Wenn Carmen Don Jose erschießt

  • Durch die sozialen Medien wurde ich auf eine Begebenheit in Florenz aufmerksam.
    In der von Opernregisseur Leo Muscato inszenierten Bizet-Oper "Carmen" wird am 7. Jänner nicht etwa die Namensgeberin der Oper sterben, sondern Don Jose.
    Die Anweisung erhielt er vom Intendanten Christiano Chiarot. der das folgender Maßen begründet: "In einer Zeit, in der die Plage der Frauenmorde akut ist, wie kann man bei der Ermordung einer Frau klatschen?"


    http://www.kleinezeitung.at/ku…euem-moerderischen-Finale


    Meine Frage ist: Carmens Tod ist doch eigentlich das Kernelement der Oper, kann man das so einfach umschreiben? In Italien sind Frauenmorde ein großes Problem (siehe Frauenmorde)
    und die Verknüpfung des Themas mit der Oper von Bizet finde ich interessant (wenn man im Zusammenhang mit Frauenmorden überhaupt das Wort "interessant" verwenden sollte)
    Ich bin irgendwie gespalten, einerseits mag ich es nicht wenn man an einem fertigen Opernstoff herum doktert andererseits kann ich mich sehr für Idee des Intendanten dieses Thema zu einem Thema der Oper zu machen anfreunden...
    Was halten denn die Taminos davon?


    Lg. Stefan

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

    .

  • Es wird dann die Butterfly den Linkerton erstechen und Tosca, statt in den Tod zu springen, zum Himmel auffahren.
    Es bieten sich interessante Kombinationen.

  • Na klar und selbstverständlich kann man das umschreiben. Es müßte dann allerdings heißen:
    "Carmen" von Christiano Chiarot und Leo Muscato unter teilweiser Verwendung und Umschreibung /Abwandlung der Handlung, sowie gleichzeitigem Mißbrauch der Musik von Bizet.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Es werden immer mehr denen ich das Attribut PLEM PLEM zuordne.
    Weil gewisse Leue von der eine eigen sicht haben, glauben sie sie verändern zu müssen und das tun sie indem sie Geschichte und Geschichten (dazu gegören auch Operningalte) verfälschen. Zu eignen Werken fehlt ihnen offenbar die Inspiration, der Geist oder die Lust. So verkriechen sie sich hinter klassische oder altbekannten Werken anderer Autoren.
    An sich ist ja Carmen schon eine Bearbeitung - nämlich die einer Novelle von Prosper Merimée (1803-1870) durch die beiden Librettisten der Oper,Henri Meilhac und Ludovic Halévy. Die Novelle seinerseit beruht auf einer wahren Begebenheit, die von Merimee literarisch hergerichtet wurde. Aber der Kern, die Ermordung Carmens bleibt stets unberührt.


    Hier das Finale der Kurzbeschreibung der NOVELLE Merimées bei WIKIPEDIA:


    Zitat

    Mit dem Erscheinen des einäugigen Garcia, der der eigentliche Anführer der Bande und zudem auch noch Carmens Mann ist, ist José in seiner Eifersucht und Wut nicht mehr zu bremsen, wird abermals zum Mörder und übernimmt Garcias Rolle. Doch nun hat José andere Pläne, er möchte das Zigeuner- und Gaunerleben aufgeben und mit Carmen in Amerika einen Neuanfang machen. Doch sie gibt an, dass sie ihn nicht mehr liebe, sondern den Picador Lucas. Carmen weigert sich mit aller Macht, seine Befehle beachtet sie nicht und sein Flehen lässt sie kalt: Eher würde sie sterben, als auf ihr freies Leben als Zigeunerin zu verzichten. Und so trifft José, nachdem all seine Anstrengungen nicht gefruchtet haben, seine fatale Entscheidung und tötet sie. Carmen wehrt sich nicht, da sie glaubt, dass es ihr Schicksal sei. Kurz nach dem Mord gibt er sich einem Wachposten zu erkennen, gesteht seine Tat und wird daraufhin zum Tode durch den Strang verurteilt.


    Ich kenne eine Legende oder wahre Geschichte (?) , derzufolge Merimée auf Grund seines gesellschaftlichen Einflusses sich eine mehrmalige Besuchserlaubnis zu dem zum Tode Verurteilten erwirken konnte und die Geschichte von ihm gegen Gegenleistungen (Zigaretten, etc) aus erster Hand erzählt bekam....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mir fällt da ein, dass ich mal vor einiger Zeit etwas Ähnliches in einer Fidelio-Inszenierung gesehen habe, da wurde Pizarro nicht abgeführt, sondern gleich auf (hinter) der Bühne erschossen- also Standrecht?


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Die Düsseldorfer/Duisburger Salomé, die in einem Hochhaus unter Ganoven spielt, endet für alle tödlich, zuletzt schießt sich Salomé in den Mund. Die Morde und Selbstmorde waren aber sehr dilettantisch inszeniert, denn oft fielen die Personen um, bevor sie das Messer traf.

    Schönheit du kannst zwar wol binden...

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    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Das in einer Operninszenierung zuweilen mehr/weniger/andere Personen sterben, als eigentlich "vorgesehen", ist glaube ich nicht wirklich neu und funktioniert mal mehr und mal weniger gut. - Viel problematischer finde ich:


    Die Anweisung erhielt er vom Intendanten Christiano Chiarot. der das folgender Maßen begründet: "In einer Zeit, in der die Plage der Frauenmorde akut ist, wie kann man bei der Ermordung einer Frau klatschen?"

    Ich bin nicht der Meinung, dass sich die Intendanz in die Arbeit des Regisseurs einmischen sollte, schon garnicht bzgl. einer so wesentlichen Frage den Kern der Handlung betreffend. Wenn Herr Chiarot der - möglicherweise gut begründbaren - Ansicht ist, es solle Carmen den Don José erschießen, soll er dies bitte selber(!) so inszenieren.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Die Anweisung erhielt er vom Intendanten Christiano Chiarot. der das folgender Maßen begründet: "In einer Zeit, in der die Plage der Frauenmorde akut ist, wie kann man bei der Ermordung einer Frau klatschen?"


    Irgendwie scheint mir der Intendant ein gestörtes Verhältnis zum Publikum der Oper zu haben. Vielleicht habe aber auch ich nicht den wahren Überblick: Bisher habe ich immer geglaubt, das Publikum klatsche nicht deshalb, weil Jose Carmen ermordet, sondern um die Leistungen der Künstler zu würdigen. Insofern sollte man ihm vermutlich ewig dankbar dafür sein, dass er endlich die wahren Gründe für den Applaus freilegt. :hahahaha:

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Die Ideen mancher Leute werden - soweit die Nachricht keine Zeitungsente ist - immer verrückter und überdrehter. Ist unsere Welt denn nur noch ein Irrenhaus??


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Zitat

    Ist unsere Welt denn nur noch ein Irrenhaus??


    NEIN


    In einem Irrenhaus gibt es Ärzte und Wärter die die Irren in Schach halten
    Solch ein Korrektiv fehlt in der sogenannten freien Welt - und das Resulat ist gut zu sehen


    Ich bin mir nicht sicher ob die Begriffe "Irrenhaus" und "Irre" überhapt noch politsch korrekt - oder zulässig sind.
    Daher werde ich eine schlaflose Nacht voller Gewissensbisse verbringen -obleich ich das Wort "Irrenhaus" ja gar nicht selbst ins Spiel gebracht habe.....ein Drama wohin man schaut.......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Mir fällt da ein, dass ich mal vor einiger Zeit etwas Ähnliches in einer Fidelio-Inszenierung gesehen habe, da wurde Pizarro nicht abgeführt, sondern gleich auf (hinter) der Bühne erschossen- also Standrecht?

    Lieber Willi, das hat der hier hochgeschätzte Jean-Pierre Ponelle schon in seiner "Fidelio"-Inszenierung 1987 an der Deutschen Oper Berlin so gehandhabt. Und man muss ihm zugute halten, dass es in Beethovens Final-Nummer zumindest eine Stelle gibt, die sich auch dafür anbietet: der Knallakkord, der die Finalstretta "Wer ein solches Weib errungen" einleitet. Genau da passierte es bei Ponelle. Und nun mal ganz ehrlich: Ist es nicht eigentlich genau das, was uns Beethoven in diesem Finale seiner Oper erzählt? Die Tyrannen sollen hinweggefegt werden, das erzählt die Musik. Dass die Wirklichkeit häufig anders aussieht, ist wieder eine andere Frage, aber wenn es Regisseur dieses Beethovensche SO SOLL ES SEIN szenisch umsetzt, finde ich das gar nicht so verkehrt. Schwieriger finde ich, wenn der Regisseur Pizarro gegen die Musik Beethovens doch noch zum Sieger macht - auch wenn es in der Realität nicht selten genau so passiert. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • In der von Opernregisseur Leo Muscato inszenierten Bizet-Oper "Carmen" wird am 7. Jänner nicht etwa die Namensgeberin der Oper sterben, sondern Don Jose.
    Die Anweisung erhielt er vom Intendanten Christiano Chiarot. der das folgender Maßen begründet: "In einer Zeit, in der die Plage der Frauenmorde akut ist, wie kann man bei der Ermordung einer Frau klatschen?"


    Mir ist es grundsätzlich egal, was ein Regisseur macht. Er darf es. Freiheit in der Kunst ist eines der höchsten Güter, die wir als Gesellschaft haben. Auch wenn das gelegentlich schwierig ist in der Wahrnehmung. Nur stimmen sollte eine solche drastische Veränderung, deren es auch meines Wissens nach, etliche gibt. "Fidelio" war genannt. Manchmal wird dadurch die Aussage eines Stückes sogar klarer. Wenigstens stimmen muss es. Die Begründungen des Intendanten sind absurd und an den Haaren herbeigezogen. Niemand beklatsch doch in der "Carmen" die Bluttat an einer Frau als solche. :no: Warum sollte Carmen also José umbringen? Der ist für sie doch längst gestorben - zumindest nicht mehr wichtig wie umgekehrt José klare Motive hat für die Tat. Motive, die sich aus der Handlung und der Vorgeschichte ergeben. Schließlich neigt er zu Gewalt. Er hat in seinem früheren Leben schon einmal einen Menschen getötet. Es ist offenbar seine Art, Konflikte zu lösen, auch wenn die erste Tat vielleicht noch als Notwehr gedeutet werden könnte. Traubi, lies Dir mal den Text der Urfassung der "Carmen" mit den gesprochenen Dialogen durch. Den gibt es irgendwo im Netz. Sogar in deutscher Übersetzung. Darin enthalten sind viele Informationen, die die übliche Fassung übergeht - die aber zum Verständnis der spannenden Geschichte beitragen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Zitat von Alfred Schmidt: Ich bin mir nicht sicher ob die Begriffe "Irrenhaus" und "Irre" überhapt noch politsch korrekt - oder zulässig sind.

    Lieber Alfred,


    ich glaube, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Diese Häuser heißen "politisch korrekt" psychiatrische Kliniken (es gibt noch andere Synonyme) und es sind psychisch Kranke, die dort betreut werden. Was aber heute manchmal in der Welt geschieht, ist mit psychisch krank kaum mehr zu erklären, egal mit welchen Worten man es zu erklären versucht (und da trifft das Wort, das immer noch zulässig ist, in seinem wahren Wortsinn durchaus zu).


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Traubi, lies Dir mal den Text der Urfassung der "Carmen" mit den gesprochenen Dialogen durch. Den gibt es irgendwo im Netz. Sogar in deutscher Übersetzung. Darin enthalten sind viele Informationen, die die übliche Fassung übergeht - die aber zum Verständnis der spannenden Geschichte beitragen.


    Das werde ich auf jeden Fall tun lieber Rheingold.
    Ich finde die Aussage des Intendanten auch sehr zweifelhaft, mir wäre gar nicht aufgefallen, dass ich bisher daheim auf dem Wohnzimmersofa, wenn ich mir die Aufnahme mit einem Tee in der Hand angehört hätte, auf Grund des Frauenmordes begeistert gewesen wäre. :thumbdown: Ist ja schon sehr nah an der Grenze zur Lächerlichkeit, diese Begründung und eine Beleidigung des Publikums möchte ich fast sagen.
    Die Begründung finde ich eigentlich schlimmer als die Umsetzung bzw. Umformung des "Drehbuchs", das fällt für mich noch unter künstlerische Freiheit die ja hier auch schon von dir angesprochen wurde....

    Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel, sondern wir schaffen sie selbst; sie liegt in unserem Herzen eingeschlossen

    .

  • Was die "politcal corectness" und das "Irrenhaus" betrifft: Da hat doch jetzt eine Frau auf Twitter gefordert, dass das Märchen "Dornröschen" verboten werden müsse. Begründung: Der Prinz küsst Dornröschen wach, ohne es vorher gefragt zu haben. Eigentlich gehört dies ja in das Thema zur Erheiterung der Taminos, aber Einige von ihnen werden da wohl nicht erheitert sein.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • In Schweden ist man schon weiter. Hier müssen Mann und Frau vorher einen Wisch unterschreiben, der belegt, was im Englischen "consenting adults" heißt.

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    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich wollte mich ja aus Regietheaterdiskussionen raushalten, aber ist das wirklich so ein Aufreger für Euch, wenn die Opernhandlung in den Schlusstakten überraschend eine andere Wendung nimmt? (Mehr weiß man ja eh nicht über die Inszenierung als dieses). Das betrifft doch keine einzige Note, die dadurch geändert werden müsste. Wie viele Opern gibt es, bei denen es regulär und autorisiert auch ganz verschiedene Finale-Auflösungen / Fassungen (dramatisch oder alternativ "Happy End") gibt.

    Er hat Jehova gesagt!

  • Zitat

    Zitat von Johannes Schlüter: Wie viele Opern gibt es, bei denen es regulär und autorisiert auch ganz verschiedene Finale-Auflösungen / Fassungen (dramatisch oder alternativ "Happy End") gibt.

    Lieber Johannes,


    diese Alternative ist aber wohl bei "Carmen" nicht vorgesehen und würde den Sinn der Oper vollständig verfälschen. Aber das ist ja heute häufig der Fall, dass ein Regisseur den Sinn der Oper vollständig verfälscht und damit der Komposition nicht nur Gewalt antut, sondern sie zerstört.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Na klar und selbstverständlich kann man das umschreiben. Es müßte dann allerdings heißen:
    "Carmen" von Christiano Chiarot und Leo Muscato unter teilweiser Verwendung und Umschreibung /Abwandlung der Handlung, sowie gleichzeitigem Mißbrauch der Musik von Bizet.

    für einen Teil des Publikums kommt eine derartige Inszenierung nicht als Mißbrauch rüber.
    Es müsste also heißen "Carmen von Bizet, aber nicht nach den Vorstellungen von Chrissy"

    Aber das ist ja heute häufig der Fall, dass ein Regisseur den Sinn der Oper vollständig verfälscht und damit der Komposition nicht nur Gewalt antut, sondern sie zerstört.

    Da in verschiedenen Opernhäusern weiterhin Bizeits Carmen aufgeführt wird (also bisher keinesfalls zerstört wurde), handelt es sich in diesem Fall um eine glatte Falschinformation.

  • Ei, wen haben wir denn da (Beitrag 21)? Jetzt werden bald wieder die Fetzen fliegen!!!


    Mann, Tamino ist spannender als ein Tatort. Im Tatort weiß man ja jetzt vorher, wer wen ermordet. Im Tamino darf Carmen leben bleiben oder die Marschallin bekommt Octavian, oder Carmen nimmt Octavian. Leider wird im Tatort bisher nicht gesungen.


    für einen Teil des Publikums kommt eine derartige Inszenierung nicht als Mißbrauch rüber.

    Ich würde mir eine solche Carmen sogar ansehen. Allerdings nur mit Heino als Don Jose und einer taubstummen Carmen. Da wäre mir sogar die Regie egal.


    Es müsste also heißen "Carmen von Bizet, aber nicht nach den Vorstellungen von Chrissy"

    Versteh ich nicht.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Da in verschiedenen Opernhäusern weiterhin Bizeits Carmen aufgeführt wird (also bisher keinesfalls zerstört wurde), handelt es sich in diesem Fall um eine glatte Falschinformation.


    Sicherlich wird an vielen Opernhäusern ein Stück unter dem Titel "Carmen" aufgeführt. Wie weit das dann allerdings noch Bizets "Carmen" ist, ist jedoch häufig fraglich. Ich denke da beispielsweise an die von der Hofberichterstattung hochgelobte Aufführung in Aix-en-Provence, die ja in der Psychiatrie spielt.


    Aber zurück zum Ausgangspunkt: Ich stelle es mir doch einigermaßen seltsam vor: Da wird Jose also von Carmen erschossen und singt, bevor er sein Leben aushaucht: "Ihr könnt mich festnehmen. Ich habe sie getötet. Ach, meine angebetete Carmen!"
    Oder lässt man diese Sätze einfach weg? Und falls ja, ist es dann noch Bizets "Carmen"?

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Zu der Diskussion fällt mir ein Zitat aus Joachim Kaisers Buch "Wie ich sie sah ... und wie sie waren" ein, wo es um einen Streit zw. Knappertsbusch und Wieland Wagner ging. (fett von mir)


    Zitat

    Natürlich hatte Wielands Symbolismus etwas mit seinen Jugend-Erfahrungen, Jugend-Erlebnissen in Bayreuth zu tun. Er hat mir einmal geschildert, wie lächerlich ihm die verkitschten Pompbilder der „Meistersinger“ seiner Jugend-Zeit erschienen waren; wie verrückt es ihm immer vorkam, wenn im letzten Akt der „Götterdämmerung“ kleine Götterpuppen stoisch verbrannten. Richard Wagner selbst habe sich ja in der ersten Ring-Inszenierung des Jahres 1876 nicht an seine Bühnenbild-Tagträume halten können: die Regenbogen-Brücke sei ein klappriges Holzgerüst gewesen und kein herrliches Phantasie-Bild, die Rheintöchter oder der Lindwurm Fafner wären einfach komisch gewesen – und keines Denkmalschutzes wert, weil sie von Anfang an anders ausfielen, als es sich Richard Wagners schöpferische Phantasie einst ausgemalt hatte …
    Das waren natürlich hörenswerte Argumente eines engagierten Regisseurs, der nachgedacht hatte und zu extremen Schlüssen gekommen war. Und als der alte Dirigent Knappertsbusch klagte, man solle sich doch mehr an den heiligen Richard Wagner halten, antwortete Wieland schlau, geschickt und liebenswert: Gut, Knappertsbusch solle ihm einen Regisseur seiner Wahl empfehlen, er würde den Mann nach Bayreuth engagieren. Nur wenn schon historisch und werktreu, dann aber auch richtig. Dann nicht die Stahlsaiten im Orchester, die viel stärker klingen, sondern Darmsaiten. Dann nicht das elektrische Licht, das ganz andere Schatten wirft, sondern Gasbeleuchtung.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Leider wird im Tatort bisher nicht gesungen.

    das ist ungerecht. Vergiss bitte nicht die Folgen mit Krug und Boyer...

    Ich würde mir eine solche Carmen sogar ansehen. Allerdings nur mit Heino als Don Jose und einer taubstummen Carmen.

    Tu dir da bloß keinen Zwang an. Ich ziehe allerdings z.B. Agnes Baltsa mit dem Berlinern unter Karajan vor...

    Da wäre mir sogar die Regie egal.

    Das wäre in deinem Fall sensationell.....

    Wie weit das dann allerdings noch Bizets "Carmen" ist, ist jedoch häufig fraglich.

    Spätestens nach 1875 gibt nicht Bizets Carmen....

    Ich denke da beispielsweise an die von der Hofberichterstattung hochgelobte Aufführung in Aix-en-Provence, die ja in der Psychiatrie spielt.

    Es geht nicht darum die Carmen aus Aix oder Florenz)zu loben, weil beides nicht von mir reingezogen. Aber nach Vorstellungen von manchen (auch zur Zeit Bizets) wären Obession und Verhalten Don Joses durchaus klapsen-reif; mit entsprechenden medizinischen Gutachten wäre das heutzutage sogar möglich (statt Hirichtung und/oder Knasterei).

  • Aber nach Vorstellungen von manchen (auch zur Zeit Bizets) wären Obession und Verhalten Don Joses durchaus klapsen-reif; mit entsprechenden medizinischen Gutachten wäre das heutzutage sogar möglich (statt Hirichtung und/oder Knasterei).


    Da er in besagter Inszenierung "Carmen" (die auch noch die Therapeutin ist und sich als solche für meine bescheidenen Begriffe sehr unprofessionell verhält), erst in der "Klapse" kennenlernt, entwickelt er die Obsession auch erst dort. Alleine schon das ist für mein Dafürhalten ein äußert merkwürdiger Regieansatz und hat mit Bizets Carmen wohl nicht allzu viel zu tun.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Hallo, Amfortas 08
    Na, wenn das keine Überraschung ist... Ich glaubte vorhin meinen Augen nicht zu trauen, da ist er also auch wieder, der "alte Kämpfer", mit dem ich und einige andere
    vor etlichen Jahren, so manche "Schlacht geschlagen" haben. Ich meine irgendwann mal mitbekommen zu haben, daß aus der 08, mal eine 09 zwischenzeitlich geworden ist.
    Ob das woanders einen Sprung auf der Karriereleiter zu bedeuten hatte, weiß ich allerdings nicht. Nun also wieder ein Rückschritt auf 08, ist auch egal.
    In der Hoffnung und dem Wunsch, daß es mit uns allen wieder sachlich vernünftig zugehen möge, sage ich erstmal "Herzlich Willkommen" zurück im Klub.
    Fehlt jetzt eigentlich nur noch "Wolfram"...
    Nun aber gleich dazu:

    für einen Teil des Publikums kommt eine derartige Inszenierung nicht als Mißbrauch rüber.
    Es müsste also heißen "Carmen von Bizet, aber nicht nach den Vorstellungen von Chrissy"

    Genau wie La Roche in seinem Btr. 23 etwas konsterniert schreibt muß auch ich sagen, ich verstehe nicht was Du mir, was Du uns damit sagen möchtest.
    Denn, natürlich muß es heißen "Carmen von Bizet" - aber nur, so lange es das Original betrifft und nicht wenn da jemand glaubt, mit irgendwelchen "tollen, genialen Ideen",
    das Werk, und sei es nur in Teilen, zu verfälschen und somit zu mißbrauchen.


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Genau wie La Roche in seinem Btr. 23 etwas konsterniert schreibt muß auch ich sagen, ich verstehe nicht was Du mir, was Du uns damit sagen möchtest.


    Komisch, ich habe ganz genau verstanden, was uns Amfortas08 damit sagen wollte. :)


    Und ich freue mich, hier einen weiteren aufgeschlossenen Opernfreund begrüßen zu können. :hello:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Komisch, ich habe ganz genau verstanden, was uns Amfortas08 damit sagen wollte. :)


    Und ich freue mich, hier einen weiteren aufgeschlossenen Opernfreund begrüßen zu können. :hello:


    Beiden Aussagen möchte ich mich anschließen.



    LG,
    Hosenrolle1

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