Don Carlo(s) - Berliner Philharmoniker/Karajan 1986

  • Hallo,


    wer kennt diese Aufnahme? Ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten, von daher sollen sich bitte die Don Carlo(s)-Kenner zu Wort melden.



    Giuseppe Verdi: DON CARLO
    Oper in vier Akten


    Filippo II, Re di Spagna - FERRUCCIO FURLANETTO
    Don Carlo, Infante di Spagna - JOSÉ CARRERAS
    Rodrigo, Marchese di Posa - PIERO CAPPUCCILLI
    Il Grande Inquisitore - MATTI SALMINEN
    Un frate (Carlo V) - FRANCO DE GRANDIS
    Elisabetta di Valois - FIAMMA IZZO D'AMICO
    La Principessa Eboli - AGNES BALTSA


    Chor der Bulgarischen Nationaloper Sofia
    Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor
    Salzburger Konzertchor


    Berliner Philharmoniker
    HERBERT VON KARAJAN


    Salzburger Osterfestspiele 1986

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Felipe,


    es handelt sich um eine der späten Karajan-Aufführungen in Salzburg. Also nach allgemeinem Konsens in weiten Kreisen dieses Forums etwas, was grundsätzlich zu meiden ist ("auf hohem Niveau seelenlos" oder "ohne das spezielle Feuer" oder gar "langweilig", und was es so an Formulierungen gibt).


    Schlichtere Gemüter wie ich wundern sich dann ein paar Augenblicke lang über das sensationelle Orchesterspiel der Berliner Philharmoniker (dürfens denn das?), und vergessen es bald, weil die Aufmerksamkeit der Bühne gilt. Man sieht und hört "Don Carlo", unverwechselbar, eindeutig erkennbar, nicht interpretiert (im Sinne von neuen Ideen, die dem Regisseur und dummerweise nicht den Autoren eingefallen sind)!


    Die Inszenierung macht den für heutige Begriffe unverzeihlichen Fehler, vollkommen Alfred-kompatibel zu sein! Wir erleben eine Geschichte am Hofe Philipp II., die Kostümausstattung ist von einer heute schon unvorstellbaren Pracht und wirkt sehr authentisch. Was allerdings nur die Zuseher am Fernseher und damals die privilegierten der vorderen Reihen wirklich würdigen konnten, ist doch der ganze Hofstaat in Schwarz gekleidet (aber man glaubt gar nicht, wie prächtig schwarze Gewänder sein können, wie reich an Schattierungen "Schwarz" sein kann).


    Gesungen wird, was das Zeug hält, es ist für 1986 kaum eine bessere Besetzung denkbar. Besonders erwähnenswert vielleicht Agnes Baltsa, die sich mit Todesverachtung in die für sie grenzwertige Partie der Eboli stürzt. Aber das ganze Ensemble ist erfolgreich mit großem Eifer bei der Sache und es wird eine gehaltvolle, dramatische und spannende Aufführung abgeliefert. Diese letzte Aussage könnte natürlich eine vollkommene Fehleinschätzung meinerseits sein, da mir noch keine langweilige Karajan-Einspielung untergekommen ist (und in Punkte Operndramaturgie generell kaum jemand Karajan etwas vormachen konnte; man konnte erfolgreich andere Konzeptionen verwirklichen, aber ihn kaum mit seinen eigenen Waffen schlagen; natürlich nur meine völlig unmaßgebliche persönliche Meinung).


    Buchhalternaturen werden einwenden, dass legendäre Einspielungen der Vergangenheit (z.B. Giulini oder Solti) Rolle für Rolle zumindest gleich gut, mehrheitlich aber sogar besser besetzt waren. Zugegeben, fürs Hören alleine gibt es Besseres, aber der Gesamteindruck ist so gut, dass mir das schnurzegal ist, es gefällt mir einfach sehr gut. Und ein Bekannter von mir hat das live erleben können und wird für den Rest seines Lebens davon schwärmen.


    Gute alte Oper halt, wie man sie sich so heute kaum mehr leisten kann, was aber nicht weiter stört, denn angeblich will man so etwas ohnehin nicht mehr sehen...




    PS: Jemandem, der neuere Inszenierungen vorzieht, das Stück dabei aber noch erkennen will und bereit ist, sich die fehlende Ausstattung dazuzudenken, oder auch nur die französische Version vorzieht, könnte eine Aufzeichnung aus dem Théatre du Châtelet empfohlen werden (unter Antonio Pappano, Regie Luc Bondy).



    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus, :hello:


    vielen Dank für Deinen sehr ausführlichen Beitrag. ;)


    Nun will ich mal auch meinen eigenen Eindruck schildern:


    Optisch geradezu beeindruckend, vor allen Dingen, was die historischen Kostüme anbelangt - schade und mir unverständlich, daß man heutzutage fast immer auf sowas verzichtet!


    Und auch akustisch fand ich das Ganze sehr ansprechend, v.a. Carreras gefiel mir, aber auch Furlanetto fand ich ausgezeichnet.


    Besonders herzerwärmend der Applaus am Ende, als das Publikum beim Anblick des greisen Karajan fast ausflippt - er lächelt dann sogar. :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe diese DVD auch und finde sie nicht nur ein interessantes "Zeitdokument" sondern auch musikalisch wirklich gut!


    Ich weiß leider nicht mehr, wo ich eine lustige Kritik zu dieser Aufnahme gelesen habe, in der der Schreiberling mit Karajans teils gütigen, teils zornigen Gesichtsausdruck ins Gericht geht. (Karajans Gesichtsausdrücke sind ja in Karajan-Filmen immer ganz bewußt inszeniert...)

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    (Karajans Gesichtsausdrücke sind ja in Karajan-Filmen immer ganz bewußt inszeniert...)


    Echt? Ist ja interessant.


    Also bei der Aufnahme überwiegt der zornige Gesichtsausdruck, wenn ich mich recht entsinne. :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Und auch akustisch fand ich das Ganze sehr ansprechend, v.a. Carreras gefiel mir, aber auch Furlanetto fand ich ausgezeichnet.


    Ja, der Don Carlo unter Karajan ist sicherlich eine der Vorzeigerollen von José Carreras (sowohl auf dieser DVD als auch auf der Studioeinspielung). Furlanetto gibt einen etwas grüblerischen König und kompensiert mit einem überzeugenden Rollenporträt den vokalen Nachrang gegenüber berühmten Vorbildern. Ausgezeichnet auch der geradezu bedrohliche Großinquisitor des Matti Salminen....

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Mal eine andere Frage: Gibt es genau diese Aufnahme eigtl. auch auf CD?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Mal eine andere Frage: Gibt es genau diese Aufnahme eigtl. auch auf CD?


    Vermutlich nicht, aber es gibt eine ältere Besetzung dieser Aufführung in einer Studio-Einspielung aus 1979 (Mirella Freni als Königin und Ghiaurov/Raimondi als König/Großinquisitor).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus


    Vermutlich nicht, aber es gibt eine ältere Besetzung dieser Aufführung in einer Studio-Einspielung aus 1979 (Mirella Freni als Königin und Ghiaurov/Raimondi als König/Großinquisitor).


    Danke sehr.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • und die hat die besseren Sängerinnen.


    Ich bin die erste Sängerin...., aber das ist ja von einem anderen begabten Komponisten.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

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