. Das hängt vom konkreten Ereignis ab (Trennung, Tod, Vergewaltigung, etc.) und von der Psyche der jeweiligen Person. Musik kann helfen, muss aber nicht. In meinem Fall (s.o.) war es eine Woche Urlaub mit meiner Mutter.


    - Bei grundlegenden Problemen, also solchen, bei denen man keine konkrete Ursache ausmachen kann, gibt es auch nichts, was man "verarbeiten" kann. Da lautet die Lösung: Beschäftigung mit einem Thema, das einen anregt und ausfüllt. Das ist leider leichter gesagt als getan. Aber es ist der Grund, weil Musik manchmal helfen kann. Du lernst einen neuen Komponisten kennen, und du bist monatelang begeistert und damit beschäftigt. Nicht nur während des Hörens, sondern auch vorher und nachher. Sogar im Bett vor dem Einschlafen. Also auch zu den Zeiten, zu denen du vorher "depressive" Gedanken hattest.


    Das funktioniert im Prinzip mit jeder anderen Sache genauso: Neue Partnerschaft, neuer Arbeitsplatz, neue Stadt, neue Urlaubsregion, neue Sportart.

    Aber auch hier gibt es kein Patentrezept. Erstens ist die Wirkung bei jeder Person anders. Zweitens besteht das Dilemma, dass die Person in der Regel gerade nicht die Kraft hat, etwas Neues anzufangen.


    Übrigens ist das ein grundlegendes Problem der Menschheit, von Anfang an. Adam und Eva haben sich im Paradies gelangweilt. Ihnen fehlte der Sinn. "Draußen" fanden sie ihn dann. Der Mensch braucht Herausforderungen bzw. Aufgaben. Egal ob körperlicher oder geistiger Art. Genau das haben die Autoren der Schöpfungsgeschichte erkannt. Es ist also egal, ob man die Schöpfungsgeschichte glaubt oder nicht. Die Aussage bleibt gleich: Der Mensch braucht eine Aufgabe.

  • ja, eine Herausforderung eine Anregung ist ok und notwendig, aber ist Aufregung und schwermütige Stimmung nach einem Musikstück nicht übers Ziel hinausgeschossen, dann betrachtet und bewältigt man als nicht so rationaler Mensch nicht mehr nur die Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk distanziert, sondern wird über Stimmungsänderung hinaus auch wohl bis zu charakterlich beeinflußt. Ich bin mir sicher, daß Musik das tut über längeren Zeitraum und deshalb habe ich angefangen eine Metaposition einzunehmen, ab und zu und versuche zu erkennen, wie eine bestimmte Musik mich verändert, beeinflußt. Ich habe zur Zeit das Vorurteil, daß die Musik eines Komponisten auch seinen Charakter indirekt mitttransportiert, tief in mich über den direkten Zugang über den Hörsinn (welchen sonst).

    Momentan glaube ich, daß ich nach so häufigem Hören von Hadyn, dessen entspannt-positive-streitunlustiges Wesen aufgenommen habe, während bei Beethoven ich zunächst vermutete, daß er mir bei der geistig-charakterlichen Entwicklung positive Modelle durch Musik liefert, doch seine Art zu fühlen ist auch stets ein starker Wille und eine unglaubliche Kraft und zumindest bei den mittleren Werken Eindeutigkeit, die auch in Sturheit und Eingebildetheit enden kann, wenn man von diesem Elixier einnimmt. Deshalb möchte ich mich diesen Fragen bewußt immer wieder auseinandersetzen, um selbst ein wenig Herr meiner Entwicklung zu bleiben.

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