Gavrill Popov ist russischer Komponist und wurde am 30.September 1904 in Novoscherkask geboren; er starb am 17.Februar 1972 in Ropino bei Leningrad. Somit ist er deckungsgleich bis auf 2Jahre ein Zeitgenosse von Dmitri Schostakowitsch (1906 - 1975).
Er studierte am Leningrader Konservartorium bei seinen Lehreren Leonid Nikolaiew und Wladimir Scherbakow. Später war er von 1927 bis 1931 Lehrer für Klavier und Komposition an der Leningrader Musikfachschule.
Es ergeben sich im Leben Popovs weitere parallelen zu Schostakowitsch, was die Aufenthalte in Leningrad von 1920 bis 1930 angeht, Beide waren drei mal verheiratet, Beide produzierten in Moskau eine Reihe Filmmusik und Beide wurden wegen ihrer freien musikalische Ausdrucksweise als "formalistisch" gebrandmarkt.
Gavriil Popov schrieb von 1927 bis 1970 seine 7 Sinfonien (ein VC, CC, KK) die allerdings gegenüber Schostakowitsch alle recht unbekannt blieben und von denen auch auf CD erst in den letzten Jahren einige "auftauchen".
Durch eine Empfehlung bin ich auf seine beachtenswerte Sinfonie Nr.1 op.7 (1927 - 1934) gestossen:
Popovs Erste Sinfonie gewann dann nach 2jährigen Instrumnetationsarbeiten den 2.Preis bei einem Musikwettbewerb am Bolshoi Theater. Wegen seiner stark expressionistischen und recht freien Tonsprache wurde das Werk in Russland als "formalistisch" eingestuft und erklang nie wieder zu Lebzeiten von Popovs.
Sie ist quasi eine parallele zu Schostakjowitsch Sinfonie Nr.4, die ebenfalls in Russland als formalistisch verworfen wurde. Bei Schostakowitsch fand ja dann ab der Sinfonie Nr.5 eine Anpassung statt, bei Popov ab der Sinfonie Nr.2 eine Rückbesinnung auf reine Tonalität.
In der dreisätzigen Sinfonie finden wir stilistisch (nicht inhaltlich) folgende Werke wieder = Prokofieff-Skythische Suite; Scriabin-Le Poeme de´s Extase; Strawinsky-Le Sacre; Schostakowitsch-Sinfonie Nr.4 ... und am Ende einen eigenständigen extressionistischen Gavrill Popov.
Der Blick auf die europäischen Expressionisten des 20.Jhd ist nicht zu überhören. Popow fand in den 1920er und frühen 1930er Jahren als einer der experimentierfreudigsten und begabtesten jungen russischen Komponisten große Beachtung. Danach verstummte seine Bekanntheit und seine grossangelegten und meisterhaft orchestrierten Werke tauchen erst in den letzten Jahren auf CD-Veröffentlichungen auf.
Von der Sinfonie Nr.1 gibt es 2 Aufnahmen, die erst in diesem Jahrhundert entstanden sind: die erste mit Alexander Titov und dem St.Petersburg State Academic SO (Northers Flowers)
und
eine akkustisch und interpretatorisch ausgezeichnete Aufnahme, die uns das jahrzehntelang verschollene Werk näherbringt, liefert Leon Botstein mit dem LSO 2004:
TELARC, 2004, DDD