Medien- Eintagsfliegen - Interpreten

  • Wer kennt sie nicht?


    Am Anfang hochgelobte Stars.
    Sie bringen ein oder ein paar mehr Alben heraus, werden von den Medien hochgeputzt, und doch können sie sich nicht an der Spitze halten,stürzen ganz ab oder verschwinden in die mittelmässigkeit.
    Wieso? Weil sie von den Medien nicht weiter beachtet werden?
    Weil sie schlecht geworden sind? Zu überschätzt worden? Unbeliebt?
    Kennt ihr noch mehr solcher Interpreten und deren Absturz?
    Welche haben euch gefallen und welche nicht?




    Nur um mal einige Beispiele zu nennen:


    der kleine Lord (kenn den Namen nicht mehr)?
    Helen Huang (Album: Mozart Klavierkonzert KV 467)
    Sophie Mautner (total überschätzt gewesen, DAS Klaviertalent Deutschlands von den Medien gepriesen; gute deutsche Pianisten und vor allem Pianistinnen sind hier ja leider rar)
    Van Cliburn (gefallen in die Mittelmässigkeit; anfangs noch bombastisch verehrt)


    Weiss zufällig jemand, was diese Leute jetzt machen?

  • Hallo


    Klassikliebhaber schrieb:


    Zitat

    Am Anfang hochgelobte Stars.
    Sie bringen ein oder ein paar mehr Alben heraus, werden von den Medien hochgeputzt, und doch können sie sich nicht an der Spitze halten,stürzen ganz ab oder verschwinden in die mittelmässigkeit.
    Wieso? Weil sie von den Medien nicht weiter beachtet werden?
    Weil sie schlecht geworden sind? Zu überschätzt worden?Unbeliebt?
    Kennt ihr noch mehr solcher Interpreten und deren Absturz?
    Welche haben euch gefallen und welche nicht?


    Ich weiß nicht, ob man von "Abstürzen" sprechen sollte.
    Es gitbt sehr viele erfolgreiche Solisten, die lokal (und auch oft wieder weit darüber hinaus) geradezu Triumphe feiern, von der Tonrägerklientel jedoch nicht, oder nur unzureichend wahrgenommen werden.


    Die Ursachen hiefür sind mannigfaltig, Charisma lässt sich auf Tonträger nur sehr schwer übertragen, manche Künstler fühlen sich im Studio nicht wohl (Ich glaube es war Gieseking, der die Abbey Road Studios als "Folterkammer" bezeichnete) und bei anderen waren die Erwartungen der Tonträgerbonzen einfach zu hoch geschraubt.
    Man will sich den jahrelangen"Aufbau" von Stars ersparen, will auch keine schon existierenden (teuren) Stars zukaufen, im Gegenteil, sondern will das praktizieren, was in anderen Branchen (noch) so trefflich gelingt: Man nehme unterdurchschnittliches, bewerbe es aggressiv, und behaupte es sei erstklassig ("Erstklassik" :P )
    Glücklicherweise funktioniert das im Klassikbereich nicht. Leider ziehen dann jene Manager, die vorher vielleicht Waschmittel promoted haben,und in deren Augen Mozart der Erfinder einer gewissen Schokolade-Marzipan-Kugel ist, den Schluß, Klassik ließe sich nicht verkaufen und bremsen die Produktion.
    Kein Kenner ist IMO willens für einen "Newcomer" und sei er noch so gut, Vollpreise hinzulegen von ein paar Ausnahmen mal abgesehen, und Ausnahmen, das liegt in der Natur der Sache, sind bekanntlich rar.
    Lediglich sehr junge Kunden sind dazu bereit, und das hauptsächlich deshalb, weil ihnen der unmittelbare Vergleich fehlt, oft aus finanziellen Gründen (Vergleichsaufnahmen kosten Geld), oder aber aus der kritiklosen Einstellung heraus, alles Neue wäre prinzipiell besser.
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    Der" kleine Lord" (kenn den namen nicht mehr)?
    hat wieder eine CD aufgenommen, ich sah sie erst neulich irgendwo.
    Leider gibt es jede Menge CDs die mich aber mehr interessieren.
    Die "alten Karrieren" wurden langsam aufgebaut und mussten sich immer und immer bewähren, daher sind sie stabiler...


    Van Cliburn.


    war als Mensch ein Exzentriker. Er bestand beispielsweise darauf, daß jedes seiner Konzerte mit der amerikanischen Nationalhymmne eingeleitet wurde. Die Qualität seiner Interpretationen wird in der Fachliteratur als sehr schwankend beschrieben, seinen Durchbruch hatte er 1958, als er in Moskau bei einem Klavierwettbewerb den 1. Preis machte. Sein Repertoire war durchwegs von russischen Spätromantikern und modernen amerikanischen Komponisten geprägt.
    Sein letztes Auftreten war 1978, da war er 44 Jahre alt.


    Den Rest der gennanten Interpreten kenne ich nicht, Sophie Mautner, gerade noch dem Namen nach......


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    Es ist sehr schwer zu beurteilen, wer eine "Eintagsfliege" auf Grund der "Qualität" war, in Zeiten wo Harnoncourt,Christie, Dohnany, Zacharias, Norrington, Marriner, Leonskaya von ihren Labeln im Stich gelassen wurden.


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    Die Frage ist, wie es mit den Shooting-Stars von heute, wie z..B Lang-Lang morgen aussehen wird.
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    Bin ich nun ein Feind aller heutigen Interpreten ?
    Mitnichten. Hier einige Interpreten von heute, die ich schätze,
    allerdings gibt es etliche mehr.


    Leif Ove Andsnes (seine Haydn-Aufnahmen)
    Idil Biret (seit ich ihre Brahms-Klavieronaten bewußt gehört habe !!)
    Michael Endres (seine Mozart Sonaten)
    Till Fellner (seine Aufname von Beethovens KK 2 und 3)
    Markus Kirschnereit (seine Mozart Klavierkonzerte)
    Markus Schirmer (seine Beethoven und Schubert !!!)
    Andreas Staier (seine Dussek-Aufnahmen)
    Stefan Vladar (gern gesehener Gast im Wiener Musikverein)


    All diese sind Kandidaten, wo ich bei Neuaufnahmen interesse hätte,
    sie sind gewissermaßen "bevorzugte Kandidaten".


    Mein Ausbau der Sammlung "vergangener" Pianisten oder "lebender Legenden" bleibt davon jedoch unangetastet, der läuft parallell.


    Ähnliches lässt sich über Sänger etc sagen...., nur daß da das Angebot IMO schlechter ist....



    Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Van Cliburn.
    <...> Sein letztes Auftreten war 1978, da war er 44 Jahre alt.


    Hallo Alfred!


    Das stimmt nicht. Van Cliburn tritt immer wieder auf, neulich war er laut Zeitungen wieder in Moskau, wo er schon wieder einen großen Erfolg hatte.


    Gruß


    P.S. Bei mir alles ohne Änderung. Die Post kommt aber noch. :-)

  • peet schrieb:


    Zitat

    Das stimmt nicht. Van Cliburn tritt immer wieder auf, neulich war er laut Zeitungen wieder in Moskau, wo er schon wieder einen großen Erfolg hatte.


    Hallo peet,


    Natürlich kannst Du recht haben, meine Angaben erfolgen immer nach bestem Wissen und Gewiassen und sind IMO sorgfältig recherchiert, jedoch ist es niemals auszuschließen, daß meine Quellen, so seriös sie auch sein mögen, mit Fehlern behaftet sind.


    Die Quelle in diesem Fall war Metzlers Musiklexikon in 4 Bänden,
    Redaktionsschluß Juni 1996
    (Ich nehme nicht an, daß irgend jemand hier erwartet hat, ich hätte mit Herrn
    Cliburn diesbezüglich persönlich telefoniert :D )



    Freundliche Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo zusammen,


    direkt vorne weg: Ich halte Trevor Pinnock auf keinen Fall für eine Eintagsfliege.


    Aber: Wo ist er geblieben?


    Jahrelang stand er in der erste Reihe der Interpreten im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Seine Aufnahmen der Brandenburgischen K., der Overtüren oder der Cembalokonzerte von Bach begeistern mich noch heute. Ebenso sein Messias.


    Aber wenn ich den Markt der letzten Jahre so betrachte, finde ich keine neuen Aufnahmen mehr von ihm. Ab und zu ist er in einem Konzertprogramm zu entdecken.


    Vielleicht kann mir in diesem Thread jemand eine Antwort geben, was mit ihm passiert. Ist er einfach nur von den Medien verlassen worden? ?( Das wäre ja eine Schande - :motz:

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  • Hallo zusammen,


    Sophie Mautner kommt mir auch spontan in den Sinn, wenn es um "Eintagsfliegen" geht. Offenbar haben sich da doch die Stimmen der Kritiker durchgesetzt. Bei den Pianisten gab es eh viele Namen von denen man wenig hört. Dimtri Scouros oder Helfgott z.B. der seinen Aufstieg eigentlich nur einem wirklich guten Film über ihn verdankt "shine". Allerdings sind die Ansprüche an Pianisten auch enorm hoch.


    Wie auch immer: Es gibt auch durchaus Künstler, denen das Leben als Solist schlicht zu stressig war und die irgendwo eine Professur haben und damit ganz zufrieden sind, das Familienleben dem Jetset vorziehen.Was ich so mitkrieg liegt die Scheidungsrate bei aktiven Künstlern der ersten Reihe bei schätzungsweise 90 Prozent, das mal so am Rande


    Gruss :hello:


    Syrinx

  • Zitat

    Original von Andreas
    direkt vorne weg: Ich halte Trevor Pinnock auf keinen Fall für eine Eintagsfliege.


    Aber: Wo ist er geblieben?


    Jahrelang stand er in der erste Reihe der Interpreten im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Seine Aufnahmen der Brandenburgischen K., der Overtüren oder der Cembalokonzerte von Bach begeistern mich noch heute. Ebenso sein Messias.



    Servus Andreas,


    Trevor Pinnock hat sein Orchester, The English Concert, im Jahre 2003 abgegeben. Neuer Leiter wurde Andrew Manze. Pinnock wollte sich wieder mehr auf seine musikalischen Wurzeln besinnen und als Cembalist tätig sein. Dirigate übernahm er seither nur noch sporadisch. Er selbst hat das wie folgt begründet:


    Zitat

    There are other things I want to develop, or rather come back to. Having done The English Concert for 18–20 weeks per year, and guest conducting the rest of the time, I'd sacrificed playing the harpsichord rather more than I wanted to. I had to make a decision to move forward: there were certain solo projects I wanted to do, and I wanted to make the decision now rather than wait until after I am 60 and it's too late to do half of them.



    Allerdings war die Ehe Pinnock - English Concert künstlerisch in ihren letzten Jahren ziemlich am Ende. Eine Weiterentwicklung fand kaum noch statt und entsprechend still wurde es auch auf dem Plattenmarkt. Seit Mitte der 90er Jahre wurde mit Ausnahme einer live auf DVD mitgeschnittenen Händeloper keine Aufnahmen mehr mit Pinnock am Pult produziert. Daher war es für das weiterbestehen dieses verdienstvollen Klangkörper gradezu überlebenswichtig, dass es ein neuer Leiter wieder neuen Schwung reinbrachte.



    herzliche Grüße,
    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo Andreas & Thomas,


    ich darf noch ergänzen, daß Pinnock anläßlich seines sechzigsten Geburtstages das European Brandenburg Ensemble gründete, mit dem er derzeit, die Brandenburgischen Konzerte im Gepäck, durch die Welt tourt. Eine Neueinspielung selbiger steht offenbar kurz vor der Veröffentlichung:


    Zitat

    In addition to the birthday celebration concerts and the 2007 European and Far East tour, Trevor Pinnock and the EBE have created a historic new recording of the Brandenburg Concertos. This recording was made in Sheffield City Hall’s ballroom during December and January, and the classical world is waiting in great anticipation for the CD due to be released by Avie Records in 2007.


    "http://www.europeanbrandenburg.com/news_recording.html"




    Übrigens ist die Affäre Manze - The English Concert schon wieder vorbei. (:D ) Die Leitung hat inzwischen eine Dame übernommen:


    Zitat

    We are delighted to announce that Nadja Zwiener will be the new leader of The English Concert from 2007-08, making her leading debut with us at Cadogan Hall with Harry Bicket, on 12 September. Nadja, 32 and a native of Berlin, is among the most brilliant violinists of her generation. In recent years she has been guest leader of several of Europe’s leading period instrument orchestras, including Les Arts Florissants and The Orchestra of the Age of Enlightenment. We look forward to Nadja also featuring regularly as a soloist with us.


    "http://www.englishconcert.co.uk/news/news_detail.php?ID=1286"




    :hello:

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

  • Zitat

    Bei den Pianisten gab es eh viele Namen von denen man wenig hört. (...) Helfgott z.B. der seinen Aufstieg eigentlich nur einem wirklich guten Film über ihn verdankt "shine".


    Hallo, Syrinx!


    David Helfgott verdankt seinen Aufstieg (und Fall) nicht nur diesem Film, sondern ist per se als tragischer Sonderfall einzustufen. Ein begabter Klavierspieler, aber eben nicht ein tragfähiger Pianist wird aufgrund seines persönlichen Schicksals von den Medien vermarktet, trägt natürlich auch selbst zu dieser Vermarktung bei, wobei der Grad an objektiver Steuerung durch den Künstler aufgrund seiner Krankheit wohl schwer zu beurteilen ist.


    Ich habe mir spaßeshalber seine Interpretation des dritten Rachmaninow-Konzerts gekauft und kann den vernichtenden Kritiken nur zustimmen, denn trotz einzelner Lichtblicke entspricht Helfgotts Einspielung natürlich keinen zeitgemäßen Standards, ist die Veröffentlichung der CD einer der vielen Belege für gravierende Fehlleistungen, um nicht zu sagen Zynismen der Musikindustrie.


    Der Film hat mich durchaus auch beeindruckt, aber das ist ein anderer Stiefel.


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Zitat

    Original von Klassikliebhaber


    der kleine Lord (kenn den namen nicht mehr)?


    gemeint ist vermutlich


    Victor Emanuel von Monteton



    hier die aktuelle homepage


    http://www.monteton.com/

    "Der moderne Komponist darf seine Werke einzig und allein auf der Grundlage der Wahrheit schreiben."
    Claudio Monteverdi


    "Der Komponist komponiert erstens für sich selbst und zweitens für das Publikum; aber für ein ideales Publikum und nicht für das...welches real existiert"
    Nikolai Rimski-Korsakow


    "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche."
    Gustav Mahler

  • Mancher Thread ist nach 8 Jahren Laufzeit obsolet, vollgeschrieben und unübersichtlich,
    Alldas trifft auf diesen nicht zu, denn er war einerseits nie besonders aktiv, andrerseits sind 8 Jahre Tamino ein idealer Zeitraum, darüber nachzudenken, welche Interpreten uns in dieser Zeit als neue Carusos, Callas, Brendels, Karajans und Heifetz´angedreht wurden - und wer dovon bereits wieder vergessen ist (Besonders reizvoll ist das Thema, wenn man sich über den eine oder anderen Fall nicht einigen kann....... :P


    Ich empfehle allen, den Einführungsbeitrag Nr 1 zu lesen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !