Salut,
der Wunsch wurde an mich herangetragen, einen Thread über Mozarts Hornkonzerte zu verfassen. Das ist einfach:
Es gibt vier Werke Mozarts, die unter dem Begriff „Hornkonzert“ geführt werden:
Concerto N° 1 D-Dur KV 386b [KV 412 u. 514, schon wird’s kompliziert…]
Concerto N° 2 Es-Dur KV 417
Concerto N° 3 Es-Dur KV 447
Concerto N° 4 Es-Dur KV 495
Zudem gibt es drei Fragmente: Es-Dur KV 370b [Hauptsatz], Es-Dur KV 371 [Rondo, Finalsatz] und E-Dur KV 494a.
Nicht unerwähnt bleiben sollte das Hornquintett Es-Dur KV 407 [386c] für Horn [solo], Violine, 2 Violen [sic!] und Violoncello; ich nehme es hier auf.
Vorab: Die Hornkonzerte sind für mich allesamt die wärmsten Solokonzerte Mozarts überhaupt. Das liegt zum einen an der vorherrschenden „warmen“ Tonart Es-Dur, zum anderen am Klang des Hornes an sich: Es vermittelt eine gewisse Nähe, vielleicht durch den genetisch vererbten Jagdinstinkt !?
Die Werke für Horn solo wurden allesamt für den Hornisten Ignaz Leutgeb komponiert. Leutgeb war ein „normaler“ Orchestermusiker aus der Salzburger Hofkapelle, mehr oder minder ein Freund Mozarts. Er war aber ein tüchtiger Solobläser, ansonsten ein eher ungebildeter Musikant, der es zu etwas höherem nicht bringen konnte, wie Köchel schreibt.
Ein gewisses „Problem“ stellt bereits das Concerto N° 1 dar: Auffallend, dass es nur aus zwei Sätzen, nämlich einem vollständig instrumentierten Allegro [ursprünglich KV 412] und einem Rondo, das im Autograph größten teils zwar skizziert, aber nur mit Streichern begleitet ist [KV 514]. Als „fehlenden“ Mittelsatz gibt Köchel KV 494a in E-Dur an. Völliger Humbug – zum einen, weil E-Dur nach D-Dur tonartlich im mozartischen – oder Wiener klassischen – Sinne niemals passt, zum anderen ist KV 494a ein Hauptsatz, unzweifelhaft.
Christoph Wolff hat in seinem hochlöblichen Buch „Mozarts Requiem“ in den Seiten 49ff. [Ausgabe dtv/Bärenreiter] darauf Bezug genommen: Es gibt nämlich eine Version des Rondos [KV 512] von Franz Xaver Süßmayr [SmWV 502]. Offenbar hatte Süßmayr großes Interesse daran, nach der Vollendung des Requiems aufgefundene Fragmente Mozarts zu komplettieren. Die [vollständige] Partitur Süßmayrs wurde lange Zeit für ein Autograph Wolfgang Amadeus Mozarts gehalten, da sich die Handschriften zum Verwechseln ähneln. Selbst Experten tun sich hier schwer. Da es aber in der Begelitung der Streicher, die Mozart ja bereits über weite Strecken ausgeführt hatte, zu der Süßmayrs einen rudimentären Unterschied gibt, meint Wolff, Süßmayr habe lediglich die Horn-Solo-Stimme vorgelegen und er habe das Werk also „neu komponiert“ – unter Verwendung der originalen und unveränderten Hornstimme. Umgekehrt halte ich es für möglich, Mozart hat hier die Hornstimme Süßmayrs verwendet und begonnen, daraus „etwas vernünftiges“ zu machen. Das ist nicht abwertend gemeint: Süßmayr war sein Schüler, letztlich also lediglich ein Instrumentations-Beispiel.
Wie dem auch sei, so hat Mozart seinen Erstling in diesem Genre etwa Ende 1782 komponiert. Das besagte Rondo hat Mozart spaßeshalber datiert mit
Vienna Venerdi santo li 6 Aprile 1797 – und das ist nicht alles: Das Autograph des Rondos von Mozart weist durchgehend neckische Bemerkungen auf. Bereits in Takt 8 des Rondos steht „à lei Signor asino“, die Takte 11-20 sind überschrieben mit „Animo - - presto - - - sù via - - - da bravo - - Corraggio - - e finisti già? - - à te.“ Takt 21 geht es gleich weiter mit „- bestia – oh che stonatura. - - Ahi! - - ohimè!“ und Takt 29/30 „bravo poveretto!“. Nahezu jeder Takt ist so in italienischer Sprache von Mozart kommentiert, hier sei noch das Finale zitiert: „finisci? – grazia al ciel! – basta, basta!“.
Wenn ich nicht irre, hören wir also in den Einspielungen stets die Version Franz Xaver Süßmayrs.
Ebenfalls Ende 1782 komponierte Mozart das Quintett Es-Dur KV 407 [386c]. Es ist dreisätzig [Allegro – Andante – Allegro] und den folgenden vollständigen Hornkonzerten gleich gebaut. Das Horn ist hier sehr konzertant verwendet.
Das Concerto N° 2 in Es-Dur KV 417 ist signiert und datiert mit Wolfgang Amadé Mozart hat sich über den Leitgeb Esel, Ochs, und Narr, erbarmt zu Wien den 27. May 1783. Auch dieses Werk ist, wie alle anderen Hornwerke, eine Gefälligkeitsarbeit Mozarts für den angeblichen „Esel“, Geld hat er dafür niemals gesehen. Umso schöner sind sie gelungen. KV 417 ist ebenfalls dreisätzig: Allegro maestoso – Andante [Satzbezeichnung nicht original] – Rondo.
KV 447, das dritte Hornkonzert, ebenfalls Es-Dur muss vor Februar 1784 komponiert worden sein. In Mozarts „Verzeichnüß aller meiner Werke“, welches mit dem ersten Eintrag am 10.02.1784 beginnt, führt dieses Hornkonzert [noch] nicht auf. Auch dieses Werk weist drei Sätze auf, die vermutlich aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten komponiert wurden. Den Anfang macht lt. Köchel die Romanze in As-Dur, gefolgt vom Allegro-Finalsatz. Erst zum Schluß soll Mozart viel später den Kopfsatz, ebenfalls Allegro, komponiert haben.
Den Abschluß der Hornkonzerte bildet das Concerto N° 4 in Es-Dur KV 495, 1786 komponiert. Überschrift „Ein Waldhornkonzert für den Leitgeb.“, eingetragen in Mozarts eigenem Verzeichnis am 26. Juni 1786. Das Autograph von KV 495 ist abwechselnd bunt durcheinander mit blauer, roter, grüner und schwarzer Tinte niedergeschrieben. Auch hier ist der Mittelsatz eine Romanze, wie bei KV 447. Vorbild dürfte hier Antonio Rosetti gewesen sein, der nahezu jedes seiner rund 40 [sic!] Hornkonzerte mit einer Romanze als Mittelsatz versah – wer also den Hals nicht voll bekommen kann, höre Antonio Rosettis Hornkonzerte!
Als Einspielung würde ich in jedem Falle Aufnahmen mit dem Hornisten BerryTuckwell empfehlen – ich habe sie früher gehört. Leider waren es MCs. Heute habe ich aber nahezu ebenso gute Einspielungen mit wechselweise William Purvis und David Jolley mit Begleitung des Orpheus Chamber Orchestra:
Zu dem Fragment KV 371, das lange Zeit nur aus 219 autographen Takten bestand, wurden am 06.02.1991 [also im Mozartjahr 1991 !] weitere 60 Takte der Originalhandschrift aufgefunden. Es gibt also doch noch Wunder. So meine Notiz im Köchelverzeichnis. Es fehlten die Takte 28-88 [aus heutiger Sicht]. Zufällig konnte man den etwas hinkenden Übergang vor dem Auffinden der "neuen" Takte kaum bzw. nicht bemerken. In der Complete Mozart Edition 1991 wurde das Werk – mit geringfügiger Instrumental-Ergänzung – erstmals von dem Hornisten Timothy Brown und der Academy of St. Martin in the fields eingespielt:
Cordialement
Ulli