Liebe Forianer,
Immer wenn ich ein Thema, daß ich vor etlicher Zeit einmal in einem Forum behandelt habe, erneut aufgreife, hab ich inzwischen neue Erkenntnisse, oder sagen wir besser Eindrücke gewonnen, die das damalige Bild relativieren.
Anererseits bleiben gewisse Grundtendenzen.
So auch hier, wo ich einen über ein Jahr alten von mir geschriebenen Artikel ein wenig modifiziert und angepasst habe:
Ich habe seinerzeit extra für einen Thread bei KA: die damals neue Aufnahme mit Hilary Hahn (Deutsche Grammophon) gekauft, ditto jene mit Benamin Schmid (Oehms Classics) und sie mit den damals bereit in meiner Sammlung befindlichen verglichen. Üblicherweise verwende ich selten meine älteren Beiträge, jedoch in Fällen wo ich Stunden für Recherche und Vergleichshören investiert habe, werde ich das wohl auch in Zukunft tun.
Ich habe mir damals die Zeit genommen, die mir zur Verfügung stehenden Einspielungen dieser Werke anhand des ersten Satzes von BWV 1042
ein wenig vergleichend abzuhören, ein undankbares und wahrscheinlich nicht sehr
objektives Unterfangen, weil ja nur ein Satz eines Werkes verglichen wurde, zugleich
ist es wie bei einer Weinprobe: Entweder man schluckt nicht runter, oder man tut es, dann ist man recht schnell "verwirrt.
Um es vorweg zu sagen, jede der Einspielungen hat ihre Meriten,
zwei sind dem HIP Lager zuzuordnen.
Zunächst die Aufnahme von Jaap Schröder und der Academy of Ancient Music unter Hogwood. Was soll ich sagen? Die Aufnahme klingt überhell bis schneidend und ich bin mir bei Aufnahmen mit diesem Orchster nie ganz im klaren ob das dem Orchester oder der Aufnahmetechnik anzulasten ist. Gegen den Solisten lässt sich nichts sagen.
Er spielt ein Instrument von Jacob Steiner (1665), ein solches fand sich auch im Nachlass von J.S.Bach, sódass die Aufnahme schon aus diesem Grund iunteressant ist. Die Solovioline ist gut vom Orchester abgehoben
Die Aufnahme erschien ursprünglich auf L´Oiseau-Lyre, wird heute aber unter DECCA
vertrieben.
Dauer des 1. Satzes von BWV 1042:-----------> 7:54
Aus der Reihe edito Classica der deutschen Harmonia mundi stammt die Einspielung von Sigiswald Kuijken und "La petite bande".
Der Solist dirigiert auch das Orchester. Sein Instrument stammt von Giovanni Grancino, Milano ca 1700 . Die Aufnahme ist ein wenig "rhytmisch" abgesetzter, aber kaum schneller als Schröder.
Das Klangbild ist hell
Dauer des 1. Satzes von BWV 1042:-----------> 7:41
Die Räumlichkeit ist in Ordnung. Manchmal vermeint man einen Hauch von Rauhigkeit zu vernehmen. Die Aufnahme klingt langsamer und entspannter (obwohl das, wenn man die Zeiten nimmt nicht der Realität entspricht.), niemals vordergründig, aber auch nicht langweilig. Schmid spielt eine Stradivarius ("Lady Jeanne") von 1731.
Das Label ist OEHMS Classics, das Ensemble CIS Collegium Mozarteum Salzburg.
Es folgt nun der neue Shooting-Star der Deutschen Grammophon:
Hilary Hahn,Los Angeles Chamber Orchestra, Jeffrey Kahane
und ich muß gestehen, daß auch mir diese Aufnahme recht gut gefällt.
Ich habe bereits einmal gemäkelt, daß ich mir vielleicht etwas mehr
Tiefendurchhörbarkeit gewünscht hätte, aber das ist eigentlich schon Läusezählen.
Wenn man die drei bisherigen Aufnahmen im Ohr hat, wird einem im ersten Moment das angeschlagene Tempo ein wenig zu rasch vorkommen, aber das ist nur im ersten Moment, und *nur* venn man die Aufnahmen hintereinander hört.
Hilary Hahn hetzt jedoch nicht, sich swingt förmlich durch diesen Satz. (und das sehr überzeugend) Wenn man ihren (übrigens sehr interessanten) Beitrag zum Booklet liest, wo sie schreibt: "Ich wünsche mir, daß sie beim Anhören dieser CD ebenfalls Lust bekommen, bei den langsamen Sätzen mitzusummen, in den schnellen den Takt mit den Füssen zu klopfen, oder gar zu der Musik zu tanzen (zu Hause, versteht sich)
Machen Sie mit. Bach würde sich freuen ", dann ist man geneigt , ihr Glauben zu schenken. (Also Wippen tu ich auf jeden Fall....,-))
Besonders schön find ich den Klang der Geige auf dieser Aufnahme, auch hier bin ich mir nicht sicher, wer hier dafür verantwortlich ist, der Geigenbauer
(Jean Baptiste Vuillaume (1798-1875), 1864, Nachbau der Paganini-Violine von Guarnerius "del Gesu", laut einem Artikel von Klassik.Akzente.--Vuillaume war einer der bedeutendsten Geigenbauer seiner Zeit und er spezialisierte sich auf Kopien, war auf diesem Gebiet eine anerkannte Kapazität. Allerdings hat mir ein Geiger (Thomas Kakuska ) einmal gesagt, daß eine Geige irgenwie etwas Lebendiges sei, und nach jedem Service ein wenig anders klänge. Wenn das stimmt, kann eine Kopie dem Original nur ähnlich sein) oder der Tontechniker.
In den tieferen Lagen höre ich mehr "Körper" des Instruments bei dieser Aufnahme.
Ist das jetzt die "ultimative" Aufnahme ?
Lassen wir hier nochmals Hilary Hahn sprechen:
"--------aber so befriedigend die Lösung auch sein mag, immer lässt sich noch eine weitere Ausdrucksebene entdecken. Ich glaube das git für alle Werke von Bach"
Inzwischen hat sich eine weitere Interpretation in meine Sammlung "eingeschlichen"
Warum die CD in den BUDGET-Bereich verbannt wurde kann man nur erahnen.Wahrscheinlich war sie ein Opfer des HIP-Wahns. Die Aufnahme ist jedoch ausgezeichnet und kann wärmsten empfohlen werden, unabhängig von ihrem Preis.Auch klanglich Sind die Bach-Konzerte Spitzenklasse. (Warum man allerdings ein eher dumpf klingendes Mozart Violinkonzert Nr 3 unter Jörg Faerber als "Füller" angehängt hat, wissen wahrscheinlich nur die (EMI-)Götter......
Naturlich bin ich auch gespannt ub jemand von Euch etwas zu den genannten Aufnahmen zu sagen hat (auch , oder gerade wenn es nicht mit meinen Eindrücken übereinstimmen sollte) oder (noch besser) Alternativen anbieten kann und möchte.
Freundliche Grüße aus Wien
Alfred