Florent Schmitt (1870-1958) – übersehener großer Franzose?

  • Kürzlich jährte sich sein Todestag zum 60. Male und doch spielt dieser Komponist im Tamino Klassikforum bislang keine große Rolle, glaubt man der Suchfunktion. Zeit also, dies zu ändern.



    Florent Schmitt, geboren am 28. September 1870 in Blâmont, gestorben am 17. August 1958 in Neuilly-sur-Seine, war ein französischer Komponist.


    Er absolvierte ein Studium am Pariser Konservatorium bei Albert Lavignac, André Gedalge, Jules Massenet und Gabriel Fauré. Im Verlaufe dessen schloss er Freundschaft mit seinem Kommilitonen Maurice Ravel.


    Im Jahre 1900 gewann er mit seiner Kantate "Sémiramis" den Prix de Rome. Er unternahm vielfältige Reisen durch Europa und in den vorderen Orient. Zwischen 1922 und 1924 wirkte er als Professor für Harmonielehre am Konservatorium von Lyon. Von 1929 bis 1936 war er Musikredakteur der Tageszeitung "Le Temps".


    1936 wurde Schmitt als Nachfolger von Paul Dukas Mitglied der Académie des Beaux-Arts und 1957 schließlich mit dem Großen Musikpreis der Stadt Paris ausgezeichnet.


    Florent Schmitt war ein sehr produktiver Komponist, dessen Werkkatalog 138 Opusnummern und über zwanzig unpublizierte Kompositionen umfasst. Abgesehen von der Oper und der Operette beschäftigte er sich mit sämtlichen musikalischen Werkgattungen. In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zählte er fraglos zu den führenden Komponisten Frankreichs.


    Zu seinen bedeutendsten Werken werden gerechnet: Der Psaume 47 op. 38, "Le Palais hanté" op. 49, "La Tragédie de Salomé" op. 50 sowie das Klavierquintett op. 51.


    Mit seiner avancierten Harmonik, Rhythmik und Metrik, verbunden mit einer starken Expressivität und einer meisterhaften Instrumentation, nahm er spätere Innovationen von Strawinski und Messiaen bereits vorweg und war bis etwa zum Ende des Ersten Weltkrieges ein fortschrittlicher, moderner Komponist. Er brachte eine allmähliche Ablösung des damals in Frankreich dominierenden Impressionismus zu Wege.


    Seit etwa 1920 verschloss sich Schmitt indes den Neuerungen und Trends der 1920er, 30er, 40er und 50er Jahre weitestegehend, wodurch er sukzessive als reaktionär aufgefasst und allmählich ins Abseits gedrängt wurde.


    Trotz seiner modernistischen Tendenzen in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hielt er doch an den musikalischen Formen des 19. Jahrhunderts fest und hatte eine für einen französischen Komponisten ungewöhnlich enge Verbindung zur deutschen Romantik und Spätromantik (Schumann, Brahms, Wagner, Strauss).


    Sein Œuvre umfasst geistliche Vokalwerke von a capella bis zur megalomanischen Orchestrierung, weltliche Vokalmusik, Kantaten, Lieder, Ballett- und Bühnenmusik, Klavierwerke und symphonische Werke, die sich eng am Konzept der Symphonischen Dichtung orientieren. Hinzu kommen viel Kammermusik sowie Konzerte für Violoncello und Klavier (Symphonie concertante).


    Nicht verschwiegen werden sollte, dass Florent Schmitt Antisemit war und überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus, der dem Vichy-Régime nahestand. Dies hinderte ihn indes nicht daran, etwa eine persönliche Freundschaft zu Igor Strawinski zu unterhalten.


    Obwohl Schmitt zu den meist aufgeführten französischen Komponisten der ersten vier Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts gehörte, verblasste sein Glanz bereits in seinen letzten Lebensjahren. Seine politische Einstellung dürfte nach 1945 dazu beigetragen haben. Gleichwohl wurde er noch 1952 in die französische Ehrenlegion aufgenommen.



    Schmitt mit Strawinski (1957)


    Ich muss gestehen, diesen Komponisten auch erst vor kurzem ganz zufällig entdeckt zu haben. Seine "Tragédie de Salomé" (1907/10) ist ein ungemein packendes Werk der Spät(est)romantik, sehr üppig und süffig in seiner Klangpracht und absolut hervorragend. Als Klassiker gilt die Einspielung von Jean Martinon aus den frühen 70ern. Sehr imponierend auch die beiden Suiten zu "Antoine et Cléopâtre" (1919/20), die u. a. Sakari Oramo mustergültig vorlegte.



    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Im August hatte ich ihn noch nicht auf der Agenda, warum auch immer, aber am vergangenen Freitag habe ich an seinen 148. Geburtstag erinnert, und so haben wir in zwei Jahren nicht nur ein Beethovenjahr, (250. Geburtstag), sondern auch ein Schmittjahr (150. Geburtstag). Übrigens hatte ich in meinem Erinnerungsbeitrag auch die Naxosaufnahme von "Antoine et Cléopâtre" gepostet.


    Liebne Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).