Klaviersonaten der Klassik auf "Originalinstrumenten"

  • Liebe Forinaer,


    Allgemein wird, von Ausnahmen mal abgesehen, der Bereich der Barockmusik, der Frühklassik und der Klassik heute immer mehr historisch
    informiert interpretiert, zum Teil auch unter der Verwendung von Originalinstrumenten.


    Bei Soloklavier siehts da eigenartigerweise anders aus:


    Während man Haydns Klavierkonzerte - auch die "letzten" durchaus auch auf Originalinstrumenten eingespielt hat, finden sich kaum Mozart-Sonaten in dieser Technik, die eine die ich besitzte ist leider unanhörbar:
    Klapprige Mechanik, verstimmtes Instrument und mangelnde Klangsubstanz prägen das Spiel - von einer Interpretation möchte man in diesem Falle nicht einmal sprechen.....


    Noch ärger ist es bei Beethoven. Vor etwa 30 Jahren gab es bei Harmonia Mundi (ich nehme an, es wäre heute "Deutsche Harmonia mundi" vereinzelt Aufnahmen von Beethoven Klavierkonzerten - auf Beethovens Originalflügel (aus dem Hause Broadwood) gespielt.
    Eine Aufnahme von Klaviersonaten in dieser Technik ist mir hingegen
    bislang nicht bekannt......


    Schubert hingegen - das ist interessant - manche Stellen in seinen Klaviersonaten fangen est auf einem alten Pianoforte zum Blühen an - man kann eindeutig nachvollziehen, daß die Sonaten für ein anderes Instrument geschrieben wurden, als heute gemeinhin zum Einsatz kommt...


    Welche Aufnahmen mit Historischn Klavieren kennt ihr im angegebenen Beriech - was könnt Ihr empfehlen - wovor möchtet Ihr eher warnen ?


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Salut,


    das Staatliche Institut für Musikforschung Stiftung Preußischer Kulturbesitzt hat eine Reihe "Klingendes Museum" herausgebracht.


    Ich möchte das empfehlen, deswegen darf ich hier den ***link*** setzen.


    Betreffend der Tasteninstrumente sind bisher folgende Ausgaben erschienen:



    Klingendes Museum live 3 "Franz Schubert – Vom Entwurf zur Vollendung"


    Franz Schubert [1797-1828]
    Sonate für Klavier B-Dur D 960


    Gert Hecher, Hammerflügel von Joseph Brodmann [Wien, 1810] aus dem Besitz von Carl Maria von Weber in der Sammlung des Musikinstrumenten-Museums SIMPK [Kat.-Nr. 4073]


    Mit der Ersteinspielung der Entwurfsfassung des 2. Satzes


    Leider nicht enthalten ist die Einspielung der Scherzo- und Finalsatz-Skizze. ;(


    Alfred hat Recht, wenn er meint, dass sich hier so manche Schönheit des Werkes [D960] erst auf einem solchen Instrument entfaltet. Allerdings wird man auch auf viel "Gewohntes" verzichten müssen und die Einspielung ist musikalisch wie technisch nicht gerade eine Referenz - aber es geht ja um das Instrument...


    :D



    Klingendes Museum "Plaisir du Clavecin"


    Mitzi Meyerson spielt Musik von François Couperin, Louis Couperin, Jean-Henry D’Anglebert, Jacques Duphly und Jean-Philippe Rameau.


    Die Musik der Clavecinisten gespielt einem Cembalo aus dem 18. Jahrhundert aus dem Hause Benoist Stehlin.



    Klingendes Museum 2 "Das Bach-Cembalo im Nachbau"


    Christine Schornsheim spielt Werke Johann Sebastian Bachs auf Nachbauten des "Bach-Cembalos".


    Preislich liegen die CDs bei unter 10 bis 15 € zzgl. Versand.


    Ich kann diese Serie nur wärmsten empfehlen [es gibt auch Beethoven-Streichquartette auf Originalinstrumenten, Glasharmonika-, Flöten- und Arpeggionenmusik]. Die beiden letztgenannten CDs gehören eigentlich nicht in diesen Thread, ich möchte sie dennoch empfehlen.


    Mozarts Soloklavierwerk wurde meines Wissens auf seinem Walter Piano eingespielt. Ich besitze diese Einspielung jedoch nicht, kenne sie aber auszugsweise.


    Und mindestens Beethovens "Hammerklaviersonate" sollte es doch in einer Einspielung auf solch einem Instrument geben?


    Cordialement
    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo Alfred und Ulli,


    Bei Brilliant gibt es von Bart van Oort (Hammerklavier) eine komplette Mozart Ausgabe. Also: nicht teuer!
    Er ist ein anerkanter Hammerklavierspieler.



    LG, Paul

  • Mozart- und Haydn-Sonaten auf alten Instrumenten gibts inzwischen massenhaft; AFAIK hat Badura-Skoda sogar schon in den 70ern Mozart auf dem Hammerklavier aufgenommen.
    Im Haydn-Sonaten thread haben ich und andere die 3 CDs mit Staier udn dei Box mit Schornsheim bereits über den grünen Klee gelobt.
    Bei Mozart habe ich u.a. CDs mit einer finnischen Pianistin (Hakkila? es gab/gibt eine GA), Jos van Immerseel, Anthony Newman. Zumindest die Auswahl mit Immerseel (Sony) würde ich empfehlen (die letzten 5 Sonaten sowie diverse einzelne Stücke, die anderen habe ich zu lange nicht gehört.


    Von Schubert hat Staier die letzten drei, sowie die a-moll D 845 eingespielt, sind teils inzwischen preiswert zu haben (elatus). Die sind auch sehr gut.


    An Beethoven traut sich seltsamerweise kaum jemand ran. Es gibt zwar eine Gesamtaufnahme mit unterschiedlichen Pianisten (Label Claves, Bilson und Schüler von ihm, kenne sie nicht und habe nicht viel gutes darüber gehört), des weiteren einige Einzelaufnahmen (wiederum mir nur dem Hörensagen nach bekannt) Peter Serkin mit späten Sonaten, die nie auf CD überspielt wurden, Demus mit op. 110 (erhältlich vom Beethoven-Haus oder so). Und einige Sonaten mit Melvyn Tan, die haben aber einen Ruf, der mich bisher immer abgeschreckt hat, sie anzutesten.
    Eigentlich seltsam, da es inzwischen eine Reihe HIP-Aufnahmen der Beethoven-Konzerte gibt und das notorische Balanceproblem zwischen schwächlichem HIP-Flügel und Orchester bei den Solostücken wegfällt.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Sagitt meint:


    Ich habe Andreas Steier voriges Jahr beim Beethoven-Fest im Beethovenhaus diverse Beethovensonaten spielen hören auf einem Piano der Beethovenzeit. Es war zum Weglaufen
    Die Idee,man höre es "original" ist etwas absurd. Dieses Piano ist ja fast zweihundert Jahre alt. Man hört nicht den Klang von 1810. Und wir selbst, wir haben nicht die Ohren von 1810. Wir leben in einem modernen Klangraum,auf uns wirkt dieser Klang natürlich anders als auf einen Menschen, der nicht dauernd mit akustischer Umweltverschmutzung konfrontiert ist.
    Irgendwie machte das historische Piano die Sonaten " kleiner", sie klangen plötzlich viel mehr nach Haydn.
    Es war keine Freude.

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  • Sagitt meint:


    Ich will noch einen Nachtrag schreiben. Es gibt eine wunderbare Aufnahme der Kreutzersonate mit dem jungen,wilden Thomas Zehetmair. Begleitet wird er von Frager auf einem Broadwood- Flügel. Wie schrecklich. Völlig inadäquat zur Intensität der Geige ein ächzender Flügel aus 1810 oder so ähnlich. Die Leidenschaftlichkeit des Geigenspiels wird stark relativiert durch die klangliche Insuffizienz des Flügels. Wie es klingen könnte, tut uns Martha Argerich in ihrer Einspielung dieser Sonate kund. So sehr von der Geige her diese Aufnahme kaum zu toppen ist, kann sie wegen des Flügels keine Referenzaufnahme sein, jammerschade !

  • Ich habe Haydn Mozart und Beethoven-Sonaten mit Badura-Skoda auf alten Instrumenten (ferner Clementi mit Immerseel, Dussek mit Staier) und kann das mit modernen Klavieren kaum noch hören, vor allem in der Kammermusik ist der moderne Koloss klanglich und bezüglich Volumen auch in der Romantik höchst problematisch. Zum Beispiel die Arpeggione-Sonate von Schubert ist mit Arpeggione und Hammerklavier eine Offenbarung!

  • Ich habe D 960 von Nikolaus Lahusen auf dem Hammerklavier.


    Eine Aufnahme, die keineswegs zum Weglaufen ist, ganz im Gegenteil - aber offenbar haengt das auch sehr davon ab, wieweit der Pianist dem wirklich einen guten Ausdruck abgewinnen kann. Lahusen war mit dem Hammerklavier wirklich engsten vertraut.


    Mit besten Gruessen aus dem fernen Gomera


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Ich finde auch Stücke wie Schumanns "Dichterliebe", von Hammerklavier begleitet, wunderbar. Die Aufnahme mit Staier und Prégardien ist doch herrlich frisch! Ich könnte jetzt auch nicht vergleichen, was mir besser gefällt. Es ist beides gleichwertig, vorausgesetzt es ist die Art Instrument, die der Musiker am besten beherrscht.


    Siegbert Rampe spielt alle Keyboard-Stücke von Mozart ein. Bisher gibt es 3 CDs. Er hat gesagt, es wird 12 geben. Er verwendet verschiedene alte bzw. nachgebaute Instrumente (Cembalo, Clavichord, Hammerklavier). Ich bevorzuge bei Mozart Staier, aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich Staier schon öfter mit Mozart gehört habe (auf CD) und dass Staier kein Clavichord verwendet, das ich ja überhaupt nicht mag.


    Dafür finde ich Rampes Bach umwerfend, aber da wären wir bei einem anderen Thema.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang an die leider nicht mehr erhältliche Aufnahme von L'Oiseau-Lyre aus 1991:


    Beethovens Sonaten "Pathetique", "Mondschein" und "Sturm" mit Steven Lubin.
    Leider ist auch kein Cover mehr einzustellen. Sehr schöner, sonorer und nicht gar so arg scheppernder Klang (eines Walter-Nachbaus von RJ Regier), der vor allem die kantablen seiten herrlich klangfarbenstark singen läßt.

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  • Bei Beethoven hat's mich eine zeitlang interessiert. Der Name Steven Lubin ist ja schon gefallen. Dessen Einspielung der Beethoven-KK's hatte ich mir direkt bei Erscheinen zugelegt und fand sie...nunja...interessant. Was mich betrifft ist es gewiss so, daß ich historische Klaviere nicht unvorbereitet hören kann (man kann ja auch keine alte Literatur einfach so lesen).


    Jenseits dieses Gewöhnungsprozesses (Schubert's Arpeggione-Sonate höre ich nunmehr ungern in der Klavier/Cello-Version) hat auch hier der Interpret ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, so banal das klingt. Malcolm Binns z.B. hat auf Oiseau Lyre zu LP-Zeiten eine GA der Beethoven Sonaten vorgelegt. In der Erinnerung ist mir diese GA als interpretatorisch unbebfriedigend. Interessante Instrumentenklangaspekte hat sie allemal. Man bekommt einen Ahnung, wie es klingen könnte.


    Badura-Skoda wurde auch genannt: von seinen Einspielungen auf Original-Instrumenten für das Label Astre besitze ich zwei CD's. Das klingt schon besser als die vergleichbaren Sonaten in der Binns-Einspielung; einem begeisternden Hören stehen für mich allerdings 100 Jahre Entwicklung im Klavierbau entgegen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo,


    wer kennt bereits die GA der Klavierwerke von HAYDN auf 15-CDs mit R. Bräutigam?



    Interessieren würden mich hier, wie stark die Qualität der Werke schwankt, ebenso wie eine Einschätzung der Leistung des Pianisten gerne auch im Vergleich zu bekannten HAYDN-Interpreten wie Richter, Brendel, Ax oder Schiff.


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

  • Zitat

    Original von pt_concours
    wer kennt bereits die GA der Klavierwerke von HAYDN auf 15-CDs mit R. Bräutigam?



    Interessieren würden mich hier, wie stark die Qualität der Werke schwankt, ebenso wie eine Einschätzung der Leistung des Pianisten gerne auch im Vergleich zu bekannten HAYDN-Interpreten wie Richter, Brendel, Ax oder Schiff.


    Ich kenne sie zwar nicht, aber ich vermute, daß sie sehr gut ist, falls die Beethovenaufnahmen des Pianisten beim selben Label eine Indikation sind.
    Da ich bereits die ebenfalls empfehlenswerte Sonatenaufnahme mit Schornsheim (auf unterschiedlichen alten Instrumenten), sowie ein dutzend oder so Einzel-CDs (u.a. Richter, Schiff, Gould, Piazzini, Staier, Pletnev) besitze, werde ich sie aber erstmal nicht anschaffen.


    Gewiß sind bei 50+ Sonaten nicht alle Werke gleichermaßen relevant. Auch als Werkgruppe würde ich die Sonaten nicht so wichtig wie die Trios oder gar die Sinfonien und Quartette sehen. Sie wurden über mehr als 30 Jahre für ganz unterschiedliche Verwendungszwecke und mit unterschiedlichem technischem und kompositorischen Anspruch geschrieben.


    Aber es sind schon etliche sehr interessante und hörenswerte Stücke darunter. Richter hat z.B. eine ziemlich frühe g-moll-Sonate anscheinend sehr geschätzt und öfters gespielt (die ich persönlich nicht sehr bedeutend finde). Jedenfalls hörenswert außer den 5 oder 6 letzten sind die in c-moll, e-moll, h-moll und As-Dur und noch ein paar mehr (es gibt zB eine F-Dur mit einem wunderbaren langsamen Moll-Satz). Der Rest ist aber m.E. auch keine Zeitverschwendung.
    Als ich vor 4 oder so Jahren die Schornsheim-Box gekauft hatte, war ich jedenfalls auch von den frühen und unbekannten Werken eher positiv überrascht.
    Bei den Klavierstücken sind mir jetzt nur die allbekannten f-moll-Var. präsent, obwohl ich ein paar andere Var. usw. auch als Füller bei meinen CDs dabei habe. Die scheinen mir aber mit dieser Ausnahme weniger wichtig.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zu Haydns Klaviersonaten haben wir ja sogar einen Spezialthread:


    Haydns "kleine Sinfonien" - Die Klaviersonaten


    Brautigam im Zusammenhang mit Haydn und HIP kenne ich lediglich von dieser CD:



    Und die hat mich sehr begeistert - wenn das also auf die Solosonaten übertragbar ist, würde mir diese Box sicher mehr zusagen als Schornsheim [die allerdings nicht schlecht ist].


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)