Debussys Streichquartett war eines der ersten Streichquartette, die ich kennengelernt habe. Es ist bis heute eins meiner Liebsten. Ich besitze diese grossartige Aufnahme noch in der Ausgabe ohne Stravinsky:
"Debussys Streichquartett entstand im Jahre 1893. Es ist noch kein Werk seiner Reifezeit, zeichnet sich aber schon durch höchst persönlichen Charakter und eine originelle Konzeption aus. Ein einziges Thema beherrscht in wechselnden Verkleidungen alle vier Sätze.
Zu Beginn des einleitenden „Anime et tres decide“ wird es vorgestellt, über einer ruhelosen Triolenbegleitung weiter entwickelt und durchgehend einem lyrischeren, flexibleren Thema gegenübergestellt.
Im zweiten Satz („Assez vif et bien rhythme“) behauptet sich eine neue, zigeunerhaft rhythmisierte Version desselben Themas innerhalb eines Irrgartens ständig wechselnder Pizzicato-Rhythmen, taucht im Mittelteil in wiederum anderer Gestalt auf und stellt das Material für die Coda im Fünfertakt ( 15/8 ).
Im „Andantino, doucement expressif“ gemahnt die consordino gespielte Des-dur-Fassung des Themas eindeutig an Borodin, doch der bewegtere Mittelteil zeigt auch, daß Debussy bereits an „Pelleas et Melisande“ arbeitete, als er das Quartett schrieb.
Das Finale beginnt mit einer Rückschau auf die vorangegangenen Metamorphosen des Themas, bevor der eigentliche Hauptteil des Satzes beginnt („Tres mouvemente et avec passion“). Dieses Finale ist der konventionellste der vier Sätze. Mit seinen Oktavierungen, Tremolos und langen Baß-Ostinati ist es weniger idiomatisch als der Rest des Werkes, sorgt jedoch für einen effektvollen Abschluß eines der originellsten Werke der Quartettliteratur."
Aus dem Textheft von Martin Cooper