Abgespeckt: Chopins Klavierkonzerte in der Kammermusikversion

  • Hallo Forianer,


    Wer hat nicht schon alles über den "schwachen", weil phantasielos instrumentierten, ziemlich holzigen und nicht sehr dicht gestrickten Orchesterpart der Chopin'schen Klavierkonzerte geschimpft.


    Eine Variante, die den Orchesterpart verschlankt und (besonders die Mittelsätze) in ganz neuem, zart schillernden Licht erscheinen lässt, ist eine Kammermusikversion, die die in Berlin lebende japanische Pianistin Fumiko Shiraga mit dem Yggdrasil Quartett nebst Kontrabaßverstärkung beim Label BIS eingespielt hat.


    Auch wenn diese Fassung neu erstellt wurde - es ist wohl belegt, dass auch Chopin oft in dieser Besetzung musiziert hat.
    Eine Aufnahme auch für jeden, der die Chopin-Konzerte in- und auswendig kennt. Hier gibt er -wenigstes atmosphärisch- noch eine Menge zu entdecken...


    Schöne grüße!
    Daniel

  • Hallo Daniel,


    ist dir bereits die kammermusikalische Einspielung von Vesko Stambolov vertraut?



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    Hörbeispiele auf Metarecords


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    Ich hege ein gewisses Interesse, warte aber noch auf einen mittelkleinen bis großen Preissturz. :motz:




    Anbei eine Kritik von Martin Hufner


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    Vesko Stambolov - Chopin, Die zwei Klavierkonzerte


    Gar nicht ulkig sind die Klavierkonzerte von Frederic Chopin, sondern eher ausgesprochen schön. Gut. Ich benötigte schon einige Zeit, um das zu erkennen. Oder schlecht. Chopin eilt ein blödes Vorurteil voraus, bedingt aus den höheren Klaviertöchter-Geschichten.


    Da kann man was draus machen. Bei Metarecords nun gibt es eine Einspielung der beiden Konzerte (op.11 und op.21) mit Vesko Stambolov und keinem Orchester. Statt dessen sind die Konzerte reduziert auf eine Streichquartettbesetzung — genau wie bei den Bach-Konzerten aus dem gleichen Hause. Man muss sich an diesen Klang gewöhnen, wenn man das Orchester mit seinen Farben im Hintergrund immer mitbedenkt. Aber diese Um- und Eingewöhnung ist vielleicht ja auch bei solchen Werken mal ganz sinnvoll.


    Denn aus der kammermusikalischen Besetzung resultiert keinesfalls ein Werk für Klavierquintett sondern eher wie bei einer Soßenreduktion ein Konzert für Klavier und Streichquartett. Das könnte glatt gehen und das tut es bisweilen in dieser Aufnahme bei metarecords auch, doch scheint mir das Streichquartett vielfach nicht richtig in den Gesamtklang eingependelt. Ja, irgendwie wirken sie zurückgenommen, wie aus dem Raum in die Ebene heruntergerechnet. Doch dafür sind sie dann doch manchmal ein wenig zu artikuliert; nur nicht klar scheint da die Motivation.


    Die Aufgabe einer solchen Umwandlung eines Orchesterstücks ist eben nicht zu unterschätzen. Die originalen Farben sind schließlich nicht zu ersetzen. Man darf dann nicht zu tief zurückfallen in einer Art Rücknahme der Ausdrucksweise und dennoch muss dies geschehen, will man nicht zu aufdringlich werden im Streichquartettklang. Da neigen schon kleinste Besonderheiten zu einer Art hypertrophischer Ausweichung. Aber bitte, das ist in wenigen Momenten der Fall, am ehesten noch im ersten Satz des ersten Konzertes. Das Larghetto des zweiten ist vollauf gelungen und tadellos in dieser Frage. Da stimmt der Ton.


    Ich mag die Aufnahme dennoch sehr und die obige Kritik ist unverhältnismäßig zu den Meriten dieser Aufnahme. Sie klingt gut, sie bereitet Vergnügen, die Musizierweise Stambolovs ist elegant, klar, unaufgeregt und gänzlich unanrüchig. Alles in allem wirkt sie befreit von manch klebriger Zutat bei anderen Aufnahmen oder in besuchten Konzerten.


    (c) Martin Hufner


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    Grüße.
    Milosz

    "Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt."
    Arnold Schönberg

  • ... ebenfalls kürzlich bei metarecords erschienen:



    BACH Klavierkonzerte nos. 1, 3, 7 [Stambolov & Co]


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    Grüße
    Milosz

    "Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt."
    Arnold Schönberg