Tosca bei den Osterfestspielen in Salzburg - billiger als jeder Krimi und Groschenroman

  • es war nicht anders zu erwarten: Nachdem ich bereits in der Zeitung gelesen hatte, dass der Regisseur Tosca als „Krimi“ bzw. „Groschenroman“ bezeichnet hatte, hätte ich garnicht erst einschalten sollen. Nun bin ich erst mitten in den ersten Akt eingestiegen, da ich erst kurz vor neun Uhr von einer Feier zurückkam. [/size]
    Da sah die Kulisse erst einmal manierlich aus. Man konnte sich eine Kirche vorstellen. Allerdings stand da eine Statue,an der Cavaradossi anscheinend gearbeitet hatte (Laut Libretto geht es aber um ein Gemälde). Nun ja, das war hinzunehmen. Allerdings passten die Klamotten die die Spieler trugen und manche Utensilien absolut nicht in das Jahr 1800, in dem das Stück spielt (Im ersten Akt ist von der Niederlage Napoleon bei Marengo die Rede, in zweiten Akt wird dann der Sieg Napoleons gemeldet, was ja auf historischen Tatsachen, die man aber bei der Regie wohl nicht kannte, beruht). Ich habe mir später aus reiner Neugierde in der Mediathek die erst halbe Stunde des Aktes im Querschnitt angesehen und da gleich zu Anfang die erste Scheußlichkeit sehen müssen, die wahrscheinlich – wenn ich sie vorher gesehen hätte – bereits den Abschaltknopf bedingt hätte: Eine Schießerei zwischen Autos in einer Tiefgarage. Dann kamen weitere Ungereimtheiten, so etwa die Kinderschar mit Malblöcken, innerhalb derer die Arie „Recondita armonia“vor der Cavardossi bei seinem „Dammi i colori“ einem Kind die Malstifte und den Block wegnimmt und die Einwürfe des Mesners völlig unglaubwürdig erschienen.
    Im zweiten Akt glaubte man tatsächlich, in einem Salon des beginnenden 19. Jahrhunderts zu sein. Allerdings stand dem – abgesehen von den ebenfalls nicht passenden „Kostümen“ - Scarpia im Unterhemd auf dem Trainingsrad, später sein Telefongespräch und andere unpassende Utensilien und aktionen stilistisch gesehen dem Eindruck diametral entgegen. Dass der getötete Scarpia am Ende des Aktes wieder aufersteht, hing vielleicht mit dem Gedanken der Regie an Ostern zusammen, jedenfalls war das für mich ebenfalls eine völlige Entstellung des Stückes.
    Der dritte Akt begann mit einer in der Oper auch nicht vorgesehenen Scheußlichkeit, dem Schlafsaal eines Knabenpensionats (oder sagen wir besser einer Erziehungsanstalt von Kindersoldaten), in der ein Knabe den Hirten singen musste und durch die dann auch Cavaradossi hindurchgehen musste. Als diese Anstalt in der Versenkung verschwand, konnte man entfernt meinen, dass man sich bei dem Bild des Petersdomes im Hintergrund auf einer Terrasse der Engelsburg befand. Was dann aber kam, war der absolute Höhepunkt der Scheußlichkeiten: Die Knaben mussten sich in einer Reihe aufstellen und Cavaradossi erschießen. Sie mussten dann am Ende auch im Hintergrund zusehen, wie der wiedererstandene Scarpia und Tosca aufeinander losgingen und sich gegenseitig erschossen.
    Das sind nur einige der Ungereimtheiten und Scheußlichkeiten, die in meinen Augen mehr als absurd sind.
    Wenn mich auch jetzt wieder einige Wölfe in der Luft zerreißen möchten, das Fazit: Ein Mix aus nicht zusammen passenden Kulissen und Kostümen, nicht laut Stück vorgesehenen Handlungen und Personen, teilweise absoluten Scheußlichkeiten, die absolut nicht gehen dürften, billiger als jeder Groschenroman und schlechte Krimi im Fernsehen.
    Auch die musikalische und spielerische Seite konnte mich absolut nicht vom Stuhl reißen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Fazit: Ein Mix aus nicht zusammen passenden Kulissen und Kostümen, nicht laut Stück vorgesehenen Handlungen und Personen, teilweise absoluten Scheußlichkeiten, die absolut nicht gehen dürften, billiger als jeder Groschenroman und schlechte Krimi im Fernsehen.
    Auch die musikalische und spielerische Seite konnte mich absolut nicht vom Stuhl reißen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Lieber Gerhard
    Vielen Dank für Deine ausführliche Schilderung. Auch ich habe mir dieses fürchterliche Machwerk angetan.
    Du bringst es auf den Punkt und ich kann mich daher kurz fassen.
    Wenn ich eine Rezension schreiben müßte, wäre meine Überschrift /Schlagzeile: Schlimmer geht´s nimmer!!!
    Wie Du berichtest, hat ja der "Regisseur" die Handlung der Oper als Krimi und Groschenroman bezeichnet.
    Zumindest dieses billige Niveau hat er mit abartigen Scheußlichkeiten hervorragend bedient und die Handlung rein optisch in die Jetzt - Zeit transferiert.
    Dabei ist wohl in keiner anderen Oper Zeit und Ort, nämlich Rom am 17. /18. Juni 1800, so deutlich und somit zwingend vorgegeben!
    Da passen natürlich Telefon, Fahrradergometer, Bierbüchsen und die Klamotten der Akteure absolut dazu.
    Neben vielen anderen geistlosen Verunstaltungen fand ich besonders schlimm und widerlich abscheulich, die Erschießungsszene, an der Kinder (!!!) aktiv beteiligt waren.
    Und der "geniale Einfall" - die makabre Auferstehung Scarpias, der sich, wie in einem Duell, gegenseitig mit Tosca am Schluß erschießt.
    Dazu mit Aleksandr Antonenko, ein stimmlich und darstellerisch drittklassiger Tenor (man will nicht glauben, daß der an Bühnen wie der Met und der Scala gastiert
    und ich frage mich, wenn der zu den Besten gehört, wie sind dann die nicht so Guten?!).
    Und eine Anja Harteros, die mich stimmlich nicht berührt hat und die als Tosca bestimmt nicht ideal besetzt ist.
    Nein, nein, nein - das alles geht gar nicht!!! Unglaublich, daß sich ein Thielemann für solch ein Machwerk hergibt.
    Aber persönlich hat das Ganze auch sein Gutes:
    Früher gesehene und erlebte hervorragende werkgetreue Inszenierungen, wie die großartige "Riha - Inszenierung", seinerzeit an der Deutschen Staatsoper Berlin,
    die dort erfolgreich 35 Jahre (!!!) lief, mit wirklich großartigen Weltklasse Solisten (Tomowa - Sintow, Orofino, Adam), werden durch solch Abartiges nochmal vergoldet und veredelt.
    Ein Glück, daß sich diese Erinnerungen im Gedächtnis manifestiert haben!
    Mein pers. Fazit dieser Salzburger Tosca - ein Zitat eines geschätzten Tamino - Mitglieds - Man kann sich nur an den A... fassen, der Kopf ist zu schade dafür!!!

    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich habe nur den Schluss gesehen und möchte darüber nichts sagen. Auch Anja Harteros schien sich sichtlich unwohl zu fühlen. Anschließend kam ein schönes Porträt von ihr, da war ich sehr angetan, vor allem von ihrer Arabella. Ich könnte sie mir auch gut als Katja oder Jenufa vorstellen.


    Anja Harteros ist eine von drei Sängerinnen, die ich vor fast 25 Jahren als Anfänger gesehen habe und so begeistert war, dass ich ihnen eine internationale Karriere prophezeite, was auch eintrat.


    Anja Harteros in Gelsenkirchen: Der "Wildschütz" (irgendeine Hauptrolle)


    Waltraud Meier in Dortmund: Die Dame, eine kleine Rolle in Hindemiths "Cardillac"


    Trudeliese Schmidt als Füchslein in Düsseldorf. Sie ist traurigerweise schon gestorben. Ich vermisse sie bis heute, wie auch Lucia Popp und Hildegard Behrens.


    Auch Torsten Kerrl hat in Gelsenkirchen angefangen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Dass der getötete Scarpia am Ende des Aktes wieder aufersteht, hing vielleicht mit dem Gedanken der Regie an Ostern zusammen

    Wenn mich meine bescheidenen religiösen Kenntnisse nicht trügen, war Christus ein recht gutherziger und gerechter Bursche, dessen Auferstehung 3 Tage nach der Kreuzigung Grundlage des wichtigsten christlichen Festes wurde.


    In meine Gedanken paßt nicht, daß Scarpia, der alles andere als ein gutherziger und gerechter Mensch war, symbolhaft zu Ostern auferstehen darf?? Was sind die Gedanken des Regisseurs? Ich bitte, mich nicht im Dunkeln zurückzulassen und mir zu erklären, was dieser Einfall soll? Ich bin lernbereit!!!!


    Gesehen habe ich diese Tosca nicht!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat

    Zitat von LaRoche: Wenn mich meine bescheidenen religiösen Kenntnisse nicht trügen, war Christus ein recht gutherziger und gerechter Bursche, dessen Auferstehung 3 Tage nach der Kreuzigung Grundlage des wichtigsten christlichen Festes wurde.

    Lieber la Roche,


    du hast vollkommen recht, die Erklärung liegt aber heutzutage darin, dass alles mit Gewalt auf den Kopf gestellt werden muss, alles einfach zwangsläufig anders sein muss. Und da ist die Auferstehung eines Gewaltverbrechers eben "zeitgemäß".


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • In meine Gedanken paßt nicht, daß Scarpia, der alles andere als ein gutherziger und gerechter Mensch war, symbolhaft zu Ostern auferstehen darf?? Was sind die Gedanken des Regisseurs? Ich bitte, mich nicht im Dunkeln zurückzulassen und mir zu erklären, was dieser Einfall soll? Ich bin lernbereit!!!!


    Gesehen habe ich diese Tosca nicht!!

    Ich habe es auch nicht gesehen, aber vielleicht ist dem Regisseur der österliche Gedanke auch vollkommen schnurz und er wollte nur zeigen, dass auch das Böse immer-wieder-kehrt ... ein bisschen so, wie das Regietheater :hahahaha:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich habe den Anfang gesehen und das Te deum. Dann war meine Schmerzgrenze erreicht. Man sollte bei solchem Murks wenigstens keine Untertitel senden, da das Geschehen auf der Bühne dann völlig absurd wird. Will das jemand als fundamentale Erkenntnis des Regisseurs bewerten, dass das Böse - politisch oder sadistisch motiviert - zeitlos ist?
    Hält man das Publikum für so doof, dass man ihm diese revolutionäre Erkenntnis mittels einer im nahezu albernen Widerspruch zum Text stehnden "Inszenierung" per Holzhammer eröffnet?
    Lahm und hölzern war es musiziert.
    Und die Sänger..... Die Harteros hat ihre Sache ja ganz ordentlich gemacht, obschon sie von Regie und Partnern ersichtlich uninspiriert war. Ich habe mich gefragt: Ist es Konzept oder Unvermögen, dass Cavaradossi Tosca nicht zärtlich umwirbt sondern permanent anbrüllt?

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Ich habe es auch nicht gesehen, aber vielleicht ist dem Regisseur der österliche Gedanke auch vollkommen schnurz und er wollte nur zeigen, dass auch das Böse immer-wieder-kehrt ... ein bisschen so, wie das Regietheater :hahahaha:

    Ich glaube, lieber MSchenk, diesmal lachst Du über Dich selbst.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich glaube, lieber MSchenk, diesmal lachst Du über Dich selbst.

    Auch, lieber La Roche, auch! - Eine Gewohnheit, die in den einschlägigen Regietheater-"Diskussionen" m.E. viel zu kurz kommt.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • weder hingehen noch im TV hinschauen, ist das denn so schwer?


    Aha, also Urteilsbildung auf Grund eigener Wahrnehmung tunlichst vermeiden? In der Tat vermeide ich aber - wenn ich es auf Grund des Regisseurs und der Besetzung abschätzen kann -, für Murks viel Geld zu bezahlen. Das ist der Grund, warum ich zB die Karten für Bayreuth (was ja inzwischen möglich ist) bei Wahrung der Wartezeit im letzten und vorletzten Jahr nicht genommen habe.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha


  • Vor 25 Jahren, also um das Jahr 1993, war Waltraud Meier sicher keine Anfängerin mehr und sang auch nicht mehr eine kleine Rolle in „Cardillac“ in Dortmund, sondern sang schon 10 Jahre lang in Bayreuth die Kundry.
    Noch viel weniger war Trudeliese Schmidt 1993 eine Anfängerin, da sie bereits 1969 (nach Engagements in Saarbrücken und Wiesbaden) in das Ensemble der Deutschen Oper am Rhein eintrat. Schmidts Anfängerzeit liegt also nicht 25, sondern bereits 50 Jahre zurück.
    Auch lassen die Geburtsjahrgänge der drei Damen (Schmidt 1942, Meier 1956 und Harteros 1972) darauf schließen, dass ihre Anfängerjahre kaum zusammengefallen sein dürften.

  • Zitat

    MSchenk: aber vielleicht ist dem Regisseur der österliche Gedanke auch vollkommen schnurz und er wollte nur zeigen, dass auch das Böse immer-wieder-kehrt ...


    Ich möchte noch ergänzend hinzufügen: vielleicht hat der Regisseur auch gedacht: seht her, ihr Christen, euer Jesus ist völlig umsonst gestorben. Die Welt ist nicht besser geworden (was ja unsere heutige Realität in etwa bestätigen würde). Vielleicht hat er aber auch, und das ist nicht völlig von der Hand zu weisen, überhaupt nicht gedacht.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • In redlichem Bemühen habe ich so lange durchgehalten, bis es nicht mehr ging. Dieses Mal bin ich aber nicht, wie ich das früher bei ähnlichen Regisseur-Hirn-Ausgeburten tat, wutschnaubend rausgelaufen, - war ja auch nicht nötig, der Ausschaltknopf machte mir´s leicht. Ich muss mich auch gar nicht mehr ärgern, sondern kann, wie ich beruhigt feststellte, jetzt in solchen Fällen - wahrscheinlich so etwas wie Altersweisheit - nur leise lachen.
    Das tat ich auch, ging zum Schrank, griff dort nach meiner Lieblings-Tosca, der EMI-Aufnahme mit Maria Callas, Carlo Bergonzi und Tito Gobbi (Leitung Georges Prêtre), - und hatte einen schönen Abend.

  • Melomane (12). Meine Kernaussage war eigentlich die, dass ich die Sängerinnen zu Beginn vor ihrer Karrriere gesehen habe und zu einem richtigen Urteil gekommen bin. Wenn ich dann schreibe vor etwa 25 Jahren, weiß doch jeder, dass das eine Schätzung ist und mich mein Gedächtnis im Stich gelassen hat. In meinem Gedächtnis sind auch eher die Aufführungen gespeichert und nicht die Daten. Aber wie schön, dass du es für mich nachgesehen hast.
    Als Belohnung gibt es 5 "Untouchables"-Punkte.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Zitat

    Helmut Hoffmann: ... Das tat ich auch, ging zum Schrank, griff dort nach meiner Lieblings-Tosca, der EMI-Aufnahme mit Maria Callas, Carlo Bergonzi und Tito Gobbi (Leitung Georges Prêtre), - und hatte einen schönen Abend.


    Lieber Helmut! Das kann ich nachvollziehen. Ich lege gerade eine TOSCA in der Besetzung Freni, Pavarotti, Milnes auf den Player. Da weiß ich, was Hörgenuss bedeutet. Solch einen Schmarrn, wie oben beschrieben, tue ich mir weder optisch noch akkustisch an.

    W.S.

  • Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Da gibt es in den diversen Stadttheatern wesentlich bessere Inszenierungen und auch Sänger. Frau Harteros singt einfach zu perfekt und berührt mich überhaupt nicht. Der Tenor von Herrn Antonenko ist mir zu knödelig und Lodovico Tezier nimmt man den Scarpia nicht ab. Herr Thielemann dirigierte im ersten Akt viel zu laut. Ich habe vor Jahren an der ENO einen Rigoletto gesehen, der im Mafia Milieu gespielt hat. Das war wirklich spannend und gut erzählt vom Regisseur. Gesungen wurde auf Englisch. Dieses Jahr werde ich wieder nach Bayreuth fahren. Ich habe Karten für Lohengrin, Parsifal, Meistersinger und die Walküre.

  • Aha, also Urteilsbildung auf Grund eigener Wahrnehmung tunlichst vermeiden? In der Tat vermeide ich aber - wenn ich es auf Grund des Regisseurs und der Besetzung abschätzen kann -, für Murks viel Geld zu bezahlen. Das ist der Grund, warum ich zB die Karten für Bayreuth (was ja inzwischen möglich ist) bei Wahrung der Wartezeit im letzten und vorletzten Jahr nicht genommen habe.


    Da uns RT-Kritikern ja immer wieder vorgeworfen wird, dass wir nur anhand von Trailern oder Bildern urteilen, haben einige von uns - so auch ich - dem "Murks" bis zu bitteren Ende angesehen zumal er ja in diesem Fall nichts gekostet hat. Nun warten wir gespannt auf Urteile der RT-Befürworter. :D


    Was die Bezeichnung der "Tosca" als "Groschenroman" angeht, kann ich dem Regisseur nicht so ganz Unrecht geben. Schon vor Jahrzehnten nannte ein angesehener Musikologe das Werk einen"shabby little shocker", und im Prinzip ist es das IMO auch.


    Was die optische Umsetzung angeht, schließe ich mich meinen Vorrednern an. Auch ich fand vor allem die Szenen mit den Kindern mehr als fragwürdig, sowohl im ersten Akt, als Scarpia während des Tedeums einem kleinen Mädchen seine Gelüste ins Ohr brüllte, und natürlich am Ende die Szene mit den Kindersoldaten. Da bemühen sich bei uns viele Leute seit Jahren, Kriegsspielzeug zu ächten und beklagt zunehmende Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen, und dort lässt man Kinder auf offener Bühne Erschießen spielen. Es lebe die Freiheit der Kunst, die alles noch so Abartige offensichtlich adelt :no: . Und was den wieder auferstandenen Scarpia angeht: das war so blödsinnig, dass man es am besten mit Schweigen übergeht.


    Was die Sänger angeht: Ich fand Tezier ganz ordentlich, aber ihm fehlte das letzte Quentchen Bösartigkeit, Anja Harteros war gut, aber meiner Ansicht nach ist die Tosca nicht ihre Partie, und den Tenor fand ich einfach nur unterirdisch.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

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  • Ich meine mich zu erinnern, dass in der Düsseldorfer Tosca folgende Merkwürdigkeiten zu besichtigen waren: ein Klempner für einen defekten Wasserhahn, der tote Scarpia liegt bis zum Schluss auf der Bühne, Tosca verendet irgendwie am Bühnenvorhang.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Da uns RT-Kritikern ja immer wieder vorgeworfen wird, dass wir nur anhand von Trailern oder Bildern urteilen ...


    Nun, man verfügt ja auch über ein bisschen Erfahrung, also gehe ich da auch nicht hin, wenn auf den Plakaten steht, dass Udo Lindenberg den Cavaradossi singt ...

  • Ich fand diese Inszenierung in höchstem Maße verblüffend und lehrreich.
    Bis jetzt war ich überzeugt, „Tosca“ könne durch nichts und niemanden ruiniert werden.
    Jetzt weiß ich es besser.

    ...

  • Zitat

    Ich fand diese Inszenierung in höchstem Maße verblüffend und lehrreich.
    Bis jetzt war ich überzeugt, „Tosca“ könne durch nichts und niemanden ruiniert werden.
    Jetzt weiß ich es besser.
    ...


    :thumbsup::yes:

    W.S.

  • Ich schaue mir ja keine Opernübertragungen im Fernsehen an. Mir ist es wichtig, die musikalische Qualität der Aufführung konzentriert zu verfolgen. Deshalb habe ich die“Tosca“ am Radio gehört.


    Mich wundert nun, dass von der musikalischen Interpretation Thielemanns und den Gesangsleistungen der Solisten überhaupt nicht die Rede ist. Wurde man durch das Schauen so abgelenkt, dass man nicht mehr bemerkt hat, welche eklatanten Schwächen es an diesem hochgejubelten Festspielabend in musikalischer Hinsicht gab?


    :no: - :?: - :no:


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Aber meine Lieben,


    es doch eine Weltpremiere, wenn Scarpia im dritten Akt noch einen Auftritt hat. Ist es nicht auch eine Bereicherung, wenn man den Bösewicht auch im dritten Akt erleben darf?


    Also ist, entgegen allen Meinungen, dem Regisseur doch etwas tolles eingefallen.

  • Wetten würde ich darauf nicht, dass es Ähnliches nicht schon mal gegeben hat.


    In der Düsseldorfer Inszenierung von Dietrich Hilsdorf ist der Scarpia im dritten Akt nicht nur auf der Bühne, sondern singt auch noch die Sätze des „Schließers“.

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