Quereinsteiger in Sachen Opernbesuch - Welche Namen kennt er ?

  • Anlass für diesen Thread war eine Bemerkung im Regietheaterbereioch, wo jemand meinte, es müsse genügen, den Namem des Regisseurs in der Besetzungsliste anzuführen, das sei Information für den Opernbesucher genug.
    Das mag im Bereich des "Stammpublikums" durchaus zutreffend sein, wie schauts aber mit "Erstbesuchern" und "Gelegenheitsoperngehen aus ?
    Vielleich helfen hier einige Beispiele aus. Jemand der daheim ganz gern in seine Opernquerschnitte - der schönen Stimmen wegen - hineinhört hat sich entschlossen das erste Mal die Oper aufzusuchen. Welche Motive hat er ? Welche der Protagonisten kennt er ? Was erwartet ihn ? Wie reagiert er darauf ?


    Das ist natürlich schwer zu sagen, und jeder wird hier andere Erklärungen anbieten, meist geprägt durch sein Weltbild in Sachen Oper.


    Daher werde ich hier als "Dummy" einspringen und aus meiner Jugend berichten.
    Ich habe meine Lehrzeit bei der Buchgemeinschaft Donauland absolviert (später dann auf Grund meines Vorzugszeugnisses pro Forma bei "Kremayr und Scheriau" damit ich als "Buchhändler" abschliessen konnte (Buchgemeinschaften durften keine Buchhändler ausbilden, die Herren Kremayr und Scheriau, welche damals noch Alleineigentümer von Donauland waren, besassen aber auch meherer Verlage, eine Versanduchhandlung und eine Druckerei.
    Praktisch verbrachte ich meine Lehrzeit in der Haupsache in diversen Donauland Filialen. Hier gab es auch ein Schallplattenangebot und so konnte ich dienstlich den ganzen Tag Musik hören und durfte meisten das Programm selber auswählen. Allerdings war - zumindesten in den ersten zwei Jahren meines Dortseins das Programm auf selektierte DGG Aufnahmen beschränk, welche unter der Donauland-Eigenmarke "Atlas Records" in Lizenz vertrieben wurden . Später kam dann der richtige Markenname rauf mit dem Zusatz "Klub-Sonderauflage" Meiner Einschätzung nach machte der Klassikanteil ses Programms ca 200-300 LPs aus. Jedes Vierteljahr wurden etwa 30 Aufnahmen aus dem Programm genommen und durch neue ersetzt. So konnte ich im Laufe der Zeit doch sehr vile Klassik hören - und ich hörte sie intensiver als heute, weil ich einerseits immer wieder die "Lieblingsaufnahmen" auflegte, und andrerseits das Progrann doch ein eingescränktes war. Ich kann mich eigentlich an keine "Raritäten" und "ungeniessbare Klassik" erinnern - Alles war auf ein "allgemeines " Publikum ausgerichtet...
    Daher kannte ich auch nur eine gewisse Auswahl von Dirigenten: Herbert von Karajan, Karl Böhm, Ferencz Fricsay, Ferdinand Leitner, Eugen Jochum.
    Bei den Sängern waren Fritz Wunderlich, Dietisch Fischer-Dieskau, Hermann Prey, diejenigen, die mir von damals in Erinnerung geblieben sind, Bei den Pianisten eigentlich in der Hauptsache Wilhem Kempff.
    Meine ersten Opernbesuche beruhten auf Freijarten, die mir immer wieder zugespielt wurden.
    Ich war begierig endlich die ganzen Werke zu sehen, die ich sonst nur von Opernquerschnitten her kannte.
    Ich habe mich damals werder um die Namen der Sänger gekümmert (oft waren die Freikarten ja vergeben worden, weil die "erste Garnitur" aus welchen Gründen immer - abgesagt hatte) noch um den Namen des jeweiligen Dirigenten, den ich meist sowieso ncht kannte, weil es sich oft um "Durchschnittsvorstellungen" handelte, Business as usible. Später waren mir dann doch etliche Sänger-Namen auf den Besetzungslisten vertraut, bei den Dirigenten war das eher nicht der Fall, den die "Großen" Dirigenten waren zu teuer. Regie ? Ich habe mich nie darum gekümmert wer Regie geführt hat, ebensowenig wie wer Inspizient , Abendspielleiter, Choreinstudierung etc etc war.
    All das wusste ich nicht und es interessierte mich auch nicht. Ich ging mit gutem Vertrauen, daß mir das Werk "naturgetreu" geboten wurde in die Oper - und wurd kaum je enttäuscht. EIN Phänomen der damaligen Zeit hat sich indes DOCH eingeprägt: Von Inszenierung zu Inszenierung wurden die Bühnenbilder raffinierter und prächtiger, da wurden ganze Paläste realisiert, oft ein Zeitfenster in die Vergangenheit. Das erste das man vom Stück mitbekam, sobald sich nach der Ouvertüre der Vorhang hob, war (zumindest in Wien war das so) frenetischer Applaus für das Bühnenbild.


    Und nach dieser langen Vorrede aus persönlicher Erfahrung (Ca 1965-1975)
    frage ich mich, welche Namen dem Quereinsteiger oder Gelegenheitsbesucher ein Begriff sind, bzw inwieweit er wehrlos dem jeweils gezeigten ausgeliefert ist....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Jemand der daheim ganz gern in seine Opernquerschnitte - der schönen Stimmen wegen - hineinhört hat sich entschlossen das erste Mal die Oper aufzusuchen.


    Dieser Jemand muss aber eine ziemlich gestandene Person sein. :) Für ihn würde es langsam Zeit, einmal ein Opernhaus aufzusuchen. Und wer, bitte, hört diesseits der sechzig noch "seine Opernquerschnitte"? Die werden ersten gar nicht mehr produziert und verschwinden zweitens so peu à peu vom Markt. Die letzten Querschnitte, deren man als PL-Übernnahmen habhaft wurde, sind diese:



    Alle oder fast alle Mitwirkenden sind längst tot. Es wird deutsch gesungen. Die Fassungen sind oft verdächtig. Ich gebe zu, diese Querschnitte zu haben. Gehört werden sie kaum noch. Ich war aber auch schon mal in einer Opern, komme als Jemand also nicht infrage. ;)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Anlass für diesen Thread war eine Bemerkung im Regietheaterbereioch, wo jemand meinte, es müsse genügen, den Namem des Regisseurs in der Besetzungsliste anzuführen, das sei Information für den Opernbesucher genug. Das mag im Bereich des "Stammpublikums" durchaus zutreffend sein, wie schauts aber mit "Erstbesuchern" und "Gelegenheitsoperngehen aus ?


    Also


    Lohengrin - Ein Stück vom Peter Konwitschny unter Verwendung der Musik und des Textes von Richard Wagner


    im Vergleich zu


    Lohegrin, Text und Musik Richard Wagner, Inszenierung Peter Konwitschny


    Wobei ehrlicherweise eingeräumt werden muss, dass Gerhard hier sogar den Titel Klassengrin gefordert hat, was mir allerdings nicht allgemein tauglich scheint, da sich kaum stets eine so "griffige" Bezeichnung wird finden lassen. - Bleibt die Frage, worin der Sinn und vor allem der Mehrwert der oberen Lösung im Vergleich zu der üblichen unten angeführten besteht. Gerhard schreibt dazu, dass so jeder wüsste, was ihn erwartet, und der Opernfreund sich entscheiden könne, ob er sich das antun wolle. Nun setzt dies, wie Alfred im Prinzip richtig bemerkt, voraus, dass mir mindestens Lohengrin als Oper, der Komponist Richard Wagner und der Regisseur Peter Konwitschny in irgendeiner Form bekannt sind. Insbesondere machen beide Lösungen keinen Unterschied, wenn ich nicht weiß, was der Begriff der Inszenierung überhaupt aussagt und wer Peter Konwitschny ist. Dem "unbeleckten" Opernerstbesucher wird also durch die obigen "Klarstellung" in keinster Weise geholfen - wobei man fragen muss, wie groß die Menge der wirklich "unbeleckten" Opernerstbesucher überhaupt ist!?
    Wenden wir uns also der immer noch großen Menge der Abonnenten (und Premierenbesucher, da die Argumentation ähnlich verläuft) zu: Diese Gruppe setzt sich zumindest angeblich - wie interessanterweise hauptsächlich von Seiten der sog. RT-Gegner kolportiert - meistensteils aus Menschen zusammen, die wenig mehr Wissen über die Oper mitbringen, als die bereits behandelten Opernerstbesucher. Vielmehr geht es ihnen um die vermeintliche gesellschaftliche Reputation als Opernbesucher, das Sehen und Gesehen werden usw. usf. Aber auch hier gilt, dass entweder tatsächlich kein Vorwissen vorhanden ist und somit beide Ankündigungen praktisch äquivalent sind oder man in seiner "Karriere" als Abonnent schon mal einen Konwitschny gesehen hat und auch dann kein wirklicher Verständnisunterschied zwischen beiden Ankündigungen herrschen sollte.
    Schließlich haben wir den Experten - von der sog. RT-Gegner-Seite gerne als wahrer Opernkenner apostrophiert - für den es nun wirklich keinen Unterschied ausmachen sollte, welche Ankündigung plakatiert wird. Entweder er kennt und schätzt Konwitschny und geht hin oder er kennt und schätzt nicht und bleibt daheim.


    In allen drei Fällen ist es heute nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich, dass sich die Leute informieren können, wenn sie es denn wollen; z.B. über das Internet, über Kritiken, sofern man nicht unbedingt in die Premiere will, über Gespräche mit anderen Opernbesuchern. Die Mär von den vielen Opernbesuchern ohne Internetzugang, ohne Zeitung und ohne Freunde war vielleicht zu Zeiten des konventionellen Operntheaters noch glaubwürdig - allerdings unbedeutend, denn das "Problem" bestand nicht in der heutigen Form - heutztage jedoch kaum noch und immer weniger.


    Damit bleibe ich wieder bei der Frage, worin der Sinn entsprechender Ankündigungen nun bestehen soll? Ich versichere, wirklich ernsthaft darüber nachgedacht zu haben, allein mir fällt keine solide Argumentation des Dafür ein. Andererseits frage ich mich ebenfalls, warum ich bei meinen vielen Opernbesuchern (mind. 10 bis 15 pro Jahr) auch in "echten" RT-Inszenierungen so wenig Wiederstand erlebe? - Eine Konwitschny-Inszenierung eines Lohengrin beispielsweise ist für gewöhnlich deutlich besser besucht, als es eine Otto Schenk-Inszenierung der Lulu jemals wäre. Auch habe ich schon reichlich Inszenierungen (beider Arten) gesehen, wo ich es voll und ganz verstanden hätte, wenn jemand sogar mitten in der Vorstellung aufgestanden und gegangen wäre. Ich hätte ihm vermutlich sogar das Recht zugesprochen, mit der Tür zu knallen und sein Eintrittsgeld zurück zu verlangen. Erlebt habe ich dies sehr, sehr, sehr selten. Dies kann entweder bedeuten, dass bestimmte Leute tatsächlich nicht in die Oper gehen, weil sie sich auch ohne spezielle Ankündigung informiert haben(!) oder die sog. RT-Gegner, die hier im Forum manchmal doch recht markig auftreten bei einem wirklichen Opernbesuch - mit Verlaub - nicht den Arsch in der Hose haben, für ihre Meinung einzustehen!?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Damit bleibe ich wieder bei der Frage, worin der Sinn entsprechender Ankündigungen nun bestehen soll?


    Der fragliche "Erstbesucher" könnte sich möglicherweise fragen, warum nicht einfach Wagners "Lohengrin" angekündigt wird und evtl. Nachforschungen anstellen.


    Eine Konwitschny-Inszenierung eines Lohengrin beispielsweise ist für gewöhnlich deutlich besser besucht, als es eine Otto Schenk-Inszenierung der Lulu jemals wäre.


    Das könnte doch wohl wahrscheinlich daran liegen, dass Wagners Musik immer noch beliebter ist als die von Berg.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Ich glaube, daß es hier doch gewisse Unterschiede in der Auffassung, im Sinne vom "Erleben der Welt" gibt.
    Und ich behaupten nicht, daß die eine oder die andere (in diesem Zusammenhang) richtig ist.


    Ich werde versuchen einiges heraszuarbeiten
    Es ist natürlich richtig, daß Opernquerschnitte, bedingt durch den Preisverfall der CDs heute nicht mehr so präsent sind wie in den sechziger Jahren.
    Aber es gibt sie natürlich noch immer, Richtig in diesem Zusammenhang ist, daß hier häuptsächlich Aufnahmen aus der Vergangenheit verfügbar sind, ebenfalls mit Focus auf den 60er Jahren, In diese Zeit fallen die ersten Stereoaufnahmen und es gabe eine Hochblüte an schönen Stimmen. Die wollte man für die "Ewigkeit" konservieren - und das Resultat entspricht den hohen Anspruch.
    Caruso 43 hat ja auch immer wieder beklagt, daß die Mehrheit der Opern-CD Sammler nur sehr wenig Interesse an "neuen" Stimmen hat.
    Vor allem in Wien setzt man stets auf das Bewährte und Bekannte.


    Die Mär von den vielen Opernbesuchern ohne Internetzugang, ohne Zeitung und ohne Freunde war vielleicht zu Zeiten des konventionellen Operntheaters noch glaubwürdig


    Hier orte ich ein Generationsproblem. Nicht nur meine Generation - auch jene vor mir - lehnt das Internet ab.
    Es gilt als kompliziert, fehleranfällig und von kriminellen Elementen durchseucht. Werbung an allen Ecken und Enden.


    Ich hab mir übrigens die Statistik herausgesucht.
    ca 400.000 Wiener sind über 60 (von 1.787)
    ca 2 Millionen Österreicher sind über 60 ( von 8,747 Millionen das sin rund 2 Millionen mehr al in meiner Jugend - also Fremde)

    Zitat


    Damit bleibe ich wieder bei der Frage, worin der Sinn entsprechender Ankündigungen nun bestehen soll?


    Als Warnung
    Ähnlich wie bei den Allergenen - Ich bin ein Vertreter der Ausgrenzung von allem das "unbequem! werden könnte...
    Und ich liebe keine Überraschungen
    Und ich will keine Stücke von Konwitschny und Konsorten sehen, sonden von den großen Verfassern der Vergangenheit....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Hallo MSchenk!


    ich glaube, mit der unterschiedlichen Titelgebung bewegen wir uns vermutlich ins große Feld der "Hermeneutik" hinein, wenn ich mich nicht irre. ( wenn ja, sagt bitte Bescheid, ich bin immer lernbereit.) Dazu haben wir hier aber Experten im Forum, die das besser können.



    Ich versuche es trotzdem mal. Man kann beispielsweise mit den gleichen Worten unterschiedlich intensiv dasselbe ausdrücken.



    Zu Deiner Frau wirst Du wahrscheinlich eher „Ich liebe Dich“ als „Dich liebe ich“[[auch]] sagen. Das erste klingt direkter, ehrlicher und leidenschaftlicher, das zweite eher sachlich, wie eine Art informeller Akt.



    Was hat das nun mit Deiner Frage zu tun?

    Gefühlsmäßig erkennt man in der 1.Version schon allein durch die umständliche Herumeierei mit „unter Verwendung von“ und dadurch, dass der Regisseur zuerst genannt wird und erst zum Schluß der Komponist, dass es hier höchstwahrscheinlich sehr frei zugeht. „Unter Verwendung von" lässt auch mehr als in der zweiten Variante offen, ob beispielsweise der Text von Wagner unverändert und vollständig verwendet wird, ob Handlungsabläufe umgestellt oder gar dazuerfunden werden usw.


    Bei der zweiten Variante steht nach dem Titel der Oper der Komponist, zum Schluß der Regisseur. Dass der Regisseur ganz hinten steht impliziert den Plakatleser , dass der Regisseur sich hier eher nachrangig und sich hier mehr als „Diener am Werk“ sieht ( „Diener im Weinberg des Herren“ bezeichnete sich D. Fischer-Dieskau einmal) , mit dem Respekt vor dem Schöpfer desselben. Der Leser des Ankündigung kann bei dieser Version stillschweigend davon ausgehen, dass er hier wohl weitgehend den originalen Wagner-Lohengrin sieht, eben so, wie er mal ursprünglich im Libretto aufgeschrieben wurde und dass der Regisseur sich nicht wichtiger als der Komponist nimmt. D.h., er muss sich nicht gross erkundigen, wer Herr Konwitschny ist, ob er zu Extravaganzen neigt , man kann davon ausgehen, solide traditionelle Handwerksarbeit zu sehen. Es gab in unserer Gesellschaft früher einmal Selbstverständlichkeiten, überall geltende stillschweigende Übereinkünfte, die nicht ständig immer extra betont werden mussten. So etwa, wie es beispielsweise früher unter „ehrbaren Kaufleuten“ üblich war.


    Der Operngänger als „Kunde“ darf hier im übertragenen Sinne ehrliche Originalware erwarten, sprich keine Kuckuckseier .


    Bei Version 1 sollte er misstrauischer sein, wenn man meiner Interpretation folgen will.


    So geht mein bescheidener Deutungsversuch.


    Tiefergehende Fragen zur Freiheit der Kunst und des (nachschaffenden) Künstlers habe ich bewusst mal ausgeklammert. Mir ging es nur um die Erklärung der beiden unterschiedlichen Plakatankündigungen.



    Beste Grüße...MDM

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Der fragliche "Erstbesucher" könnte sich möglicherweise fragen, warum nicht einfach Wagners "Lohengrin" angekündigt wird und evtl. Nachforschungen anstellen.

    Angenommen also, jemand tut das angekündigte Wert nicht als bloße Bearbeitung ab, sondern stellt Nachforschungen an, dann muss bei dem Erstbesucher ja zumindest soviel Interesse und Verständnis vorhanden sein, dass er ein eventuelles Problem erkennt. Dann ist es aber genauso wahrscheinlich, dass derselbe Ersbesucher über den Begriff der Inszenierung "stolpert" und auch bei der heute üblichen Ankündigung Nachforschungen anstellt. - Gewonnen haben wir somit, dass Opernbesucher, die sich eigentlich sowieso nicht sooo sehr für die Materie interessieren, als Opernbesucher wieder verloren sind. Vermutlich ist dies Resultat sogar zu verschmerzen, da hier Besucher verlorengehen, die vielleicht einmal pro Jahr in die Oper gehen würden. - Ich finde das ein etwas mageres Resultat für den geforderten Aufwand.


    Was mir noch einfällt, dass wenn ich Lohengrin - Ein Stück von Peter Konwitschny unter Verwendung der Musik und des Textes von Richard Wagner fordere, mit der selben Berechtigung auch Lohengrin - Ein Stück von Wolfgang Wagner unter Verwendung der Musik und des Textes von Richard Wagner oder Lohengrin - Ein Stück von Wieland Wagner unter Verwendung der Musik und des Textes von Richard Wagner fordern muss. Dies ist auch deshalb ein sehr amüsantes Beispiel, weil der Erstbesucher sich vielleicht auf der sicheren Seite wähnt, schließlich hat er es mit Richard Wagners Enkeln zu tun, der Kenner der Materie jedoch weiß, dass er es bei der "falschen" Wahl genaugenommen mit Regietheater zu tun bekommt.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Hier orte ich ein Generationsproblem. Nicht nur meine Generation - auch jene vor mir - lehnt das Internet ab.
    Es gilt als kompliziert, fehleranfällig und von kriminellen Elementen durchseucht. Werbung an allen Ecken und Enden.

    Bitte nicht persönlich nehmen, aber dieses "Problem der Ablehnung aus falschen Gründen" wird sich auf rein biologischem Wege lösen. Im übrigen reden wir hier von potentiellen Opernbesuchern, also Menschen, die über einen gewissen geistigen Horizont verfügen. Ich setzte da einfach mal voraus, dass solche Menschen in der Lage sind, sich mit Informationen zu versorgen.


    Als Warnung Ähnlich wie bei den Allergenen - Ich bin ein Vertreter der Ausgrenzung von allem das "unbequem! werden könnte... Und ich liebe keine Überraschungen Und ich will keine Stücke von Konwitschny und Konsorten sehen, sonden von den großen Verfassern der Vergangenheit....

    MIr ist durchaus bewußt, ginge es nach der Meinung einiger hier im Forum, dürften Inszenierungen eines Peter Konwitschny oder eines Calixto Bieto überhaupt nicht plakatiert werden. - Eine solche Forderung sagt dann viel über das dahinter stehende Menschen- und Weltbild aus, bringt uns hier aber nicht weiter.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • "Arbeiter im Weinberg des Herren" muss es natürlich oben richtig heißen. Man sollte nachts um 1 keine großen Texte mehr schreiben. :rolleyes:


    Alles sehr theoretische Diskussionen übrigens, fast jeder kann sich heute, auch unterwegs mit Smartphone, alle möglichen Informationen aus dem Internet holen. Man braucht nicht mal mehr einen Opernführer kaufen. Aber das wurde ja schon alles erwähnt.
    Gruesse...MDM

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Lieber Alfred,


    dir ging es also wie mir - ich habe es schon an anderer Stelle ausgedrückt -, dass ich mich früher nie für den Regisseur (und weitere an der Inszenierung Beteiligte) interessiert habe und auch nicht zu interessieren brauchte, weil die Inszenierung stimmte. Inzwischen kann ich mich über das Internet und hier im Forum informieren, welche Regisseure ich meiden muss. Leider sind es heute die meisten und es kommen immer wieder noch weitere hinzu, die man dann noch nicht kennt. Ich bin aber der Meinung, dass viele Opernbesucher mit den Namen der schon bekannten Regisseure auch heute noch wenig anfangen können und eine ganze Menge der Opernfreunde, von denen inzwischen viele nach einigen Enttäuschungen generell Abstand von der Oper genommen haben, über diese Informationsmöglichkeiten nicht verfügen, vor allem ältere Leute. Aber auch bei den Jüngeren glaube ich, dass viele die Namen dieser Regisseure nicht kennen und mit ihnen nichts anzufangen wissen. Es stimmt also bei weitem nicht, dass mit dem Namen des Regisseurs für alle Opernbesucher genug Information vorhanden ist, an der sie sich informieren können. Es muss in meinen Augen klar erkennbar sein, dass in der Inszenierung nicht das Werk dieses Komponisten und Titels verwirklicht wird, ansonsten ist es, wie jede Mogelpackung, für mich ein Betrug am Kunden.
    Die Namen verschiedener Sänger sind hingegen bekannt und mancher Opernbesucher lässt sich davon anlocken, ohne zu wissen, welche Inszenierung er sich antut. Vielleicht haben die Diskussionen hier im Forum einigen Opernbesuchern, die sich im Internet auskennen und das Forum gefunden haben, die Augen geöffnet.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Gefühlsmäßig erkennt man in der 1.Version schon allein durch die umständliche Herumeierei mit „unter Verwendung von“ und dadurch, dass der Regisseur zuerst genannt wird und erst zum Schluß der Komponist, dass es hier höchstwahrscheinlich sehr frei zugeht. „Unter Verwendung von" lässt auch mehr als in der zweiten Variante offen, ob beispielsweise der Text von Wagner unverändert und vollständig verwendet wird, ob Handlungsabläufe umgestellt oder gar dazuerfunden werden usw.


    Bei der zweiten Variante steht nach dem Titel der Oper der Komponist, zum Schluß der Regisseur. Dass der Regisseur ganz hinten steht impliziert den Plakatleser , dass der Regisseur sich hier eher nachrangig und sich hier mehr als „Diener am Werk“ sieht

    Das käme auf den 1. Blick durchaus plausibel rüber. Nur wie funzt das bei Inszenierungen, die irgendwie dazwischen stehn. Sowas soll’s auch geben.
    Okay. RT-Phobe hätten zu mindestens noch als „Argument“:
    "Was Verunstaltung ist, bestimme ich ! "

    MIr ist durchaus bewußt, ginge es nach der Meinung einiger hier im Forum, dürften Inszenierungen eines Peter Konwitschny oder eines Calixto Bieto überhaupt nicht plakatiert werden. - Eine solche Forderung sagt dann viel über das dahinter stehende Menschen- und Weltbild aus, bringt uns hier aber nicht weiter.

    Vor allem auch , weil RT-Phobe über die künftige Strategie gegen das Verunstaltungstheater anscheinend sich nicht gänzlich einig sind:

    Der fragliche "Erstbesucher" könnte sich möglicherweise fragen, warum nicht einfach Wagners "Lohengrin" angekündigt wird und evtl. Nachforschungen anstellen.

    Mme. Cortese traut dem Opernpublikum zu, eigenständig sich zu informieren.


    Aber auch bei den Jüngeren glaube ich, dass viele die Namen dieser Regisseure nicht kennen und mit ihnen nichts anzufangen wissen. Es stimmt also bei weitem nicht, dass mit dem Namen des Regisseurs für alle Opernbesucher genug Information vorhanden ist, an der sie sich informieren können. Es muss in meinen Augen klar erkennbar sein, dass in der Inszenierung nicht das Werk dieses Komponisten und Titels verwirklicht wird, ansonsten ist es, wie jede Mogelpackung, für mich ein Betrug am Kunden.
    Die Namen verschiedener Sänger sind hingegen bekannt und mancher Opernbesucher lässt sich davon anlocken, ohne zu wissen, welche Inszenierung er sich antut.

    Dem widerspricht G.W. durch seine Taxierung der Opernbesucher als zu bescheuert und debil
    a. um sich plausible Informationen über Verunstalter zu beschaffen.
    b. um Verunstaltungen überhaupt als solche zu identifizieren. (obwohl er anderen Orts Überborden von RT-Flüchtlingsströmen beklagt).


    Daraus resultiert sein wiederholte Ruf nach gesonderter Kennzeichnung von Verunstaltungen für die zahlreichen Opern-Dummies. Vielleicht wäre Markierung mit einem V in der Mitte auf Plakatierung (auch im Netz) dafür dienlich.


    Vielleicht haben die Diskussionen hier im Forum einigen Opernbesuchern, die sich im Internet auskennen und das Forum gefunden haben, die Augen geöffnet.

    Viel wirkmächtiger käms rüber, deine flammende Aufklärungskampagne im neuen Tamino-RT-Klassiker „Na endlich ! das REGIETHEATERFORUM im TAMINO KLASSIKFORUM ist geboren !!“ unermüdlich fortzusetzen, um endlich dessen 9000ender Marke zu sprengen..dieser Thread hier dümpelt bisher bei ca. schlappen 250 Klicks.

    Dagegen fordert Alfred anscheinend die Namen der Verunstalter konsequent zu verschweigen.


    Also RT-Phobe sollten in dieser Frage - ob auf Verunstaltungen als solche gesondert zu hinzuweisen wäre oder nicht – sich endlich einig werden, um ihre Reihen gegen die RT-Phalanx fester zu schließen.
    Diskutiert das doch bitte gründlich aus !

  • Das käme auf den 1. Blick durchaus plausibel rüber. Nur wie funzt das bei Inszenierungen, die irgendwie dazwischen stehn. Sowas soll’s auch geben.
    Also RT-Phobe sollten in dieser Frage - ob auf Verunstaltungen als solche gesondert zu hinzuweisen wäre oder nicht – sich endlich einig werden, um ihre Reihen gegen die RT-Phalanx fester zu schließen.
    Diskutiert das doch bitte gründlich aus !


    Hier mal fiktive Beispiele als Vorschläge für Plakatierungen verschiedener Aufführungsvarianten:
    Klassisch:



    Zwischending:



    Regietheater:

    "Experimentelles Musiktheater" könnte man ggf. durch "Opern-Comedy " oder so ersetzen.
    Die Namen der für die Inszenierung Verantwortlichen sollten meiner Meinung nach schon genannt werden.



    Immer noch nicht perfekt, ich weiss, aber man kann sich dem ja brainstormmässig langsam annähern.




    Gruesse...MDM
    P.S.: Wirklich schade, dass "Knusperhexe" hier nicht mehr mitmischt. Dann würde es wieder so richtig rund gehen, wie in alten Zeiten. Vielleicht denkt er ja doch nochmal über ein Comeback nach.

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Das käme auf den 1. Blick durchaus plausibel rüber. Nur wie funzt das bei Inszenierungen, die irgendwie dazwischen stehn. Sowas soll’s auch geben.
    Okay. RT-Phobe hätten zu mindestens noch als „Argument“:
    "Was Verunstaltung ist, bestimme ich ! "


    Ja natürlich, und zum Glück bestimmt jeder selbst, was er für Verunstaltung hält und was nicht.
    Wäre ja schlimm, wenn man sich nur noch "Inszenierungs - Mucken reinziehen und reinschlürfen" dürfte,
    die Du, und ein paar Erleuchtete, für das einzig "wahre Theater" halten.



    Alfred, der Chef unseres Forums, bringt es sehr deutlich auf den Punkt,Zitat:
    Als Warnung
    Ähnlich wie bei den Allergenen - Ich bin ein Vertreter der Ausgrenzung von allem das "unbequem! werden könnte...Und ich liebe keine Überraschungen
    Und ich will keine Stücke von Konwitschny und Konsorten sehen, sonden von den großen Verfassern der Vergangenheit....

    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ja natürlich, und zum Glück bestimmt jeder selbst, was er für Verunstaltung hält und was nicht.

    So weit so gut, aber leider in Abweichung zu kämpferischen Mitstreitern für eure Sache. :(
    Denn im Gegensatz zu dir, erheben Alfreds und G.W.s Bestimmung, was als Verunstaltung zu gelten habe, Anspruch auf Objektivität verknüpft mit allgemeiner Beistimmung.


    Fruchtbarer als bloßes Apportieren von Alfreds Posting, wär für RT-Phobe endlich gemeinsame Einstimmung auf eine einheitliche Linie.
    Hinzu kämen generelle Taxierungs-Kriterien für Verunstaltungen (einschließlich praktikabler Durchführungsbestimmungen für Einzelfälle), überfällige Klärung offener Fragen, ob Informationen an das Publikum über drohende Verunstaltungen, sind Verunstaltungen als solche zu kennzeichnen. usw..usw..


    Also beginnt bei Zeiten euere To-do-Liste abzuarbeiten …

  • Ich verstehe nicht, warum dieser Thread unter "Allgemeine Klassikthemen" eröffnet wurde, er gehört für mein Gefühl viel eher ins Regietheater-Forum!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Und dann müsste überlegt/entschieden werden, wer von den Regisseuren als Verunstalter zu bestimmen wäre und welcher nicht.


    Wäre ein Festspielleiter, der Verunstalter anwirbt bzw. engagiert etwa auch selbiger Zielgruppe zuzurechnen ? Vermutlich reicht "Wer Verunstalter ist, bestimme ich ! " dabei nicht ganz aus, weils bloß wie eine Art aufgewärmter Dezisionismus rüberkäme.


    Also sind verlässliche Kriterien für "verunstaltungsfrei" bzw. "verunstaltungsinfiziert" zu entwickeln.
    Kriterienkatalog ? Nach unveränderlichen Normen; hm, wohl doch ein bisschen sehr unhistorisch oder ? .. Tja .. Fragen über Fragen ?( ?(

    P.S.: Wirklich schade, dass "Knusperhexe" hier nicht mehr mitmischt. Dann würde es wieder so richtig rund gehen, wie in alten Zeiten. Vielleicht denkt er ja doch nochmal über ein Comeback nach.

    Dem kann ich nur beipflichten. :yes: :yes: Sehr schmerzlicher Verlust ! Wer von den Usern steht denn weiterhin Kontakt mit KH und würde die freundliche Werbetrommel fürs Comeback rühren ?


  • Und dann müsste überlegt/entschieden werden, wer von den Regisseuren als Verunstalter zu bestimmen wäre und welcher nicht.


    Wäre ein Festspielleiter, der Verunstalter anwirbt bzw. engagiert etwa auch selbiger Zielgruppe zuzurechnen ? Vermutlich reicht "Wer Verunstalter ist, bestimme ich ! " dabei nicht ganz aus, weils bloß wie eine Art aufgewärmter Dezisionismus rüberkäme.


    Also sind verlässliche Kriterien für "verunstaltungsfrei" bzw. "verunstaltungsinfiziert" zu entwickeln.
    Kriterienkatalog ? Nach unveränderlichen Normen; hm, wohl doch ein bisschen sehr unhistorisch oder ? .. Tja .. Fragen über Fragen ?( ?(.


    Für die Beantwortung eines solchen Fragenkataloges hat es sich in der Praxis bewährt, unabhängige , paritätisch besetzte Kommissionen einzurichten.
    Als grobes Vorbild könnte ein Senat des Bundesverfassungsgerichtes dienen, also 8 Personen.
    Würden diese Personen aus Forenmitgliedern bestehen, könnte man in etwa dieselben Kandidaten rekrutieren, die "dr. pingel" schon einmal für eine Fussballmannschaft im Thread "Na endlich! das Regietheaterforum im TAMINO KLASSIKFORUM ist geboren!!" vorgeschlagen hat. :angel:

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Was hat das nun mit Deiner Frage zu tun?

    Gefühlsmäßig erkennt man in der 1.Version schon allein durch die umständliche Herumeierei mit „unter Verwendung von“ und dadurch, dass der Regisseur zuerst genannt wird und erst zum Schluß der Komponist, dass es hier höchstwahrscheinlich sehr frei zugeht. „Unter Verwendung von" lässt auch mehr als in der zweiten Variante offen, ob beispielsweise der Text von Wagner unverändert und vollständig verwendet wird, ob Handlungsabläufe umgestellt oder gar dazuerfunden werden usw.


    Bei der zweiten Variante steht nach dem Titel der Oper der Komponist, zum Schluß der Regisseur. Dass der Regisseur ganz hinten steht impliziert den Plakatleser , dass der Regisseur sich hier eher nachrangig und sich hier mehr als „Diener am Werk“ sieht ( „Diener im Weinberg des Herren“ bezeichnete sich D. Fischer-Dieskau einmal) , mit dem Respekt vor dem Schöpfer desselben. Der Leser des Ankündigung kann bei dieser Version stillschweigend davon ausgehen, dass er hier wohl weitgehend den originalen Wagner-Lohengrin sieht, eben so, wie er mal ursprünglich im Libretto aufgeschrieben wurde und dass der Regisseur sich nicht wichtiger als der Komponist nimmt. D.h., er muss sich nicht gross erkundigen, wer Herr Konwitschny ist, ob er zu Extravaganzen neigt , man kann davon ausgehen, solide traditionelle Handwerksarbeit zu sehen.

    Zumindest was die erste Form der Ankündigung betrifft, gebe ich Dir recht: So wird man es wohl interpretieren. Bei Deiner Deutung der zweiten Form gehe ich hingegen nicht wirklich mit, handelt es sich doch um nichts weiter, als eine neutrale Zusammenstellung aller relevanten Informationen. Da sich die Gesellschaft weiterentwickelt oder meinethalben auch verkompliziert hat, gilt die stillschweigende Übereinkunft nicht mehr. Dem Besucher werden alle notwendigen Fakten zu Verfügung gestellt und er ist selbst in der Pflicht, sich bei Bedarf zusätzliche Informationen zu besorgen. Oben jedoch intendiert bereits die Ankündigung eine bestimmte Interpretation, die womöglich dazu führen soll(?), dass die Aufführung nicht besucht wird. - Man ahnt die Absicht und ist verstimmt.
    Bleiben wir zudem beim Beispiel, also Konwitschny Lohengrin-Inszenierung hier in Hamburg (und auch, soweit ich erinnere, in Barcelona), so entpuppt sich die obige Ankündigung fast schon als das, was heutzutage mit dem Begriff "Fake News" beschrieben wird. Denn weder wird in der fraglichen Inszenierung eine andere, als Wagners Musik zum Lohengrin gespielt, noch textlich etwas hinzugefügt. Alles geschieht in der vorgesehenen Reihenfolge, keine Umstellungen, keine hinzuerfundenen Figuren. Einzug verzichtet der Zuschauer auf historisch "korrekte" Kostüme und Bühnenbilder. Zudem mag man Peter Konwitschny einiges vorwerfen, aber m.E. kaum, dass er sich wichtiger nähme, als das Werk, dass er nicht sehr sorgfältig mit dem Werk umgehen würde oder dass er sein Handwerk nicht beherrsche. Alles also Punkte, die Deiner Interpretation der zweiten Ankündigung folgen.


    Vielleicht haben wir aber auch einfach nur das falsche Beispiel am Wickel ... Jedoch, wer will bzw. soll den nun entscheiden, welche Ankündigung die jeweils richtige ist? Die erste durchaus als tendenziös zu bezeichnende oder die zweite recht neutrale? Und wer sind damit diejenigen, die sich das Recht herausnehmen, die Zuschauer in einer bestimmten Art zu beeinflussen? - Denn mal ganz ehrlich: Was Du oben beschreibst, halte ich von der Bedeutung der jeweiligen Ankündigungen her für richtig. Der Sinn aber besteht m.E. darin, den Besucher in eine ganz bestimmte Richtung hin zu beeinflussen. Und dies passt auch sehr gut in das Bild des unwissenden, vielleicht sogar ein bisschen blöden Opernbesuchers, der eigentlich sowieso keine Ahnung von dem hat, was da auf der Bühne passiert. Dem muss man halt direkt und indirekt klar machen, was er denn als "wahrer Opernfreund" gut und was schlecht zu finden hat.


    Bitte, von mir aus soll man Opern trotzdem wie gewünscht ankündigen, also 0815 - Ein Stück von xxx unter Verwendung der Musik und des Textes von yyy; dann aber auch immer und für alle Arten der Inszenierung gleich!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Amüsant zum Lesen :D Alfred versteht es immer wieder aufs Trefflichste, das Sommerloch erfolgreich zu umschiffen. Und erstaunlich, wie viele Kombattanten sich gegenseitig hochpushen und den Thread quasi zum Selbstläufer machen.
    Das zeichnet den alten Fuchs aus, mein Kompliment! :jubel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • [...] - ich habe es schon an anderer Stelle ausgedrückt -, dass ich mich früher nie für den Regisseur (und weitere an der Inszenierung Beteiligte) interessiert habe und auch nicht zu interessieren brauchte, weil die Inszenierung stimmte.

    Also Schenk, Herz, Friedrich, Zeffirelli, Wieland oder Wolfgang Wagner ... alles auch ein bisschen egal. - Da zeigt sich doch der wahre Opernfreund und -kenner, der nicht aufhört zu betonen, wie wichtig doch neben Musik und Text auch die Bühne ist. - Wo bleibt da eigentlich der Respekt vor der Arbeit anderer?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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    Das zeichnet den alten Fuchs aus, mein Kompliment! :jubel:

    :D :D :D


    Und das Ganze endet und muss immer wieder enden wie das Hornberger Schießen. Denn die eigentliche Frage wird gar nicht erst gestellt, weil man sie für beantwortet hält: Was ist eigentlich Sinn und Zweck einer Theateraufführung? Das ist aber eine Frage, die letztlich nur in der Ästhetik zu beantworten ist. Da man aber Ästhetik verabscheut, endet man im Hornberger Schießen - als die ewige Wiederkehr des Gleichen. :D :hello:

  • Der Sinn aber besteht m.E. darin, den Besucher in eine ganz bestimmte Richtung hin zu beeinflussen. Und dies passt auch sehr gut in das Bild des unwissenden, vielleicht sogar ein bisschen blöden Opernbesuchers, der eigentlich sowieso keine Ahnung von dem hat, was da auf der Bühne passiert. Dem muss man halt direkt und indirekt klar machen, was er denn als "wahrer Opernfreund" gut und was schlecht zu finden hat.



    Hallo Michael,
    ich sehe das etwas anders. Die Rede ist ja hier vom Quereinsteiger, oder nennen wir es Opernneuling. Der nimmt sich also zuhause den Opernführer vor und informiert sich über die Handlung von "Lohengrin". Wenn der nun in die Inszenierung von Konwitschny gerät, muss er doch denken, er sei entweder im "falschen Film", oder sein Opernführer sei veraltet oder ähnliches. Bei der Ankündigung eins merkt er aber, dass er offensichtlich noch zusätzliche Infos braucht. Dann kann er entscheiden, ob er diese Version sehen möchte oder nicht. Vermutlich wird er schon aus reiner Neugierde hingehen. Von daher würde ich Ankündigung eins nicht als "tendenziös" bezeichnen, sondern als ehrlich bzw. den Tatsachen entsprechend.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Hallo MSchenk,


    alles meist richtig, was Du da oben schreibst. Persönlich gehöre ich auch zu dem Kreis, der sich lieber traditionelle Aufführungen ansieht und -hört, zähle mich aber nicht zur absoluten Hardcore-Fraktion der Regietheater-Gegner und sehe das Ganze etwas gelassener, nehme auch vieles mit Humor. Ich bin da pragmatisch,gehe eben nicht hin, wenn es mir nicht zusagt und schiebe dann lieber eine DVD in den Player. Auf meine Kosten des Live-Erlebnisses komme ich trotzdem hin und wieder noch. Das nur zur Erklärung und Einordnung meiner Position.


    Nimm`es mir bitte nicht übel, dass ich intellektuell und dialektisch hier nicht mithalten kann und deshalb nicht auf alle Deine Argumente eingehen möchte.
    Auf eine Deiner Fragen komme ich jedoch gerne noch kurz zurück:



    ... Jedoch, wer will bzw. soll den nun entscheiden, welche Ankündigung die jeweils richtige ist? Die erste durchaus als tendenziös zu bezeichnende oder die zweite recht neutrale? Und wer sind damit diejenigen, die sich das Recht herausnehmen, die Zuschauer in einer bestimmten Art zu beeinflussen? -


    Ich hatte ja oben angeregt, dass man eine Kommission zur Beurteilung und Einstufung von Operninszenierungen einrichten könnte, die aus TAMINO-Mitgliedern bestehen könnte. Frei nach dem Motto „Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man 'nen Arbeitskreis.“ ...:


    Für die Beantwortung eines solchen Fragenkataloges hat es sich in der Praxis bewährt, unabhängige , paritätisch besetzte Kommissionen einzurichten.
    Als grobes Vorbild könnte ein Senat des Bundesverfassungsgerichtes dienen, also 8 Personen.
    Würden diese Personen aus Forenmitgliedern bestehen, könnte man in etwa dieselben Kandidaten rekrutieren, die "dr. pingel" schon einmal für eine Fussballmannschaft im Thread "Na endlich! das Regietheaterforum im TAMINO KLASSIKFORUM ist geboren!!" vorgeschlagen hat. :angel:



    (Die derzeitige sommerliche Hitze draußen bietet Anlaß, die harten Konflikte mal ruhen zu lassen und ein bißchen Spaß zu haben. :angel: )
    Ich habe mir inzwischen dazu ein paar weiterführende Gedanken gemacht, wie die Praxis dazu aussehen könnte.


    Wenn man die Phantasie ein bißchen spielen läßt, dann könnte man sich da schon einige anregende Szenarien ausmalen:.



    Beispiel:



    Gerhard Wischniewski eröffnet als turnusmässiger Vorsitzender die neue ständige TAMINO-RT-Kommsision und wünscht ihr viel Erfolg. Erster Tagesordnungspunkt: Einstufung des neuen „Rigoletto“ in …...............als Verunstaltung zweiten Grades. Er prangert sie einführend an und erklärt, die Aufführung zwar nicht gesehen zu haben, er kann als eindeutigen Beweis aber ein unscharfes Szenenphoto beibringen.Falls die Gegenseite ihm diese Verunstaltung nicht sofort erklären könnten, schlägt er als Strafe für den verunstaltenden Regisseur vor, dass dieser nun für die nächsten 10 Jahre eine 1-1-Kopie von Otto Schenks Münchner „Rosenkavalier“ aufführen muss und nix anderes mehr inszenieren darf. chrissy pflichtet ihm bei und meint, der einzig lohnende „Rigoletto“ in Reichweite laufe derzeit in Liberec/Reichenberg. Er könne dies ganz gut beurteilen, obwohl er ihn erst 50mal gesehen habe. Daraufhin setzt Dr. Holger Kaletha zu einem Grundsatzreferat zum Thema „Werktreue und Opernästhetik im 21. Jahrhundert“ an und garniert es mit zahlreichen Zitaten aus den letzten 5000 Jahren Philosophiegeschichte. Auf der anderen Seite verdreht man zwar leicht genervt die Augen, tut aber so, als ob man eine Weile lang zuhöre.Einer nickt zwischenzeitlich dann doch ein. La Roche unterbricht den Vortrag dann nach 2 Stunden mit der lapidaren Feststellung, dass das alles ja ganz interessant wäre, den Gegenstand des Tagesordnungspunktes aber verfehle. Daraufhin protestieren MSchenk und Bertarido lautstark, das sei die falsche Rezeptionshaltung und man habe ja noch nicht einmal ansatzweise versucht, die verschiedenen Bedeutungsebenen der unbekannten Verunstaltung intellektuell herauszuarbeiten. chrissy meint dazu „Wer`s halt braucht...“ und er würde jetzt lieber über seinen Besuch des Rolling-Stones-Konzertes von neulich berichten. Irgendwann schreien alle durcheinander. Am Ende kann man sich noch mühsam auf eine Vertagung einigen und beschliesst, für die nächste Sitzung externen Experten-Rat zur Anhörung einzuholen. Frau Professorin Marie-Louise Gilles und Herr Calixto Bieito sollen dann als Sachverständige ihre Expertisen abgeben.



    So oder so ähnlich könnte ich mir das sehr gut vorstellen. :D




    Viele Gruesse...MDM :hello:

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • ich sehe das etwas anders. Die Rede ist ja hier vom Quereinsteiger, oder nennen wir es Opernneuling. Der nimmt sich also zuhause den Opernführer vor und informiert sich über die Handlung von "Lohengrin". Wenn der nun in die Inszenierung von Konwitschny gerät, muss er doch denken, er sei entweder im "falschen Film", oder sein Opernführer sei veraltet oder ähnliches.

    Liebe M. Cortese,


    hier in Münster kann man einfach die Texthefte zur jeweiligen Opernaufführung für 2.50 Euro kaufen am Theater, wo es auch die Tickets gibt. Da ist dann drin erklärt, wie der Regisseur das Stück sieht und dazu gibt es noch sehr kluge und informative andere Beiträge zu der betreffenden Oper. Das kann man vorab lesen und mit dem Opernführer vergleichen und ist damit bestens im Bilde. (Z.B. bei Massenet Cendrillon war ausführlich die Abänderung der Handlung nachzulesen.) Wo ist also das Problem? Vor der Premiere gibt es auch eine sehr unterhaltsame und publikumsfreundliche Matinee mit dem Regieteam, dem Dirigenten und Sängern, die eine Probe geben, auch da kann man kostenlos (!) hingehen und sich vorab informieren und mit den Künstlern sprechen und Fragen stellen. Niemand kann also behaupten, er müsse überrascht werden von dem, was er in der Aufführung zu sehen und zu hören bekommt. Wenn das tatsächlich passiert, dann ist er selber Schuld! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Nach solch humorigen Beiträgen getraut man sich kaum mehr zum Ernst der Sache zurückzukehren (ich hab sehr gelacht)
    Aber es wurden auch einige Dinge angesprochen, auf die ich kurz eingehen will. Natürlch war es spöttisch und subversiv gemeint, als auf die Auffassungsunterschiede der Regietheater-Gegner hingewiesen wurde.
    Das ist - in aller Freundlichkeit gesagt - winw Banalität. Jede Religionsgemeinschaft, jede Politische Partei verfügt über einen rechten und einenLinken Flügel ideralerweise befindet sich dazwischen das Hirn. Es gibt die Fundis und die Realos, die Hardliner und die Pragmatiker.
    DENNOCH -> die Linie ist im Großen und Ganzen vorgegeben.
    Teile und siege - funktioniert in diesem Zusammenhang nicht (mehr)


    Aus meiner Sicht gibt es keine Inszenierungen "dazwischen" - sie sind IMO eine Erfindung der Regietheater-Nutzniesser, etwa in der Art: Schaut her - ist ja gar nicht so arg wie ihr sagt.


    Ich teile auch nicht die Auffassung, daß jeder selbst bestimmt, was Verunstaltung ist - und was nicht.
    Hier sind die Regeln fix vorgegeben
    Was allerdings in der Tat jeder selbst bestimmt, ist, inwieweit er Regelbrüche toleriert, akzepiert, oder billigend hinnimmt......


    Verfälschungen der Geschichte finden sich ja leider oft schon in den Librettos, bzw in den Theaterstücken auf die sie aufbauen.
    Herr von Schiller, seines Zeichens Geschichtprofessor in Jena hat beispielsweise im Don Carlos arg gewütet, wo er aus dem Cretin Don Carlos einen Freiheitshelden formte und ihm zur Verstärkung des Eindrucks dann noch den nicht existierenden Marqis de Posa zur Seite stellt, der dan letztlich stellvertretend für Carlos den Heldentod stirbt...


    na Prost Mahlzeit
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Gerhard Wischniewski eröffnet als turnusmässiger Vorsitzender die neue ständige TAMINO-RT-Kommsision und wünscht ihr viel Erfolg. Erster Tagesordnungspunkt: Einstufung des neuen „Rigoletto“ in …...............als Verunstaltung zweiten Grades. Er prangert sie einführend an und erklärt, die Aufführung zwar nicht gesehen zu haben, er kann als eindeutigen Beweis aber ein unscharfes Szenenphoto beibringen.Falls die Gegenseite ihm diese Verunstaltung nicht sofort erklären könnten, schlägt er als Strafe für den verunstaltenden Regisseur vor, dass dieser nun für die nächsten 10 Jahre eine 1-1-Kopie von Otto Schenks Münchner „Rosenkavalier“ aufführen muss und nix anderes mehr inszenieren darf. chrissy pflichtet ihm bei und meint, der einzig lohnende „Rigoletto“ in Reichweite laufe derzeit in Liberec/Reichenberg. Er könne dies ganz gut beurteilen, obwohl er ihn erst 50mal gesehen habe. Daraufhin setzt Dr. Holger Kaletha zu einem Grundsatzreferat zum Thema „Werktreue und Opernästhetik im 21. Jahrhundert“ an und garniert es mit zahlreichen Zitaten aus den letzten 5000 Jahren Philosophiegeschichte. Auf der anderen Seite verdreht man zwar leicht genervt die Augen, tut aber so, als ob man eine Weile lang zuhöre.Einer nickt zwischenzeitlich dann doch ein. La Roche unterbricht den Vortrag dann nach 2 Stunden mit der lapidaren Feststellung, dass das alles ja ganz interessant wäre, den Gegenstand des Tagesordnungspunktes aber verfehle. Daraufhin protestieren MSchenk und Bertarido lautstark, das sei die falsche Rezeptionshaltung und man habe ja noch nicht einmal ansatzweise versucht, die verschiedenen Bedeutungsebenen der unbekannten Verunstaltung intellektuell herauszuarbeiten. chrissy meint dazu „Wer`s halt braucht...“ und er würde jetzt lieber über seinen Besuch des Rolling-Stones-Konzertes von neulich berichten. Irgendwann schreien alle durcheinander. Am Ende kann man sich noch mühsam auf eine Vertagung einigen und beschliesst, für die nächste Sitzung externen Experten-Rat zur Anhörung einzuholen. Frau Professorin Marie-Louise Gilles und Herr Calixto Bieito sollen dann als Sachverständige ihre Expertisen abgeben.



    So oder so ähnlich könnte ich mir das sehr gut vorstellen. :D

    Herrlich! Jahrelange TAMINO-Regietheaterdiskussion perfekt zusammengefasst! :hahahaha: :jubel: :thumbsup:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Persönlich gehöre ich auch zu dem Kreis, der sich lieber traditionelle Aufführungen ansieht und -hört, zähle mich aber nicht zur absoluten Hardcore-Fraktion der Regietheater-Gegner und sehe das Ganze etwas gelassener, nehme auch vieles mit Humor. Ich bin da pragmatisch,gehe eben nicht hin, wenn es mir nicht zusagt und schiebe dann lieber eine DVD in den Player. Auf meine Kosten des Live-Erlebnisses komme ich trotzdem hin und wieder noch. Das nur zur Erklärung und Einordnung meiner Position.

    Das halte ich für eine durchaus achtenswerte Position, denn es ist eine Position und sie bezieht Stellung ohne dabei die Position des anderen zu diskreditieren. Sie signalisiert Diskussionsbereitschaft bei gleichzeitiger Ankündigung einer Grenze.


    Auf eine Deiner Fragen komme ich jedoch gerne noch kurz zurück:

    Ich hatte ja oben angeregt, dass man eine Kommission zur Beurteilung und Einstufung von Operninszenierungen einrichten könnte, die aus TAMINO-Mitgliedern bestehen könnte. Frei nach dem Motto „Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man 'nen Arbeitskreis.“ ...:

    Uns ist wohl beiden klar, dass dies in der Realität nicht funktionieren wird, andereseits finde ich Dein Beispiel prima und in der jeweiligen Charakterisierung nicht untreffend :jubel:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Aber es wurden auch einige Dinge angesprochen, auf die ich kurz eingehen will. Natürlch war es spöttisch und subversiv gemeint, als auf die Auffassungsunterschiede der Regietheater-Gegner hingewiesen wurde. Das ist - in aller Freundlichkeit gesagt - winw Banalität.

    Bitte? "winw"?


    Aus meiner Sicht gibt es keine Inszenierungen "dazwischen" - sie sind IMO eine Erfindung der Regietheater-Nutzniesser, etwa in der Art: Schaut her - ist ja gar nicht so arg wie ihr sagt. Ich teile auch nicht die Auffassung, daß jeder selbst bestimmt, was Verunstaltung ist - und was nicht. Hier sind die Regeln fix vorgegeben

    Durch den Geist Mozarts, die NASA, den Volksgerichtshof(!), den Lieben Gott oder durch wen?


    na Prost Mahlzeit

    Das denke ich manchmal auch!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Wenn man den Threadtitel liest, könnte man denken, es solle hier ernsthaft um eine Art "Operndidaktik" gehen - welche Werke, Komponisten sind für "Anfänger" besonders geeignet. Das könnte doch eine interessante Diskussion sein - in die auch durchaus einfließen könnte, ob für Anfänger Inszenierungen aus dem Dunstkreis des "Regietheaters" in Frage kommen können oder nicht. Stattdessen wird hier offenbar (in Nabelschau) der ewig selbe und langweilige Gaul (im Übrigen ein Hauptgrund für meine sehr seltenen Posts, weil einige der hiesigen Schreiber es bei fast jedem Thema im fünften Post zum "Verunstaltungstheater" schaffen) zu Tode geritten.
    Mal aus einem anderen Fach gesprochen: Die Germanistik hat sich vor ca. 70 Jahren von der Fragestellung "Was will der Autor damit sagen?" gelöst - glücklicherweise. Wir werden es nämlich nie herausfinden und es ist letztendlich völlig irrelevant. Ich versuche seit 11 Jahren als Deutsch-, Philosophie- und Musiklehrer meine Schülerinnen und Schüler konsequent zu einem "Was sagt der Text über seine Entstehungszeit?", "Was sagt er uns heute noch?", "Wie wurde er rezipiert?" und "Wie ist er gemacht?" zu leiten - dies alles sind nämlich Fragestellungen, die wir heute beantworten können. Dasselbe gilt für Opern. Wer behauptet, er wisse, wie ein Werk aufgeführt gehört, wie der Komponist es sich gedacht habe, ist ein (pardon) "Schaumschläger".


    Ich selbst bin - Dank engagierter Musiklehrer - durch die Schule zur klassischen Musik und vor allem der Oper gekommen, zwei Opernbesuche waren (und sind an meinem alten Gymnasium bis heute) Pflicht: "Zauberflöte" in Klasse 6, ein intensiv vorbereitetes Werk in der Oberstufe. Letztere Fahrt war immer für interessierte Schülerinnen und Schüler geöffnet. Gesehen habe ich in diesem Zusammenhang (immer in Essen) "Die Zauberflöte" (Chundela), "Don Carlos" und "Fidelio" (beide Hilsdorf), "Tosca"(Mielitz) und "Die Liebe zu den drei Orangen" - und ich gehe nach wie vor gern in die Oper...
    Für Schülerinnen und Schüler ist es - das kann ich nach 13 Jahren im Schuldienst wohl einigermaßen beurteilen - herzlich egal, ob sie eine moderne oder eine klassische Produktion sehen. Sie muss in sich stimmig sein - und sollte am "Text" des Werkes nichts willkürlich ändern, sprich: keine Nummern streichen oder hinzufügen, aus Hosenrollen Männerpartien machen, möglichst viel originalen Dialog belassen (das war der wesentliche Kritikpunkt an Hilsdorfs "Fidelio" - der Dialog war gestrichen).
    Meine Schülerinnen und Schüler gehen (im Klassen- bzw. Kursverband) dreimal in Aufführungen des Musiktheaters, das erste mal in Klasse 5/6 - "Zauberflöte", "Hänsel und Gretel" oder deutsche Spieloper, die meisten sitzen andächtig schauend auf ihren Plätzen, viele haben inzwischen ihre Eltern genötigt, privat mit ihnen in die Oper zu gehen. In Klasse 8/9 gibt es meist Musical, wenn es inhaltlich passt auch Oper (also: "Freischütz" und "Black Rider", nächstes Schuljahr wird es "Miss Saigon" und "Butterfly") und dann nochmal in der Oberstufe (oft Wagner, Verdi, aber auch schon "Wozzeck" und "Grand Macabre"). Klagen über "Verunstaltungen" etc. gibt es nicht - das könnte daran liegen, dass so gut wie jedes Theater didaktisch aufbereitetes Material zur Inszenierung herausgibt und Fotos bereitstellt, mit Hilfe derer man sich konkret auf den Besuch vorbereiten kann. Die Theater sind meist (auf Grund Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln) Bonn und Hagen - zwei sehr ordentliche Ensemblehäuser mit Mut zu auch ungewöhnlichem Repertoire.
    Allerdings muss ich eingestehen, dass ich Oper generell für eine Kunstform halte, der ein bloß passives Genießen-Wollen nicht gerecht wird, die Vorbereitung und Mit- bzw. Nachdenken erfordert.
    Zur Frage also (etwas uminterpretiert): Opernneulinge sollten gut vorbereitet in Vorstellungen gehen (völlig unabhängig vom Inszenierungsstil), ich befürchte, dass heute nur noch eine durch Schule oder privaten Musikunterricht angeleitete Begegnung wirklich Erfolg haben kann.


    P.S. und Off-Topic: Herzliche Grüße an Holger Kaletha, ich denke gern an die Seminare in Siegen zurück und bin trotzdem froh, nicht in die Verlegenheit zu kommen, Heidegger unterrichten zu müssen...)!

    Viele Grüße
    Erik

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