Die Neuinszenierung der "Zauberflöte" aus Salzburg 2018

  • Ich habe die Zauberflöte ganz gesehen und fand sie im Großen und Ganzen gelungen. Die Sache mit dem Märchenerzähler (Brandauer) war gelungen, denn im Kern ist sie ja sowas. Einige Musikstücke fielen zum Opfer (z.B. das wunderbare Duett der Geharnischten).
    Das Problem dieser Inszenierung, die kein RT war, lag wie so oft im optischen Overkill. Auch in der Zauberflöte ist nicht ständig Trubel. Pamina als Zirkusmädchen war optisch und darstellerisch eine Fehlleistung. Pamina ist eigentlich die "Reine", was sie hier war, konnte ich nicht so recht entziffern. So konnte auch Christiane Karg nicht ihre Qualitäten zeigen. Sängerisch gab es zwei Totalausfälle: Papageno (habe den Namen vergessen), der wohl noch nichts davon gehört hat, dass man den Papageno nicht unbedingt herunterbrüllen muss (das mit dem Erhängen hat ja leider nicht geklappt). Der schlechteste Sänger des Abends war Mathias Goerne, ein dumpfer, unbeweglicher Bass ohne Wärme.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • In einem der in letzter Zeit so in Mode gekommenen "Wald und Wiesen-Threads", wo man - dem Regietheather hin dieser Hinsicht nicht unähnlich - am Titel gar nicht mehr erkennen kann, worum es eigentlich thematisch wirklich geht - wurde die Neuinszenierung der Zauberflöte am Rande gestreift.
    Obwohl es diesem Machwerk vermutlich zu viel der Ehre ist, eröffne ich einen Spezialtheread zu diesem Thema.
    Achtung - Abgesaehen davon - werde ich einen alten Zauberflötenthread wiederbeleben und zusätzlich einen weiteren neuem eröffnen. Tamino also ganz im Banne der Zauberflöte.
    Aber: Die Zaubeflöte in Zirkusnähe ? Das gabs doch schon mal ?
    https://www.ndr.de/kultur/musi…burg,zauberfloete184.html


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    die Zirkusmasche ist in den letzten Jahren bei den Regisseuren zu einer der Schablonen geworden, die auf alles Mögliche angewandt werden. Ich kann zu dem Salzburger Unsinn nur sagen, dass ich (beim TV, das ohnehin immer seichter wird, hielten es sogar hier zwei Sender <3sat und ZDF>für ausstrahlungswert) erst garnicht eingeschaltet habe, nachdem in dem Trailer (der mich glücklicherweise nur 3 Minuten gekostet hat) diese affigen Figuren und die nicht passende Kulisse gesehen habe. Der arme Mozart, der hier wieder vergewaltigt wurde.
    Die Salzburger sogenannten "Fest"spiele sind in den letzten Jahren - zumindest was die Oper betrifft - immer weiter heruntergekommen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat

    Dr. Holger Kaletha: MeToo mal anders herum: Wie gräuslich RT doch ist!!!! Männer werden von Frauen vergewaltigt! 8o 8o 8o


    Na, jetzt mal Spaß beiseite, lieber Holger;
    findest du das besonders originell oder nicht eher degoutant, dass der feiste Papageno mit einer blutbesudelten Fleischerschürze gewandet, einen Sack unter dem Arm, in eine Küche kommt (wo gibt es eigentlich in der Zauberflöte eine Küche), wo ihn eine xxxl-Küchenmamsell erwartet und er aus seinem Sack lauter Gummivögel herausholt und die Küchenmamsell mit einem überdimensionierten Fleischerbeil dem größten Vogel, einem veritablen Hühnervogel, den Kopf abschlagen will, aber danebenhaut, die Tischplatte aber mit einer solchen Urgewalt trifft, dass sie jedes Fortissimotutti eines Mahlerorchesters mühelos übertönt hätte und von jetzt auf gleich alle 2000 Zuschauer senkrecht in ihre Sitze treibt? Die Szene macht überhaupt keinen Sinn. Sie ist vom Libretto weiter entfernt als Jupiter von der Erde.
    Oder eine Szene, die deser vorausging, als die drei "militärisch uniformierten Damen" mit furchterregenden Gewehren bewaffnet, sich um den ohnmächtigen Tamino kümmern wollen und dafür den drei Knaben, die in diesem Regiekonstrukt von einer Dimension (Erzähldimension) je nach Gusto in die andere wechseln (Handlungsdimension), ohne Kommentar die Gewehre in die Hand drückt und der eine Knabe auf die beiden anderen zielt, wob ei es dem erzählenden bzw. vorlesenden Großvater (Klaus Maria Brandaue)r ganz blümerant wird:

    Ich fand das auch schon vor einigen Jahren bei dem Dresdner Freischütz skandalös, als im Schlussbild der Fürst Ottokar einem der Kinder, einem Jungen, zeigte, wie man mit einem Gewehr richtig schießt und dort auch, wenn ich das richtig erinnere, abgedrückt wurde.
    Ich halte das für höchst gefährlich, in einer Oper wie der Zauberflöte, drei Kindern Gewehre in die Hand zu drücken. Sie haben in dieser Oper doch eine ganz andere, eine helfende, eine friedliche Aufgabe. Der besagte Freischütz von Dresden war von dieser Schlusssezne einmal abgesehen, auch von der Regie her, aber ebenfalls vom gesamten musikalischen Ergebnis her, auf einem ganz anderen, höheren Niveau als die Salzburger Zauberflöte.
    Zum Schluss noch ein "Regieeinfall" vom Schluss:
    Die Idee mit den "vielen kleinen Kinderlein", die Papagena und Papageno bekommen (wollen) und die heir von einer Heerschar von Kinderkrankenschwestern mit einem riesigen roten Kreuz auf der Brust im Eilmarschtempo über die Bühne geschoben werden, ist so neu nicht und wie so häufig, im Original, genauer der 35 Jahre alten Inszenierung von August Everding aus der Bayerischen Staatsoper (ja, da gab es auch mal solche Inszenierungen), viel besser. Da können fast alle Kinder schon laufen und sind auch in ihrer Gewandung sofort als Nachwuchs Papagenas und Papagenos zu erkennen:


    Und wenn ich an Lucia Popp (Pamina), Edita Gruberova (Königin der Nacht), Gudrun Sieber (Papagena), Wolfgang Brendel (Papageno), Francisco Araiza (Tamino) und Kurt Moll (Sarastro) denke, gerate ich schon wieder ins Schwärmen. Kurt Moll z. B. stand m. E. weiter über dem Salzburger Sarastro Matthias Goerne, als Pluto von der Erde entfernt ist.Selbst der Sprecher Jan_Hendrik Rootering, Norbert Orth als Monastatos und der 75jährige Kurt Böhme als Erster Priester ziehe ich jederzeit dem heurigen Salzburger Aufgebot vor.
    So viel für heute, ich muss dringend ins Bett und will morgen früh vor der großen Hitze noch eine Trainingseinheit absolvieren.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Na, jetzt mal Spaß beiseite, lieber Holger;

    Ja, lieber Willi. Ich emfpinde es erst einmal als eine ziemlich unsensible Stil- und Geschmacklosigkeit, angesichts der Diskussion um sexuellen Missbrauch bei Gatti, Kuhn, Levine, Dutois, die aktuell in Tamino läuft, gerade jetzt in diesem Moment eine Wortwahl zu wählen, die eine Regisseurin (also eine Frau, die normalerweise das Opfer von Vergewaltigung ist) als Vergewaltigerin von Mozart hinzustellen, nur um diese Inszenierung zu skandalieren und zu kriminalisieren. Das ist einfach unter allem Niveau und dann endet auch jede vernünftige Diskussion. Sachlich dagegen fand ich die Kritik von Dr. Pingel, der die optische Reizüberflutung kritisierte. Das ist jedenfalls nachvollziehbar, hat aber mit "Vergewaltigung" nicht das Geringste zu tun, genauso wenig, wie es eine "Vergewaltigung" einer Kirche darstellt, wenn man die barocke Ausstattung einer gotischen Kathedrale überladen findet.

    findest du das besonders originell oder nicht eher degoutant, dass der feiste Papageno mit einer blutbesudelten Fleischerschürze gewandet, einen Sack unter dem Arm, in eine Küche kommt (wo gibt es eigentlich in der Zauberflöte eine Küche), wo ihn eine xxxl-Küchenmamsell erwartet und er aus seinem Sack lauter Gummivögel herausholt und die Küchenmamsell mit einem überdimensionierten Fleischerbeil dem größten Vogel, einem veritablen Hühnervogel, den Kopf abschlagen will, aber danebenhaut, die Tischplatte aber mit einer solchen Urgewalt trifft, dass sie jedes Fortissimotutti eines Mahlerorchesters mühelos übertönt hätte und von jetzt auf gleich alle 2000 Zuschauer senkrecht in ihre Sitze treibt? Die Szene macht überhaupt keinen Sinn. Sie ist vom Libretto weiter entfernt als Jupiter von der Erde.

    Ich gebe mir jedenfalls die Mühe, die Regieidee doch irgendwie verstehen zu wollen, bevor ich die Inszenierung kritisiere. Da ich die Inszenierung nicht gesehen habe, kann ich mich nur auf das beziehen, was Du schreibst. Das Stilmittel ist das einer Komödie - die burleske Übertreibung. Offenbar wird die Handlung als Märchen erzählt. Im Märchen ist so eine Drastik aber überhaupt nicht ungewöhnlich. Da könnte man jetzt doch etliche ganz ähnliche Geschichten heranziehen. Deswegen verstehe ich nicht, warum das "weiter entfernt als Jupiter von der Erde" von der Oper sein soll. Papageno ist eine komische Figur. Man kann sich natürlich fragen, ob solche Knalleffekte der Weisheit letzter Schluss, also zu vordergründig effekthascherisch, sind, und man auch eine elegantere Lösung hätte finden können. Aber um das zu beurteilen, müsste ich die komplette Inszenierung kennen - denn das Einzelne gewinnt nur Sinn aus dem Zusammenhang des Ganzen. Eine Sinnwidrigkeit kann ich da jedenfalls nicht entdecken.

    Oder eine Szene, die deser vorausging, als die drei "militärisch uniformierten Damen" mit furchterregenden Gewehren bewaffnet, sich um den ohnmächtigen Tamino kümmern wollen und dafür den drei Knaben, die in diesem Regiekonstrukt von einer Dimension (Erzähldimension) je nach Gusto in die andere wechseln (Handlungsdimension), ohne Kommentar die Gewehre in die Hand drückt und der eine Knabe auf die beiden anderen zielt, wob ei es dem erzählenden bzw. vorlesenden Großvater (Klaus Maria Brandaue)r ganz blümerant wird:

    Es geht doch darum, ein Ungeheuer zu besiegen, das Tamino bedroht. Deswegen die "furcherregenden Gewehre". Bei uns haben wir einen großen Teddybären im Wohnzimmer und hatten ein kleines Kind zu Besuch. Der Junge bekam Angst vor dem Bären, weil er ihn für einen "realen" Bären hielt. Wenn Kinder Märchen lesen, dann unterscheiden sie eben nicht wie wir Erwachsene Fiktion und Wirklichkeit. Und genau das zeigt doch sehr schön die Regie hier mit dem Wechsel der Erzähldimension und Handlungsdimension, indem die Kinder zu Mitspielern in einer Geschichte werden, die ihnen eigentlich nur erzählt wird. Das ist kindliche Fantasie! Von daher kann ich Deine Einwände hier nicht nachvollziehen.

    Ich fand das auch schon vor einigen Jahren bei dem Dresdner Freischütz skandalös, als im Schlussbild der Fürst Ottokar einem der Kinder, einem Jungen, zeigte, wie man mit einem Gewehr richtig schießt und dort auch, wenn ich das richtig erinnere, abgedrückt wurde.
    Ich halte das für höchst gefährlich, in einer Oper wie der Zauberflöte, drei Kindern Gewehre in die Hand zu drücken. Sie haben in dieser Oper doch eine ganz andere, eine helfende, eine friedliche Aufgabe. Der besagte Freischütz von Dresden war von dieser Schlusssezne einmal abgesehen, auch von der Regie her, aber ebenfalls vom gesamten musikalischen Ergebnis her, auf einem ganz anderen, höheren Niveau als die Salzburger Zauberflöte.

    Wenn Du so etwas für gefährlich hältst, dann darfst Du Kinder auch nicht Cowboy und Indianer spielen lassen oder heute diese Ballerspiele am PC. Kinder spielen mit Kriegsspielzeug - auch zu meiner Kinderzeit war das schon so. Wir haben z.B. Burgen aus Legosteinen gebaut, dann hatten wir kleine Plastikritter etc. und da wurde dann Angriff und Verteidigung der Burg gespielt. Geschadet hat uns das aber nicht. Dagegen finde ich diese hyperrealistischen Baller-Spiele am PC, die 16 oder 17jährige Jugendliche spielen mit "wirklich" spritzendem Blut, sehr bedenklich. Denn das ist nicht mehr die naive Kinderpsyche, sondern eine auf der Schwelle zum Erwachsenwerden, wo wirklich eine Verrohung droht. Mit Deinem Gesamturteil magst Du Recht haben - aber ich kann das nicht beurteilen, weil ich die Salzburger Zauberflöte nicht gesehen habe. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Dr Holger Kaletha schrieb:

    Zitat

    Ich gebe mir jedenfalls die Mühe, die Regieidee doch irgendwie verstehen zu wollen


    Ich will offen sein:
    Diese Mühe gebe ich mir überhaupt nicht.
    da ich das Konzept einer "Regieidee" bei historischen Werken generell ablehne.


    DElbst bei einer sogenannten "werkgetreuen" Umsetzung
    eines Stücks treten unbeabsichtig Verfälschungen auf,
    So wei wenn man mir eine Geschichte erzählt und ich erzähle sie weiter
    Sie wird (Unglück genug) immer eine leichte Veränderung (siehe "Stille Post") erfahren.


    Generell fällt mir auf, daß allzuviele Regisseure aus dem Ausland sich Mozarts bemächtigen
    und ihn uns "erklären" wollen.


    Soweit ganz allgemein -
    Unm diesen Thread nich allzusehr in gewohnte RT Gleise abgleiten zu lassen, werde ich über die "Zauberflöte"
    noch diese Wochen einen neuen Thread eröffnen.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe mich bei der Zauberflöte über die ZDF Übertragung geärgert, das einmal im Jahr eine Oper überträgt und diese dann noch um eine halbe Stunde gekürzt wird Erschreckend schwach waren auch die Sänger und der Dirigent.

  • Da ich die Inszenierung nicht gesehen habe, kann ich mich nur auf das beziehen, was Du schreibst.

    Aber um das zu beurteilen, müsste ich die komplette Inszenierung kennen - denn das Einzelne gewinnt nur Sinn aus dem Zusammenhang des Ganzen

    Mit Deinem Gesamturteil magst Du Recht haben - aber ich kann das nicht beurteilen, weil ich die Salzburger Zauberflöte nicht gesehen habe. :hello:


    Lieber Holger, durch Deine dreimalige Betonung, daß Du die Inszenierung nicht gesehen hast widerlegst Du Dich selbst. Du machst genau das, was mir uva vorgeworfen wird, nämlich urteilen über etwas nicht gesehenes. Oder ist das kein Urteil:

    Es geht doch darum, ein Ungeheuer zu besiegen, das Tamino bedroht. Deswegen die "furcherregenden Gewehre".

    Und genau das zeigt doch sehr schön die Regie hier mit dem Wechsel der Erzähldimension und Handlungsdimension, indem die Kinder zu Mitspielern in einer Geschichte werden, die ihnen eigentlich nur erzählt wird. Das ist kindliche Fantasie! Von daher kann ich Deine Einwände hier nicht nachvollziehen.

    Willi hats gesehen und ordentlich kritisiert. Du hats´s nicht gesehen und dafür Willi ´s Beitrag kritisch gesehen. Wer soll das noch verstehen??


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber Holger, durch Deine dreimalige Betonung, daß Du die Inszenierung nicht gesehen hast widerlegst Du Dich selbst. Du machst genau das, was mir uva vorgeworfen wird, nämlich urteilen über etwas nicht gesehenes. Oder ist das kein Urteil:

    Ich sehe da keinerlei Widerspruch, lieber La Roche. Willi hat sehr konkret einige Szenen beschrieben, wo er keinen Sinn in der Regieführung erkennen kann und mich danach gefragt, ob ich da einen Sinn sehen kann. Ich habe dann wiederum nur in Bezug auf diese Beschreibung gesagt, dass ich diesen Sinn durchaus erkenne und warum. Darüber hinaus gebe ich keinerlei Urteil über die Inszenierung als Ganze ab, sondern nur über den jeweiligen Einzelaspekt. Ich kann ja auch urteilen, ob Karajan die Einleitung einer Beethoven-Symphonie und nur diese schlüssig interpretiert, ohne dass ich deshalb seine Interpretation der ganzen Symphonie beurteilen müsste. ;)


    Schöne Grüße
    Holger

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich habe auf Arte die zeitverschobene Aufführung sowie die im ZDF mit Höhepunkte bezeichnete zweistündige Fassung gesehen.


    In der ZDF-Fassung ist der Ton deutlich besser. Die deutlich zu vernehmenden Buhrufe im Schlussapplaus fehlen hier. Die Erschiessung Monostatos war nicht so zu sehen, wie in der Arte-Fassung. Die mit blutigen Schürzen kostümierten Priester waren in der ZDF-Fassung nicht oft im Bild. Hier hat der Bearbeiter dieser Fassung die Aussage abgemildert. Die angedeutete Erschiessung der Königin der Nacht hat die Regisseurin Lydia Steier den Zuschauern erspart.


    Die darstellerische Leistung der drei Wiener Sängerknaben verdient besonders hervorgehoben zu werden. Sie waren ständig auf der Bühne präsent. Ihnen las der Grossvater die Handlung der Zauberflöte vor. In ihren kindlichen Gesichtern spiegelte sich die ganze Bandbreite der Gefühle: von Freude bis zu Entsetzen, ja blanker Angst. Die Wasser- und Feuerprobe wurden mit Flieger- und Bombengeräuschen beschallt. Die drei Knaben schützen sich gegenseitig im Lichtkegel eines Scheinwerfers auf dunkler Bühne. Ein starker Moment dieser Aufführung. In der gekürzten ZDF-Fassung fehlt diese Szene leider. Dem Grossvater bleibt nur eine hilflose schützende Geste. Vor dem Bösen der Welt kann er seine Enkel nicht beschützen. Das Brautpaar Tamino und Pamina sah mehr ratlos als entsetzt die Einspielung von Kriegsszenen des letzten Jahrhunderts. Zwischen heute und der Uraufführung der Zauberflöte liegen zwei Weltkriege und kriegerische Auseinandersetzungen. Sie in der Inszenierung zu erwähnen finde ich legitim.


    Wie Sarastro mit der Königin der Nacht am Schluss der Oper umgeht, muss ich im Libretto nachlesen. Die blutigen Schürzen der Priester des Tempels der Weisheit und Sarastro, der seinen Arm hebt als Zeichen, dass die Exekution nach dem Niedersinken erfolgen wird, haben mich als Zuschauer nachdenklich zurück gelassen. Das letzte Bild der Fernsehfassungen ist das Entsetzen eines der drei Knaben, der aus einem Albtraum erwacht.


    Auf Arte Concerto kann man sich die ganze Oper noch einige Wochen ansehen.
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Der Gesang der Geharnischten kommt in der Arte Aufzeichnung vor. Sie ist eine meiner Lieblingsnummern dieser Oper. Von der Mozart-Forschung weiss man, dass der Komponist diese Szene als erstes zu Papier brachte. Sie muss Mozart besonders wichtig gewesen sein. Sie ist in einem Stil gesetzt, der schon zu Mozarts Zeiten antiquiert galt. Da Ponte und Mozart waren beide Freimaurer. Dass die Symbole der Freimaurer keine Beachtung fanden (ich habe keine entdeckt), kann man als Mangel dieser Inszenierung der amerikanischen Regiesseurin Lydia Steier sehen. Andere Inszenierungen geben diesem Inhalt allerdings auch kein Gewicht. Nach dieser Szene kippt die Aussage der Aufführung vom leichten Zirkus-Thema zu dunklerer Weltdeutung. Die skurilen Gestalten, die den Tempel bevölkern zeigen ihre bösen Seiten.


    Eine Ausnahme: Den Regieeinfall der Kinderwagenparade im Duett Papageno-Papagena fand ich witzig. Die Kinderlein sind im Libretto eingeschrieben.
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    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Wie Sarastro mit der Königin der Nacht am Schluss der Oper umgeht, muss ich im Libretto nachlesen.


    Das finde ich sehr löblich, und ich empfehle dir hierzu das Libretto der NMA, falls du es nicht sowieso schon kennst: http://dme.mozarteum.at/DME/li…kliste.php?sec=libedi&l=1


    Einfach in der Liste auf die Zauberflöte klicken. Hier findest du das vollständige Libretto, einschließlich diversen Hinweisen, welche Sätze aus dem Libretto-Erstdruck stammen, welche im Autograph stehen, und wo es vielleicht alternative Versionen oder ähnliches gibt.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Der Gesang der Geharnischten kommt in der Arte Aufzeichnung vor. Sie ist eine meiner Lieblingsnummern dieser Oper. Von der Mozart-Forschung weiss man, dass der Komponist diese Szene als erstes zu Papier brachte. Sie muss Mozart besonders wichtig gewesen sein. Sie ist in einem Stil gesetzt, der schon zu Mozarts Zeiten antiquiert galt.

    Mir sei der kurz gefasste Hinweis gestattet, dass Mozart die Melodie des lutherischen Chorals 'Aus tiefer Not schrei ich zu dir' (sinngemäße Übertragung von Psalm 130) verwendet hat. Die Melodie gilt auch für den Luther-Choral 'Ach Gott vom Himmel sieh darein' (sinngemäße Übertragung von Psalm 12). Wikipedia weiß: Der Choral ist in der Musikgeschichte vielfältig bearbeitet worden. Bekannt ist vor allem der Gesang der Geharnischten (Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden) aus Mozarts Zauberflöte, der die Melodie vollständig zitiert.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER