JENÖ HUBAY [1858-1937]: Die Violinkonzerte

  • Hallo,


    Jenö Hubay (1858-1937) hat insgesamt 4 Violinkonzerte geschrieben, die ich gerne allen ans Herz legen möchte.


    1. Konzert: Concerto dramatique Op.21, a-moll
    Ein Konzert, daß überaus gestenreich ist, Virtuosität fordert und ein typisches Solistenkonzert ist, das nie in Effekthascherei übergeht, stets bedacht ist auf Kantabilität und Formschönheit, zum Beispiel in unvergleichlich schönen Sequenzabschnitten im langsamen Satz. Gewidmet ist dieses Konzert Joseph Joachim.


    2. Konzert: Op.91, E-Dur
    In der Aufteilung des Soloparts und der Instrumentation dem 1. Konzert ähnlich, jedoch mit einem eigenen originellen Format und einer klarer abgesetzte Violinstimme. Einprägsam und wieder voller Melodienreichtum.


    3. Konzert: Op. 99, g-moll
    Dies ist das wohl bekannteste Violinkonzert Hubay's, komponiert für seinen Schüler Ferenc Vecsey. Das Konzert ist diesmal viersätzig, mit einem Scherzo. Es ist absolut ausgereift, ein Höhepunkt in der gesamten Violinkonzertliteratur. Es finden sich temperamentvolle, witzig-verspielte, nachdenkliche, zarte, ruhige und charmante Abschnitte gleichermaßen, und Hubay verstand es, virtuos, wie es der Geige gebührt, und ungemein fabig in den Harmonien und der Instrumentation zu arbeiten, wo auch Kontrapunktik zu finden ist. Und eine Spitzenkadenz gibt es auch.


    4. Konzert: Concerto all'antica Op. 101, a-moll
    Der Gedanke hätte von Respighi sein können. Komponiert hat Hubay das Konzert für Stefi Geyer. Es ist viersätzig und integriert barocke Formmodelle mit romantischen Formen. Ein Präludium führt zu einer Courante und einer Musette, ein langsamer Satz und ein virtuoses Finale nähern sich immer mehr seiner Zeit an. Der Orchesterklang ist aber schon in den ersten Takten eindeutig "romantisch" üppig besetzt, leugnet nicht die Enstehungszeit, aber gerade dadurch gewinnt dieses Konzert ein ganz eigenes Kolorit.


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    Die Referenzaufnahme für alle vier Konzerte, zudem weil nicht viele Aufnahmen auf dem Markt sind, ist die mit Vilmos Szabadi und dem North Hungariatan Symphony Orchesra, Miskolc unter László Kovács.


    Eine weitere Aufnahme mit den Konzerten 3 und 4 ist bei Hyperion erschienen, mit Hagai Shaham und dem BBC Scottish Symphony Orchestra unter Martyn Brabbins. Darauf enthalten sind außerdem die Variations sur un theme hungrois, Op. 72:


    Auf weitere Meinung gespannt wie immer
    grüßt
    Daniel :hello:

  • Offenbar dauern Antworten bei Tamino oft länger als das fragende Mitglied im Forum ist, aber sie kommen.


    Schon vor einiger Zeit habe ich mich auch für Die Violinkonzerte Hubays interessiert und die beiden ersten erworben. Indes - irgendwie konnte ich mnich nicht dazu aufraffen sie zu hören. So lagen sie mindestens 2 Jahre am Stapel der ungehörten CDs. Soeben habe ich die Cellophanhülle entfernt und das Violinkonzert Nr 1 gehört.
    Ich kann die Empfehlung von Daniel nur unterstreichen. Wer die Violinkonzerte von Bruch oder Tschaikowsky mag, der wird auch hier auf seine Rechnung kommen. Irgendwie ist mir unverständlich, warum Hubays Werke so (relativ) unbekannt sind.
    Gleiches ist über den Interpreten der Werkes, Hagai Shaham zu sagen, der seine Sache ausgezeichnet macht...



    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wer die Violinkonzerte von Bruch oder Tschaikowsky mag, der wird auch hier auf seine Rechnung kommen. Irgendwie ist mir unverständlich, warum Hubays Werke so (relativ) unbekannt sind.


    Wem das Risiko einer Neuanschaffung zum Vollpreis zu hoch ist, sei eine Alternative empfohlen:



    Chloe Hanslip (gar nicht so unbekannt) hat mit dem Bournemouth SO unter der Leitung von Andrew Mogrelia
    die Konzerte 1+2 eingespielt.


    Für den Preis auf jeden Fall einer Erkundung wert … 8)

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Ich möchte heute in diesem Thread an Jenö Hubay erinnern und nach vier Jahren auch den Blick auf jene CD lenken, die Alfred schon empfohlen hat. Es wäre ganz schade, wenn ein Komponist und herausragender Geider, der solche feurige Musik komponiert hat, ganz dem Vergessen anheim fiele:





    Heute jährt sich der Geburtstag Jenö Hubays zum 157. Mal.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Irgendwie ist mir unverständlich, warum Hubays Werke so (relativ) unbekannt sind.

    Das frage ich mich auch gerade! Ich höre die über mir von Willi gezeigte CD und bin restlos begeistert. Die Komposition ist ganz bezaubernd, glutvoll, farbenreich, energiegeladen, zärtlich, und dies jedoch immer äußerst, äußerst geschmackvoll, niemals überladen, triefend oder gefühlsschwanger, aber dennoch so reich, vollmundig und funkensprühend, große, herrliche tiefromantische Musik, die ihresgleichen sucht.

    Man merkt, dass Hubay (der deutsche Wurzeln hatte und mit Geburtsnamen eigentlich Eugen Huber hieß) selbst ein phänomenaler Geigenvirtuose war, wie übrigens schon sein Vater. Der Sohn studierte bei Joseph Joachim, ging auf Liszts Anraten nach Paris, wurde von Vieuxtemps protegiert und folgte selbigem als Professor in Belgien nach, bevor er dasselbe Amt in Ungarn bekleidete, und schließlich nur noch komponierte, Symphonien, Opern, Konzerte...er sah sich in der Nachfolge Liszts und Vieuxtemps, blieb den "jungen Wilden" wie Bartok etc. gegenüber misstrauisch - vielleicht rührt da auch das schwindende Interesse für Hubay her...was für eine Entdeckung! Das ist eine so sublime, fulminante Musik!

    Und dann auch das Geigenspiel von Chloe Hanslip - phantastisch! Sie verfügt über einen schwelgenden, ausdrucksstarken Ton, der jedoch niemals dick und vibratolastig wird; sie spielt das alles so geschmeidig, gleichzeitig dicht und obertonreich, mit so vielen Nuancen und Schattierungen, dass es einem den Atem verschlägt. Ich liege auf den Knien. Auch die Klangtechnik ist superb, und bildet auch das vorzügliche Orchester, das sensibel dirigiert wird, perfekt ab.

    Eine Aufnahme, die mich unmittelbar in den Bann geschlagen hat und direkt in die handverlesene Schar meiner persönlichen Unverzichtbaren eingereiht wird. Was für eine Sternstunde. Bravo!

  • Nach der begeisterten Besprechung von Don Geiferos hatte ich eigentlich vor, mir die CD anzuschaffen, aber via Werbepartner erführ ich, dass ich CD schon seit fast vier Jahren besitze...:untertauch:


    Ja, die Tonsprache ist "tiefromantisch", es ist deutlich zu hören, dass der Solopart virtuos gestaltet wird, aber es ist wahrlich keine "Virtuosenmusik" mit schmückendem Orchester.


    Die langsamen Sätze der beiden Violinkonzerte sind sehr gefühlvoll gestaltet, die beiden "Scènes de la Csárda" gefallen mir ebenfalls sehr gut, ansonsten ist das handwerklich gut komponierte Musik, die temperamentvoll gestaltet wurde und in der die Solistin ihr reiches Können gut zur Geltung kommen lässt, ohne allerdings das Orchester komplett zu übertrumpfen.


    Alfred mag recht haben, wer die Violinkonzerte von Bruch und Tschaikowski mag, der findet auch an Hubay Gefallen. Meine Favoriten waren beide Violinkonzerte indes noch nie... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler