Sind Egomanen die besseren Dirigenten ?

  • Liebe Forinaer


    Wenn wir einen kurzen Gang durch die Interpretationdgeschichte machen, dann stoßen wir -vorzugsweise in der Vergangenheit auf Dirigenten mit egomanischen oder diktatorischen Wesenszügen, und gelegentlich unangenehmen Wesen..(ß)


    Ihnen allen ist eines gemeinsam: Ihre Einspieluingen sind noch heutein den Katalogen, und werden oft als "Refereinzeinspielung gehandelt.
    Zufall oder Wechselwirkung ?


    Welche Dirigenten zählen Eurer Meinung nach zu diesen egomanischen Tyrannen, die nur Ihre Meinung gelten ließen - und Erfolg hatten,
    (Vorsicht der Schein trügt gelegentlich !!) :D -eventuell mit der (Eurer Meinung nach bedkanntesten Referenzeinspielung.


    Heutige Dirigenten - so mein Credo - sind eher "demokratisch" - und verfügen (aus desem Grunde ?) über weniger Überzeugungskraft - zumindest belegen dies die Verkaufszahlen ihrer CDs


    Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele- natürlich ist manches hier Behauptete ein Vorurteil - dennoch ein IMO nicht uninterssanter Apekt, den man beleuchten sollte.


    Viel Spaß


    wünscht Euch Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    Da habe ich einen Beispiel so beim Hand: Willem Mengelberg.


    Damals, vor dem 2. Weltkrieg, hatten wir eine berühmte Sopran (Aaltje Noorderwier-Reddingius).
    Sie mußte ein Werk singen, und Mengelberg beharrte auf seine Interpretation. Da antwortete sie: "Kümmerst Du Dich um Deinen Orchester, Willem. Dann kümmere ich mich um mein Singen."
    Noch immer werden diese Worte benützt als Beispiel, um zu zeigen, daß fast keiner es wagte Mengelberg zu trotzen. Denn es gibt kein anderes Beispiel.


    LG, Paul

  • Was für mich ein sehr wichtiger Aspekt in der "heutigen" Arbeit eines Dirigenten ist, ist die minimale Arbeitszeit die man mit einem Orchester hat, schon alleine deswegen ist man vielmehr auf die demokratische Zusammenarbeit mit dem Orchester angewiesen.
    "Früher" hatte man als Dirigent viel freiere Hand bei der Orchesterzusammenstellung ( sprich: Wenn einer nicht spurte, konnte er "entfernt" werden --> Mravinsky ).
    Man hatte die Zeit jede Kleinigkeit auszuproben ( z.B. Celibidache ) bis es passte, heute muss man sich mit gewissen Knotenpunkten und allgemein-Ansagen zufriedengeben.


    Ich würde es nicht alleine auf mangelnde "Egomanie" oder "Autorität" schieben, sondern vielmehr auf die Stärkung der Gewerkschaften sowie der "Diktatur der Zeit".


    LG, Michael

  • Michael nimmt mir die Antwort, die ich eben geben wollte, sozusagen aus den Fingern.


    Es gab immer Dirigenten, die ihrer tiefsten inneren Überzeugung nach Demokraten waren, etwa Vittorio de Sabata und Claudio Abbado.
    Andere waren verkappte Egomanen, d.h., sie konnten ihre oft absurden Wünsche so bringen, dass man sie dafür auch noch liebte. Bernstein war einer von ihnen: "Sie spielen das viel besser, als ich mir das vorstellen kann. Machen Sie bitte für mich aber in Takt xy Abstrich statt Aufstrich."
    Es gibt auch welche, die treten überhaupt nicht autoritär auf, sondern freundlich und liebenswürdig, strahlen aber dermaßen viel Kompetenz aus, dass die Orchester quasi von vorne herein das machen, was die Maestri wollen - Boulez gehört zu ihnen: Nie ein böses Wort zu einem Musiker, aber jeder spielt so, wie es Maitre Pierre wünscht.


    Ich glaube, dass die Egomanen, die als solche auftreten, heute nicht mehr ankommen würden - sie hätten in den zunehmend demokratischen Strukturen der Orchester auch wenig Chancen. Ich weiß allerdings, dass mir persönlich die Egomanen (mit Ausnahme des von mir sehr geschätzten Abbado) immer besser gefallen, weil ihre Interpretationen persönlich sind, vielleicht sogar "verrückt", während ich die Unverbindlichkeit der Demokraten weniger schätze.

    ...

  • Ich bezweifle, dass es so einfache Korrelationen gibt, zwischen Egomanie (wobei mir hier eher Tyrannei a la Reiner gemeint zu sein scheint) und "Demokratie" und dem jeweiligen Ergebnis. Berüchtigte Tyrannen wie Szell oder Reiner* zeichnen sich ja durch eher nüchterne, keineswegs stark persönlich gefärbte Interpretationen aus (die ich durchaus schätze).
    Einer meiner Lieblingsdirigenten ist Fricsay; auch wenn die TV-Proben vermutlich etwas freundlicher sind als in Wirklichkeit, so zeigen sie, dass er genau weiß, was er will und auch ziemlich unnachgiebig (also nicht macht mal oder laß uns ausdiskutieren, wie wir es spielen wollen), dabei aber freundlich und kollegial, solange widerholt, bis es ihm paßt. Die Ergebnisse sind aber oft ebenso präzise und brillant wie bei Dikatoren wie Szell oder Reiner (und das bei Musik wie Le Sacre u.a., die in den 50ern noch als "neu" galt und keineswegs tägliches Brot der Orchester war.


    *George Szell dies and, alas, finds himself going down to hell. Upon
    entering, he is given a tour of the facilities by none other than
    Satan himself. Satan points out along the way various famous personalities,
    and Szell gets to see the various punishments and tortures they are enduring, before being taken to his own reserved spot.
    At one point along the tour, however, he rather incongruously spots Fritz Reiner in a room with Marilyn Monroe, and they are embraced in a long kiss. Szell, furious, turns to Satan, and says, "What's going on here?
    All these people roasting and getting gnawed on by rats, bitten by snakes, screaming in agony, and who knows what's in store for me, and Reiner is in
    there making out with Marilyn Monroe?"
    Satan snaps back angrily: "Hey! Marilyn Monroe's punishment is no
    business of yours!"


    :D


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Edwin,


    gab es von Boulez wirklich nie ein böses Wort über nicht spurende Musiker? Ich erinnere nur an die Geschehnisse 1976 ff. in Bayreuth, wo er die klangliche Blechbläser-Dominanz eindämmte, daraufhin im Folgejahr ein großer Teil der Musiker nicht mehr kam bzw. ausgewechselt wurde. Anhand dieses Vorfalles entspann sich dann eine Diskussion um die tatsächlichen oder vermeintlichen Fehler von Boulez´ Ring-Dirigat (nach Deinen Schilderungen seines offenbar stupenden Gehörs scheinen mir die geäußerten Zweifel an seinen technischen Fähigkeiten doch eher eine Retourkutsche).


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Giselher!
    Ich habe mit Musikern, die "damals" in Bayreuth dabei waren, gesprochen: Boulez blieb den arrogantesten Verweigerern gegenüber freundlich. Sein größter Ausbruch kam, als ihm ein Hornist ins "Rheingold"-Vorspiel den Anfang der 7. Bruckner spielte. Boulez soll völlig ruhig gesagt haben: "Soundsovieltes Horn, ich glaube, dass Sie mein Gehör jetzt oft genug getestet haben."
    Als am Ende das Buhkonzert losbrach, sagte Boulez: "Danke, dass Sie mir beigestanden haben." - Und das, obwohl es nur für etwa 60 Prozent der Musiker zutraf.
    Sämtliche, mit denen ich sprach, meinten auch, seine Zeichengebung sei ungewöhnlich gewesen, aber gut verständlich - und man kannte sie ja durch den "Parsifal", der keineswegs auf so heftigen Widerstand gestoßen war.
    Beim 1976-"Ring" war der Stein des Anstoßes ja vor allem die Inszenierung - und Boulez stellte sich voll hinter Chéreau und Peduzzi. Was seitens eines Teils der Musiker gegen Boulez kam, war mehr ein Protest gegen die von ihm mitgetragene "Wagner-Entweihung" - die sich auch in seinem Dirigat mit dem gedämpften Blechklang, den nuancierten Holzbläsern und den relativ flotten, einem gesteigerten Sprechgesang angepassten Tempi niederzuschlagen schien.
    Für das zweite Jahr stellte Boulez Wolfgang Wagner dann vor die Alternative, entweder entsprechende Arbeitsbedingungen zu schaffen oder den "Ring" abzublasen. Wagner seinerseits hielt zu Boulez und Chéreau, tauschte einige Sänger aus (im dritten Jahr dann nochmals) und auch einen Teil des Orchesters. Und damit gab es seitens des Orchesters meines Wissens nach keine Proteste mehr.


    Boulez soll in seiner ganzen Karriere ein einziges Mal laut geworden sein, nämlich als ein Posaunist bei einer Orchesterprobe in Chicago rauchte. Aber sonst hat jeder Musiker, mit dem ich über Boulez sprach, immer nur eine distanzierte Freundlichkeit bestätigt. Die schlimmste Zurechtweisung ist der Satz: "Das war jetzt nicht so ganz exakt."




    Hallo Johannes!
    Reiner und Szell waren Tyrannen wenn es um Intonation und rhythmische Präzision ging. Ich dachte bei Egomanen allerdings weniger an die Tyrannen mit Schreianfällen, als eher an jene Dirigenten, die nur die eigene Sicht akzeptieren und dem Orchester einen bestimmten Stil aufzwingen. Dass das mitunter zu Schreianfällen führt, ist klar. Aber es gibt auch welche, die dieses Kunststück auf andere Weise zuwege bringen (eben Kraft ihrer besonderen Autorität), während für mich die echten "Demokraten" jene sind, die das aufgreifen und formen, was das Orchester ihnen liefert.


    LG

    ...

  • die nicht so viel 'erklären' (dem ehrfürchtig oder auch stupide lauschenden Publikum).


    Die Distanz halten und sich ihrer Sache sicher sind. Das hat nichts mit Egomanie zu tun.


    Der Prototyp des Egomanen unter den Dirigenten war für mich Celibidache. In einer TV-Podiumsdiskussion vor zig Jahren hat er mal den armen Günter Kehr angemacht, daß dieser nicht wußte, wie ihm geschah. Unangenehm bis peinlich.

  • Zitat

    Der Prototyp des Egomanen unter den Dirigenten war für mich Celibidache.


    Das ist der Dirigent auf den das Threadthema voll zutrifft - allerdings kann ein Egomane der Chelibidache-Klasse keine wirklich guter Dirigent sein, da er andere Meinungen nicht gelten läßt. Das seine "laaaaangezogenen" Interpretationen ihre eigene Klasse haben, will ich gerne einräumen, doch kann mich so etwas nicht zufriedenstellen. Seine vernichtenden Urteile über seine Dirigentenkollegen sind eine weiteres Negativthema !
    Wie soll ein Orchester bei so einem Menschen mit Freunde spielen können ?

    :motz: Von diesem Vogel habe ich keine CD´s und brauche auch keine !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • @ Teleton


    Hallo Wolfgang


    Zitat

    Wie soll ein Orchester bei so einem Menschen mit Freunde spielen können ?


    Schon Dein "freudscher Versprecher" zeigt Deine Grundhaltung - die ich nicht kritisiere - aber ich vetrete halt eine andere:


    Du verbindest das Musizieren eines Orchesteres mit FREUDE und FREUNDEN - ich hingegen meine - es steckt harte Arbeit dahinter -wie übrigens bei allem was Erfolg haben soll.Mit Freude oder gar Freundschaft hat das im allgemeinen wenig zu tun, allenfall in einem Amateurorchester- wo es wirklich um Spaß geht.


    Ich genoss es die vergangenen Jahrzehnten immer wieder bei Neujahrskonzerten der Wiener Philharmoniker die frustrierten Gesichter vieler Orchestermitglieder zu beobachten - während sie die wunderbarste Musik machten. Das ist eben Professionalität mein Lieber.


    Zu CELI - werde ich noch heute was im entsprechenden Thread schreiben - bitte dort fortzusetzen.


    Hier nur ein Satz - Er war es, der die Münchner Phihlarmoniker für die Tonträgerindustrie interessant machte.


    Insgesamt bin ich der Meinung - jetzt läuft der Thread bereits pächtig- ich kann mich äussern, ohne den Verlauf zu beeinflussen, daß Egomanen
    (Ich habe bewusst das Wort Tyrannen vermieden - es gibt- Edwin hat es schon erwähnt - auch andere Methoden seinen Willen durchzusetzen, als zu schreien - Ich denke da an den hier vielgepriesenen Carlos Kleiber) in der Regel (Ausnahmen gibt es) den besseren Anklang beim Publikum finden.


    Sehr gut übrigens zu sehen beim Vergleich Furtwängler - Karajan - Abbado.
    Abbado, in meiner Jugend als Dirigernt italienischer Opern gefeiert - und später recht erfolgreich in seiner Karriere - ich hatte nicht den Eindruck, daß ein Aufschrei von Trauer oder Entsetzen kam - als er die Berliner Philharmoniker verließ - er war -so scheint es mir - zu wenig charismatisch.
    Charisma ohne Fixierung auf das eigene ich halte ich jedoch für einen Widerspruch an sich.


    Aber genau daum geht es ja bei dieser Diskussion.


    LG


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Hier nur ein Satz - Er war es, der die Münchner Phihlarmoniker für die Tonträgerindustrie interessant machte.


    Hier auch nur ein Satz ;) : Bereits unter Rudolf Kempe, (für die, die es nicht wissen: Vorgänger Celibidaches als Chefdirigent) haben die Münchner Philharmoniker einiges für die Platte eingespielt, darunter z.B. die neun Sinfonien Beethovens für die EMI. Nach Kempes Tod 1976 befanden sich die Münchner Philharmoniker allerdings in einem "Vakuum", das erst durch Celis Ernennung zum Generalmusikdirektor 1979 geschlossen werden konnte.


    Nachtrag, auch wenn es ein wenig off-topic ist: Leider ist von Kempe so gut wie gar nichts mehr an CDs verfügbar, was ich sehr bedauerlich finde. So ist er fast in Vergessenheit geraten. Wenn man bei Wikipedia unter "Münchner Philharmoniker" nachsieht, dann wird dort noch nicht einmal sein Name erwähnt...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    ich hatte nicht den Eindruck, daß ein Aufschrei von Trauer oder Entsetzen kam - als er (Abbado, Anm.) die Berliner Philharmoniker verließ


    Völlig richtig. Aber ich glaube, dass dieser völlig saubere und tränenfreie Abgang genau zu Abbado passt: Er war immer einer der Stillen, der seine Arbeit machte und mit Beharrlichkeit seine Überzeugungen umsetzte, ohne jemanden frontal anzugehen oder zu kränken. Die ruhige Amtsübergabe zeigt IMHO auch, dass Abbado eben kein Egomane ist, der einen tollen Abgang inszeniert. Mir imponiert so etwas schon sehr.


    Einer der größten Egomanen war mit Sicherheit Leonard Bernstein. Seine Egomanie ging so weit, dass er manche Werke so behandelte, als habe er sie selbst komponiert. Seine große Kunst bestand allerdings darin, nie als Egomane aufzutreten. Die Orchester wussten von vorne herein, was Bernstein haben wollte. Die großen Proben-Diskussionen konnten somit unterbleiben (außer eine TV-Kamera war dabei und Bernstein inszenierte wirkungsvoll einen Verzweiflungsausbruch über Probenbedingungen oder das Orchester, das den Komponisten nicht ernst genug nehmen würde) und man konzentrierte sich auf die Detailarbeit.


    Celibidache war IMO kein Egomane, sondern ein Tyrann, dessen Aufführungen teilweise phänomenal (8. Bruckner), teilweise geradezu absurd (Bartók: Konzert für Orchester) waren. Im entsprechenden Thread mehr davon.

    ...

  • Sagitt meint:


    Ist es nicht ein Wunder, wie Menschen Hochleistungen vollbringen,nachdem man sie gequält und gedemütigt hat ?


    Ich finde es immer wieder phänomenal.Höchstleistung aus Angst, aus Unterwerfung ? Jedenfalls widerspricht das jeder Theorie aus der Pädagogik.Wer in Angst ist, lernt zumindest schwerer. Also wären dann die Proben länger ?


    Interessant wäre auch, ob die Methode heute noch so gut funktioniert wie vor 50 Jahren ? Würde ein solcher Dirigent mit den Berlinern noch solche Ergebnisse erzielen.


    Ich habe auf vielen Ebenen darunter jedenfalls relatives Chaos erlebt. Ein autoritärer Dirigent im Clinch mit seinem Orchester. Die haben dann durchgesetzt, dass er sich nur noch über den Orchestervorstand an einzelne Mitglieder wenden durfte. Die Ergebnisse solcher Arbeit wären ziemlich mässig.


    Menschen zu begeistern, indem man mit ihrem Besten in Kontakt kommt, ist gegenüber Egomanie übrigens keine Schwäche.

  • Bei skandinavischen Orchestern haben Tyrannen kaum Chancen. Ein Dirigent erhält nämlich von den Orchestermitgliedern nach dem Konzert Punkte. Ab einer gewissen Punktezahl wird er sicher wieder engagiert, bei einer mittleren Punktezahl kommt er für ein Reengagement in die engere Wahl, liegt er unter einer bestimmten Punktezahl , heißt's Auf Nimmerwiedersehen.
    Der Nachteil ist, dass auch berechtigte Forderungen kaum noch durchsetzbar sind. Ich kenne einen, der nicht mehr reengagiert wurde, weil er eine Haydn-Symphonie mit nur sechs ersten Geigen spielen wollte, während das Orchester eine Besetzung mit deren 12 anstrebte...

    ...

  • Bei skandinavischen Orchestern ....


    Ich kann mir aber gut vorstellen, daß solche Orchester dann auch UMGEKEHRT von vielen Dirigenten gemieden würden.


    En Herr von Karajan, dem man Punkte gibt - sowas kann ich mit beim besten Willen nicht vorstellen.


    Ach ja - der spielt ja nicht mehr mit.
    Oh doch er tut es - Die Verkaufszahlen von Karajan (und überraschenderweise auch Böhm) übertreffen die heutiger Dirigente, 17 Jahre nach seinem Ton - noch immer.


    LG


    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Leonard Bernstein ist oft in verschiedene Länder gereist um dort einheimische Komponisten aufzuführen.


    So auch in den 70er-Jahren nach Dänemark, wo er eine maßstabsetzende Interpretation der Nielsen: Sinfonie Nr.3 "Espansiva" mit dem Dänischen RSO aufgenommen hat, die in der SONY-Gesamtaufnahme der Nielsen-Sinfonien enthalten ist. Wie Edwin schon erwähnte:

    Zitat

    Seine große Kunst bestand allerdings darin, nie als Egomane aufzutreten. Die Orchester wussten von vorne herein, was Bernstein haben wollte.


    Durch Bernsteins Dipomatie hat er seinen Willen durchgesetzt, eine TOP-Interpretation hinterlassen und warscheinlich noch Pluspunkte beim dänischen Orchester kassiert - das nenne ich große Kunst !!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Die Verkaufszahlen von Elvis übertreffen die von Herrn von Karajan ebenfalls immer noch deutlich, auch Jahre nach dem jeweiligen Ableben. Daraus irgendwelche Argumente zu stricken, bringt nicht viel...außer das Elvis eben populärer als Karajan war. :D


    Es gibt in oder aus Skandinavien, besonders wenn man bedenkt, dass dort insgesamt weniger Leute leben als in den Niederlanden oder NRW erstaunlich viele ziemlich gute Orchester und Dirigenten!


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes!
    Ich bin gerade am Überlegen, welche guten skandinavischen Orchester ich kenne, seitdem Jansons von Oslo weg ist und eine gewisse Dirigentin Bergen ruiniert hat. O.k., dänischer Rundfunk - aber Concertgebouw-Niveau haben sie nicht. Und die skandinavischen Dirigenten? Sixten Ehrling? Herbert Blomstedt?


    Ad Elvis: Es hat auch niemand je behauptet, dass er Karajan noch unter den Lebenden wandeln gesehen hätte. Dieses Wunschdenken ist offenbar bei Elvis auch etwas größer... :D


    LG

    ...

  • hallo, ein klitzekleinwenig off topic:
    habe vorgestern (leider nur die ersten 30 min) einen probenmitschnitt mit dem als so kompliziert eingeschätzten c. kleiber gehört (vorspiel und liebestod aus tristan). wie sympathisch, witzig und dennoch ernst und mit höchstem engagement er mit dem orch. gearbeitet hat .. das war eine freude zuzuhören ... und das ergebis ...TRAUMHAFT ... da hörte man, WAS musik sein kann ..


    ein jammer, daß es nur so wenige aufahmen von ihm gibt ....


    und wieder on topic : ich galube, daß - leider!! - in der kunst (fast immer)nur 'diktatur' zu guten ergebnissen führt ... eine kultur/pscholog. untersuchung darüber würde mich brennend interessieren ...


    :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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  • Orchester: Göteborg, Helsinki,
    Dirigenten: ältere: Berglund, Blomstedt; hauptsächlich aber jüngere wie Salonen, Saraste, Schonwandt, Vänskä, Oramo (Rattles Nachfolge rin Birmingham?) und noch ein paar mehr, besonders Finnen, deren Namen ich mir nicht merken kann. Dann gibt es noch ein paar HIP-ensembles, z.B. Drottningholm mit ihren Leitern, einen der weltbesten Chöre (Eric Ericson).
    Einige Sänger sind ebenfalls recht berühmt geworden: von Otter. Isokoski, Groop
    Ich bin kein Experte für Skandinavisches, aber neuer Aufnahmen der genannten, auch mit recht gängigem Repertoire wie Sibelius oder Nielsen werden mit Lob und Preisen überhäuft, ganz abgesehen von eher speziellen Nordica. Aus der Generation der 40-50jährigen fällt mir dagegen aus D nur der ominöse Thielemann ein, aus A Welser-Möst, der anscheinend nicht alle Hoffnungen erfüllt hat. Nachdem er vor ca. 10 Jahren als Jungstar galt, hört man inzwischen kaum noch etwas von ihm. Es behauptet ja keiner, dass die weltbesten Orchester und Dirigenten asu Skandinavien kommen, aber verglichen mit der wesentlich stärkeren Tradition in D und A, ist das sehr beachtlich.


    Der Vergleich mit einem der weltbesten Orchester wie dem Concertgebouw ist etwas überzogen. Auf diesem Level gibt es in Deutschland (und Großbritannien) vielleicht zwei (Berlin und Dresden) in Österreich eins (und wie das auf Dirigenten, deren Führungsstil ihm nicht zusagt, reagiert, wurde hier
    ja schon mehrfach bildreich geschildert. Komischerweise ist wie nicht anders zu erwarten, hier eine Tugend, was anderswo als unangemessen demokratisches Vorgehen belächelt wird... :rolleyes: ) in Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Ungarn, Belgien und der Schweiz vermutlich gar keins...


    viele Grüße


    JR

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  • Zitat

    Original von klingsor
    hallo, ein klitzekleinwenig off topic:
    habe vorgestern (leider nur die ersten 30 min) einen probenmitschnitt mit dem als so kompliziert eingeschätzten c. kleiber gehört (vorspiel und liebestod aus tristan). wie sympathisch, witzig und dennoch ernst und mit höchstem engagement er mit dem orch. gearbeitet hat .. das war eine freude zuzuhören ... und das ergebis ...TRAUMHAFT ... da hörte man, WAS musik sein kann ..


    ein jammer, daß es nur so wenige aufahmen von ihm gibt ....


    und wieder on topic : ich galube, daß - leider!! - in der kunst (fast immer)nur 'diktatur' zu guten ergebnissen führt ... eine kultur/pscholog. untersuchung darüber würde mich brennend interessieren ...


    Hä...? Du gibst ein Beispiel wie jemand nichtdiktatorisch erfolgreich arbeitet (Kleiber) und sagst dann, dass nur Diktatur zu guten Ergebnissen führt...? irgendwie ein non sequitur oder nur ein schlechtes Bsp.?


    Es ist doch ganz einfach: die höchste Form der Musik ist bekanntlich das Streichquartett, und die ist auch zugleich die demokratischste. Im "Gespräch zwischen vernünftigen Leuten" zählt einzig der "zwanglose Zwang des besseren Arguments" ;) :D


    viele Grüße


    JR

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  • Sagitt meint:


    Das orpheus chamber orchestra macht hochbezahlte Kurse für Manager, in denen vermittelt wird, wie man ohne hierarchisches Gehabe zu TOP-Ergebnissen findet. Wenn das alles nur Unsinn wäre, würde sich ein solches Unternehmen bald totlaufen, denn soviel Geld gibt die Industrie nur aus, wenn da was dran ist.
    concerto cölln ,unsere Bremer Kammerphilharmonie beweisen gleiches.
    Es geht sogar ohne Dirigenten- und das auf höchsten Niveau.
    Die Wiener haben es doch über lange Dirigenten-lose Zeit beim Neujahrskonzert auch bewiesen.

  • hallo, johannes, ich hab nur darauf gewartet, bis man mir das beispiel um die ohren schlägt ...


    ich hab deshalb unten schon vorsichtshalber 'fast immer' geschrieben ...
    es gibt ja - für mcih zumindest ' auch imemr die form der 'guten' diktatur .. freundlich, aber bestimmt, aufnehmend, aber durchsetzungsfähig ...


    so komme ich also wieder aus der argumentationsschlinge ... :]

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo Johannes!
    Ein klitzekleiner Fehler, den Du aber in Finnland lieber nicht begehen solltest, weil man Dir sonst einen eingesalzenen Hering um die Ohren schlägt: Finnen sind keine Skandinavier. Ergo fallen aus Deiner Aufzählung alle heraus, die auch ich als größere Dirigenten genannt hätte.


    Hallo Sagitt!

    Zitat

    wie man ohne hierarchisches Gehabe zu TOP-Ergebnissen findet.


    Die sollten Mal bei sich selbst einen Kurs buchen... :stumm:
    Im Ernst: Ich finde dieses Ensemble absolut langweilig, es ist mein Paradebeispiel gegen Demokratie in Musik, die größer besetzt ist als ein Sextett.


    LG

    ...

  • Ich habe selbst in verschiedenen Ensembles/Orchestern ohne Dirigent gespielt. Aus dieser Erfahrung kann ich den Witz über das Kondom und den Dirigenten nur bestätigen.
    Natürlich hat es seine Vorteile, man hört vielmehr aufeinander, verlässt sich nicht auf den komisch herumfuchtelnden Zeitgenossen vor einem, andererseits muss es auch in diesen jemanden geben der aus diesen unterschiedlichsten Interpretationen ein ganzes formt ( meist der Konzertmeister, in manchen Fällen gibt es jemanden der das ganze mit dem Ensemble einstudiert ) wodurch erst wieder die Demokratie in Frage gestellt wird.
    Für mich ist der Dirigent als Koordinator in etwa ab Beethoven oder spätem Mozart unerlässlich ( natürlich kann man da widersprechen, dass zu deren Zeiten noch ohne Dirigent gespielt wurde, andererseits waren die das auch noch gewohnt ), aber im allgemeinen ist ein Dirigent für mich in erster Linie Musiker ( musikalischer Entscheidungsträger? ) und nicht Koordinator, als solcher hat er natürlich auch früher seine Berechtigung, leider wird das dirigieren zu oft aufs Taktschlagen und Koordinieren beschränkt, so das man häufig vergisst, dass da vorne ein ( meist ) musikalisch hochbegabter Mensch steht der sich viel bei seiner Interpretiation gedacht hat und sein volles Herzblut mithineinlegt und dann regen sich Orchestermusiker darüber auf das man die 1 nicht absolut genau sehen kann :kotz:

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Johannes!
    Ein klitzekleiner Fehler, den Du aber in Finnland lieber nicht begehen solltest, weil man Dir sonst einen eingesalzenen Hering um die Ohren schlägt: Finnen sind keine Skandinavier. Ergo fallen aus Deiner Aufzählung alle heraus, die auch ich als größere Dirigenten genannt hätte.


    Warum sind Finnen keine Skandinavier? Geographisch doch wohl schon. Und politisch gehörten sie grob gesagt abwechselnd zu Schweden und zu Rußland? Russen sind es wohl keine, also wieder eher Skandinavier (kommt mir irgendwie bekannt vor, hatten wird das nicht schonmal, ich weiß auch, dass sie eine andere Sprache sprechen)
    Finnen sind m.E. ebenso Skandinavier wie Briten Europäer, auch wenn sie selbst das anders sehen mögen und sich lieber als sui generis mit ideellem eigenen Kontinent betrachten...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes!
    Erklären kann ich Dir das nicht; ich nehme an, dass es mit der Sprache und dem Kulturkreis zu tun hat. Skandinavier sind Dänen, Schweden und Norweger.
    Man spricht "dort oben", wenn man den gesamten geografischen Raum meint, prinzipiell von "Skandinavien und Finnland" (bzw. in Finnland von "Finnland und Skandinavien" :D ), aber Finnen als Skandinavier zu bezeichnen ist mindestens so schlimm, wie wenn Du einen Kanadier "Amerikaner" nennst, nur weil er geografisch dazugehört.
    LG

    ...

  • Sagitt meint:


    Über jede Interpretation kann man verschiedener Ansicht sein,sind wir ja hier auch. Fakt ist, dass das orpheus chamber orchestra ein hohes Renommé hat und deswegen bei der DG eine Fülle von Aufnahmen gemacht hat.
    Fakt ist, dass Firmen bereit sind, für die Kurse bei diesen ensemble zum Thema, Hierarchie ja oder nein, viel Geld auszugeben.
    Wäre das Ab-Urteil über orpheus richtig, würden diese Fakten nicht existieren.

  • Fakt ist aber auch, dass diese "Hierarchie-Losigkeit" in einem Orchester ohne Dirigent eine hübsche Theorie, aber nicht durchführbar ist. Ach im OCO gibts jemanden der die schlussendliche Entscheidung über die Interpretation fällt, nur steht er halt nicht vor dem Orchester sondern sitzt drin.

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