Ein wahrer Rebell - Jean Féry Rebel

  • Rebel ( 1661 - 1747) entstammte einer Musikerfamilie, sein Vater Jean Rebel war Sänger am Hofe Louis XIV und so erhielt auch sein Sohn schon in jungen Jahren Musikunterricht.
    Jean-Féry zeigte so großes Talent im Violinspiel, dass man ihn schon mit 8 Jahren dem König und Lully vorstellte - die beide außerordentlich beeindruckt waren.
    Lully höchstpersönlich unterrichtete ihn im Violinspiel und der Komposition.
    Als Cembalist und Violinist machte er an der Academie Royal de Musique Karriere.



    Jean Féry Rebel


    Nachdem er einige Zeit im Orchester seinen Dienst verrichtete wurde er zum Taktschläger an der Oper ernannt.
    Er wurde Geiger der königlichen Kapelle und schließlich zusammen mit seinem Schwager Michel Richard Delalande Komponist der königlichen Kammer.


    Gönner hatte er viele darunter Madame Law, die Gattin des berühmten Finanziers. Sie bestellte bei ihm einige Kompositionen, und der Prinz Carignan, Generalleutnant von Frankreich und Savoyen, ihm widmete Rebel "Les Elements".


    Er komponierte praktisch nur weltliche Musik, auch werden ihm Vertonungen der "Lecon de Ténèbres" zugeschrieben, die jedoch nicht erhalten sind.
    Seine ersten veröffentlichungen waren Sonaten für Violine und Generalbaß. In dieser Sammlung war auch das große "Tombeau de M. de Lully" zu finden.


    Als Schüler Lullys versuchte er sich auch auf dem Gebiet der Oper, 1703 entstand "Ulisse" doch war dem Werk kein Erfolg beschieden und so nahm Rebel abstand davon eine weiter Oper zu komponieren.
    Doch fand er auch anderem Weg zur Bühne zurück:


    Castil Blaze schrieb 1855 in der L'Académie Imperial de Musique: Rebel hatte für die Violine ein Capriccio komponiert, das bei Konzerten so großen Anklang fand, das sich Mademoiselle Prévost eine Choreographie darauf einrichtete.
    Es war ein gewaltiger Erfolg und so war dieses "Caprice" 200 Jahre lang so beliebt, dass sich keine Tänzerin die Gunst des Publikums erringen konnte, wenn sie sich nicht daran versuchte.


    So entstand eine neue Gattung die "Tanzsymphonie" eine Musik also die zum ersten mal aus dem Kontext einer Tragèdie Lyrique oder Opera Ballet herausgelößt wurde.


    Nach diesem Erfolg komponierte Rebel 1715 "Les Caractères de la Danse" Auch hier war wieder Mademoiselle Prévost zur Stelle um darauf zu tanzen.
    Es folgten alle großen Ballerinen der Zeit, Marie Sallé und auch ihre Rivalin La Carmago.



    Marie Sallé


    Schnell wurde diese Miniaturballetsuite auch außerhalb Frankreichs berühmt, 1725 wurde sie in England gegeben - und in der Folge entstanden weitere solcher Symphonien "La Fantasie" ( 1729 ) "Les Plaisirs champêstres" 1734 und "La Boutade".
    Sie alle hatten den gleichen Erfolg.


    Doch sein letztes Werk "Les Elements" sollte diesen Mann zu einem der aufsehneregensten und modernsten Komponisten des Barock werden lassen.
    Die Suite wurde 1737 das erste mal aufgeführt.
    Nach dem die Oper "Cadmus et Hermione" (Lully) gegeben wurde, schrieb der Mercure Galant, das ein neues symphonisches Stück von Rebel genannt "Les Elements" aufgeführt werden sollte.
    Die Dame Sallé und Mariette sowie die Herren Dumoulin, Dupré, Malter und Javilliers werden tanzen.


    Der Mercure berichtet weiter über den großen Erfolg, die Erlesenheit der Kostüme und Dekors.
    Doch wurde bei der Premiere der Einleitungssatz "Le Chaos" fortgelassen.
    Hört man diesen Satz so weiß man auch wieso, Rebel war seiner Zeit um mindestens 150 Jahre vorraus.



    Aufnahmen seiner kühnen Musik gibt es leider nur wenige, doch diese wenigen sind recht gut interpretiert.


    Die wichtigste und schönste aller Rebel Aufnahmen:



    Les Elements / Les Caracteres de la Danse / Tombeau de Mr. de Lully
    Les Musiciens du Louvre / Minkowski


    Hier sind eigentlich alle 3 Hauptwerke vertreten, "Les Elements" , "Les Caractréres de la Danse" und die Sonate "Tombeau de M. de Lully" in Orchesterfassung.
    Les Musiciens du Louvre spielen mit der nötigen Schärfe und Sinnlichkeit.
    aus der Sonate wird in dieser Orchesterversion eine regelrechte Symphonie.



    Tombeau - sämtliche Triosonaten
    Ensemble Rebel


    seine Kammermusik wunderbar wie Rebel den ital. Stil eines Corelli immitiert und dennoch ganz französisch bleibt.



    Concert de Danse
    La Petit Bande / Kuijken


    neben vielen anderen Stücken von Lully, Delalande, Charpentier und Rameau sind hier die beiden anderen Balletsymphonien "La Fantasie" und "Les Plaisirs de champêstres" enthalten.

  • lieber lullist, du hast recht: als ich vor einigen jahren in die die elemente hineinhörte, glaubte ich meinen ohren nicht zu trauen: solch harsche, absolut moderne musik (gerade im 1. satz, ich glaube dem 'chaos' ) hätte ich niemals erwartet: grandios! und so war die cd sogleich mein eigentum ...:-)

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Ich muss etwas gestehen: Ich habe eine boshafte Ader. Es kommt vor, dass ich nichts ahnende Freunde klassischer Musik gnadenlos hereinlege. Einem Puccini-Fan verkaufte ich Menottis Italien-Arie ("They tell me that the italian shore...") aus "The Saint of Bleecker Street" als eine jüngst aufgefundene Arie aus "La fanciulla", ein Rachmaninow-Fan bekam die Siebente Symphonie von Tschaikowskij als jüngst entdeckte Rachmaninow-Symphonie vorgesetzt und einer war so begeistert von einer Erstfassung der "West Side Story"-Ouvertüre, dass es mir fast leid tat ihm zu enthüllen, dass er in Wahrheit Ginasteras "Pampeana 3" gehört hat.
    Mein übelster Leger war aber zwei Mal Rebel.
    Das "Chaos" habe ich einem Fan von Pendereckis Clusterstudien als dessen Cembalokonzert angedreht. Und einem, der (so wie ich) ganz begeistert von Schnittke ist, wurde es als ein Frühwerk dieses Meisters verkauft. Hat in beiden Fällen 100-prozentig gewirkt. Sogar so gut, dass man mir die Auflösung zuerst nicht recht glauben wollte.
    Deshalb umso mehr: Danke für den Rebel-Beitrag, bei dem ich Vieles über diesen wirklich genialen Kerl erfahren habe!

    ...

  • jetzt ist Jean Féry Rebels einzige Tragèdie Lyrique auf CD erschienen, und das mit sogar mit meinem Lieblings Ensemble
    "La Simphonie du Marais" unter Hugo Reyne




    Rebel: Ulysse Tragèdie en Musique en 5 Actes et un Prologue (1703)
    La Simphonie du Marais / Reyne



    wie ich schon weiter oben schrieb, war dem Werk kein Erfolg beschieden, bereits nach der 10. Aufführung
    an der Academy Royale de Musique wurde es für immer abgesetzt.


    Eigentlich fast unverständlich, denn das Werk ist eine wirklich schöne Oper.
    Rebel arrangiert wunderbare Divertissements, es ist alles enthalten was eine gute Tragèdie ausmachen sollte.
    Vor allem der letzte Akt ist musikalisch sehr effektvoll, wunderschöne Airs und Chöre mit und ohne Trompeten und Paucken, eine wirklich sehr hübsche Passacaille und eine Sturmszene.
    Die Ouvertüre der Oper ist auch besonders gelungen - vielleicht etwas gewagt.


    Rebel bleibt natürlich ganz dem Stil Lullys verpflichtet, aber seit Charpentiers Médée scheint es Mode zu sein, die Opern mit einem Monolog enden zu lassen...



    Woran der Misserfolg letzlich lag ist schwer auszumachen, vielleicht lag es wieder am Libretto, die Musik selbst ist über jeden Zweifel erhaben, auch wenn die Oper natürlich nicht an die Meisterwerke Lullys heranreicht.


    Für jeden Freund der frz. Barockmusik ist diese Einspielung aber ein wirkliches Muss. Die Oper wurde beim Festival Chabotterie aufgenommen, bei dem schon die hinreißende Einspielung des "Amadis" von Lully entstand.


    :hello:

  • Guten Morgen


    meine erste Bekanntschafft mit J.F. Rebel und seine "Elementen" machte ich mit dieser



    Einspielung mit der musica antiqua Köln.
    Hat mich beim ersten Hören umgehauen :jubel: :jubel:



    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Neben der Aufnahme mit der Musica Antiqua Köln unter Goebel möchte ich aus diese Aufnahme mit der Academy of Ancient Music unter Christopher Hogwood verweisen, die mir auch sehr gut gefällt. Und dazu gibt es auch noch weitere "Elemente" von Destouches!


  • Die Einspeilungen der "Elemente" von Goebel und Hogwood waren auch für mich das erste Kennenlernen von Rebels Musik, gefolgt von den Sonaten bei dhm.


    Gibt es die Charactères de la danse mit Minkowski noch?

  • Meine erste Begegnung mit Jean Féry Rebel fand auf folgender CD statt:



    Vom sehr empfehlenswerten Label Raumklang. Neben dem Stück von Fery finden sich noch Purcell, Corelli, Albinoni und Telemann auf der CD.
    Beeindruckt von den Caractères de la danse suchte ich nach weiteren Tonträgern mit Rebel und entschied mich nach längerem Probehören bei jpc für diese Aufnahme:



    Ein absoluter Glücksgriff. Die CD ist seit 3 Wochen mein ständiger Begleiter im Auto.
    La Terpicore (1720) (Ballett)
    Les Caractères de la danse (1734) (für Orchester)
    Caprice (1711) (für Orchester)
    Les Plaisirs champêtres (1734)
    La Fantaisie
    Les Éléments (Suite für Orchester)


    Ich kann diese CD nur empfehlen!

  • Dem Einleitungsbeitrag des Lullisten gibt es nichts hinzuzu fügen. Er ist perfekt- und dank seiner genauen Beschreibungen konnte ich auch die verlorengegangenen Bilder wieder herstellen und die CDs neu verlinken - von denen einige immerhin noch erhältlich sind. Meine Beziehung zu Rebel beginnt hier und heute Am Wochenende ist die gezeigte cpo-CD mit dem L'Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg bei mir eingelangt. Der Cluster zu Beginn des Werks, der das Chaos beschreibt lässt befürchten, es sei ein Fehlt am CD-Player oder Verstärker aufgetreten. In Wahrheit ist es Lediglich die Einleitung, wo alle Elemente noch ungeordnet ineinander geballt sind. Das entstehende Geräusch (Musik wäre hier ein Euphemismus) stellt das Chaos dar - und das ist - wie Rebel in einem entsprechenden Text schreibt - eie akkurate Beschreibung der Realität in der Natur - also nichts Aussergewöhnliches. Leute die das Werk in natura gehört haben beschreiben den Beginn (denn nur um diesen handelt es sich hier) als OHRENBETÄUBEND.

    Aus Sicherheitsgründen - und um das Publikum zu schonen hat man bei der Uraufführung diesen Teil weggelassen. Danach folgen die 4 Element und anschliessend diverse Tänze:

    1. Le cahos (spelling from the engraved score) or chaos
    2. Loure I: La terre et l'eau
    3. Chaconne: Le feu
    4. Ramage: L'air
    5. Rossignols
    6. Loure II
    7. Tambourins I & II
    8. Sicilienne
    9. Rondeau: Air pour l'Amour
    10. Caprice


    Hier als Kostprobe: Das Chaos:

    Rebel war hier seiner Zeit um 200 Jahre voraus...

    Diese radikale Lesart wurde weiter oben im Thread empfohlen ist aber nicht mehr am Markt...



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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