Die Walküre (Wagner), Hamburgische Staatsoper, 07.01.2018

  • Selten hörte ich das Walkürenoktett so prächtig mit den Hojotohos zu Beginn des dritten Aufzugs. Da sie alle gleich gekleidet waren, ließen sie sich aus der Ferne schwer unterscheiden, mir blieben allerdings die Gesichter und Stimmen von Hellen Kwon (Gerhilde), Gabriele Rossmanith (Ortlinde) sowie von Katja Pieweck (Siegrune) in Erinnerung, aber auch die fünf anderen klangen ausgezeichnet: Julia Maria Dan (Helmwige), Nadezhda Karyazina (Waltraute), Dorottya Lang (Rossweiße), Ann-Beth Solvang (Grimgerde) und Marta Swiderska (Schwertleite). Besonders der mehr getragen als im Forte gesungene Part „Zu uns floh die Verfolgte“ gelang zum unter die Haut gehend. Im Grunde hätte man schon aus diesem Stimmreservoir die weiblichen Hauptrollen besetzen können, zumal sich die neunte Walküre Lise Lindstrom (Brünnhilde) über die hell klingenden, jauchzenden Hojotohos am Anfang des zweiten Aufzugs hinaus nicht wirklich steigerte. Vor allem vermisste ich eine klingende, hinreichend farbige und kräftige Mittellage, die bei der Todesverkündung gegen Ende des zweiten Aufzugs sowie ihrer Verteidigungsrede vor Wotan „War es so schmählich, was ich verbrach“ von Nöten ist. Frau Lindstroms Stimme war deshalb nicht recht in der Lage, die so wichtigen Gefühlsregungen der Wotanstochter stimmlich zum Ausdruck zu bringen. Ich hatte fast den Eindruck, heute eine andere Sängerin als vor zwei Jahren Lise Lindstrom als herausragende Elektra erlebt zu haben.


    Vielleicht fällt das weitgehende Fehlen einer klingenden Mittellage bei der Elektra wegen des sehr lauten Orchesters auch einfach nicht so auf. Denn bei der heutigen Vorstellung spielte das Philharmonische Staatsorchester unter der Leitung von Kent Nagano in meinen Ohren fast kammermusikalisch leise und bot damit den Sängerinnen und Sängern auch bei nicht so ausgeprägter Sangeskraft (Robert Dean Smith als eher lyrischer Siegmund mit fehlendem Heldendurchschlag bei den Wälse-Rufen) oder bei den nicht im Hochtonforte liegenden Passagen der Brünnhilde eine musikalische Basis, auf der beide noch ausreichend zu hören waren. Darunter litt allerdings die Dramatik in dieser meisterlichen Wagneroper. Vor allem auch im ersten Aufzug, wenn die schallstarke Jennifer Holloway mit ihrem schön grundierten, auch im tieferen Bereich klingenden Sopran ihren Siegmund übertönte. Leider scheint der Sieglindenschrei, den man regelhaft von Leonie Rysanek hörte, von den Dirigenten nicht mehr gewollt zu sein. Auch wenn er wohl bei Wagner nicht vorkommt, entspräche dieser eruptive vokale Ausbruch genau dem Gefühlszustand der Sieglinde, wenn Siegmund das Schwert Nothung aus dem Stamm zieht. Heute auf der Bühne wurde Frau Holloway nur ein offener Mund zugestanden. Da fehlt schon was an musikalischer Interpretation. Der chinesische Bass Liang Li war als Hunding ausgezeichnet. Matthias Goerne sang den Wotan zufrieden stellend, etwas mehr stimmlicher Glanz wäre schön gewesen, auch darstellerisch könnte er sich in das Herrische und gleichzeitig Liebevolle der Wotansrolle noch etwas mehr aneignen. Zeitweilig hatte man schon den Eindruck, er würde sein Imperium wie ein Buchhalter verwalten und nicht als mächtiger Gott die Geschicke der Welt lenken. Seine auf die Konvention der Liebesbeziehungen pochende Ehefrau Fricka wurde sehr gut von Mihoko Fujimura gesungen.


    Leider tragen die unterkühlte Inszenierung von Claus Guth und das Bühnenbild von Christian Schmidt nicht zur dramatischen Stimmung in dieser Oper bei. Sie konterkarieren geradezu die Gefühlswelt des singenden Personals, abgesehen von der zum Teil geradezu abstoßenden Szenerie (dritter Aufzug: die offenbar verlausten Walküren hausen im schmutzigen Keller eines zerbombten Hauses). Zum Schluss gab es zwar einen echten (in der Höhe allerdings begrenzten) Feuerrahmen um Brünnhildes Schlafstätte herum, das reichte allerdings nicht mehr, um die Emotionen des Publikums im vollbesetzten Haus stärker in Wallung zu bringen. Der Beifall war zwar herzlich, für eine Walküre allerdings schon recht kurz.

    Oper lebt von den Stimmen, Stimmenbeurteilung bleibt subjektiv

  • Ein interessanter Bericht - vielen Dank! Nach meinem Eindruck war die Hamburger Oper in den letzten Jahren eher Wagner-abstinent.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Nach meinem Eindruck war die Hamburger Oper in den letzten Jahren eher Wagner-abstinent.

    Definiere"in den letzten Jahren"! Vor fünf Jahren, im Wagner-Jahr 2013, haben sie doch alle zehn gespielt, und den "Rienzi" konzertant noch obendrauf.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Nach meinem Eindruck war die Hamburger Oper in den letzten Jahren eher Wagner-abstinent.

    Ich glaube, da trügt der Schein etwas: Im Wagner-Jubiläumsjahr hat Simone Young alle Werke ab Rienzi aufgeführt (letzterer allerdings "nur" konzertant"). Unter Nagano erfolgten Wiederaufnahmen des legendären Berghaus-Tristan, sowie des Konwitschny-Lohengrin und heuer der neue Parsifal in der Inszenierung von Achim Freyer und eben Walküre demnächst gefolgt(!) vom Rheingold. Zwischendrin gab es dann immer mal wieder Holländer und z.B. den Kupfer-Tannhäuser unter de Billy. - Insgesamt finde ich das Angebot über die Jahre durchaus ausreichend (zudem gab es in der Vergangenheit durchaus sehenswerte Wagner-Aufführungen in Lübeck) und bin inzwischen (man hat ja alles irgendwie schonmal gesehen/gehört :untertauch: ) auch gerne bereit, zugunsten anderer gerne auch unbekannterer Werke mal die eine oder andere Saison auf jeglichen Wagner-"Schinken" zu verzichten :pfeif:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Den Kupfer-Tannhäuser (Ryan, Uhl) und den Konwitschny-Lohengrin (Gould) habe ich in Hamburg gesehen. Meine Bemerkung war auch ohne jede Schärfe und gab nur meinen Eindruck aus den letzten zwei, drei Jahren wieder.
    Wenn Wagner wieder wohlgelitten wird, werde ich mich auch wieder in den ICE setzen und nach HH fahren.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Wenn Wagner wieder wohlgelitten wird, werde ich mich auch wieder in den ICE setzen und nach HH fahren.

    Nur mit der Rückfahrt am selben Abend nach der Vorstellung zurück nach Berlin ist das leider schon seit Jahren schwierig, da der letzte Zug schon immer vor 22 Uhr fährt...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"


  • Nur mit der Rückfahrt am selben Abend nach der Vorstellung zurück nach Berlin ist das leider schon seit Jahren schwierig, da der letzte Zug schon immer vor 22 Uhr fährt...


    Ich glaube, daß das nur an Sonnabenden so schwierig ist. Freitags und Sonntags kann man 22:45 Uhr am Bhf. Dammtor in den ICE nach Berlin steigen.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Mit Freitag und Sonntag scheinst du Recht zu haben, aber zum Beispiel nach dem "Fliegenden Holländer" am 21.2. (Mittwoch) käme ich nicht mehr zurück nach Berlin.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Meine Bemerkung war auch ohne jede Schärfe und gab nur meinen Eindruck aus den letzten zwei, drei Jahren wieder.

    Keine Grund zur Besorgnis, lieber Hans, ich habe in Deinem Beitrag keinerlei Schärfe festgestellt. Vielmehr habe ich ihn als willkommenen Anlaß genommen, mich zu erinnern, was ich in den letzten Jahren hier in Hamburg so alles an Wagner-Opern gesehen und gehört habe. - So übrigens auch die hier besprochene Walküre, allerdings eine Woche später am 14.01.2018 und dabei hat sich das gesangliche Bild im wesentlichen wiederholt:
    Jennifer Holloways Sieglinde zu Beginn noch etwas unsauber und an einigen Tönen vorbei gesungen konnte sich vor allem im zweiten Aufzug ungemein steigern. Robert Dean Smith, sicherlich ein erprobter Walküren-Siegfried verfügt über eine in meinen Ohren schön klingende, fließemde Stimme, die jedoch für unsere Plätze im 4ten Rang in entscheidenden Momenten nicht kraftvoll genug war. Sehr gut gefallen hat mir Matthias Goerne, der seiner Interpretation des Wotan etwas liedhaftes verlieh. Andererseits war meine Begleitung mit diesem Ansatz eher unzufrieden. Schließlich Frau Fujimura als Fricka nicht immer stimmschön, aber absolut rollendeckend. Zumindest ungewöhnlich wirkte Lise Lindstroms Brünnhilde, unter welcher man sich gewohnheitsmäßig schon rein optisch etwas anderes vorstellt. Gesanglich wußte Frau Lindstrom die Partie m.E. jedoch durchaus zu meistern.
    Zur Inszenierung habe ich vor sechs Jahren hier schon etwas geschrieben und meine damalige Deutung bleibt soweit bestehen. Bei nochmaligen Besuch der Inszenierung treten jedoch ihre Schwächen noch stärker hervor: Das Ganze ist mir dann doch zu unterkühlt. Aus der Idee der Fremdsteuerung durch Wotan macht Guth am Ende zu wenig. Diese Walküre ist m.E. der schwächste Teil dieses Ringes.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Mit Freitag und Sonntag scheinst du Recht zu haben, aber zum Beispiel nach dem "Fliegenden Holländer" am 21.2. (Mittwoch) käme ich nicht mehr zurück nach Berlin.

    Wenn es hilft: Der Holländer läuft auch schon am 16.02. (Freitag).

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • ein erprobter Walküren-Siegfried


    Was ihr in Hamburg alles Singuläres habt, ist schon beeindruckend! :thumbsup:



    Wenn es hilft: Der Holländer läuft auch schon am 16.02. (Freitag).


    Vielen Dank für den Tipp! Mit dem jetzigen Wissen durch Hans, dass man Freitag und Sonntag noch zurückkommt, denke ich da nochmal drüber nach. (Auch wenn ich zwei Tage später schon im "Onegin" bin, um endlich mal eine Adolf-Dresen-Inszenierung live zu erleben.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Danke für den ausführlichen Bericht. Schade, dass offenbar die Inszenierung nicht das Niveau der Sängerleistungen hatte. Erfreulich, dass es doch zahlreiche regelmäßige Opernbesucher unter uns Taminos gibt. Ich meine, wer aktuell mitreden will, sollte sich Live-Aufführungen ansehen, auch wenn er Vorbehalte gegen die Inszenierung hat. Nur DVD oder CD scheint mir zu wenig zu sein. Eine gute Alternative sind allerdings die Opernfilme von der New Yorker Met im Kino.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Zitat von Operus: Ich meine, wer aktuell mitreden will, sollte sich Live-Aufführungen ansehen, auch wenn er Vorbehalte gegen die Inszenierung hat. Nur DVD oder CD scheint mir zu wenig zu sein. Eine gute Alternative sind allerdings die Opernfilme von der New Yorker Met im Kino.

    Lieber Hans,


    so locker sitzt mir das Geld leider nicht, dass ich ins Opernhaus gehe, um mich zu ärgern und anöden zu lassen. Wir haben das vor Jahren hier zweimal Regisseurstheater im Rahmen eine Abonnements erlebt, wobei wir einmal nur von dem Unsinn, der uns da gezeigt wurde, angeödet waren, das andere Mal schon im ersten Teil so angewidert, dass wir den Saal in der Pause verlassen wollten (einige Zuschauer sind sogar schon nach kurzer Zeit, Türen schlagend, gegangen), aber - obwohl der Zuschauerraum sich fast geleert hatte - den zweiten Teil wegen der Musik mit geschlossenen Augen durchgestanden haben. Das Geld hätte ich lieber der Gottlob-Frick-Gesellschaft spenden sollen. Danach haben wir unser Abonnement gekündigt und uns geschworen, nur noch dann in ein Opernhaus zu gehen, wenn wir nach allen Informationen, die es heutzutage glücklicherweise gibt (Bild, Trailer, Kritiken) mit ruhigem Gewissen in die Oper gehen kann. Auch DVDs kaufe ich natürlich nur dann, wenn ich sicher bin, hier eine gescheite Aufführung zu erhalten. Ich gebe zwar weniger um die Kommentare dazu, aber aus ihnen lässt sich meistens erkennen, um was für eine Art Inszenierung es sich handelt.
    Auf das Kino bin ich erst vor knapp zwei Jahren gekommen und habe einige begeisternde Inszenierungen aus der MET gesehen.
    Hier muss man sehen, dass man rechtzeitig an das Programm und die zugehörigen Informationen kommt, denn die guten Inszenierungen sind hier, trotz zweier Kinosaäle, schon gleich zu Beginn der Saison ausverkauft.
    Im Fernsehen kostet mich das nichts, denn meine Gebühren muss ich ohne hin bezahlen. Manchmal schaue ich mir dann die Inszenierung ganz oder im Querschnitt an. Aber ich bin froh, dass ich ein Aufzeichnungsgerät habe und dass es einen Ausschaltknopf gibt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Was ihr in Hamburg alles Singuläres habt, ist schon beeindruckend! :thumbsup:

    Entweder habe ich jetzt ein totales déjà-vu oder wir hatten das wirklich schonmal und ich müsste jetzt "Friedfried darf ich nicht heißen ..." antworten :hahahaha:


    Vielen Dank für den Tipp! Mit dem jetzigen Wissen durch Hans, dass man Freitag und Sonntag noch zurückkommt, denke ich da nochmal drüber nach. (Auch wenn ich zwei Tage später schon im "Onegin" bin, um endlich mal eine Adolf-Dresen-Inszenierung live zu erleben.

    Ist eine schöne Inszenierung, die wohl bei den allermeisten hier als werktreu durchgehen dürfte. Vermutlich singt Dovlet Nurgeldiyev den Lenski? In dieser Rolle ist er mir vor einigen Jahren zum ersten Mal sehr positiv aufgefallen, schönes Timbre und in dieser Rolle eine wunderbar fließende Gesangslinie. - Ein kleiner Bericht würde mich freuen!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Erfreulich, dass es doch zahlreiche regelmäßige Opernbesucher unter uns Taminos gibt. Ich meine, wer aktuell mitreden will, sollte sich Live-Aufführungen ansehen, auch wenn er Vorbehalte gegen die Inszenierung hat.

    Wo muß ich unterschreiben?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Erfreulich, dass es doch zahlreiche regelmäßige Opernbesucher unter uns Taminos gibt. Ich meine, wer aktuell mitreden will, sollte sich Live-Aufführungen ansehen, auch wenn er Vorbehalte gegen die Inszenierung hat.

    Wo muß ich unterschreiben?

    Lieber Hans und lieber MSchenk,


    da stehe ich eher auf der Seite von Gerhard. Mein Geld sitzt nicht so locker, daß ich es für persönlichen Ärger ausgebe. Da gehe ich lieber mit meiner Frau oder Freunden fein Essen.


    Ich hatte ja Karten für die Chemnitzer Premiere von Rheingold, am 3.2.2018. Da ich weiß, daß diese Inszenierung mich ärgern wird (Regie Verena Stoiber, eine Schülerin von Bieito) habe ich meine Karten Freunden angeboten, die dankend abgelehnt haben. Nun habe ich in der Presse ne Anzeige aufggeben und jemanden gefunden, der mir die Karten abgekauft hat. Nun packe ich kommenden Samstag meine Hannelore und gehe fein mit ihr Mittagessen. Da brauche ich mich nicht zu ärgern, höchstens wenn das Fleisch hart, die Suppe kalt oder das Gemüse zu viel ist.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • . Nun packe ich kommenden Samstag meine Hannelore und gehe fein mit ihr Mittagessen. Da brauche ich mich nicht zu ärgern, höchstens wenn das Fleisch hart, die Suppe kalt oder das Gemüse zu viel ist.

    Lieber Gerhard, lieber Ulli,


    selbstverständlich sind auch beim Opernbesuch Nutzen = positives Erlebnis und Aufwand abzuwägen und danach eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Insofern ist Eure Argumentation nachzuvollziehen. Wenn man dann noch enttäuscht wird und sich ärgern muss, ist in der Tat ein feines Mittagessen die bessere Entscheidung. Guten Appetit!
    Meine Frau und ich ticken da etwas anders. Wir wählen neben dem gängigen Kernrepertoire bewußt auch neue, uns unbekannte Opern und sogar Inszenierungen, die in der Diskussion stehen. Wir wollen aktuell sein und mitreden können, auch hier im Forum. Nach unserer Meinung kann man das nur, wenn man die Oper selbst erlebt hat. Für uns ist bereits eine konzertante Aufführung etwas kastriertes "Halbes". Oper ist und bleibt ein Gesamtkunstwerk. Selbstverständlich waren wir auch schon schwer enttäuscht und sogar verärgert. Aber wir wussten, warum wir uns geärgert haben und weshalb über diese Aufführung kontrovers geurteilt wird. Über solche Opernerlebnisse diskutieren wir meistens besonders intensiv. Eine Marotte von mir ist, dass ich das Werk dann aus meiner Sicht im Geist inszeniere und Ingrid sich meine wilden Regiephantasien anhören muss. In unserer 58 jährigen Ehe hat sie gelernt, selbst solche Spinnereien geduldig hinzunehmen.
    Zum feinen Mittagessen reicht es meistens dennoch, was mein Gewicht eindrucksvoll beweist. :untertauch:


    Das Geld hätte ich lieber der Gottlob-Frick-Gesellschaft spenden sollen.

    Lieber Gerhard,
    das ist eine der besten Ideen, die ich in der letzten Zeit gehört habe. :jubel: Hoffentlich folgen viele Taminos Deinem Vorschlag! Wobei Erika und Du den Worten auch Taten folgen lasst. Danke!


    Herzlichst mit lieben Grüßen auch an Eure beiden Goldstücke
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Erfreulich, dass es doch zahlreiche regelmäßige Opernbesucher unter uns Taminos gibt. Ich meine, wer aktuell mitreden will, sollte sich Live-Aufführungen ansehen, auch wenn er Vorbehalte gegen die Inszenierung hat.


    Lieber operus, nach meiner festen Übertzeugung gehen viel mehr Forumsmitglieder in Opernvorstellungen - als dass es sich hier abbildet. Selbst ich, der in früheren Jahren in der Woche mitunter merfach in Vorstellungen saß, mache mich gelegentlich auf. Wenn es mich interessiert und packt, reise ich sogar nach Monte-Carlo. Zuletzt habe ich mich sehr intensiv mit Meyerbeer beschäftigt, dem hier in Berlin ein ganzer Zyklus gewidmet ist. "Le prophète", die jüngste Produktion, habe ich sogar zweimal besucht. Ich hoffe sehr, dass ich die Oper noch im Aalto-Musiktheater Essen erleben kann, weil dort zum Tod der Berthe ein Saxophn erklingt, welches Meyerbeer als einer der ersten, wenn nicht gar als erster in der Opernliteratur einsetzte. In der Berliner Philharmonie war ich von einer halbszenischen Aufführung von "L'enfance du Christ" von Berlioz sehr fasziniert. Damit führte sich der hochbegabte neue Chef unseres Deutschen Symphonie-Orchesters, Robin Ticciati, als Berlioz-Dirigent ein. In einem alten Thread habe ich in einem Posting von Harald Kral herausgefunden, dass die einzige Aufnahme in deutscher Übersetzung als "Des Heilands Kindheit" 1960 beim SWR unter Hans Müller-Krey produzuiert wurde. Die konnte ich mir als private Kopie jetzt sogar bestellen. Ich bin sehr gespannt. Die Übersetzung stammt übrigens vom Komponisten Peter Cornelius. Der Erzähler, die große Aufgaben in dem Werk hat, das nicht für die Bühne angelegt ist, wird von Georg Jelden, einem ausgesprochenen Lieblingssänger von mir, gestaltet.


    Warum sollte ich darüber berichten? Schnell verfängt man sich in einer RT-Debatte. Und das ist das Letzte, worauf ich Lust habe. Die jüngsten Erfahrungen um die Aufführung einer Oper in Münster sind mir ein warnendes Beiispiel, die Finger von solchen heißen Eisen zu lassen.


    Umso mehr freue ich mich, dass Thread-Starter Ralf ruhig und besonnen die Fahne des Themas hochhält.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent