Zdeněk Fibich (1850-1900) steht heutzutage im Schatten von Smetana und Dvořák, dabei war er seinerzeit als der dritte große böhmische Komponist in diesem Trio anerkannt. Leider schlägt sich diese Zurücksetzung bis heute durch, gibt es doch nur eine sehr überschaubare Anzahl an Aufnahmen seiner Orchesterwerke. Ich schreibe hier bewusst nicht nur Symphonische Dichtungen, da es schade wäre, fielen weitere hörenswerte Orchesterwerke durch diese Definition durchs Raster.
Folgende Orchesterwerke (neben den drei Symphonien) von Fibich wurden m. W. eingespielt:
- Der Prager Jude, Ouvertüre zum Theaterstück von Josef Jiří Kolár, WoO (1871)
- Othello, Symphonische Dichtung nach dem Theaterstück von William Shakespeare, op. 6 (1873)
- Záboj, Slavoj und Luděk, Symphonische Dichtung nach der Königinhofer Handschrift, op. 37 (1873)
- Toman und die Waldnymphe, Symphonische Dichtung nach der Ballade von František Ladislav Čelakovský, op. 49 (1875)
- Die Frühlingsromanze, Kantate für Soli, Chor und Orchester, op. 23 (1880)
- Der Sturm, Symphonische Dichtung nach dem Theaterstück von William Shakespeare, op. 46 (1880)
- Der Lenz, Symphonische Dichtung, op. 13 (1881)
- Die Nacht auf Karlstein, Ouvertüre zur Komödie von Jaroslav Vrchlický, op. 26 (1886)
- Komenský (Comenius), Festouvertüre, op. 34 (1892)
- Am Abend, Idyll für Orchester, op. 39 (1893)
- Impressionen vom Lande, Suite für Orchester, op. 54 (1897/98)
- Der Fall Arkonas, Ouvertüre zur gleichnamigen Oper, op. 60 (1898)
Die maßgeblichen Einspielungen entstanden für Supraphon unter den Dirigenten František Vajnar (mit dem Prager Rundfunk-Symphonieorchester, 1983) und Vladimír Válek (mit dem Prager Symphonikern, 1984). Erfreulicherweise ist Naxos dazu übergegangen, diverse Lücken durch Neueinspielungen unter Marek Štilec zu füllen. Daneben widmeten sich Gerd Albrecht und Douglas Bostock diesen Werken.
Ich will zwei der Werke herausgreifen, die mir besonders gefielen: Zum einen "Toman und die Waldnymphe". Die Geschichte von der mysteriösen Waldnymphe wurde so ähnlich zwei Jahrzehnte später auch von Jean Sibelius behandelt. Es geht um einen jungen Mann, der von seiner Geliebten betrogen wird, die einen anderen heiratete, und der in der Walpurgisnacht Trost in den Armen der verführerischen Waldnymphe sucht, was zugleich sein Ende ist.
Außerordentlich effektvoll ist die Opernouvertüre "Der Fall Arkonas", die indes problemlos als eigenständiges Orchesterwerk durchgeht. Es handelt darin um den Sieg des Christentums über das Heidentum der baltischen Slawen im Jahre 1168. Hier bedient sich Fibich am eindeutigsten des wagnerischen Prinzips der Leitmotive, der ausgedehnten Handlungsbreite und der orchestralen Flächen. Es handelt sich beim "Fall Arkonas" sogar um zwei Opern, "Helga" und "Darun", die schon aufgrund des immensen Aufwandes praktisch nicht mehr aufgeführt werden. Der christliche Sieg wird durch eine gewaltige Apotheose mit Orgelbegleitung symbolisiert. Eine gewisse Vorbildwirkung dürfte wohl auch Liszts "Hunnenschlacht" gehabt haben, in der der Widerstreit zwischen Christentum und Heidentum ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.
Ich muss ehrlich bekunden, dass mir Fibichs Orchesterwerke mehr imponierten als die Symphonischen Dichtungen von Dvořák.